Tichon von Zadonsk

 

Heinrich Michael Knechten

 

 

Timofej Savel'evič Sokolov wird 1724 in Korocko (Kreis Valdaj, Gouvernement Novgorod) geboren. Sein Vater, Savelij Kirillov, ist Kirchensänger, seine Mutter heißt Domnika. Er hat zwei Schwestern und drei Brüder. Der Vater stirbt früh; daher verlebt Timofej seine Kindheit in großer Armut. Da er begabt ist, wird er gefördert und kann das Geistliche Seminar in Novgorod besuchen. Er schließt sein Studium 1754 ab und wird Dozent für Rhetorik am Seminar. Bei der Heiligen Scherung (Mönchsweihe) am 10.4.1758 erhält er den Namen Tichon. Sein Namenspatron ist der heilige Tychon von Amathus (Zypern), viertes Jahrhundert, Gedenktag 16. Juni. Er wird Dozent für Philosophie und Präfekt des Seminars. 1759 wird er Rektor des geistlichen Seminars in Tver' und Dozent für Theologie. Am 13.5.1761 wird er zum Bischof geweiht, ist zunächst Vikarbischof und wird 1763 Bischof von Voronež und Elec. Da er ethische Forderungen stellt, gibt es viele Widerstände. Er bittet um Versetzung in den Ruhestand, geht zunächst nach Tolšev (40 km nordöstlich von Voronež) und 1769 an den Ort, der später Zadonsk genannt wird. Er setzt sich ein für arme Familien, Obdachlose und Gefangene. Er stirbt am 13.8.1783 und wird 1861 kanonisiert. Sein Gedenktag ist der 13. August.

 

Geistliche Blindheit

 

Lebt ein Mensch im Glück, ist er ungebärdig. Er erkennt nicht, dass Gott ihn dadurch zu sich ziehen will. Er ist blind und sieht nicht das gütige Handeln Gottes. Er ist Ihm nicht dankbar, sondern meint, alles aus eigener Kraft erreicht zu haben. Hat er Unglück, meint er, ihm geschähe Unrecht; und er macht Gott Vorwürfe. Der barmherzige Gott möchte seine kranke Seele durch diese bittere Arznei heilen, Er möchte ihn aus dem Schlaf der Sünde aufwecken. Der Mensch aber nimmt dies nicht wahr. (Tichon, O istinnom christianstve 1,1).

 

Die Liebe zum Kreuz

 

Es genügt nicht, seine Liebe zu Christus mit den Lippen zu bekennen; sie muss aus dem Herzen kommen. Wer Christus wirklich liebt, möchte immer mit Ihm vereinigt sein. Er möchte dem nachfolgen, der von der Welt geschmäht, ausgelacht und misshandelt wird. Er weigert sich nicht, für Ihn zu sterben. Wer nur mit Christus herrschen will, wer sich Seiner Schmach schämt, wer Leid nicht ertragen kann, der liebt Christus nicht. Er liebt vielmehr sich selbst und sein Glück. Wer nur bei dem auferstandenen und verherrlichten Christus sein möchte, nicht aber bei dem verwundeten und gekreuzigten, der liebt Christus nicht. Er möchte ja nur den breiten Weg gehen. Das Kreuz Christi aber lehrt, den engen Weg zu gehen. (Tichon, O istinnom christianstve 2,4).

 

Geistliches Wachstum

 

Ein Kind bleibt nicht immer klein, sondern es wächst. Seine Vernunft und sein Unterscheidungsvermögen nehmen zu. Wie können wir geistlich wachsen? Vor allem durch aufmerksames Hören, Lesen, Erwägen und Verwirklichen der Heiligen Schrift. Das Kreuz und die Versuchungen sind eine Schule, in der Christen ausgebildet werden. Das Leben Christi ist unser Vorbild. Von Ihm können wir die Kunst des Christentums erlernen. Im Gebet bitten wir Gott um Hilfe dazu. Zeichen des Wachstums ist, wenn jemand immer mehr das Elend seines Herzens erkennt und infolgedessen demütig wird. (Tichon, O istinnom christianstve 2,5).

 

Werke Tichons

 

Überliefert wurden zwölf Ansprachen, die Tichon in seiner Eparchie (Diözese) Voronež gehalten hat, sowie 61 Briefe an verschiedene Adressaten. Die Zellenbriefe sind Unterweisungen in Briefform. Ein Büchlein über die Pflichten der Christen in Form einer Standesunterweisung erfährt 42 Auflagen allein zwischen 1789 und 1860. Im Werk Fleisch und Geist stellt Tichon Worte der Heiligen Schrift und Zitate aus dem Werk des Kirchenvaters Johannes Chrysostomos zusammen, und zwar zu Themen wie Gottesfurcht, Geduld und Kampf gegen die Sünde. Seinem Hauptwerk Vom wahren Christentum liegen Vorlesungen am Seminar von Tver' zugrunde. Er verwendet in ihm zahlreiche Gedanken aus dem gleichnamigen Werk Johann Arndts (1555-1621), das von Simon (Todorskij, † 1754), dem späteren Erzbischof von Pleskau, übersetzt worden war und 1735 in Halle an der Saale erschien, stellt sie aber in den Zusammenhang mit der Tradition griechischer Kirchenväter. Von ihnen hatte Arndt hauptsächlich Makarios den Großen berücksichtigt. Das Buch Der geistliche Schatz geht auf Bilder und Anregungen aus dem Werk "Spontane Betrachtungen" des anglikanischen Bischofs Joseph Hall (1754-1656) zurück, die aber eigenständig verarbeitet werden. Tichon schreibt biblisch-bildhaft und damit allgemeinem Verständnis zugänglich: Das Wort Gottes ist ein Samenkorn; Sünder sind Kranke; wer nicht durch die Gnade Gottes erleuchtet wird, ist blind; der unbekannte Tag der Wiederkunft Christi ist ein Dieb (Tichon, O istinnom christianstve 1,1).

 

 

Übersetzungen

 

 

Weiterführende Literatur

 

 

Tichon von Sadonsk (Wikipedia)

 

Tychon von Voronesh

 

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