Michael und andere Engel

 

Engel schenken Kraft, Zuversicht, Mut und Vertrauen. Sie helfen bei der Bewältigung einer schwierigen Situation. Daher werden sie geliebt und Engelbücher, -bilder und -skulpturen gerne verschenkt.

Woher aber kommt das Wort Engel?

Etymologie

Das deutsche Wort Engel kommt vom griechischen ἄγγελος (ángelos) – Bote, der eine Botschaft überbringt, als Übersetzung für das hebräische מלאך (malʼāḵ) – der mit einem Auftrag gesandte Bote.

 

Der Berg Gargano [gar'ga:no] in Apulien, Photographie von Cornelia Attolini. Die in die Adria hineinragende Halbinsel wird als Sporn des italienischen Stiefels bezeichnet.

Engel im Alten Orient

In Mesopotamien gibt es das akkadische Wort mālakum – Bote, allerdings nur in profanem Gebrauch. Das Wort bāštum bedeutet Lebenskraft, möglicherweise aber auch Schutzengel. Geflügelte Wesen gibt es in Mesopotamien, Ugarit und Ägypten. Persien erstellte bereits eine Hierarchie der Engel.

 

Die Grottenkirche (Krypta) des heiligen Erzengels Michael, Gargano,
Photographie von Cornelia Attolini

 

Michael in der Bibel

In der hebräischen Bibel findet sich folgende Erzählung: Daniel empfing eine Offenbarung und bemühte sich, sie zu verstehen. Drei Wochen lang fastete er, verzichtete auf Fleisch sowie Wein und ging danach zum Ufer des Flusses Tigris. Er blickte auf und sah, wie jemand vor ihm stand, in feines Linnen gekleidet, mit einem Gürtel aus Gold um die Hüften. Sein Körper glich einem Chrysolith, sein Antlitz leuchtete wie ein Blitz und seine Augen waren wie brennende Fackeln. Seine Arme und Beine glänzten wie polierte Bronze. Seine Worte waren wie das Getöse einer großen Menschenmenge. Er sagte: „Der Engelfürst des Perserreiches hat sich mir einundzwanzig Tage lang entgegengestellt, aber Michael, einer der ersten unter den Engelfürsten, kam mir zu Hilfe“ (Daniel 10, 13).

Im Judasbrief 9 steht: „Als der Erzengel Michael mit dem Teufel rechtete und über den Leichnam Moses stritt, wagte er nicht, den Teufel zu lästern und zu verurteilen, sondern sagte: Der Herr weise dich in die Schranken!“ (Sach 3, 2).

Aus dem Danielbuch und dem Judasbrief erfahren wir, wie der Engel „Wer ist wie Gott?“, im Hebräischen Michael, kämpft, um eine Notlage zu wenden. Er wird als einer der ersten unter den Engelfürsten und als Erzengel bezeichnet.

Im letzten Buch der Bibel, der Geheimen Offenbarung, wird ein dramatischer Kampf am Ende der Zeiten geschildert:

„Da entbrannte im Himmel ein Kampf. Michael und seine Engel erhoben sich, um mit dem Drachen zu kämpfen. Der Drache und seine Engel kämpften, aber sie konnten sich nicht halten und verloren ihren Platz im Himmel. Er wurde gestürzt, der große Drache, die alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt, und die ganze Welt verführt; der Drache wurde auf die Erde gestürzt, und mit ihm wurden seine Engel hinabgeworfen“ (Offb 10, 7-9.

Michaelsstatue im Eingangsbereich der Kirche San Michele auf dem Monte SantʼAngelo, Photographie von Cornelia Attolini

 

Die sieben Klöster

Es ist leicht verständlich, daß einem solchen Engel Heiligtümer erbaut werden. Das sind in der Regel alte Heiligtümer oben auf einem Berg. Da es sich um die Verehrung des obersten Engels handelt, liegt ja eine Verehrung an einem hoch gelegenen Ort nahe.

Es ist aber eine große Überraschung, daß es sieben Michaelsheiligtümer gibt, die in einer geographischen Linie liegen, jeweils tausend Kilometer voneinander entfernt, und zwar von Irland bis zum Heiligen Land (in der Karte mit Jerusalem bezeichnet):

 

Die sieben Michaelsklöster, Darstellung in Sacra di San Michele,
Photographie von H. M. Knechten

 

Es handelt sich um folgende Klöster:

o  Skellig Michael (irisch: Sceilg Mhichil, Felsen Michaels) ist eine kleine Insel südwestlich vor der Küste Irlands. Der Erzengel Michael erschien dem heiligen Patrick, um ihn in seinem Kampf gegen die Schlangenplage zu stärken. Das Kloster wurde im siebten Jahrhundert gegründet. Die Mönche lebten in Bienenkorbhütten.

o  St. Michaelʼs Mount liegt vor der Küste Cornwalls. Hier erschien der Erzengel Michael einer Gruppe von Fischern, die daraufhin ein Kloster gründeten, das seit dem 8. Jahrhundert nachweisbar ist.

o  Mont St. Michel liegt in der Normandie. Der Erzengel Michael beauftragte im Jahre 708 Bischof Aubert von Avranches ( 725) ihm eine Kirche zu erbauen. Die notwendigen Reliquien erhielt er vom Michaelsheiligtum auf dem Gargano. Für die Wallfahrtsseelsorge waren Mönche verantwortlich.
Mont St. Michel von Süden

o  Giovanni Vicenzo (um 955 - 1000) war Erzbischof von Ravenna und zog sich im Frühjahr 998 auf den Monte Caprasio im Susatal (Piemont) als Einsiedler zurück. Aus seiner Einsiedlerzelle entwickelte sich ab dem Jahr 1000 das Kloster Sacra di San Michele. Fünf Benediktiner bildeten den ersten Konvent.

Sacra di San Michele, Photographie von H. M. Knechten

o  Laurentius (Lorenzo Maiorano) wurde um 440 in Konstantinopel geboren. In Konstantinopel war der Erzengel Michael dem Kaiser Konstantin ( 337) erschienen. Seither gab es im oströmischen Reich eine Verehrung des Erzengels Michael. Laurentius wurde Bischof der Stadt Siponte (Manfredonia in Apulien). 490 erschien ihm der Erzengel Michael und trug ihm auf, eine Höhle am Berge Gargano als Kirche zu nutzen. Dies geschah seit dem 29. September 492. Laurentius starb in hohem Alter im Jahre 545. Vom Hafen Gargano aus stachen die Pilger in See, um in das Heilige Land zu gelangen.

o  Panormites, das Kloster des heiligen Erzengels Michael im Südwesten der Insel Symi (Σύμη), die zu den Zwölf Inseln (Dodekanes) in der östlichen Ägäis gehört. Seit dem 14. Jahrhundert ist die Existenz des Klosters belegt.

o  Der Prophet Elias hatte am Berg Karmel beim heutigen Haifa eine Auseinandersetzung mit den Baalspriestern (1 Kön 18). Hier hatte er eine Höhle, in der er betete. In seinem Kampf gegen das Böse ähnelt er dem Erzengel Michael. Christliche Mönche lebten auf dem Berge Karmel als Eremiten. Um 1150 entstand der Orden der Karmeliter. Im Königreich Jerusalem (1099-1291) gab es kein Michaelsheiligtum.

o  Heinrich Elmar Stamm regte an, zwischen Mont-Saint-Michel und Sacra di san Michele noch den Michaelsberg in Siegburg hinzuzufügen.
Ich folge gerne seiner Anregung, weil ich fünf Jahre lang in der Nähe wohnte, nämlich in St. Augustin. Einer meiner Mitstudenten trat in die Benediktinerabtei Michaelsberg ein.
Ich erinnere mich an die Diskussionen, die nach dem Austritt des Abtes Alkuin Heising (1927-2010) im Jahre 1968 entstanden. Er hatte damit gegen die Verurteilung des Reutlinger Religionspädagogen Hubertus Halbfas (1932-2022) protestiert. Halbfas hatte auf die Diskrepanz zwischen dogmatischen und biblischen Aussagen aufmerksam gemacht und darüber hinaus gefordert, manche biblischen Aussagen symbolisch zu verstehen. Kardinal Frings entzog ihm daraufhin die kirchliche Lehrerlaubnis (missio). –
Im Jahre 1064 hatte der Kölner Erzbischof Anno II. (um 1010 - 1075) die Benediktinerabtei St. Michael gegründet. Nach seinem Tode wurde er in der Abteikirche bestattet. Dies ist sein Schrein.
Die Abtei wurde 1803 säkularisiert, war 1825-1878 „Irrenheilanstalt“, 1879-1914 Zuchthaus und seit dem 28 Februar 1914 wieder Benediktinerabtei. 1940 wurde im Kloster ein Reservelazarett eingerichtet und die Mönche wurden 1941 vertrieben. Sie kehrten 1945 zurück. 1947 wurde das Grab des heiligen Anno wiederentdeckt. Die Gebeine kehrten aus der Servatiuskirche zurück und wurden wieder in der Abteikirche verehrt.
Am 19. Juni 2011 wurde die Abtei aus wirtschaftlichen und personellen Gründen aufgegeben. Seit 2013 bilden sechs indische Unbeschuhte Karmeliten eine klösterliche Gemeinschaft auf dem Michaelsberge. –
Das Lied „Ein Haus voll Glorie schauet weit über alle Land“, gedichtet im Jahre 1875 vom Siegburger Joseph Hermann Mohr (1834-1892), kündet vom Kulturkampf, durch den die Katholische Kirche eliminiert werden sollte. Hintergrund für das Bild ist der Michaelsberg in Siegburg. –
Wenn zu den sieben erwähnten Michaelsheiligtümern ein achtes hinzugefügt wird, klingt dies an die symbolische Bedeutung der Zahl Acht an: Es gibt acht Seligpreisungen (Mt 5), acht Weherufe (Mt 23), vor allem aber erstand Christus am achten Wochentage von den Toten und heiligte damit den achten Tag (Sonntag).

 

Die „Himmel“

Im Norden Rußlands gibt es die Tradition, die Kuppeln der hölzernen Kirchen mit Engeln zu bemalen. Diese Kuppeln werden als Himmel (неба, néba) bezeichnet.

 

Engel Jehudiel (kirchenslavisch: Egudiil) und Barachiel, der Engel des Segens, von ברכה braḵāh – Segen, im „Himmel“ der Kirche des heiligen Johannes Chrysostomos aus dem Jahre 1665 in Saunino (Kiprovo) bei Kargopolʼ, Photographie von Johanna Kusters

 

Die neun Engelchöre in Steyl

Ein Beispiel für die Verehrung der heiligen Engel bietet die Oberkirche in Steyl/Niederlande.

Arnold Janssen gründete am 8. September 1875 in Steyl ein Missionshaus. Er war Priester des Bistums Münster, konnte aber in Deutschland aufgrund des Kulturkampfes nicht seine Ideen in die Tat umsetzen. Bei dem Gebäude in Steyl, das ihm angeboten wurde, handelte es sich um ein ehemaliges Gasthaus für Fuhrleute, die an der Maas ihre Waren abgeholt hatten.

1876 begann der Stifter mit einem Neubau. Die Kapelle, die dem heiligen Erzengel Michael geweiht ist, wurde 1877 vollendet. Steyl sollte ein Gnadenort für die Verehrung der heiligen Engel werden. Bald war die Kapelle zu klein. Nach dem Vorbild der Kirche St. Maria und Clemens in Schwarzrheindorf bei Bonn, 1151 geweiht, die Arnold Janssen besucht hatte, wurde eine Doppelkirche ausgeführt, deren Oberkirche am 8. September 1884 konsekriert wurde.

 

Die Oberkirche, Quelle: Steyler Mission

 

Auf den Wänden des Chorraums sind Engel dargestellt: Einer bläst die Fanfare, einer musiziert auf der Harfe, einer trägt eine Lilie und ein Buch, das mit Jesus und Maria gekennzeichnet ist, einer spendet Weihrauch.

Um den Hochaltar herum sind Seitenaltäre, hinter denen sich Kirchenfenster befinden, die den Engeln geweiht sind. Die neun Chöre sind einzeln dargestellt, jeweils mit einem Sinnspruch versehen, der sich auf ihren Dienst bezieht: Seraphim, Cherubim, Throne, Herrschaften, Kräfte, Mächte, Fürstentümer, Erzengel (Michael, Gabriel, Raphael), Engel.

Im ersten Fenster der Gabrielskapelle ist ein Seraph mit lilarotem Gewand abgebildet, eine Krone mit Kranz und Sternen auf dem Haupt. In der rechten Hand trägt er einen Lorbeerzweig, in der linken einen von Flammen umgebenen Kelch. Auf der Brust trägt er die Aufschrift: Caritas – Liebe (vgl. 1 Joh 4, 8.16). Darüber ist der Doctor seraphicus abgebildet, Bonaventura († 1274).

Worte der Seraphim:

Uns beglückt die Liebe,
Euch beglückt sie, Menschen,

Wenn als Gotteskinder
Gott ihr folgsam dienet.

 

Im zweiten Fenster sehen wir einen Cherub im weißen Gewande, der auf dem Haupt eine Krone trägt. Seine Flügel sind von blauer Farbe. Er hält ein goldenes Kreuz mit der Aufschrift: Sapientia – Weisheit (vgl. 1 Kor 1, 24: Das Wort vom Kreuz ist Gottes Weisheit). Im Maßwerk ist das Bild des Doctor angelicus, Thomas von Aquin († 1274).

Sprache der Cherubim:

Jesus ist die Weisheit,
Jesu Kreuz und Lehre.

Folget diesem Zeichen,
Liebt die wahre Weisheit!

 

Im dritten Fenster ist ein Engel aus dem Chor der Throne mit blauem Gewande und mit Krone dargestellt. In der rechten Hand hält er eine Lilie, in der linken ein Spruchband: Humiles exaltabit et castos – Demütige und Reine wird er erhöhen (vgl. Lk 1, 52). Im Maßwerk ist der Doctor egregius abgebildet, Bernhard von Clairvaux († 1153).

Rede der Thronen:

Reinheit zart und Demut
Führt zu Gottes Throne,

Bringt euch Menschenkinder
Hin auf ewge Thronen.

 

Im ersten Fenster der Michaelskapelle ist ein Engel aus dem Chor der Herrschaften mit lichtrotem Gewande und mit goldenem Stirndiadem abgebildet. Das Gefäß in seiner linken Hand deutet auf das Öl der Sanftmut, mit der rechten weist er auf den Saum am Hals hin: Dominare in te ipsum – Herrsche über dich selbst. Im Maßwerk sehen wir die heilige Maria Margareta Alacoque († 1690), welche die Herz-Jesu-Verehrung förderte.

Mahnung der Herrschaften:

Sei dir selber Herrscher,
Sohn der ewgen Liebe!

Das führt dich zur Herrschaft.
Salböl reicht dir Jesus.

 

Im zweiten Fenster sehen wir einen Engel aus dem Chor der Kräfte mit rotem Kleid und einem Goldlorbeerenkranz mit Sternen darüber. In der rechten Hand hält er ein Gefäß mit einem Naturheilmittel, in der linken Heilkräuter. Auf dem Kollar steht: In Deo faciamus – In Gott wollen wir handeln! Im Maßwerk ist die heilige Gertrud von Nivelles sichtbar († 659), auf ihrem Buch Mäuse; diese Schädlinge vertreibt sie. Sie ist außerdem die Patronin der Krankenhäuser.

Salbung der Kräfte:

Gott gibt Kraft den Pflanzen,
Tugend den Geschöpfen.

Mit Maria heilen
Wir die armen Kranken.

 

Das dritte Fenster zeigt einen Engel aus dem Chor der Mächte. Er ist braun gekleidet, trägt eine goldene Krone und hält ein Flammenschwert in der Rechten. Auf dem Kollar steht: Resisto malæ potestati – Ich widerstehe böser Macht. Im Maßwerk ist die heilige Teresa von Ávila dargestellt († 1582).

Tröstung der Mächte:

Gottes Schwert führen wir,
Satan wir bekämpfen;

Wir, die Krieger Josephs,
Streiten für die Kirche.

 

Im ersten Fenster der Raphaelskapelle ist ein Engel aus dem Chor der Fürsten mit dunkelviolettem Gewand und silbernem Stirndiadem dargestellt. Auf dem Spruchband steht: Obœdiens Deo princeps eris – Gott gehorchend, wirst du ein Fürst sein. Im Maßwerk ist der heilige Aloisius von Gonzaga († 1591) sichtbar.

Predigt der Fürstentümer:

Gott ist Fürst der Fürsten;
Folgt ihm, Menschenkinder!

Und ihr findet mit uns
Ewge Fürstentümer!

 

Das zweite Fenster zeigt einen Vertreter aus dem Chor der Erzengel mit grauweißem Gewand und silbernem Stirndiadem. In der rechten Hand hält er eine Waage, in der linken einen Stab. Auf seiner gekreuzten Stola steht: Iudicia tua Deus misericordia et veritas – Deine Gerichte, o Gott, sind Barmherzigkeit und Wahrheit (Tob 3, 2). Im Maßwerk ist die heilige Francesca Romana († 1440) abgebildet, links davon ihr Schutzengel, zu dem sie eine große Verehrung hatte. Sie ist Patronin der Autofahrer.

Mahnrede der Erzengel:

Gottes Waage wäget
Aller Menschen Werke.

Seinen Zorn befürchtet,
Sucht bei Ihm Vergebung!

 

Im dritten Fenster ist ein Schutzengel mit grünem Kleid und silbernem Stirndiadem dargestellt. An der linken Hand führt er ein Kind, mit der rechten weist er eine aufschießende Schlange zurück. Auf seinem Kollar steht: Præ te angelus meus – Mein Engel steht vor dir (Ex 23, 23). Im Maßwerk ist der heilige Isidor von Madrid abgebildet († 1130), mit einem Rebmesser im Gürtel. Er war von Beruf Landwirt. Sein Leib ruht in der Isidorkathedrale in Madrid. Er ist Patron der Landwirte.

Lehrworte der Engel:

Wir als Boten Gottes
Dienen Menschenkindern.

Wehrt mit uns dem Bösen,
Fördert stets das Gute!

 

Oberkirche Engelfenster

Fürsten, Erzengel und Schutzengel, Quelle: Steyler Mission

 

Hinter dem Hochaltar sind drei Engelsaltäre, die zur Ehre der drei Erzengel Michael, Gabriel und Raphael errichtet wurden.

 

Biblische Belege für Engel

Zur biblischen Grundlage der Michaelsgestalt wurde oben bereits einiges mitgeteilt. Hier folgen Belege für andere Engel:

o  „Ich bin Gabriel, der vor Gott steht“ (Lk 1, 19).

o  „Er fand den Engel Raphael vor sich stehend“ (Tob 5, 4; Langtext im Codex Sinaiticus).

o  „Denn der Herr selbst wird vom Himmel herabkommen, wenn der Befehl ergeht, der Erzengel ruft und die Posaune Gottes erschallt“ (1 Thess 4, 16).

o  „Ihre Engel im Himmel schauen allezeit das Angesicht meines Vaters im Himmel“ (Mt 18, 10).

o  „Er vertrieb den Menschen und stellte östlich des Gartens Eden die Cherubim auf und das lodernde Flammenschwert, damit sie den Weg zum Baume des Lebens bewachten“ (Gen 3, 24).

o  „Du sollst zwei Cherubim aus getriebenem Gold machen“ (Ex 25, 17).

o  Seraphim standen rings um ihn“ (Jes 6, 2)

o  „Denn ich bin gewiß, daß weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn“ (Röm 8, 38f).

o  Gott der Vater hat seine Macht an Christus erwiesen, „den er von den Toten auferweckt und im Himmel auf den Platz zu seiner Rechten erhoben hat, hoch über alle Fürsten und Gewalten, Mächte und Herrschaften“ (Eph 1, 20f).

o  „Denn in ihm ist alles geschaffen, was im Himmel und auf der Erde ist, das Sichtbare und das Unsichtbare, es seien Throne oder Herrschaften oder Mächte und Gewalten, es ist alles durch ihn und zu ihm hin geschaffen“ (Kol 1, 1 6).

o  „Ach, du bist vom Himmel gefallen, du schöner Morgenstern; zu Boden bist du geschmettert, du Bezwinger der Völker“ (Jes 14, 12). Die Kirchenväter deuteten diese Bibelstelle auf Luzifer, den gestürzten Engelfürsten, der wie Gott sein wollte. Dies bezieht sich auf folgendes Wort: „Darauf sagte die Schlange zur Frau: Nein, ihr werdet nicht sterben. Gott weiß vielmehr: Sobald ihr davon eßt, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse“ (Gen 3, 4f). Origenes schrieb dazu: „Auch hier wird ganz deutlich ausgesagt, daß vom Himmel gefallen ist der, welcher vorher der Morgenstern (Lucifer) war und in der Frühe aufging. Denn wenn er, wie einige glauben, von der Natur der Finsternis war, wie kann er dann vorher der Morgenstern gewesen sein? Und wie konnte er in der Frühe aufgehen, wenn er nichts Lichtartiges in sich hatte? Aber auch der Erlöser belehrt uns über den Teufel: ‚Seht, ich sehe den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz‘ [Lk 10, 18]; denn einst war er Licht“ (De principiis 15, 5, herausgegeben von Heinrich Görgemanns und Heinrich Karpp, Texte zur Forschung, Band 24, dritte Auflage Darmstadt 1992, 210). Der gestürzte Morgenstern wird hier mit Luzifer, dem Teufel und Satan gleichgesetzt.

Paul Gustave Doré (1832-1883), Sturz Luzifers, 1866, Illustration zu Miltons Paradise Lost

 

Die Engelränge bei Kirchenvätern

Fußend auf der Theologie Platons IV, 3 des neuplatonischen Philosophen Proklos (412-485), entwickelte Dionysios Areopagita seine Lehre von den drei Triaden der Engelränge:

Throne, Cherubim und Seraphim; Mächte, Herrschaften und Kräfte; Engel, Erzengel und Gewalten (Die Himmlische Hierarchie VI, 2, herausgegeben von Günter Heil und Adolf Martin Ritter, Corpus Dionysiacum II, Patristische Texte und Studien 67, zweite Auflage Berlin und Boston 2012, 26f).

 

Der Engel mit dem Goldenen Haar, 1200-1250, Russisches Museum, St. Petersburg

 

Johannes Chrysostomos nannte in seinem Matthäuskommentar 54, 6 (Patrologia Græca 57, 540) acht Engelränge; es fehlt der der Fürsten.

 

 

Erzengel Gabriel, 13. Jahrhundert, enkaustische Ikone, Katharinenkloster auf dem Sinai

 

Das Michaelslied

Der Dichter des Liedes zum Erzengel Michael ist der Jesuit Friedrich Spee von Langenfeld (1591-1635), welcher der erste war, der erfolgreich gegen die Hexenverbrennungen kämpfte. Das Lied wurde 1623 gedichtet und im gleichen Jahre in Köln vertont. Es befand sich im Gotteslob, wurde aber in die neue Auflage des Jahres 2014 nicht mehr aufgenommen. Hier wird es wiedergegeben nach: Exsultemus Domino. Katholische Kirchenlieder, herausgegeben von Stanislaus Maruczyk (1890-1956) und Josef Graisy (1911-1983), sechste Auflage Mödling bei Wien 1957, 323.

 

 

Das Michaelsgebet

Sancte Míchael Archángele, defénde nos in prœlio, contra nequítiam et insídias diáboli esto præsídium. Imperet illi Deus, súpplices deprecámur, tuque, Prínceps milítiæ cæléstis, Sátanam aliósque spíritus malígnos, qui ad perditiónem animárum pervagántur in mundo, divína virtúte, in inférnum detrúde. (Leo XIII., im Jahre 1886).

Heiliger Erzengel Michael, schirme uns im Streite, gegen die Bosheit und die Arglist des Teufels, sei du unser Schutz! „Gott gebiete ihm!“, so bitten wir flehentlich. Du aber, Fürst der himmlischen Heerscharen, stürze den Satan und die anderen bösen Geister, die zum Verderben der Seelen die Welt durchstreifen, in der Kraft Gottes hinab in die Hölle.

 

Persönliches Nachwort

Wer über Engel schreibt, befindet sich zwischen zwei Feuern. Auf der einen Seite wird behauptet, Engel gäbe es gar nicht.

Zwar haben seit Jahrzehnten immer mehr Menschen ein positives Verhältnis zu Engeln, fühlen sich von ihnen beschützt und geleitet, gerettet und geheilt.

Seltsam ist aber nur, daß die Theologie, welche doch diesen Bereich begleiten und deuten könnte, sich weitgehend abseits hält mit der Bemerkung, es handle sich um etwas „Unwissenschaftliches“.

Die entsprechenden Aussagen der Heiligen Schrift gelten als „Mythologie“ und werden, dementsprechend, nicht zur Kenntnis genommen.

 

Auf der anderen Seite werden Aussagen über Engel gebraucht, um Angst zu verbreiten und Andersdenkende zu bekämpfen. Das Michaelsgebet des Papstes Leo XIII. könnte durchaus gebetet werden, um der zunehmenden Gewalt in unserer Welt etwas Spirituelles entgegenzusetzen. Leider war es aber 1886 gegen den „Modernismus“ und gegen Gruppierungen gerichtet, welche nicht der Katholischen Kirche angehörten.

 

 

Bibliographie

o  Bentchev, Ivan, Engelikonen. Machtvolle Bilder himmlischer Boten, Ikonenreihe, Luzern, Freiburg im Breisgau, Basel und Wien 1999.

o  Bentchev, Ivan, mit Beiträgen von Thomas Daiber und Eva Haustein-Bartsch, Engelikonen im Ikonen-Museum Recklinghausen, Monographien des Ikonen-Museums Recklinghausen, Band VII, Recklinghausen 2002.

o  Benediktinerpatres des Erzengel-Michael-Heiligtums, Herausgeber, Auf dem Gargano erschien der Erzengel. Kurzer Bildführer für das Heiligtum und für die Stadt Monte SantʼAngelo, Monte S. Angelo PG 1988.

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o  Cattin, Yves, und Philippe Fauré, Les anges et leur image au Moyen Age, Visages du Moyen Age, Band 2, Saint-Léger-Vauban 1999; Die Engel und ihr Bild im Mittelalter, Übersetzung von Michael Lauble, Regensburg 2000.

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o  Mayer, Hans Eberhard, Bistümer, Klöster und Stifte im Königreich Jerusalem, Schriften der Monumenta Germaniæ Historica, Band 26, Stuttgart 1977.

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o  Urban, Albert J., Lexikon der Engel. Namen, Geschichte, Deutung, Paderborn 2005.

 

© Dr. Heinrich Michael Knechten, Stockum 2024

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