Die Notglocke
Heinrich Michael Knechten
Die Notglocke: Glocke, durch
deren Läuten man ein Notsignal gibt, niederländisch noodklok.
"Zeigt eure Kraft,
und stürzt euch unter sie
[die in das Schloß brechenden Räuber],
ich unterdeß will auf den
Thurm und die Nothglocke läuten."
(Theodor Körner, Hedwig 3,4).
So steht es in altertümlicher
Orthographie im Grimmschen Wörterbuche, Band VII, Leipzig 1889, Spalte 938.
Um die Notglocke in Horneburg
zu läuten, brauchte man wohl nicht den Dachreiter besteigen. Die Art der
Anbringung deutet darauf hin, dass man sie bei Brand oder Überfall von außen
läuten konnte, auch wenn die Kirche nachts geschlossen war.
Es gibt noch eine zweite
Bedeutung des Begriffs "Notglocke", die hier aber nicht zutrifft: Wenn in einer Kirche nach dem Abtransport der Gemeindeglocken
alle Glocken fehlten, wurden oft Eisenstäbe, Bremstrommeln oder Bombenhülsen
als Notglocken
verwendet. Sie wurden zum Gottesdienst von Hand mit einem Hammer angeschlagen.
Die
Sturmglocke: Mit ihr wird bei Feindesgefahr, Aufruhr oder Feuersnot Sturm geläutet. (Grimmsches Wörterbuch,
bearbeitet von der Arbeitsstelle des Deutschen Wörterbuches, Band 10, 4.
Abteilung, Leipzig 1942, Spalte 642).
Im
Dachreiter der Alten Kirche in Horneburg hängen drei Glocken, eine große, eine
mittlere und eine kleine. Ursprünglich wurden sie von Hand geläutet. Lange
Seile hingen herab. Wenn Kinder läuteten, kam es vor, dass sie an dem
Glockenstrang nach oben schwebten, so sehr zog sie das Gewicht der Glocke
hinauf. Es gab auch Streit, wer läuten durfte. Da ging es nicht ohne Püffe ab
und der Pastor musste schlichten.
Beim Angelus läutet zuerst die kleine Glocke
(dreimal je drei Schläge), dann folgt die mittlere mit hellem Klang. Die große
läutet nur an Festtagen. Der Angelus bedeutete den Beginn des Arbeitstages,
mittags die Arbeitspause und abends den Abschluss der Arbeit. Das Gedenken der
Menschwerdung Gottes begleitet den Tages- und Lebenslauf:
Angelus
Domini nuntiavit Mariæ, et concepit de Spiritu Sancto.
Ave Maria, gratia plena, Dominus tecum;
benedicta tu in mulieribus, et benedictus fructus
ventris tui, Iesus.
Sancta Maria, Mater Dei, ora pro nobis peccatoribus,
nunc et in hora mortis nostræ. Amen.
Ecce,
ancilla Domini; fiat mihi secundum verbum tuum. Ave Maria…
Et Verbum
caro factum est. Et habitavit in nobis. Ave Maria…
Ora pro
nobis, sancta Dei Genitrix.
Ut digni
efficiamur promissionibus Christi.
Oremus.
Gratiam tuam, quæsumus, Domine, mentibus nostris infunde: ut, qui, Angelo
nuntiante, Christi Filii tui Incarnationem cognovimus, per Passionem eius et
Crucem ad resurrectionis gloriam perducamur. Per eundem Christum, Dominum
nostrum. Amen.
Der Engel
des Herrn brachte Maria die Botschaft, und sie empfing vom Heiligen Geiste.
Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist
mit dir.
Du bist gebenedeit unter den Frauen,
und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus.
Heilige Maria, Mutter Gottes,
bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres
Todes. Amen.
Maria
sprach: Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe nach deinem Worte.
Gegrüßet seist du, Maria…
Und das
Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt. Gegrüßet seist du, Maria…
Bitte für
uns, heilige Gottesgebärerin, auf daß wir würdig werden der Verheißungen
Christi.
Lasset
uns beten. Wir bitten Dich, o Herr: Gieße Deine Gnade in unsere Herzen ein.
Durch die Botschaft des Engels haben wir die Menschwerdung Christi, Deines
Sohnes, erkannt. Laß uns durch Sein Leiden und Kreuz zur Herrlichkeit der
Auferstehung geführt werden. Darum bitten wir durch Christus, unsern Herrn.
Amen.
In der
österlichen Zeit wird stehend gebetet:
Regina
cæli, lætare, alleluia; quia quem meruisti portare, alleluia,
Resurrexit,
sicut dixit, alleluia; ora pro nobis Deum, alleluia.
Gaude et
lætare, Virgo Maria, alleluia. Quia surrexit Dominus vere, alleluia.
Oremus.
Deus, qui per resurrectionem Filii tui, Domini nostri Iesu Christi, mundum
lætificare dignatus es: præsta, quæsumus; ut per eius Genetricem Virginem
Mariam perpetuæ capiamus gaudia vitæ. Per eundem Christum Dominum nostrum.
Amen.
Freu
dich, du Himmelskönigin, alleluja; Den du zu tragen würdig warst, alleluja,
Er ist auferstanden,
wie Er gesagt hat, alleluja: Bitt Gott für uns, alleluja.
Freu dich
und frohlocke, Jungfrau Maria, alleluja. Denn der Herr ist wahrhaft
auferstanden, alleluja!
Lasset
uns beten, O Gott, Du hast durch die Auferstehung Deines Sohnes, unseres Herrn
Jesus Christus, die Welt erfreuen wollen; wir bitten Dich, laß uns durch Seine
Mutter, die Jungfrau Maria, die Freuden des ewigen Lebens erlangen. Durch
Christus, unsern Herrn. Amen.
Die Magdalenenglocke aus dem Jahr 1632
Sie trägt
folgende Aufschrift:
S. Maria
Magdalena, speculum pœnitentiæ, Patrona Ecclesiæ, ora pro nobis ut per huius
campanæ clangorem per viam quam ambulasti obambulemus. 1632.
Heilige
Maria Magdalena, Spiegel der Bußfertigkeit, Patronin der Kirche, bitte für uns,
dass wir durch den Klang dieser Glocke den Weg gehen, den du gegangen bist.
1632.
Diese
Glocke bekommt einen Riss und wird 1860 unter Pfarrer Meyer durch die
Glockengießerei Petit und Gebrüder Edelbrock in Gescher umgegossen und 1861
geweiht. Die neue Aufschrift lautet:
Maria
Immaculata, ora pro nobis. Petit fratres Edelbrock me fuderunt.
Maria,
unbefleckt Empfangene, bitte für uns. Petit und Gebrüder Edelbrock haben mich
gegossen.
1854 war
ja das Immaculata-Dogma verkündet worden. Diese Marienglocke hat den Ton Des. Sie wiegt 522 Pfund, während ihre
Vorgängerin nur 175 Pfund wog.
Die Antoniusglocke aus dem Jahr 1761
Sie ist
auf den Ton E gestimmt und wird von der Firma Fuchs & Becker in
Köln-Zollstock gegossen. Ihre Aufschrift lautet:
Rupta minor plango
Maior renovata reclango
Cura pastoris subsidioque gregis
Ioannes Fuchs me Coloniæ fecit 1761.
S. Antoni, ora pro nobis, et tua intercessione
Per huius campanæ clangorem omnes diabolicos incursus
averte.
Geborsten
klage ich, die kleine.
Erneuert
als große, klinge ich wieder.
Durch
Sorge des Hirten,
Mit Hilfe
der Herde,
Johannes
Fuchs mich schuf
Zu Köln
im Jahre 1761.
St.
Anton, bitte für uns.
Durch
deine Fürsprach' und der Glocke Klang
Vertreib
des Satans Ansturm unser Leben lang.
Diese Promemoria
(Gedenkschrift) verfasste Pfarrer Johannes Werner Krämer. Die Antoniusglocke
wurde also ebenfalls durch Umschmelzen ihrer Vorgängerin, die geborsten war,
hergestellt. Sie war die kleinere der damals zwei Glocken der Kirche, aber
schwerer als ihre Vorgängerin. Diese wog 110 Pfund. Die erneuerte wog durch
Zufügung von Edelmetall 221 Pfund.
Die Magdalenenglocke aus dem Jahr 1860
In
Gescher wird eine dritte Glocke gegossen: Sie ist wieder der hl. Maria
Magdalena geweiht, wiegt 202 Pfund und hat den Ton Gis. Allerdings müssen
Marien- und Magdalenenglocke 1917 abgeliefert werden. Die Antoniusglocke
bleibt im Besitz der Kirche.
Glockenguss 1921 in Gescher
Die große
Glocke mit dem Ton Cis trägt die Aufschrift: Immaculata concepta, ora pro
militibus bello 1914/18 occisis. 1921. Unbefleckt Empfangene, bitte für die im
Krieg 1914/18 gefallenen Krieger. 1921.
Die
kleine Glocke hat den Ton Fis: S. Maria Magdalena, ora pro nobis. 1921. Heilige
Maria Magdalena, bitte für uns. 1921.
Im
Zweiten Weltkrieg müssen wiederum zwei Glocken abgeliefert werden.
Glockenguss 1951 in Bochum
Durch den
Bochumer Verein für
Bergbau und Gußstahlfabrikation werden Stahlglocken gegossen: Die Glocke Nr.
3258 trägt die Inschrift: "Heilige Maria Magdalena, gib uns Frieden [im]
Leben und im Sterben. 1951".
Die
Glocke mit der Nummer 3260: "+
+ Heilige Agatha +
Bewahr uns vor Brand und Feuersnot. 1951".
Beide
Glocken stehen heute vor der Neuen Kirche. Die dritte, die größte Glocke, ist
auf dem Dachboden der Alten Pfarrkirche verblieben. Sie hätte nur unter größtem
Aufwand abtransportiert werden können.
Glockenguss 1987 in Gescher
Drei
Bronzeglocken werden gegossen. Sie haben die Töne Fis, E und Cis. Sie sind der heiligen
Agatha, der heiligen Anna und dem heiligen Augustinus geweiht.
Das
Geläut der Alten und der Neuen Kirche ist klanglich aufeinander abgestimmt.
Literatur
o
Fleitmann, Direktor in Gladbeck, Meiner Heimat
Glocken, in: Vestischer Kalender 1927, 42f.
o
Unsere Glocken, Alte Kirche, Artikel vor 1939.
Verweise
Herrn Siegfried Eggenstein
herzlichen Dank für Material und Informationen.