Plotin
Das Böse
Das Böse ist ein Zusatz
(prosthēkē) zur Seele und stammt nicht aus ihr (IV,7,10).
Einigung
Der Schauende wird gleichsam
ein Anderer und mit dem Geschauten eins. Wenn er sich an diese Vereinigung
erinnert, trägt er ein Abbild von Jenem in sich. Gleichsam hinaufgerissen oder
vielmehr in ruhiger Gotterfülltheit, ist er in die Abgeschiedenheit
(erēmos) eingetreten, wie jemand, der in das Innere der unbetretbaren
heiligen Kammer eingetreten ist und die Götterbilder im Tempel hinter sich
gelassen hat. Dies ist ein Aussichtreten
(ékstasis) und ein Hinstreben zur Berührung (éphesis pros aphēn). Nur der
Urgrund (archē) schaut den Urgrund und nur ihm einigt er sich. Dies ist
ein Abscheiden (apallagē) von allem, was hienieden ist, eine Flucht des
Einzigen zum Einzigen (phygē mónou pros mónon). (VI,9,10f).
Erleuchtung
Der Intellekt (noūs)
wird durch das Licht erleuchtet und die Seele erhält Anteil daran (VI,7,24).
Freiheit
Wo schlechthin ist, was
Seinsheit (autoousía) selber ist, und wo nicht ein anderes das Selbst (autó)
ist, ein anderes sein Wesen (ousía), da ist es dessen, was es ist, auch Herr.
Denn ihm ist die Freiheit gegeben, Herr über sich zu sein (VI,8,12).
Wenn wir dahin gelangt sind,
wer wollte uns dann noch abhängig machen von Zufällen und Beliebigkeit, da wir
in das wahrhaftige Leben eingetreten sind, welches nichts anderes an sich hat,
sondern nur es selbst ist? (VI,8,15).
Gebet
Von dem Wesen, zu dem man
betete, geht eine Wirkung auf den Beter oder auf eine andere Person aus
(IV,4,40).
Kontemplation
Die Menschen handeln um eines
Guten willen. Wo aber ist dieses Gute? In der Seele. Das Handeln geht auf die
Kontemplation (theōría) zurück. Was man in der Seele erfasst, was kann das
anderes sein als schweigendes Wort (lógos siōpōn)? Dies ist es umso
mehr, je mehr es innerhalb der Seele liegt. Dann bleibt die Seele in Ruhe
(hēsychían ágei) und sucht nach nichts, da sie erfüllt ist. Die
Kontemplation ist in ihrem Inneren. Je tiefer sie erkennt, desto mehr wird sie
mit dem Erkannten eins (III,8,6).
Leben
Es muss eine Wesenheit
(phýsis) geben, die ursprünglich lebt. Sie muss unvergänglich und unsterblich
sein, da sie für die anderen der Urgrund (archē) des Lebens ist (IV,7,9).
Licht
Blicke unverwandt auf Ihn und
bediene dich dabei nicht der leiblichen Augen. Dann schaust du das nie
schlafende Licht, wie Er zugleich beharrendes Leben ist und ein Denken
(nóēsis), das nicht auf das Zukünftige gerichtet ist, sondern auf das
Jetzt, auf das, was immer Jetzt ist und immer Gegenwart (VI,2,8a).
Wie soll es einen Ablauf des
Denkens geben bei dem, welches schlechthin einfach ist? Da genügt ein geistiges
Berühren (noerōs ephápsasthai). Man muss annehmen, dass man Jenen in dem
Augenblick geschaut hat, in welchem die Seele plötzlich von Licht erfüllt wird;
denn das kommt von Ihm. Ist die Seele erleuchtet, so hat sie, was sie suchte.
Wie kann dies geschehen? Lass alles weg! (V,3,17)
Nichtwissen
Dort oben, wenn wir gemäß dem
Intellekt am tiefsten wissen, kommt es uns vor, als wüssten wir nichts
(V,8,11).
Schau
Wie kann man die
überwältigende Schönheit schauen, die im heiligen Tempel ist? Mache dich auf
und folge ihr ins Innere. Lass das mit den Augen Gesehene draußen. Körperliche
Schönheit ist ja nur ein Abbild. Dort ist unsere Heimat, aus der wir gekommen
sind. Schließen wir die Augen (mýsanta ópsin) und schauen wir mit dem inneren
Gesicht. Arbeiten wir an uns selbst: Meißeln wir wie ein Bildhauer fort, was
unnütz, richten wir, was krumm, säubern wir das Schmutzige, bis das Bild
herausgearbeitet ist, der göttliche Glanz der Tugend hervorstrahlt und wir
reines Licht werden (I,6,8).
Kein Auge könnte je die Sonne
sehen, wäre es nicht sonnenhaft (I,6,9).
Der Intellekt schaut und
erkennt mit dem Ewigen das Ewige (IV,7,10).
Wie nun, wenn man in die
Ewigkeit hinaufeilte und dort stillestünde, damit man ihr gleiche und selber
ewig sei, und so mit dem Ewigen, das man in sich trägt, die Ewigkeit schaute?
(III,7,5).
Seele
Die Seele muss göttlich sein,
da sie Teil hat am Göttlichen infolge der Verwandtschaft (syngéneia) und der
Wesensgleichheit (homooúsion). (IV,7,10).
Wenn die Seele das ist, was
ihr wahres Wesen ist, wenn sie nämlich auf der Seite der Wesenheit (ousía)
steht, die in der Welt die obere ist, so erfreut oder erschüttert sie der
Anblick des Verwandten (syngenēs). Sie erinnert sich ihres eigenen Wesens
(I,6,2).
Die Seele macht die übrige
Welt lebendig, die nicht von sich selber lebt, und zwar zu einem solchen Leben,
wie sie es selber lebt (IV,3,10).
Selbsterkenntnis
Wer sich selbst kennt, der
weiß auch, woher er stammt (VI,9,7).
Tod
Wer es liebt, allein zu sein,
fürchtet sich nicht vor dem Tode (I,6,6).
Die Urquelle
Stell dir eine Quelle vor,
die keinen anderen Ursprung hat, sich aber selber ganz den Strömen dargibt und
dabei durch diese Ströme nicht verbraucht wird, sondern im Stillesein beharrt
(ménousan autēn hēsýchōs). (III,8,10).
Quelle
Plotini opera, hg. v. P.Henry
u. H.-R.Schwyzer, Paris 1951-1973; Plotins Schriften, übersetzt u. kommentiert
v. R.Harder, R.Beutler, W.Theiler u. W.Marg unter Mitwirkung v. G.O’Daly,
Leipzig 1930-1936; 6 Bde. in 12 Büchern, Hamburg 1956-1971.
Verweise
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Plotin
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Nous