Göttliche Liturgie im Essener Dom
Am Sonntag, dem 30.
Januar 2022, wurde in zeitlicher Anlehnung an die „Weltgebetswoche um die Einheit
der Christen“ im Dom St. Cosmas und Damian zu Essen die Göttliche Liturgie
unseres Vaters unter den Heiligen, Johannes, Erzbischofs von Konstantinopel,
Chrysostomus, gefeiert. Seit fast 50 Jahren wird die Liturgie an diesem
geschichtsträchtigen Ort aus diesem Anlaß gefeiert.
Der Grund dieser Art von
Ökumene des Domkapitels zu Essen liegt in der Geschichte des Stiftes Essen. Aus
Anlaß des 1100jährigen Bestehens von Stift und Stadt Essen im Jahre 1952 und
vor dem Hintergrunde der Verwandtschaft der Äbtissinnen Sophia (975 - 1039) und
Theophanu (997 - 1058) mit der Kaiserin Theophanu (960 - 991) und dem heiligen
Vladimir (956 - 1015) rief der Essener Pfarrer Paul Heinrichs mit seinem
Kirchenmusiker Karl Linke eine Chorgemeinschaft ins Leben, welche zu diesem
Jubiläum bei der Feier einer Göttlichen Liturgie in slavischer Sprache singen
sollte. Pfarrer Heinrichs war kunstsinnig. Er hatte in den Kriegsjahren die
faszinierende Liturgie der orthodoxen Kirchen mit ihrer innigen und
vielseitigen Vokalmusik kennengelernt.
Kreuzgang,
Dom zu Essen, Erwähnung der amtierenden Äbtissinnen, Photographie von Cornelia
Attolini
Diese Chorgemeinschaft,
heute würde man sagen: „Projektchor“, war gedacht für die einmalige Feier der
Liturgie, aber man blieb beieinander und auf Dauer bildeten sich der
Johannes-Damascenus-Chor und der Romanos-Chor. Beide hervorragende Chöre haben
über 60 Jahre in zahllosen Liturgien und Konzerten das Verständnis für diese
Liturgie und Musik im Sinne der Ökumene gefördert.
Zelebranten der Liturgien
waren zunächst die Mönche der Abtei der „Erhöhung des Heiligen Kreuzes“ in
Chevetogne, ab 1962 Erzpriester mitrophor Dr. Alexander Jermolenko, welcher
1960 mit P. Dr. Erwin Immekus SAC aus Rom gekommen war, weiter Pfarrer Dr.
Josef Stojaspal und dann Erzpriester mitrophor Dr. Heinrich Michail Knechten,
welcher hier und andernorts Liturgie gefeiert hat.
Das Jahr 2022 bildet nun
eine Zäsur, da Pfarrer Knechten von seinem Bischof aus gesundheitlichen Gründen
emeritiert worden ist. Das ist ein großer Einbruch hier in Essen und in unserer
Gemeinde der heiligen Boris und Gleb in Datteln-Horneburg. Chor und Gemeinde
sind in einer gewissen Trauer um den Verlust eines Priesters, der sich um seine
Gemeinde und alle, die ihm darüber hinaus anvertraut waren, aufgeopfert hat,
eben ein Seelsorger.
So hatte Pfarrer Knechten
nach der Göttlichen Liturgie, bei welcher der Chor Angelskij Sobor aus Gent
gesungen hatte, Verwandte, Freunde und Weggefährten, Konzelebranten,
Altardiener und Chor, soweit die Schutzverordnungen es zuließen, in das dem Dom
gegenüberliegende Restaurant „RoseMarie“ zu einem festlichen Abendessen
eingeladen.
Protodiakon Antonij
(Ekkehard Wegener) zeigte in einer kurzen Ansprache den Grund der
byzantinischen Liturgiefeiern im Dom in Essen auf und verband damit den Dank an
unseren Pfarrer. Die Erhebung zum Erzpriester mitrophor ist sicher auch ein
„amtlicher“ Dank an einen verdienten Priester. Sein literarisches Werk und eine
interessante Netzseite, gehören ebenso zu seinen Verdiensten. Das kirchenslavische
„Spasi i sochrani“ mag unser aller Dank gebührend ausdrücken.
Dom
zu Essen, Siebenarmiger Leuchter,
Photographie von Cornelia Attolini
Ansprache
beim Essen am 30. Januar nach der Liturgie im Hohen Dom zu Essen im Restaurant
RoseMarie am Burgplatz
Lieber Erzpriester Michail, lieber Vater Paul, liebe
Professorin Christine mit dem Chor Angelski Sobor aus Gent, lieber Lektor Karl
Weber, liebe Choristen aus Horneburg, liebe Altardiener und liebe
Tischgemeinschaft.
Vater Michail hat mich gebeten einige Worte zu sagen.
Zugegeben, der Hohe Dom in Essen trägt diesen
juristischen Titel seit 1958, seit er Kathedrale des Bischofs von Essen wurde,
ist aber bescheiden, wenn man einen Blick nach Köln wagt, vielleicht in unserer
Zeit aber schon wieder ausreichend, und war ursprünglich die Stiftskirche für
zwölf adelige Damen, welche hier mit ihrer Äbtissin lebten, zunächst in
klösterlicher Verfaßtheit, später in einer Art Versorgungsstift. Man betete
täglich mehrfach zusammen, also das Stundengebet der Kirche, es gab dreißig
Altäre und dreihundert Prozessionen im Jahr, aber ansonsten lebte jede
Stiftsdame in ihrem Hause. Von der Zahl der Gottesdienste ist das immerhin
mehr, als das heutige Domkapitel tut. Dazu gab es ein Kanonikerkapitel für die
Feier der vielen Gottesdienste.
Der heilige Altfrid, vierter Bischof von Hildesheim
von 851 bis 874, hat hier auf seinem elterlichen Gut im Sachsenland, ein Stift
für die Töchter des sächischen Hochadels gestiftet. Sagen wir es mal etwas salopp,
die Damen gingen hier zu einer höheren Töchterschule. Der Hintergrund war, daß
das Sachsenland noch immer nicht so richtig christlich war. Man dachte, wenn
die jungen Frauen hier eine gute christliche Ausbildung erhalten, gibt es auch fromme
Familien.
Die Stadt Essen lag in der Frühzeit am Kreuzungspunkt
zweier wichtiger Straßen, nämlich einer „Geschäftsstraße“, des Hellweges,
welcher vom Rhein bis nach Novgorod führte, und einer zweiten Straße, einer
Wallfahrtsstraße, nämlich dem Camino de Santiago de Compostela. Man zog hier
auf dem Weg zu allen wichtigen Kirchen, welche Reliquien hatten, vor allem nach
Köln zu den Reliquien der Heiligen Drei Könige.
Dies gilt auch für heute: Immer wieder kommen
orthodoxe Gemeinden hier zum Dom, um Reliquien zu verehren.
Vielleicht paßt das Leitwort dieser Woche in diesem Jahr
zu unserer Situation in Essen und in Horneburg besonders gut: Wir haben seinen
Stern im Osten gesehen und sind gekommen, ihn anzubeten. (Mt 2,2)
Lieber o. Michail an dieser Stelle müßte das
Domkapitel dir Dank sagen. Ich übernehme das mal und sage, auch im Namen aller,
die hier versammelt sind, ein herzliches Vergelt’s Gott.
RoseMarie,
Photographie von Cornelia Attolini.
Ihr und Giuliana Attolini sei herzlich gedankt für die Kontaktknüpfung zu
diesem hervorragenden Restaurant.
© Protodiakon Vr. Antonij (Ekkehard Wegener), Bochum
2022