Landwehren

Heinrich Michael Knechten

 

Was waren Landwehren?

Landwehren waren gestaffelte Wall-Graben-Anlagen. In der Regel bestanden sie aus drei Gräben und zwei Wällen. Es gab aber auch hohe Dornenhecken, die als Landwehren dienten. Einzelne Warttürme und Schlagbäume ergänzten die Anlagen. Flüsse, Bäche, Quellen, Sümpfe, Moore und steile Geländekanten wurden in den Verlauf der Landwehren mit einbezogen.

Wozu dienten Landwehren?

Landwehren hatten eine Schutzfunktion für Gebiete, die sich in einem engeren politischen oder ökonomischen Bezug zueinander befanden. Sie schützten Dörfer, Klöster und Städte umgebende Felder vor Verwüstung. Es galt, sich gegen wirtschaftliche Schäden infolge von Adelsfehden zu schützen. Es sollte dem Holzdiebstahl in den Wäldern vorgebeugt werden. Landwehren verhinderten ein Umfahren von Schlagbäumen. Einzelne Landwehren dienten als Hudegrenzen (Viehweidegrenzen) oder als Grenzen eines Territoriums. Landwehren markierten die Grenzen der städtischen Gerichtsbarkeit und Befugnisse. Eine hohe Dornenhecke stellte ein Hindernis für Reiter dar. Im Kriegsfall wurden zuerst die Schlagbäume und die Landwehren zerstört. Daher wurde beim Herannahen Bewaffneter die Sturmglocke geläutet, woraufhin die Bevölkerung sich sammelte, um den Feinden entgegenzuziehen oder sie zu verfolgen. Landwehren waren also nicht unüberwindlich, sondern dienten dazu, dass die Angreifenden Zeit verloren und die nächstgelegene Ortschaft sich in den Verteidigungszustand versetzen konnte.

Wann entstanden die ersten Landwehren?

Der Begriff „Landwehr“ taucht erstmals 1224 in einer Lübecker Urkunde auf (Urkundenbuch Lübeck 1858, Nr. VIII, 5). Um 1240 sind Landwehren in Brandenburg bezeugt (Billig 2001, 79f). 1309 wurde der erste steinerne Turm zur Kontrolle der von Verden auf Herford zulaufenden Straße erbaut. Nach Fehden mit den Grafen von der Mark verstärkten Beckum 1323  und Dortmund 1344 ihre Landwehren.

Zigeunerpfähle

Zigeunerpfähle waren Pfähle vor den Stadttoren oder an den Feldmarkengrenzen, bis zu denen den Zigeunern zu kommen erlaubt war. Zigeunerpfähle hatten außerdem die Funktion von Verbotsschildern für das Überwinden der Landwehren.

Warttürme, Schlagbäume und Brücken

Warttürme ermöglichten, anrückende Reiter früh zu bemerken. Der Eingang in den Turm lag einige Meter über dem Erdboden und war nur über eine Leiter rerreichbar, die nach dem Betreten hochgezogen wurde.

Straßendurchlässe in der Landwehr wurden durch Schlagbäume versperrt, die verschlossen werden konnten. Ein Bäumer hatte hier seinen Wohnsitz, führte die Aufsicht über den Schlagbaum und besaß einen Acker daneben, der ihm den Lebensunterhalt sicherte.

In Gefahrenfällen wurden die Brücken über die Landwehrgräben entfernt.

Schanzen, Schützen und Vogelstangen

An manchen Schlagbäumen wurden Schanzen angelegt, an denen sich Schützen sammeln, in Gefahrenzeiten die Straßen kontrollieren und Angriffe abwehren konnten. Die Bürger hatten die Verpflichtung, Stadtbefestigung und Landwehr zu errichten sowie die Stadtverteidigung zu übernehmen. Sie schulten sich in der Handhabung von Bogen und Armbrust, indem sie sich in Schützengilden organisierten und ihr Können beim Vogelschießen erprobten. Dies zeigt eine Abbildung aus Lünen (1578) im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen.

Ab wann verschwanden die Landwehren?

1495 wurde in Deutschland zwar der ewige Landfrieden verkündet, mit dem ein grundsätzliches Fehdeverbot einherging, aber die Landwehren waren weiterhin notwendig; denn sie verschwanden erst nach 1830.

 

Bibliographie

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·       Billig, G., R.Butz u. H.-P.Ehrentraut, Der Teufelsgraben. Eine Landwehr im Norden des Kreises Riesa-Großenhain und die mittelalterlichen Wehranlagen von Tiefenau, in: Anthropogene Formenelemente in der Landschaft, hg. v. Agrar- und Freilichtmuseum Schloß Blankenhain, Mitteilungen zur Geographie und Landeskunde 5, Blankenhain 2001, 69-87.

·       Grimm, Jacob u. Wilhelm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 15, bearbeitet v. Moriz Heyne, Henry Seedorf u. Hermann Teuchert, Leipzig 1956, 1270 (Zigeunerpfahl).

·       Kneppe, Cornelia, Aufbau und Funktion von westfälischen Landwehren. Ein Überblick, in: Landwehren. Zu Erscheinungsbild, Funktion und Verbreitung spätmittelalterlicher Wehranlagen, hg. v. C.Kneppe, Veröffentlichungen der Altertumskommission für Westfalen. Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Bd. 20, Münster 2014, 13-24.

·       Kneppe, Cornelia, Zu den Anfängen des Landwehrbaus in und außerhalb von Westfalen, in: Landwehren, Münster 2014, 323-340.

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·       Michalak, T., Wälle und Gräben zum Schutz von Land und Leuten. „…eine Befestigung, die im Volksmund ‚Landwehr‘ heißt, …“, in: Heimat Dortmund 2002, Nr. 1, 6-11.

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·       Wolf, D., Die Überformung des Limes im Mittelalter durch die Anlage von Landwehren, in: Limes Imperii Romani, hg. v. Egon Schallmayer, Saalburg-Schriften 6, Bad Homburg v.d.H. 2004, 147-161.

 

© Heinrich Michael Knechten, Horneburg 2019

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