London,
Paris und Rom
Samstag, 6.7.1968
5.55 Uhr mit dem Zug ab Kevelaer, 10.25 Uhr ab Aachen,
dann nach Belgien. Abends in Antwerpen. Es regnete. Ich schaute mir die Stadt an.
Danach versuchte ich zu schlafen. Unten im Gasthof lärmte eine Band. Um ein Uhr
nachts kam der Wunsch auf, weiterhin durch die Stadt zu streifen, doch der
Schlaf überwältigte mich schließlich.
Sonntag, 7.7.1968
Heilige Messe, dann nach Oostende. Es war ein
wunderbarer Strand. Nach Gent. Ich kam im Haus eines Frittenverkäufers unter.
Ich wollte das Museum, besuchen, fand es aber erst, nachdem es geschlossen war.
Montag, 8.7.1968
9.40 Uhr mit dem Zug nach Lille in Frankreich, dann
nach Calais. Mit einem Fährschiff nach Dover, anderthalb Stunden. Eine
Jugendherberge war besetzt, die andere nahm mich auf. Abends ein herrlicher
Rundblick über die Stadt von einem Hügel aus.
Dienstag, 9.7.1968
Das Railrover Ticket, mit dem man in ganz England
herumfahren kann, sollte nicht 62 Mark kosten, wie es im Prospekt stand,
sondern 200 Mark! Also nach London.Ankunft in Charing Cross Station. Ich
telephonierte mit allen Jugendherbergen, überall war besetzt. Schließlich kam
ich in einem Youth Hostel unter. Entschädigt wurde ich für dieses Ungemach
dadurch, dass London wahrlich eine Weltstadt ist. Besonders gefiel mir der St.
James Park. In den Teichen schwammen alle erdenklichen Arten von Enten, Gänsen
und Rallen. Es folgte die Besichtigung von Leicester Square, Nelson Column,
National Galery, Buckingham Palace, Westminster Abbey, The Houses of Parliament
und Big Ben.
Mittwoch, 10.7.1968
Hyde Park, Madame Tussaud’s Wachsfigurenkabinett,
Tower, Downing Street 10 und Piccadilly Circus. Besonderen und bleibenden
Eindruck machte auf mich aber das Britische Museum, vor allem die assyrischen
Sammlungen. Assur wurde 1903-1914 teilweise ausgegraben (Festungswerke,
Tempel). Heute sind nur noch einige Lehmhügel übrig, die ich bei meiner Irakreise
unter glühender Sonne besichtigte. Vom November bis zum Februar 2019 findet im
Britischen Museum eine Ausstellung statt: Ich bin Assurbanipal
(Aššur-bāni-apli – Aššur ist Erschaffer des Erbsohnes; 668-631/627 vor
Christus). Die Assyrer waren für ihre Grausamkeit bekannt; sie siedelten (wie
die Babylonier) ganze Völker um. Die Darstellung der Löwen zeichnet sich durch genaue
Wiedergabe aus. Starrheit und Monumentalität. Der Heilige Baum.
Donnerstag, 11.7.1968
Mit dem Zug nach Dover, dort wurde gerade soeben noch
das Schiff erreicht, das allerdings unterwegs Maschinenschaden bekam. Es konnte
nicht durch die Brandung von Calais hindurch, kehrte um und in Dover stiegen
wir in ein anderes Schiff um, das uns nun endlich nach Calais brachte. Das
Ganze hatte neun Stunden gedauert. Ich war so seekrank, dass ein Matrose mir
ein Stück Kreide gab. Er sagte, es sei besser, wenn im Magen etwas ist, dann
sind die Erbrechensanfälle nicht so schlimm. Mit dem Zug ging es nach Paris.
Freitag, 12.7.1968
Um zwei Uhr nachts erhielt ich ein Zimmer. Morgens
besichtigte ich den Eiffelturm, den Triumphbogen, wanderte die Champs-Élysées
hinunter zum Tuileriengarten und zum Louvre. Leonardi da Vincis Mona Lisa war
eine der Höhepunkte der Fahrt. Ist es ein Lächeln oder Verschlagenheit, Nähe
oder Distanz, Natürlichkeit oder eine Gesichtslähmung, Weltgewandtheit oder
Erstarrung?
Samstag, 13.7.1968
Früh zur Kirche Sacré-Cœur, dann zur Kathedrale
Notre-Dame. 19.50 Uhr mit dem Zug ab Paris-Est, über Dijon, Lyon, Turin und
Genua.
Sonntag, 14.7.1968
8.30 Uhr in La Spezia. Zur Heiligen Messe und danach
im Meer gebadet. Abends fand ich in Rom eine Pension, die mich aufnahm.
Montag, 15.7.1968
In Santa Maria Maggiore zur Heiligen Messe, dann
zum Petersdom. Ich durfte ihn aber nicht
betreten, da ich eine kurze Hose trug. Ich besichtigte das Forum Romanum, das
Colosseum und die Katakomben des heiligen Sebastians. So wurde mein Namenstag
würdig gefeiert.
Dienstag, 16.7.1968
Im Deutschen Reisebüro erhielt ich eine Fahrkarte für
die Rückfahrt. Dann endlich konnte ich, mit einer langen Hose bekleidet, den
Petersdom betreten. In den Vatikanischen Museen faszinierte mich die
Laokoongruppe: stummer Entsetzensschrei. In der Sixtinischen Kapelle erscheint
bei Michelangelos Jüngstem Gericht die Gerechtigkeit (Christus) und die
Barmherzigkeit (die allheilige Gottesgebärerin). Die Propheten und Sibyllen. In
den Raffaelsstanzen sah ich endlich das Original der Schule von Athen, mit dem
Gegensatz zwischen Platon und Aristoteles. Ich ging nochmals zum Römischen
Forum: die alte Form einer Basilika (Königshalle, Ort des Herrscherbildes oder der
Kaiserstatue, Gerichtsgebäude, Markthalle, Ort der Öffentlichkeit). Abends aß
ich am Trevibrunnen Pizza. Der Aquädukt Aqua Virgo (die Jungfrau Wasser) führt
aus den Sabiner Bergen 26 km lang Wasser nach Rom. Trevi leitet sich von
Trivium (Tre vie – drei Wege) ab, da hier ein Kreuzungspunkt von drei Straßen
ist. Trevi ist der zweite Bezirk (rione) von Rom.
Mittwoch, 17.7.1968
Mit dem Zug nach Assisi, abends Ankunft. Bei der
Basilika San Antonio gab es ein Nachtlager.
Donnerstag, 18.7.1968
Wallfahrt zum heiligen Franziskus. Besonders
beeindruckend war das kleine Dormitorium der Klarissen. Die berühmte Gründerin
hatte kein Äbtissinengemach, sondern lebte in Gemeinschaft mit ihren
Mitschwestern. Ein Blumenstrauß bezeichnete ihr Bett.
Freitag, 18.7.1968
Fahrt nach Padua.
Samstag, 19.7.1968
In Padua eine Heilige Messe in der Antoniusbasilika mitgefeiert.
Mit dem Zug über Kufstein und Innsbruck. 17.15 Uhr war ich in München. Es gab
ein Bett bei der evangelischen Bahnhofsmission.
Sonntag, 20.7.1968
Nach der Heiligen Messe besichtigte ich sechs Stunden
lang das Deutsche Museum. Mich interessierten die Versuche zur Erläuterung von
physikalischen Gesetzen, die Kopien der Altamirahöhle und die Musikinstrumente.
Montag, 21.7.1968
Mit dem Zug über Augsburg, Nürnberg, Frankfurt am Main
nach Bonn.
Dienstag, 22.7.1968 bis Dienstag,
29.7.1968
Fahrradtour nach Cochem, Trier, Wasserbillig,
Luxemburg und Trier, etwa 300 Kilometer. Die Porta Nigra kündete von der
Römischen Zeit. Ambrosius wurde in Trier geboren, Hieronymus absolvierte hier
einen Teil seiner Studien und Athanasios war zweimal nach Trier verbannt.
© Heinrich Michael Knechten, Horneburg 2019