Vasilij Vasil'evič Rozanov

 

Heinrich Michael Knechten

 

Vasilij Vasil'evič Rozanov

 

"Leider war seine Persönlichkeit in vielen Beziehungen pathologisch" (N.O.Losskij, Istorija russkoj filosofii, Moskau 1991, 397).

"So bleibt Rosanow im Dschungel des reinen Negativismus (Apophatismus) stecken, und von der fremdartigen Schönheit der Blüten seiner Schlinggewächse fasziniert, gab er sich schließlich auch nicht mehr die Mühe, sich von ihnen zu befreien" (K.Onasch, Die alternative Orthodoxie, Paderborn 1993, 159).

 

Wer ist dieser Mensch, über den derartig vernichtende Urteile gefällt werden? Er wird am 20.4.1856 in Vetluga (Gouvernement Kostroma) geboren. Sein Vater ist Kollegiensekretär. Nach seinem Tod zieht die Familie nach Kostroma. Rozanov verbringt seine Kindheit in Armut. In Simbirsk kann er ab 1870 das Gymnasium besuchen. 1873 zieht seine Familie nach Nižnij Novgorod. Hier wird er mit den Ideen des Positivismus und Sozialismus bekannt. 1878 studiert er an der historisch-philologischen Fakultät der Universität Moskau. 1880 heiratet er Apollinarija Prokof'evna Suslova (1839-1918). Er schließt sein Studium 1882 ab und unterrichtet Geschichte und Geographie am Progymnasium in Brjansk. Seine Frau verlässt ihn 1885. Ab 1887 lehrt er am Gymnasium in Elec und ab 1891 am Progymnasium in Belyj (Gouvernement Smolensk). Er lernt 1891 Varvara Dmitrievna Butjagina (1864-1923)  kennen. Mit ihr führt er eine glückliche Ehe. Die Familie steht im Mittelpunkt seines Lebens und Schreibens. 1893 arbeitet er im Amt für Verbrauchssteuern in St. Petersburg. Ab 1899 widmet er sich ganz der publizistischen Arbeit bei verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften. Er ist der Ansicht, dass die Revolution von 1917 zwar zerstört, aber nicht aufbaut. Er flüchtet nach Sergiev Posad. Dort lebt er in Not und stirbt am 5.2.1919 an Entkräftung.

 

 

Über das Verstehen

 

Rozanov veröffentlicht 1886 in Moskau sein Buch "Über das Verstehen". Es gelingt nicht, die Auflage zu verkaufen. Die Druckbögen werden daher als Packpapier verwendet und die bereits eingebundenen Bücher gehen an den Autor zurück. In diesem Buch überschreitet Rozanov die Grenzen der Wissenschaft, indem er das Leben und die Natur des Menschen einbezieht. Er begrenzt das Verstehen nicht auf den engen Bereich systematischen Denkens.

 

Aphorismen

 

Nach diesem Misserfolg entwickelt Rozanov eine persönliche Art des Schreibens. Er notiert Gedankensplitter und momentane Eindrücke. Triviales steht neben Tiefgründigem, Vergängliches neben Ewigem, oberflächliche Kenntnis ungeheuer vieler Wissensgebiete neben genialen Einsichten. Rozanov ist der Ansicht, dass die unerschöpfliche Welt nur auf diese Weise beschrieben und annähernd erfasst werden kann. Er verwendet eher Bilder als Begriffe, beleuchtet unterschiedliche Aspekte und ebnet Widersprüche nicht ein. Nach seiner Ansicht kommt das Dunkle der Wirklichkeit näher als die Helligkeit einer einseitigen Erklärung.

 

Das dunkle Antlitz Christi

 

Rozanov sucht sein Leben lang Christus. Er leidet darunter, dass er sich Ihm fern fühlt. Immer wieder setzt er sich mit Ihm auseinander, sich selbst widersprechend, manchmal mit beißendem Sarkasmus, ohne doch von Ihm loszukommen. Er findet keinen Frieden. Gegen Ende seines Lebens vertieft sich bei ihm die Einsicht, dass Leid tiefer als die Freude dieser Welt ist. Er spricht vom dunklen Antlitz und schreibt: "Wer niemals weint, wird niemals Christus schauen" (V.V.Rozanov, Opavšie list'ja, Bd. 2, St. Petersburg 1915, 41). Der Bräutigam kommt um Mitternacht (vgl. Mt 25,6).

 

Werke Rozanovs

 

 

Übersetzungen

 

 

Weiterführende Literatur

 

 

W.Heller, Rozanov

 

K.Onasch, Rosanow

 

D.Olshansky, Rozanov

 

Rosanow (Wikipedia)

 

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