Horneburger Kunst in Recklinghausen

 

In den Jahren 1924, 1933 und 1956 verkaufte die Pfarrgemeinde St. Maria Magdalena Horneburg verschiedene Kunstgegenstände an den Kunsthandel. Die Stadt Recklinghausen kaufte diese Skulpturen auf. Zwei von ihnen sind als Dauerleihgabe in die Alte Kirche Horneburg zurückgekehrt, die übrigen befinden sich noch im Magazin der Museen der Stadt Recklinghausen. Sie werden hier vorgestellt.

 

 

1. Maria Immaculata, Muttergottes mit Kind, Westfalen, zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts, Höhe: 132 cm mit Nimbus, Eichenholz, teilweise originale Fassung, teilweise restauriert, ohne Signatur, Künstler anonym, westfälisch, Standort: Vestisches Museum. 1924 vom Kunsthandel Felix Schröder, Recklinghausen, aus Mitteln des Amtes Recklinghausen von der Stadt Recklinghausen gekauft.

Die Figur ist auf eine einfache rechteckige Plinthe mit nach vorn abgeschrägten Ecken montiert. Maria steht auf der sehr unregelmäßig gearbeiteten Weltkugel, die schaftartig auf der Plinthe aufsitzt und sich zu den Seiten wesentlich bauchiger entwickelt als nach vorn. Das linke Bein steht auf dem höchsten Punkt der Kugel, der Fuß kommt unter dem Gewand hervor und drückt mit der Spitze den Kopf der um die Kugel gewundenen Schlange herunter. Der Fuß des seitlich an den Kugelrand geführten rechten Spielbeins bedeckt den Schlangenkörper an dieser Stelle völlig.

Beide Hände halten das Kind, die Linke umfaßt den linken Unterschenkel, vier Finger der rechten Hand stützen den Knaben unter dem rechten Fuß ab, der Daumen liegt in Schienbeinhöhe. Das Kind nimmt so eine Haltung zwischen Stehen und Sitzen ein. Stehend, mit fast gestrecktem rechten Bein in der rechten Hand Mariens, sitzend mit angewinkeltem linken Bein an die Gewandfalten gedrückt. Der Oberkörper ist aufrecht nach links gewendet, während der Kopf in starker Rechtsdrehung mit Blick nach unten die Schlange fixiert. Ein Tuch ist locker um die Hüften des Knaben gelegt.

Die Stellung der Arme, die Linke erhoben und angewinkelt, die Rechte vor den Körper gelegt, sowie die Greifhaltung der Finger sind durch das Halten einer nicht mehr vorhandenen Lanze bedingt.

Mariens Haupt ist mit Perlenband und Diadem geschmückt. Das Haar fällt lang in den Nacken und über die rechte Schulter. Ein Drahtreif, mit zehn sechszackigen Holzsternen besetzt, hinterfängt den Kopf.

Die Rückenpartie ist nicht ausgearbeitet und hat einen unregelmäßigen flächigen Abschluß.

Zustand

Der Schlangenkopf ist teilweise zerstört. Die Lanze des Kindes fehlt. An der rechten Schulter und an der rechten Brust Mariens sind Risse. Die Fassung ist zum Teil rissig (Kopf und Hals Mariens) oder völlig abgeplatzt (rechtes Bein und beide Knie des Kindes). Es finden sich Klebstoffspuren an den Sternen am Drahtring.

 

 

2. Apostel Jakobus der Ältere, Westfalen, erste Hälfte des 18. Jahrhunderts, Höhe: 111 cm, Lindenholz, Gewandfaltung mit Spuren farbiger Fassung, ohne Signatur, Standort: Vestisches Museum, Künstler anonym, westfälisch. 1924 vom Kunsthandel Felix Schröder, Recklinghausen, von der Stadt Recklinghausen aus Mitteln des Landkreises Recklinghausen gekauft.

Die Figur des heiligen Jakobus steht auf einem rundförmigen, unregelmäßigen Sockel, der eine „natürliche“ Standfläche bildet. Das linke Standbein setzt an der Sockelmitte auf. Die Fußspitze ragt hier ein wenig über den Rand hinaus. Dagegen steht der Fuß des Spielbeins deutlich über, zur Unterstützung führt eine astähnliche Verdickung seitlich vom Sockel direkt unterhalb der Knie, von je einer Muschel zusammengerafft. Die Linke greift unter den breiten Schulterkragen, wodurch sich dieser rechtsseitig in diagonal zur Körperachse verlaufende Falten aufstaut. Das herabhängende Gürtelende nimmt diese Bewegung auf. Im Gegenzug schwingen die unterhalb des Gürtels zunächst parallel geführten, röhrenartigen Falten nach links aus. Auffällig ist die unvermutet heftige Faltengebung über dem Spielbein; in S-förmigem Schwung legt sich das Gewand über Oberschenkel und Knie. Durch Aufbauschen des Saumes wird der Faltenwurf betont abgeschlossen. Der Kopf ist leicht nach rechts geneigt. Das ovale Gesicht mit hohen Wangenknochen und spitz zulaufendem Kinn umrahmt ein, in der Mitte gescheitelter, Bart. Das füllige, jedoch kurze, in einzelne Lockenwirbel gebündelte Haar endet am Nackenansatz und läßt die Ohrläppchen frei.

Der fast vertikale Abschluß der rechten Seite (der rechte Arm ist nicht ausgebildet) – sowie abgeflachte Stellen auf Kopfmitte und Hinterkopf – lassen auf Einbindung als Altarfigur oder ähnliches schließen. Dagegen ist die Rückenpartie, wenn auch flächiger und summarischer in der Gewandbehandlung, vollplastisch ausgebildet.

Zustand

Die Nase fehlt. Die Vertiefung unter der rechten Schulter in Brusthöhe könnte das Attribut, die Pilgermuschel, gehalten haben. An Kopf, Hals und Hand sind kleinere Risse. Am Gewandsaum links sind Beschädigungen. An den Lippen und in den Gewandfalten finden sich Spuren farbiger Fassung.

 

 

3. Kruzifixus, Westfalen, zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts, Höhe: 76 cm, Breite: 67 cm, Eichenholz, alte Fassung, ohne Signatur, Künstler anonym, Standort: Vestisches Museum. 1924 vom Kunsthandel Felix Schröder, Reckling­hausen, von der Stadt Recklinghausen gekauft.

Vom nach rechts geneigten Kopf mit einfach gedrehter Dornenkrone (ohne Dornen) fallen zu beiden Seiten gedrehte Haarstränen bis auf die Schultern. Ein kurzer Bart schließt das länglich schmale Gesicht ab. Die Augen sind geschlossen, der Mund leicht geöffnet. Der Körper mit flachem Brustkorb und nur leicht vorgewölbtem Bauch weist ein breites Becken auf.

Glatte, flache Falten kennzeichnen das in der Mitte, unterhalb des Bauches, verschlungene, breite Lendentuch. Ein freies Ende hängt seitlich des rechten Oberschenkels herab, das linke Bein wird bis über das Knie vom zweiten Ende verdeckt. Der rechte Fuß ist über den linken gelegt.

Zustand

Der rechte Arm ist ergänzt. An Nase und Dornenkrone finden sich Brandspuren (Turenne, 1646). Reste der alten Fassung sind vorhanden. Auf dem Kopf ist ein verschlossenes Bohrloch.

 

4. Stehende Putte, vor 1717, westfälisch, Höhe: 102 cm, Gesamthöhe mit Sockel: 108 cm, Lindenholz, ohne Signatur, Künstler anonym. Vom Hochaltar der Pfarrkirche St. Maria Magdalena, Horneburg. Jetziger Standort: Vestisches Museum. 1933 für 275 Reichsmark vom Kunsthandel Felix Schröder, Recklinghausen, von der Stadt Recklinghausen gekauft.

Die ähnliche Körperhaltung, besonders die spiegelbildliche Entsprechung des Standmotives, weist die Figur als Gegenstück zur folgenden aus.

Der rechte Fuß ist auf gestuftem Sockel hochgestellt. Beide Arme sind erhoben, der rechte Arm ist abgewinkelt und über den Kopf gelegt, der linke, leicht abgewinkelte, weist nach oben. Der Kopf ist erhoben, der Blick aufwärts gerichtet. Von der rechten Schulter führt ein schmales Tuch, freischwebend, am Körper vorbei, liegt an den Oberschenkeln auf und verläuft parallel zum Standbein.

Die Putte wirkt durch gelängte Gliedmaßen auffällig schlank, obwohl sich der Körper in üppigen Faltenwülsten gliedert.

Die Gliederung der Haarpartie zu einzelnen, ausladenden Lockenwirbeln zeigt ebenso wie die übrige Gesichtsbildung Parallelen zu den folgenden schwebenden Putten, die ebenfalls vom Hochaltar der Pfarrkirche St. Maria Magdalena, Horneburg, stammen.

Es handelt sich um eine Vollfigur, die Rückenpartie ist jedoch insgesamt glatter bearbeitet.

Zustand

Drei Finger der linken Hand fehlen. Am rechten Knie finden sich leichte Beschädigungen. An Oberkörper und Gesicht sind leichte Risse.

 

 

5. Stehende Putte, vor 1717, westfälisch, Höhe: 114,5 cm, Gesamthöhe mit Sockel: 108 cm, Lindenholz, ohne Signatur, Künstler anonym. Vom Hochaltar der Pfarrkirche St. Maria Magdalena, Horneburg. Jetziger Standort: Vestisches Museum. 1933 für 275 Reichsmark vom Kunsthandel Felix Schröder, Recklinghausen, von der Stadt Recklinghausen gekauft.

Die ähnliche Körperhaltung, besonders die spiegelbildliche Entsprechung des Standmotives, weist die Figur als Gegenstück zur vorhergehenden aus.

Das linke Bein ist auf gestuftem Sockel hochgestellt. Der rechte Arm ist über den Kopf erhoben, er faßt das Ende des Tuches, das frei an der rechten Körperseite vorbeigeführt wird und sich dann um das rechte Standbein schlingt. Der linke Arm ist auf den Oberschenkel gestützt, der Kopf gesenkt.

Die Putte wirkt sehr schlank und gelängt. Die „Wulstbildung“ an den Gliedmaßen ist im Vergleich zu der vorhergehenden Putte etwas verhaltener. Besonders Kopf- und Haarpartie zeigen Parallelen zu den beiden schwebenden Putten, die ebenfalls vom Hochaltar der Pfarrkirche St. Maria Magdalena in Horneburg stammen.

Es handelt sich um eine Vollfigur, die Rückenpartie ist jedoch insgesamt etwas glatter bearbeitet.

Zustand

Auf dem rechten Fuß ist ein Riß; dort finden sich Klebespuren. An den Zehen des rechten Fußes sind Bestoßungen. Das linke Knie ist ergänzt; die Ergänzung wurde mit einem rechteckigen Holzdübel angestückt. Leichte Risse finden sich besonders an Kopf und Oberkörper.

 

 

6. Schwebende Putte, vor 1717, westfälisch, Länge: 75 cm, Eichenholz, ohne Signatur, Künstler anonym. Vom Hochaltar der Pfarrkirche St. Maria Magdalena, Horneburg. Jetziger Standort: Vestisches Museum. 1956 für 300 Deutsche Mark vom Kunstverein Recklinghausen beim Kunsthandel Felix Schröder, Recklinghausen, erworben und der Stadt Recklinghausen geschenkt.

Die spiegelbildliche Entsprechung in Form und Körperhaltung weist diese Putte als Gegenstück der folgenden aus.

Von einem weit nach oben vorgestreckten Arm fällt ein schmales Tuch steil herab, knickt in Höhe der Hüfte ab, legt sich zwischen die Beine und endet dort. Das darüberliegende Bein ist angewinkelt, das andere gestreckt. Der zweite Arm ist vor den Körper gestreckt. Der Kopf wendet sich in starker Drehung nach hinten, sodaß das Kinn fast die Schulter berührt. Das Haar ist zu mehreren dichten, breitsträhnigen und an den Seiten weit ausladenden Lockenwirbeln zusammengefaßt.

Ein einziger, kurzer, an der Oberkante leicht einschwingender Flügel, mit zum Rücken hin kleiner werdenden Federn komplettiert die Figur.

Zustand

Ein Finger der linken Hand fehlt. Die Fingerspitzen der rechten Hand sind beschädigt. An Oberkörper und Kinn finden sich Risse.

Beide Flügel sind spätere Ergänzungen, vermutlich war ursprünglich bei dieser Figur nur einer ausgebildet.

Abbildung in: Christliche Kunst im Vest Recklinghausen aus Kirchen, Museen und Privatbesitz, Recklinghausen 1961, Abbildung Nr. 75.

 

 

7. Schwebende Putte, vor 1717, westfälisch, Länge: 69 cm, Eichenholz, ohne Signatur, Künstler anonym. Vom Hochaltar der Pfarrkirche St. Maria Magdalena, Horneburg. Jetziger Standort: Vestisches Museum. 1956 für 300 Deutsche Mark vom Kunstverein Recklinghausen beim Kunsthandel Felix Schröder, Recklinghausen, erworben und der Stadt Recklinghausen geschenkt.

Die spiegelbildliche Entsprechung in Form und Körperhaltung weist diese Putte als Gegenstück der vorhergehenden aus.

Von einem weit nach oben vorgestreckten Arm fällt ein schmales Tuch steil herab, knickt in Höhe der Hüfte ab, legt sich zwischen die Beine und endet dort. Das darüberliegende Bein ist angewinkelt, das andere gestreckt. Der zweite Arm ist vor den Körper gestreckt. Der Kopf wendet sich in starker Drehung nach hinten, sodaß das Kinn fast die Schulter berührt. Das Haar ist zu mehreren dichten, breitsträhnigen und an den Seiten weit ausladenden Lockenwirbeln zusammengefaßt.

Ein einziger, kurzer, an der Oberkante leicht einschwingender Flügel, mit zum Rücken hin kleiner werdenden Federn komplettiert die Figur.

Zustand

Der rechte Arm und Finger der linken Hand fehlen. Auf der linken Schulter finden sich Beschädigungen, an Kinn, Oberkörper und Beinen sind Risse. Die Verbindungsfugen des angestückten linken Armes sind teilweise offen.

 

Photographien und Beschreibungen von den Museen der Stadt Recklinghausen. Herzlichen Dank an Kerstin Weber.

Pfr. Dr. H. M. Knechten, Horneburg 2021

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