Vergangenheit

 

 

Früher war das Leben anders: Es gab keine Zentralheizung, keinen Strom, keine elektrischen oder elektronischen Geräte, also auch keinen Computer und kein Internet, kein elektrisches Licht, kein Radio und kein Fernsehen, kein fließendes Wasser im Haus, erst recht kein warmes Wasser aus dem Wasserkran. Wie konnten die Menschen ohne all dies leben?

 

Kochen

 

Zuerst war es notwendig, im Wald Holz zu sammeln. Dürre Äste wurden mit einem Bindfaden zusammengebunden und auf dem Rücken heimgetragen. Fand sich ein umgestürzter Baumstamm, wurde er auf einem Sägebock mit der Säge in Abschnitte und mit der Axt auf einem Hauklotz (Wurzelstock) in Holzscheite zerteilt. Dann konnte das Holz mit einem Handkarren abtransportiert werden.

 

Vom Brunnen wurde in einer Kanne Wasser geholt. Wer zwanzig Liter transportieren wollte, hatte zwanzig Kilogramm und zusätzlich das Gewicht der Kanne zu tragen. Es gab auch Fässer auf Rollen und im Winter auf Kufen, die man hinter sich herzog.

 

Als Getreide diente Einkorn, Emmer (Zweikorn) und Dinkel. Aus Buchweizen wurden Pfannkuchen gebacken oder Brei gekocht. Das Getreide wurde in einer Handmühle gemahlen und als Brotfladen oder mit Sauerteig gebacken.

 

Als es noch keine Kartoffeln gab, wurden Pastinaken verwendet. Wild wuchsen Giersch, Löwenzahn und Brennesseln. Das Gemüse wurde geputzt, gewaschen, zerkleinert und in den Topf gegeben. Wasser und Salz wurden hinzugefügt.

 

Das Feuerloch des Ofens wurde mit dürrem Holz gefüllt, etwas Papier dazugegeben und mit einem Streichholz angezündet. Waren die Speisen gar, konnte der Topf an den Rand des Herdes geschoben werden, damit das Essen bis zur Mahlzeit warmblieb.

 

Schlehen wurden aufgesetzt und aus Ebereschen ließ sich eine bittere Marmelade oder ein Syrup herstellen.

 

Heizen

 

Der einzige beheizte Raum war die Küche. Nur hier konnte im Winter gelesen oder geschrieben werden. Kranken oder Älteren wurde in der kalten Jahreszeit ein am Ofen erhitzter Ziegelstein oder eine mit heißem Wasser gefüllte Wärmeflasche ins Bett gegeben.

 

Beleuchtung

 

Licht spendete ein brennender Kienspan oder eine Fackel in einer Halterung an der Wand. (Der Kien ist harzreiches [Kiefern]holz.) Dann kamen Öllämpchen auf. Später wurden aus Talg (Unschlitt) oder auch aus dem teuren Wachs Kerzen gefertigt. Schließlich gab es Petroleumlampen.

 

Waschkommode

 

Auf einer Kommode befand sich eine Steinplatte. Darauf standen eine Waschschüssel und ein Krug mit Brunnenwasser. Im Winter war es notwendig, zunächst die dünne Eisschicht zu durchbrechen, die sich in der Nacht gebildet hatte.

 

Baden

 

Eine lange Zinkbadewanne wurde auf den Boden gestellt. Auf dem Herd wurde Wasser erwärmt. In der Wanne wurden warmes und kaltes Wasser gemischt, bis es lauwarm war. Es gab Kernseife, aber kein Shampoo.

 

Wäsche

 

Die Wäsche wurde über Nacht in Seifenlauge eingeweicht. Am folgenden Tag wurde der Waschkessel mit Wasser gefüllt, in die Feuerungsstelle Holz eingelegt und angezündet. Nach dem Kochen der Wäsche wurde sie gestampft. Schmutzflecken wurden auf dem Wellbrett mit einer Bürste bearbeitet. Anschließend wurde die Wäsche am Bach oder Fluß gespült und mit Holzklammern auf die Wäscheleine zum Trocknen gehängt. Leintücher wurden zum Bleichen auf die Wiese gelegt. Das Bügeleisen wurde am Ofen erhitzt und die Wäsche gebügelt.

 

Hausapotheke

 

Ein Arzt war teuer und oft nicht erreichbar. Daher halfen sich die Menschen mit häuslichen Mitteln. Nachdem Übelkeit abgeklungen war: Zwieback und Pfefferminztee. Bei Entzündungen im Mundraum: Spülen mit Kamillentee. Bei Prellungen und Verstauchungen: Umschläge mit essigsaurer Tonerde. Bei Rheuma: Bestreichen der schmerzenden Stellen mit Brennesseln (Sofortwirkung) und Einnahme von Brennesseltee (Langzeitwirkung). Bei Wadenkrämpfen: eine Prise Salz.

 

Reisen

 

Das Pferd war das einzige schnelle Forbewegungsmittel. Ein einzelner konnte auf einem Pferd reiten oder es wurde ein Pferd vor einen Karren gespannt, der mehrere Personen befördern konnte. Vornehme Menschen hatten eine Kutsche, die aber ungefedert war, sodass jedes Schlagloch der Straße zu spüren war. Sie benutzten auch mehrere Pferde für eine Kutsche. Nach einer gewissen Strecke mussten die Pferde gewechselt werden. Dazu gab es Poststationen. Waren keine Pferde vorhanden, musste gewartet werden. Das konnte Tage dauern. Daher waren die Poststationen zugleich Gasthäuser und Herbergen. Wer kein Pferd besaß, ging zu Fuß, in einen Umhang gehüllt, den Reisesack auf dem Rücken, einen breitkrempigen Hut auf dem Kopf und einen Knotenstock in der Hand.

 

Transport

 

Es gab Karren, die von Eseln oder Ochsen gezogen wurden. Die Fortbewegung war mühselig und langsam. Waren weite Strecken und große Lasten zu bewältigen, mussten die Tiere mehrmals ausgetauscht werden.

 

Alte Berufe

 

Der Besenbinder band Reisig am Ende eines Holzstiles zusammen.

 

Der Böttcher (Küfer) bog Holzbretter (Dauben), fügte sie auf einem runden Bodenbrett aneinander und umgab sie mit Metallreifen, sodass Fässer entstanden.

 

Die Milch wurde zwei Tage lang stehen gelassen, bis sich der Rahm oben von der entrahmten Milch absetzte. In einem Butterfass wurde der Rahm solange gestoßen, bis die Buttermilch austrat und sich Butter bildete.

 

Der Salzsieder filtrierte salzhaltiges Wasser, ließ die Sole in einer Siedepfanne verdampfen und das Salz blieb zurück.

 

Für das Spinnen wurde Schafswolle besorgt und gereinigt, dann drehte man auf dem Spinnrad einen Wollfaden zusammen, der immer die gleiche Dicke haben musste.

 

In einen Holzrahmen wurden parallel laufende Fäden eingespannt (Kettfäden), durch die im rechten Winkel eine zweite Schar parallellaufender Fäden (Schussfäden) geführt wurde: Weberei.

 

Fahrende Berufe

 

Der Kesselflicker ging von Haus zu Haus. Er lötete undichte Stellen in Töpfen und Kesseln.

 

Auch der Scherenschleifer war unterwegs. Er hatte einen Schleifstein bei sich, mit dem er Messer und Scheren schliff.

 

Spielleute (fahrendes Volk) zogen umher, um bei Hochzeiten zum Tanz aufzuspielen. Sie konnten auch Moritaten aufführen, wobei mit einem Stock auf einer Bildtafel gezeigt wurde, welche Episode im Augenblick besungen wurde.

 

Eine Lesebuchgeschichte

 

Jemand ärgerte sich über das Wetter. Der liebe Gott gab ihm die Möglichkeit, ein Jahr lang das Wetter zu machen. Der Mensch ließ es nachts regnen und tagsüber schien die Sonne. Im Herbst aber gab es eine Missernte: Er hatte den Wind vergessen.

 

Sprüche

 

Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen.

 

Non serviam! (Ich will nicht dienen: Lucifer).

 

Freiheit

 

Freiheit sei der Zweck des Zwanges,

Wie man eine Rebe bindet,

Daß sie, statt im Staub zu kriechen,

Froh sich in die Lüfte windet.

 

(Friedrich Wilhelm Weber, Dreizehnlinden, Paderborn 1878; Paderborn 2011, 154)

 

Die Zeder

 

Ich wachse langsam. Meine Zeit

Ist eine lange Geduldigkeit.

An jedem wuchs ich, was mir ward,

Kein Reif zu jäh, kein Frost zu hart.

Ich wachs am Dunkel, aus dem ich stieg,

Ich wachs am Licht, darin ich mich wieg,

Ich wachs am Wurm, der an mir nagt,

Ich wachs am Sturm, der durch mich jagt.

Verwandelnd zwing ich jede Kraft,

Hinauf zu dehnen meinen Schaft.

Ich dulde Blitz und Glut und Guß,

Ich weiß nur, daß ich wachsen muß.

Und schau ich hoch auf alle Welt,

Und kommt die Stunde, die mich fällt,

Schmück Tempel ich und Paradies

Des Gottes, der mich wachsen hieß.

 

(Ernst Bertram (1884-1957), Gedichte, Leipzig 41924, 100.)

 

Weiterführende Literatur

 

o       Bernt, W., Altes Werkzeug, München 1939.

o       Bohnsack, A., Spinnen und Weben, Reinbek 1981.

o       Danckert, W., Unehrliche Leute. Die verfemten Berufe, Bern u. München 1963.

o       Haemmerle, A., Alphabetisches Verzeichnis der Berufs- und Standesbezeichnungen vom ausgehenden Mittelalter bis zur neueren Zeit, München 1933.

o       Kneipp, Sebastian: Das große Kneipp-Buch, Kempten 1919.

o       Kneipp, Sebastian, Hausapotheke. Kräuter, Tees, Tinkturen, Öle und Pulver aus dem Garten Gottes, mit einem Lebensbild Kneipps v. P.F.Kopp, Hamburg 2008.

o       Kneipp, Sebastian, Meine Wasserkur. Durch mehr als 30 Jahre erprobt und geschrieben zur Heilung der Krankheiten und Erhaltung der Gesundheit, Kempten 1886; Aarau 2012.

o       Kneipp, Sebastian, So sollt ihr leben! Winke und Rathschläge für Gesunde und Kranke zu einer einfachen, vernünftigen Lebensweise und einer naturgemäßen Heilmethode, Kempten 1889; Wiesbaden 1987; Stuttgart 2010.

o       Künzle, Johann, Chrut und Uchrut. Praktisches Heilkräuterbüchlein, Lindau i.B. 1913; Feldkirch 1924; Freiburg i.Br. 1953; aktualisiert u. erweitert v. P.Oppliger, Baden u. München 2008.

o       Künzle, Johann, Das große Kräuterheilbuch, Olten 1945; Das große Kräuterheilbuch. Ratgeber für gesunde und kranke Tage nach der giftfreien Heilmethode und den Originalrezepten, mit Beiträgen v. J.Zumwald, K.H.Fauser, A.Keller-Hoerschelmann, W.Lohmeyer u. L.Wiesner, Düsseldorf 2006.

o       Laslett, P., Verlorene Lebenswelten. Geschichte der vorindustriellen Gesellschaft, Wien 1988.

o       Palla, Rudi, Das Lexikon der untergegangenen Berufe. Von Abdecker bis Zokelmacher, Frankfurt am Main 1998.

o       Reith, R., Lexikon des alten Handwerks. Vom späten Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert, München 1990.

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