Verstehen
Er
öffnete ihnen die Augen für das Verständnis der Schrift (Lk 24,45).
In
jeder Liturgie hören wir Worte aus der Heiligen Schrift. Wenn wir sie verstehen
wollen, können wir uns fragen: Aus welcher Zeit
stammen diese Worte? Sie wurden vor zwei- bis dreitausend Jahren
aufgeschrieben. Damals lebten die Menschen anders. Sie kannten keine Geräte,
die mit Strom betrieben werden. Manche lebten als Nomaden, andere als einfache
Bauern, auch das Leben in der Stadt war anders als heute. Sie hatten andere
Anschauungen als wir, andere Erfahrungen und andere Ziele. Stellen wir uns vor,
ein Brief, den wir heute schreiben, würde nach zweitausend Jahren gelesen, ohne
dass unsere Lebenswelt späteren Menschen in allen Einzelheiten bekannt wäre. Wie
schwierig wird dann das Verstehen! Wir brauchen also Geduld und Interesse, wenn
wir ein Schriftwort verstehen möchten.
Er
öffnete ihnen die Augen für das Verständnis der Schrift.
Wir
fragen weiter: Wer spricht? Da
spricht der Patriarch Abraham, der Religionsgründer Mose, der Staatslenker
David, der Prophet Jesaja, der Apostel Paulus und der Herr selbst. Haben wir
ein Interesse, ihnen zuzuhören? Möchten wir mitbekommen, was sie zu sagen
haben? Erwarten wir Wegweisung für unser Leben? Oder denken wir: Das ist alles
ganz unwichtig?! Nehmen wir an, jemand teilt uns etwas mit, wir haben aber
schon längst eine Antwort parat. Dann hören wir nicht aufmerksam zu. Wir sind
derart mit unserer Entgegnung beschäftigt, dass unsere Aufmerksamkeit gebunden
ist. Das Ergebnis ist: Wir reden aneinander vorbei. Verstehen bedeutet, sich in
den Standpunkt des andern einzufühlen, ohne den eigenen aufzugeben. Wir
versuchen, die Dinge aus seiner Sicht zu sehen, um beurteilen zu können, in
welche Richtung seine Gedanken gehen. Wir respektieren seine Meinung, auch wenn
wir eine andere haben.
Er
öffnete ihnen die Augen für das Verständnis der Schrift.
Schließlich
fragen wir: Zu wem sprechen diese
Personen? Die Worte der Heiligen Schrift beziehen sich nicht auf andere, sondern
auf uns selbst. Christus ist in diese Welt gekommen, um uns zu erlösen, Er ist
für uns gestorben (Röm 5,6) und auferstanden, um uns bleibendes Leben zu
schenken. Die Worte der Heiligen Schrift sind an uns persönlich gerichtet.