St.
Benedikt in Sandau
Rechts Chor, links Langhaus
Die Kirche St. Benedikt in Sandau bei Landsberg am Lech ist ein Kleinod, fernab jeden Getriebes und Lärms. Der Weg dorthin ist wie eine Zeitreise, gleichsam ein Eintauchen in die Welt des frühen Mittelalters. Es erscheint als ein Wunder daß diese Stätte der Stille und der Einkehr durch die Jahrhunderte bewahrt wurde. Die Region hat geschichtliche Bedeutung.
Das Lechfeld ist eine Schotterebene südlich von Augsburg, zwischen den Alpenflüssen Lech und Wertach gelegen.
Am 22. Juni 910 besiegten die Ungarn ein fränkisches Heer unter Ludwig IV. dem Kind (893-911) auf dem Lechfeld.
Erst am 10. August 955 konnte Kaiser Otto I. die Ungarn vernichtend schlagen. Damit war die Gefahr ihrer häufigen Überfälle und Brandschatzungen gebannt. Die Reiternomaden zogen sich in das Gebiet des heutigen Westungarn zurück und wurden seßhaft.
Die Eingangspforte
Im Jahre 1135 wurde die Siedlung Phetene auf dem Areal des heutigen Stadtgebietes urkundlich erwähnt. Der Siedlungsname erklärt sich aus den Pfetten, den welfischen Ministerialen, die hier wohnten. Herzog Heinrich der Löwe († 1195), der seit 1156 in Bayern regierte, verlegte im Jahr 1158 die Salzstraße auf eine südlichere Route von Ostoberbayern nach Schwaben und ließ bei Phetene eine Brücke über den Lech sowie zu ihrem Schutz die Burg auf dem Plateau über der Stadt bauen. 1165 wurde die Burg Landespurch genannt und seit 1170 Landesperc. Dieser Name ging als Landsberg auf die Stadt über. Zur Unterscheidung von Landsberg an der Warthe und Landsberg an der Saale wurde die Stadt Landsberg am Lech benannt.
Das Langhaus nach Westen
Oberhalb der sandigen Auen des Lechs, daher Sandau genannt, entstand um 740 ein Kloster durch die Gründer des Klosters Benediktbeuern (heute Kreis Bad Tölz - Wolfratshausen), die Brüder Waldram, Eliland und Lantfrid, Grafen zu Antdorf an der Loisach (heute Kreis Weilheim-Schongau). Alle drei Brüder waren Äbte in Benediktbeuern, das auch die Jurisdiktion über das Kloster St. Benedikt in Sandau hatte: Lantfrid von der sechsten bis zur achten Dekade des achten Jahrhunderts, Waldram von der 9. Dekade des achten bis zur ersten Dekade des 9. Jahrhunderts und Eliland von der ersten bis zur dritten Dekade des 9. Jahrhunderts. Die erste Kirche wurde 750/760 erbaut.
Bis zu fünfundzwanzig Mönche lebten hier, Um das Kloster entwickelte sich ein Dorf, das Marktrecht besaß.
Schacht der ersten Kirche (750/760 bis 909/910) in der Nordostecke des Langhauses
Im Jahre 909 zerstörten die Ungarn die erste Kirche, die aus einem einschiffigen Saal bestanden hatte. 927 war ein erweiterter Neubau als karolingische dreischiffige Pfeilerbasilika geschaffen worden. Als die Ungarn im Jahre 954 auch diesen Bau zerstörten, wurde das Kloster aufgegeben. Das Kloster Benediktbeuern, das die Ungarn 955 zerstört hatten, wurde wieder aufgebaut. Vom Kloster St. Benedikt in Sandau hingegen blieb nur die Kirche erhalten. Diese wurde restauriert und zur Pfarrkirche des Dorfes Sandau und seiner Umgebung bestimmt.
Der spätgotische Chor stammt von 1468.
Die schlichte Gestaltung des Raumes lädt zum Nachsinnen ein: keine überladene Innenausstattung stört, nichts lenkt ab. Sorgen und Ängste können losgelassen werden.
o Dannheimer, Herbert, Aus der Geschichte des Klosters Sandau, in: Mitteilungen der Freunde der bayerischen Vor- und Frühgeschichte, Nr. 108, München 2004, 2f.
o Dannheimer, Hermann, und Rupert Gebhard, Sandau. Archäologie im Areal eines altbaierischen Klosters des frühen Mittelalters, Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte, Band 55, München 2003.
o Dellinger, Joachim, Sandau. Ehemaliges Benediktinerkloster und Dorf mit Marktrechten am Lech, Oberbayrisches Archiv für vaterländische Geschichte, Band VII, Heft 3, München 1845.
o Dewiel, Lydia Lida, Oberbayern. Kunst und Landschaft zwischen dem Altmühltal und den Alpen, Köln 1996, 211-217 (Landsberg am Lech).
o Lichtenstern, Anton, Landsberg am Lech. Stadtführer, Marktoberdorf 2019, 89f (Sandau: Wachturm und Kirche).
o Volk, Carolin Johanna, Lieblingsplätze im Bistum Augsburg. Eine Einladung zum Anhalten, Innehalten und Gebet, Lindenberg im Allgäu 2020, 206-209 (St. Benedikt in Sandau).
Der heilige Benedikt von Lorenz Luidl (um 1645-1719), um 1700 (Rest der barocken Ausstattung)
Herzlichen Dank an Cornelia Attolini für die Photographien und an Noemi Strohmayer für das Ausleihen zweier Bücher.
Westseite
© Dr. Heinrich Michael Knechten, Stockum 2024
Ausgrabungen
Blick nach Osten, rechts vorne das barocke Vesperbild
Unten sind Reste der alten Außenmauer. Das kleine Schlitzfenster diente der Beleuchtung des südlichen Seitenschiffes.