Das
Gut Niering nebst Rensing
Heinrich
Michael Knechten
Mitglieder der Familie Rensing waren in Horneburg als
Oberkellner (Steuereinnehmer für das Vest Recklinghausen) tätig. Es gibt ein
Gut Rensing, dessen Geschichte im Folgenden zusammen mit dem Nachbargut Niering
dargestellt wird.
Das Gut Niering und Xanten
Der Name Niering (Nederinck) rührt von der Lage des Gutes her, das
in einer tiefen Niederung liegt. Das Gut Niering liegt in Speckhorn (früher:
Speckfeld), im Norden der Stadt Recklinghausen. Es gehörte ehemals zu den
landtagsfähigen Rittergütern des Vestes Recklinghausen. Es war eine Wasserburg
mit Vor- und Hauptburg. Das Stift Xanten hatte an Niering Rechte; es bezog
davon jährlich Roggen, Hafer und Gerste.
Im Jahre 1515 wurde Lucas Preckel als Besitzer
genannt. Ende des 16. Jahrhunderts ging das Gut über in den Besitz der Familie
Eppinghoven genannt Preckel. Das Gut verarmte und war schließlich völlig
verschuldet. Im 17. Jahrhundert befand es sich im Besitz der Familie Vyffhusen
(Viefhausen) genannt Syverich (Suverich/Suverlick/Suiverlich/Suverke).
Ihr Wappen führte im goldenen Felde einen schwarzen Sparren und zwischen dessen
Schenkeln einen Leoparden. Gläubiger des Gutes waren die Familien Schaumburg und Averdunck.
Das Gut Rensing und Werden
Neben Niering, auf dem Speckfelde, abseits der Straße,
lag das Gut Rensing. 1402 war Gerhard/Gervinus der Besitzer. Die Witwe
Friedrich Averduncks, Elisabeth Hochhertz, heiratete Johannes Rensing zu
Rensing. Rensing bedeutet Anrainer, Gut an der Grenze; denn das Gut Rensing war
nach Werden abgabepflichtig, es lag an der Grenze zum danebenliegenden
Xantenschen Gut Niering. Das Wappen Rensings führt im goldenen Felde zwei
aufrechtstehende Wolfsangeln, die durch eine Schrage verbunden sind. Auch
das Gut Rensing gehörte zu den landtagsfähigen Rittergütern des Vestes
Recklinghausen. Da Johannes in den Pfandbesitz größerer Teile von Niering
gelangte, nannte er sich ab 1614 Johann Rensing zu Niering.
Niering wird Lehngut
Das verfallene Haus Niering mit dem Obstgarten wurde
1661 an den Obersten Franz von Bodelschwingh verkauft, der einer märkischen Familie
entstammte und Herr zu Ickern, Altenmengede, Werries und Lohausen war. Er trug
es dem Erzbischof und Kurfürsten von Köln als Lehen (feudum) an und 1661 hörte
Niering auf, freies Eigentum des Besitzers zu sein. Andererseits war der
Obereigentümer verpflichtet, den Untereigentümer im Besitze des Gutes zu
schützen. 1665 ging das Gut an Heinrich von Spittael, der neu belehnt wurde.
Die Torkapelle
Auf Niering gab es eine Stube des Torhauses, die als
Kapelle genutzt wurde und Platz für 12 bis 20 Personen bot. Der Zugang war vom
Hofe aus. Als die Zahl der Messebesucher wuchs, wurde dem Altar gegenüber ein Gitterfenster
angebracht, das durch eine Klappe verschließbar war. So konnten auch die im
Torgang Stehenden der Messe beiwohnen.
Seit dem 23.1.1682 durfte sonntags in der Torkapelle
des Hauses Niering eine Heilige Messe gefeiert werden. Es gab ein Altarbild der
Himmelfahrt Mariens (Fest am 15. August). Auf den steinernen Altar wurde ein
transportabler Tragaltar gesetzt; der Raum sollte in geziemendem Stande gehalten
werden und abseits der geräuschvollen Tagesgeschäfte liegen (super altari
portabili in conclavi ad hoc decenter satis ornato et ab omni domesticorum
negotiorum strepitu prorsus remoto). Der Recklinghäuser Pastor Johann Bernhard
Schmitz (1727-1745) aus Werne verfügte, dass nur die Hausangehörigen, aber keine
Personen aus der Nachbarschaft am Gottesdienst teilnehmen durften. Diese
Verordnung wurde auf Druck von Peter Constantin Horst zurückgenommen, nach einer
Eingabe des Pastors wieder erlassen und nach einer Intervention des
Hausbesitzers wieder zurückgenommen. Am 11.6.1734 wurde jedem Priester, der dort
eine Heilige Messe feiere, die Suspension angedroht. Der Pastor fand das Läuten
des Glöckchens, das zum Gottesdienst rief, besonders anstößig. Das Kurfürstentum
Köln urteilte salomonisch: Das Überziehen der Glocke wurde verboten, aber das
einseitige Anschlagen erlaubt (hanc esse Nobis duximus interponendam
moderationem, ut Campanae ipsius nulla quidem pulsatio plena, sed aliqualis
tantum eiusdem pulsus sive tintinnatio toties, quoties missae sacrificium fuerit
celebrandum, adhiberi possit, mandantes sub poena amissionis usus omnis ipsius
Campanae). Kurfürst Clemens August (1700-1761) gab der Kapelle schließlich den
Charakter einer öffentlichen unter der Bedingung der Stiftung eines Benefiziums.
Peter Constantin Horst stiftete es am 16.6.1743 unter dem Titel der
allerseligsten Jungfrau, des heiligen Joseph, des heiligen Antonius von Padua
und des heiligen Nepomuk und stattete es mit 6000 Reichstalern aus. Davon sollte
ein Theologiestudent aus dem Hause Horst unterstützt werden. Als aber 1773 der
letzte Horst starb, wurde das Benefizium geteilt: Die eine Hälfte verblieb auf
Niering, die andere wurde in die Pfarrkirche verlegt. 1793 wurde dieser Teil mit
der vestischen Normallehrer- und Schulvisitationsstelle verbunden. 1825 erfolgte
eine Neuregelung: 100 Reichstaler erhielt Niering zur Abhaltung des
Gottesdienstes, 80 Reichstaler der Recklinghäuser Kaplan Bosenius und 166 Reichstaler und 40 Stüber
der zweite Kaplan an der Pfarrkirche. Um die Mitte der 1840er Jahre hörte der
Gottesdienst wegen Zwistigkeiten mit dem evangelischen Amtmann von der
Schulenburg auf. Eine Wiederaufnahme wäre möglich gewesen, wenn der Besitzer die
Kapelle instandgesetzt hätte sowie Geräte, Gewänder Licht und Messwein besorgt sowie
Messdiener eingesetzt hätte. Dazu aber war er nicht bereit. 1869 wurde die
Wiederherstellung des Gottesdienstes endgültig abgelehnt, weil Niering ein
Bauernhof geworden war.
Das adlige Geschlecht Horst und Horneburg
Horst ist ein mittelniederdeutsches Wort und
bezeichnet niedriges Gestrüpp, besonders eine abgeholzte Stelle im Walde, an
der junge Schösslinge nachwachsen; Krüppelbusch; überhaupt einen wüsten, wilden
Ort.
Das adlige Geschlecht Horst wurde erstmals urkundlich
1142 mit Ruthger de Horst erwähnt. Die Stammreihe begann mit Gyselbertus de
Horst, miles (Ritter) im Jahre 1234. Stammsitz war Haus Horst (heute
Gelsenkirchen-Horst).
Der älteste bekannte Stammvater der Linie im Vest war
Henricus Horst (von der Horst, von Horst, van Horst), Richter und Freigraf zu
Dorsten, verheiratet mit Hake von Erkenschwick.
Sein Sohn Rutger Johann Horst, Lizentiat im
kirchlichen und weltlichen Recht, war 1617-1621 sowie 1631 Bürgermeister zu
Recklinghausen. Er war vestischer Landeseinnehmer auf der Horneburg, verheiratet
mit Machtild (Mechthild) Behnen.
Heinrich war 1683-1684 Bürgermeister von
Recklinghausen, ebenfalls vestischer Landeseinnehmer auf der Horneburg,
verheiratet mit Catharina Agatha Rensing. Sie stifteten 1688 das Benefizium
Horst-Rensing, die Vikarie des Heiligen Kreuzes.
Johann Bernard Horst († 1706) folgte seinem Vater als
Generaleinnehmer des Vestes auf der Horneburg und kaufte 1695 das adlige Gut
Wilbring. Er war verheiratet mit Christina Elisabeth Dücker.
Sein Bruder Peter Nicolaus Horst († 1746), Doktor
beider Rechte, war 1706-1724 Generaleinnehmer des Vestes Recklinghausen auf der
Horneburg, wurde wegen Veruntreuung zu einer hohen Geldstrafe verurteilt und war
dennoch 1727 bis 1731 Bürgermeister von Recklinghausen.
Das vereinigte Gut Niering und Rensing
1700 kaufte Catharina Agatha Rensing († 1706) das Gut
Niering. 1706 war der Richter Johann Dietherich/Theodorus Rensing Mitbesitzer
von Rensing. Sein Bruder, der Oberkriegskommandant Franz Heinrich von Rensing,
wurde am 9.5.1706 in den Stand der Reichsfreiherren erhoben. 1706 erhielt Peter
Constantin Horst, der Sohn von Catharina Agatha Rensing, Niering und kaufte
1715-1721 von den verschiedenen Erbinteressenten auch Rensing. Nun war von
Ostniering (Rensing) und Westniering (Niering) die Rede. Er riss die alten
Gebäude auf beiden Gütern ab, baute Herrschafts- und Wirtschaftsgebäude sowie ein neues Mühlengebäude. An Letzterem
steht: HanC PetrVs ConstantInVs Horst DoMInVs In NIerIng reponIt (Diese [Mühle]
hat Herr Petrus Konstantin Horst auf Niering wiedererrichtet). Diese Inschrift
enthält ein Chronogramm, welches das Jahr 1715 (MDCCVVIIIII) ergibt. Nach
seinem Tode im Jahre 1743 ging das Gut auf seine Enkel Peter Josef und Franz
Anton Horst über. Ihr Vormund und Vatersbruder Peter Rutger Horst erhielt 1744
die Belehnung. Peter Josef Horst starb früh, so erhielt Franz Anton Horst im
Jahre 1762 die alleinige Belehnung. Er heiratete Eleonore Heuermann aus
Duisburg, und ernannte sie durch ein Testament zur Erbin seiner Güter. Er war
zu diesem Zeitpunkt 24 Jahre alt.
Mord und Sühnekreuz
Am 6. Juni 1762 machte Peter Josef Horst in der
zehnten Abendstunde einen Spaziergang. Ein Jäger lag im Graben (nach anderer
Quelle ein Hausgärtner) und feuerte drei Schüsse auf ihn ab. Der Mörder soll
auf der Wiese gehängt worden sein, auf der später ein Sühnekreuz errichtet
wurde, das folgende Inschrift trug: „Im Jahre 1762 den 6. Juni in der 10.
Abendstunde ist auf diesem Platze mörderischer Weise erschossen der
hochedelgeborene Herr Franz Anton Horst, Herr zu Ost- und Westniering, nachdem
er die Jungfer Eleonore Heuermann, gebürtig aus Duisburg, erheiratet, dieselbe
vor kurzer Zeit zur Erbin seiner Güter durch ein Testament ernennet hat und
jetzt eben im 24. Jahre seines Alters war.“
1802 erhielt die Familie Fromm das Gut. Die Mühle ging
im Jahr 1841 in den Besitz der Familie Lohoff über. 1844 wurde der Eintrag
Nierings als Rittergut gelöscht. Zu Ende des 19.
Jahrhunderts besaß die Familie Schulte Curig (Kurich) das Gut Niering. Die
Recklinghäuser brachten ihre Leinwand zum Bleichen nach Haus Niering.
Nachweise
· Brockpähler,
Wilhelm, Steinkreuze in Westfalen, Schriften der Volkskundlichen Kommission des
Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe 12, Münster 1963; Münster 1983, 29.
· Dorider,
Adolf, Geschichte der Stadt Recklinghausen in den neueren Jahrhunderten
(1577-1933), Recklinghausen 1955, 91.166f.370 (Niering, Adelsgut).
· Esch,
Theodor (Oberpostsekretär), Das adlige Gut Niering nebst Rensing, in: Vestische
Zeitschrift 2 (1892), 186-194.
·
Grimm, Sabine, Tragödie von Niering, Unruhige Zeiten, Bd. 5, Norderstedt 2019.
· Lübben,
August, u. Christoph Walther, Mittelniederdeutsches Handwörterbuch, Norden u.
Leipzig 1888; Darmstadt 1995, 149 (Horst).
© Heinrich Michael Knechten, Horneburg 2019