Kindheit in Steyl[1]

 

Der Ernst des Lebens begann am Mittwoch, 27. April 1960. Die meisten Neuankömmlinge waren zehn Jahre alt. Pater Wilhelm Bruns,[2] durch die chinesische Tröpfchenfolter stark mitgenommen, hieß manche von ihnen, mitten auf der Straße niederzuknien, damit er ihnen seinen Segen spenden könne.[3] Pater Hermann-Josef Schütte[4] begrüßte die Schüler an der Pforte. Jeder erhielt einen sogenannten Führer, der ihnen die Gebäude zeigte und sie in ihre Pflichten einführte.

Es folgte das Gebet: „Engel des Herrn“ und eine kurze Ansprache des Präfekten Pater Günther Guth[5] in der Oberkirche (die Unterkirche war für die Brüder bestimmt). Danach ging es in den Speisesaal, der im Lichthof des Hauses angelegt war. Die Tischlesung bestand aus einem Abschnitt der Schülerregel, dann folgte ein Kapitel aus einem Abenteuerbuch mit missionarischer Tendenz. Der Präfekt, welcher den Vorsitz führt, sagte schließlich: „Soweit“.

Nun durften sich die Schüler unterhalten. Es gab Erbsensuppe. Senior und Vizesenior sorgten an jedem Tisch für eine gerechte Verteilung der Speisen[6] und für Anstand.[7] Da es in den Speisesaal einige Stufen hinunterging, kam es allerdings manchmal vor, dass jemand mit einem Suppentopf fiel. Dann wurden Abzieher und Aufnehmer geholt und die Reinigungsaktion mit Getöse durchgeführt.

Mucksmäuschenstill war es dagegen, wenn Post verteilt wurde. Enttäuschung machte sich breit, wenn nichts angekommen. Manche Verwandte scheuten wohl auch das Schreiben der fremden Adresse und das Auslandsporto.[8]


Die Tagesordnung

An Werktagen

 

 5.40 h

Wecken[9]

 6.10

Morgengebet, Heilige Messe. Anschließend Frühstück.

 8.00

Schulstunden[10]

12.20

Partikularexamen[11] und „Engel des Herrn“. Anschließend Mittagessen.

13.10

Ballspiele oder Spaziergang im Freien[12]

14.30

Pflichtstudium. Silentium.[13]

16.00

Kaffee

16.30

Studium. Silentium.

18.00

Freistudium.[14]

19.00

Abendessen. Anschließend Freizeit.[15]

20.30

Komplet[16]

An Feiertagen

 

6.10 h

Wecken

6.40

Morgengebet und Stille Messe. Anschließend Frühstück.[17]

9.00

Hochamt mit Chor. Anschließend Aussetzung der Monstranz und Anbetungsstunden.[18]

11.50

Partikularexamen und Engel des Herrn. Anschließend Mittagessen. Danach Spüldienst in der Küche.[19]

15.00

Anbetung[20]

16.00

Kaffee

18.00

Schlussandacht[21]

19.00

Abendessen

20.30

Komplet[22]

 

Jeder Schüler war fähig, den Ministranten-Dienst zu verrichten. Hierbei war das schwere Missale samt Messbuchständer (pulpitum) von der Epistelseite zur Evangeliumseite und später wieder zurückzutragen. Da vor dem Tabernakel eine Kniebeuge gemacht werden musste, konnten Kinder dabei hinfallen. Vor der Opferung waren die Kännchen (urceoli) mit Wein und Wasser anzureichen. Bei der Wandlung wurde das Glöckchen geläutet. Prüfstein jedes Messdieners war das

Suscipiat

Suscipiat Dominus sacrificium de manibus tuis
ad laudem et gloriam nominis sui,
ad utilitatem quoque nostram,
totiusque Ecclesiæ suæ sanctæ.[23]

 

Der Dienst an den Nebenaltären war begehrt. Beendete der Pater nämlich schnell die Zelebration, entstand ein unkontrollierter Freiraum. Vielleicht ließ sich etwas zum Frühstück „organisieren“?

 

Abenteuerspielplatz

Steyl war ein einziger Abenteuerspielplatz. Mancher Schüler fand den Weg über die Wendeltreppe zu den Kirchtürmen. Er kletterte über das versperrende Gitter und stieg weiter, bis er an die Turmluken kam. Hier hatte er einen weiten Blick über die Maas, bis nach Venlo auf der einen und zur Schleuse auf der anderen Seite. Vor sich sah er den Kirchturm von Baarlo. Von dort hörte er an Renntagen das Heulen der Motorräder.

 

Im Park gab es verschiedene Grotten, die an und für sich der frommen Betrachtung zugedacht waren. Die Zöglinge widmeten sie um. In der Ölberggrotte wurde ein Gang hinter den Figuren entdeckt. So diente dieser düstere Ort der kindlichen Abenteuerlust.

 

Im Schlafsaal hat jeder Schüler seine „Zelle“. Dies war ein Raum, der von einigen wenig rücksichtsvoll „Pferdebox“ genannt wurde. Sperrholzwände trennten einen kleinen Bereich ab, in dem nichts war außer dem Bett, den Kleiderhaken und einem Kasten, in dem eine Brille verwahrt werden konnte. Nachts verschloss jeder Schüler seine Zelle mit einem Vorhang. Silentium magnum.

So hörte man denn gut das Tuckern der Fähre. Der Fährmann hieß bei den Schülern Ponte-Max. Sie deuten nämlich den Hinweis: „Max. Asdruk 3 ton“ als sein Namensschild.

Bei Nebel warnten sich die Schiffe gegenseitig durch Tuten. Bei einem Gottesdienst tutete es verhältnismäßig häufig. Seltsam, dass an diesem Tag überhaupt kein Nebel war![24]

Nach den Großen Ferien waren Exerzitien. Täglich hielt ein „fremder Priester“ vier Vorträge. An diesen drei Tagen[25] herrschte silentium strictissimum. Wie in einem Zen-Kloster gingen die Hausbewohner aneinander vorbei, ohne auch nur Blickkontakt miteinander aufzunehmen. Für Kinder war dies eine ungewohnte Übung. Wohltuend war die Aussprache mit einem Auswärtigen, die Diskretion versprach.

 

Garten- und Feldarbeit

Im botanischen Garten arbeiteten manche Schüler bei P. Peter Jochum.[26] Dort gab es für viele Regionen Abteilungen mit der für sie typischen Flora. Es gab auch ein Biologikum,[27] ein Fotolabor, ein Missionszimmer für die Gruppe, die Rosenkränze flocht[28] und eins für das Briefmarkenapostolat.

In den Pfingstferien rückten die Schüler nach Belfeld[29] aus, um Rüben zu vereinzeln. Die Reihe eines Feldes dehnte sich fast endlos. Wie gut schmeckt enach einem solchen Arbeitseinsatz das Essen! Es gab Muckefuck sowie Brot mit Marmelade.

Die Lehrer

Sexta (1960/1961)

 

Studienassessor Bothe

Deutsch in VIa, Mathematik in VIb

Studienrat Combecher

Erdkunde

P. Franz-Josef Eilers[30]

Missionskunde

P. Paul Flüeck[31]

Leibesübungen in VIa

P. Peter Jochum

Biologie

P. Wilhelm Krömer[32]

Musik

P. Dr. Heinrich Mensen[33]

Deutsch in VIb

P. Theodor Römer[34]

Latein in VIb, Klassenleiter der VIb

P. Hermann Schütte

Religion

Kunstmaler Smeets (Venlo)

Kunst

P. Johannes Thiel[35]

Latein in VIa, Klassenleiter der VIa

P. Alfons Zientz[36]

Mathematik in VIa, Leibesübungen in VIb[37]

 

Quinta (1961/1962)

 

P. Bruno Frey[38]

Mathematik

Realschullehrer Andreas Gückel

Deutsch und Geschichte

P. Präfekt Günther Guth

Biologie

P. Wilhelm Krömer

Musik

P. Hermann Schütte

Religion

Kunstmaler Smeets (Venlo)

Kunst

P. Johannes Thiel

Latein, Klassenleiter

Seminarleiter Verbakel

Leibesübungen

P. Alfons Zientz

Erdkunde[39]

 

Untersekunda (1965/1966)

 

P. Hermann Baumeister[40]

Griechisch

P. Paul Flüeck

Religion (erstes Halbjahr)

P. Günther Guth[41]

Biologie

Realschul-Direktor-Stellvertreter
Philipp Konnertz
(Kreisrealschule Kaldenkirchen)

Chemie

P. Josef Kroon[42]

Mathematik

Volksschullehrer Wilhelm Lehnen (Volksschule Hinsbeck)

Leibesübungen

Sportlehrer Karl-Heinz Rehbein

Geschichte

P. Richard Schady[43]

Englisch

P. Präfekt Hermann Schütte

Religion (zweites Halbjahr)

P. Johannes Thiel

Latein, Klassenleiter

P. Klaus Weiß[44]

Deutsch und Geschichte

Werklehrer Friedrich Zimmermann

Kunst

P. Engelbert Zunhammer[45]

Musik[46]

 

 

Der Chor des Missionshauses fuhr alljährlich am Volkstrauertag nach IJsselsteijn, um am dortigen deutschen Soldatenfriedhof bei einer Gedenkfeier zu singen. Der deutsche Konsul aus Maastricht hielt bei dieser Feier eine Rede.[47] Angenehmer als dieser nasskalte Einsatz war das Cäcilienfest: Es gab musikalische Darbietungen und Kakao in Hülle und Fülle.

Im Mai 1960, also ganz zu Anfang der Zeit in Steyl, wartete eines Morgens eine Klasse auf ihren Lehrer, P. Rudolf Blank.[48] Es hieß dann, er sei in dieser Nacht gestorben. Für viele Zehnjährige ist dies die erste Begegnung mit dem Tod. Die Beerdigung auf dem Klosterfriedhof haben manche noch traumatisch in Erinnerung, wie Gespräche bei Klassentreffen zeigten.

Wer krank wurde, kam auf den Krankenstock zu Br. Didacus[49] und Br. Elias.[50] Da das Klima an der Maas rauh ist, handelten sich die Schüler meist Erkältungskrankheiten ein, die durch Aspirin und eine Schwitzkur kuriert wurden. Dafür gab es mehrere Methoden: Schwitzbad mit hoher Wassertemperatur, Schwitzkasten (ein gebogener Kasten mit Glühlampen wurde über den Körper gesetzt) oder das Einhüllen in Bettlaken und Decken.

 Lauda Sion, die ehemalige große Oberkirche in der Krankenabteilung St. Gregor, war ein Ort der Entdeckungen. Hier überwinterten die Dahlienknollen aus P. Jochums botanischem Garten. In diesem Raum befand sich auch eine große Bibliothek, in der unter anderem Lehrbücher der chinesischen Sprache sowie der Stephanus[51] der griechischen und lateinischen Sprache zu finden war.

Am Fronleichnamsfest wurden aus Blüten, gefärbtem Sägemehl und Kaffesatz religiöse Bilder auf der Straße gestaltet. Bei der Prozession trugen Jungen als Kavaliere blaues Wams und Hose, sie hatten einen zierlichem silbernen Degen an der Seite. Mädchen waren mit weißen Tüllkleidern angetan. Die Gläubigen beteten: „Wees gegroet, Maria, vol van genade, de Heer is met u; gij zijt gezegend onder de vrouwen…“.

Am Namenstag des Stifters[52] war Familienfest. Dabei bestand die Möglichkeit, am „Hau den Lukas“ seine Kraft zu erproben. In einem Kasten konnten „Fische“ geangelt werden. Die Steuerung durch zwei metallene Handgriffe wurde dabei immer mehr unter Strom gesetzt, je tiefer die Angel ging. Als Preis gab es etwas, das „über“ war, wie man sagte: Kugelschreiber, Nippsachen, auch Süßigkeiten. Ältere Schüler durften an diesem Tage Bier[53] trinken.

Familienfest in Steyl am 18. Juli 1961

Am Vortage

Bundesjugendspiele Sommer 1961

19.30 Uhr

Die Zwölf-Apostel-Schiffe. Besinnliches Spiel aus unserer Zeit von Hubert Haßlinger

 


Am Festtage

 

6.45 Uhr

Gemeinschaftsmesse der Kommunität in der Oberkirche

8.30

Ehrung der Sieger in den Bundesjugendspielen. Verleihung des Ehrenpokals.

9.00

Fußball: Brüder-Mannschaft gegen Schüler-Mannschaft

11.00

Fröhliche Wettkämpfe der Kleinen

12.00

Mittagessen

13.30

Traditioneller Jahrmarkt auf der Festwiese

15.30

Spießbraten, Würstchen, Waffelbude, Steyler Keller-Bräu

16.45

Kabarett und Varieté auf der Freilichtbühne

18.00

Abendessen in den Speisesälen

19.00

Ali Baba und die vierzig Räuber, Lustspiel von Ulrich Kabitz

 

Pilgerchor aus „Ali Baba“

 

 

Staubbedeckt sind die Sandalen
Und die Kürbisflaschen leer.
Aus dem Lande der Bengalen
Kommen wir als Pilger her.

Einstmals noch auf stolzen Rossen
Zieh‘n wir jetzt zu Fuß herbei,
Und wir singen unverdrossen
Monoton die Litanei:

Salem aleikum, Gummi arabicum,
O Mekka und Medina, Zeiß Ikon und Retina!

 

P. Natsch sang „Guten Abend, gute Nacht“ in einer wenig gebräuchlichen Version. Angefügt sind eigene Lieder.

 

 

Da Steyl ein Zufluchtsort vertriebener China-Missionare war, gab es an einem Stand des Familienfestes Weiße Mäuse (Potsticker dumplings):

Bāozi[54]

 

150 g Mehl mit 100 ml heißem Wasser vermengen; dabei 150 ml kaltes Wasser nach Bedarf hinzugeben und alles sorgfältig glätten, bis ein handtrockener Teig entstanden ist. Dieser muss einige Minuten lang gut geknetet werden, bis er weich und geschmeidig ist. Anschließend mit einem feuchten Tuch abdecken und etwa 20 Minuten ruhen lassen.

Währenddessen 250 g Gehacktes, 100 g feingehackten Chinakohl, 1 Teelöffel feingehackten frischen Ingwer, 1 Esslöffel Reiswein, ½ Teelöffel Salz, 1 Esslöffel feingehackte Frühlingszwiebeln, 1 Teelöffel Sesamöl, 1 Teelöffel Zucker und 1 Esslöffel Hühnerbrühe gründlich miteinander zu einer lockeren Paste verrühren und bereitstellen.

Den Teig nach der Ruhezeit nochmals 5 Minuten lang durchkneten, dabei eventuell mit mehr Mehl einstäuben, bis er nicht mehr klebt. Zu einer Rolle von ca. 20 cm Länge und 2-3 cm Durchmesser formen und in 16 Abschnitte zerteilen. Diese dann zu kleinen, knapp handtellergroßen Fladen ausrollen und auf ein Blech legen. Danach jeden Fladen mit 1 Teelöffel der Paste belegen und zu einer Tasche falten.

2-3 l Wasser erhitzen und die Taschen auf einem Rost oder Tuch im Dampf bei geschlossenem Deckel garen, bis der Teig weich ist.

Es wird eine Mischung aus Reisessig, Tabasco und heller Sojasauce verwendet, um die Taschen einzustippen.

 

Nytesthemden

1932 wurde von dem Chemiker Wallace Hume Carothers (1896-1937) die aus Polyamiden bestehende Nylonfaser erfunden. In den sechziger Jahren tauchte ein Produkt auf, das sich Nytest nannte. Die Bezeichnung „Test“ wies deutlich darauf hin, dass es sich hier um einen Probelauf handelte. Dennoch brach in jener Zeit eine Manie aus: Plötzlich brauchten alle männlichen Wesen Hemden aus Nytest, da sie bügelfrei waren. Die Nachteile dieses Materials waren: Im Sommer schwitzte man darin, im Winter war zum Ausgleich Frieren angesagt. Außerdem war ein strenger Geruch dieser Oberbekleidung nicht zu verkennen. Die Manschetten wurden alsbald gelb; da half kein Scheuern. Das alles brachte die Menschen aber nicht zur Einsicht; und so sah man denn Samstag für Samstag die Schüler im Waschraum ihre Nytesthemden mit Waschmitteln[55] und einer Nagelbürste schrubben. Vor allem Manschetten und Kragen schmutzten leicht.

In Steyl wurde jährlich mindestens ein Theaterstück aufgeführt. P. Paul Langer[56] leitetr die Proben.

Philoktet

 

Philoktet

Ich, Philoktet, bin einsam, und bin’s gern.
Auch wenn der Brand in meinem Fuß mich schüttelt,
So dass ich schrei’n muss, schreien! – ist’s doch gut,
Dass ich hier einsam, ein Verstoß’ner, wohne.
Und dass mich keiner hört. Es wäre sonst,
Als rief ich Menschenhilfe, und die such’ ich nicht.

Chor

Hier auf der menschenvergessenen Insel
Wird mir das Herz vor Freuden weit!
Hier, wie der Wässer schwaches Gerinnsel,
Silbern, lautlos, verrinnt die Zeit.
Haltet sie nicht! Sie möge verrinnen!
Da unser Schiff hier Anker warf,
Hier will ich bleiben und alles gewinnen,
Was ich zu glücklichem Leben bedarf.

Philoktet

Ich log dir, da ich sagte,
Ein Mensch kann Tröstung finden an sich selbst.
So rühmt sich einer, der das Leben,
Das wirkliche, entbehren muss.
Es trägt uns etwas, das ist nicht aus uns
Und wir empfangen’s aus dem Blick des ander’n.
Der Mensch kann nicht auf sich steh’n! [57]

         

Philoktet wurde im September 1965 aufgeführt. Norbert Greis (UI)[58] spielte Philoktet, Gerhard Hermsen (UI) Neoptolemos (Sohn Achills), Wolfgang Erens (OII) Odysseus, Werner Buschen (OII) den Diener des Odysseus. Der Chor der jungen Schiffer des Neoptolemos bestand aus Obersekundanern: Peter Keim, Heinrich Knechten, Johannes Schmitz, Rainer Vogel, Arnold Vraetz und Rudolf Weber.

1966 wurde dargeboten: „Philemon. Der fröhliche Martyrer“, Komödie, frei nach Bidermann[59] von Bernt von Heiseler. Arnold Vraetz spielte Arrianus (römischer Landpfleger zu Antinoë), Rudolf Weber Tertullus (Beirat des Landpflegers), Wolfgang Erens Apollonius (Geistlicher der Christen), Norbert Greis Philemon (Spielmann), Heinz Rogalli (UII) einen Boten vom römischen Cäsar, Heinrich Knechten den Kerkermeister, Johannes Schmitz und Peter Keim Soldaten.

Der christliche Priester Apollonius wollte aus Furcht das Götteropfer darbringen, bestach aber dann den losen Spielmann Philemon, dies an seiner Statt zu tun. Philemon jedoch bekehrte sich zum Christentum. Ihm gesellte sich der in sich gegangene Geistliche zu. Gemeinsam gingen sie in den Tod.

 

Wenn es auf Weihnachten zuging, wurde gesungen: Ecce Dominus veniet. Dies dreimal, jedesmal einen Ton höher. Es war spürbar, wie die Vorfreude um sich griff.

 

 

Wurde ein Missionar verabschiedet, sang die Hausgemeinschaft: Ave maris stella nach einer eigenen Melodie. Wehmut über den Verlust der Heimat und Dankbarkeit für den neuen Lebensabschnitt paarten sich.

 

Exsultemus Domino. Katholische Kirchenlieder, hg. v. P. Stanislaus Marusczyk SVD († 25.5.1956), Mödling bei Wien 1925; hg. v. P. Franz Liebertz SVD u. P. Albert Rohner SVD, Mödling bei Wien  61957, Nr. 225, Seite 252.

 

Niederländische Gedichte

Herr Combecher hielt eines Tages eine Vertretungsstunde. Er wollte den Gebrauch der niederländischen Sprache fördern und führte die Schüler an zwei Gedichte heran.


De Herfst

De Herfst blaast op den horen,
en ’t wierookt in het hout;
de vruchten gloren.
De stilten[60] weven gobelijnen
van gouddraad over ’t woud,
met reeën, die verbaasd verschijnen
uit varens en frambozenhout,[61]
en sierlijk weer verdwijnen…
De schoonheid droomt van boom tot boom,
doch alle schoonheid zal verdwijnen,
want alle schoonheid is slechts droom,
maar Gij zijt d’ Eeuwigheid!
Heb dank dat Gij mijn weemoed wijdt
en zegen ook zijn vruchten.
Een ganzendriehoek in de luchten;
nu komt de wintertijd.
Ik hoor U door mijn hart en door de rieten zuchten.[62]
Ik ben bereid.[63]

Landschap

In de weiden grazen
de vreedzame dieren;
de reigers zeilen
over blinkende meren,
de roerdompen staan
bij een donkere plas;[64]
en in de uiterwaarden[65]
galopperen de paarden
met golvende staarten
over golvend gras.[66]

 

© Pfr. Dr. Heinrich Michael Knechten, Horneburg 2021

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[1] Steijl: Vom Steilufer der Maas abgeleitet.

[2] P. Wilhelm Bruns, * 1877, Priesterweihe 1903, † 1969.

[3] Zu dieser Zeit waren noch nicht so viele Automobile unterwegs. Und wenn schon: „Steyl ist der Weg zum Himmel!“

[4] Der Unterpräfekt, P. Hermann Schütte, * 1920, Priesterweihe 1950, Ass.d.L., war wärend der Zeit des Zweiten Weltkriegs Leutnant. Er starb 2016 in St. Wendel.

[5] P. Günther Guth, * 1917, Priesterweihe 1957, † 1990. Rektor war zu dieser Zeit noch P. Joseph Stobb, * 1911, Priesterweihe 1936, seit 1962 Rektor in St. Augustin, † 1978. Ab 1962 war Rektor in Steyl: P. Erich Sonntag, * 1908, Priesterweihe 1935, † 1982.

[6] Die Schüler bezeichneten die Bratwurst als „Knüppelwurst“ und den rosaroten Pudding als „Sweet Heart Jesus - Pudding“. Sie hatten auch weitere Vokabeln parat, welche von ihrem erlesenen Geschmack zeugten: Kriegswurst, Sechstagewurst und Germanentod.

[7] Die Sitzordnung im Speisesaal wechselte halbjährlich, damit sich keine „Privatfreundschaften“ bildeten.

[8] Missiehuis, St. Michaëlstraat 7, Steijl, Limburg, Nederland.

[9] Im Grunde genommen war es vorgeschrieben, alle fünfzehn Minuten das Viertelstundengebet zu beten. Die einzigen, die dies nach außen hin sichtbar taten, waren: Ein Bruder in der Druckerei, der beim Klang der Glocke stets niederkniete und dieses Gebet sprach. Und P. Dr. Gerhard Schmitz, * 1909, Priesterweihe 1937, † 1986.  Er unterrichtete Geschichte. Von ihm wird erzählt, dass er einmal folgende Passage im Unterricht hatte: „…und die Römer schrien und tobten – Ping – Gott, Du ewige Wahrheit…“.

[10] In der Großen Pause (9.40 - 10.00 Uhr) gab es ein „trockenes“ Milchbrötchen, das sogenannte Zweite Frühstück. Getrunken wurdr Leitungswasser.

[11] Mittägliche Gewissenserforschung.

[12] Das Haus war bis 14.00 Uhr geschlossen. Die Schüler entwickelten eine improvisierte Art des Kampfsports: An ein Lineal aus Plastik wurde ein Gummi befestigt, die Schüler stellteen sich im Kreis vor der Aula auf (an der Stelle des alten Wirtshauses, in welchem 1975 die Gründung der SVD vorgenommen wurde), wer getroffen wurde, schied aus.

[13] Erledigung der Hausaufgaben und Beschäftigung mit dem Unterrichtsstoff in Stillschweigen. Mittwochnachmittags war hausaufgabenfrei. Nicht selten fand zu dieser Zeit eine Wanderung zu den Kaldenkirchener Hügeln statt. Dort gab es Geländespiele („Räuber und Gendarm“).

[14] In dieser Zeit konnten Briefe geschrieben, Bücher gelesen oder Zeichnungen angefertigt werden.

[15] Basteln im Bastelraum, Spiele im Freien oder im Haus. P. Paul Wessels (* 1916, Priesterweihe 1945, † 2011), der auch ein offenes Ohr für die Nöte der ihm Anvertrauten hat, spielte mit den Schülern gerne „Bäumchen wechsle dich“. Bei diesem Kinderspiel stehen alle Mitspieler außer einem an je einem Baum. Auf den Ruf des in der Mitte stehenden Spielers „Bäumchen wechsle dich“ hin laufen alle zu einem anderen Baum, während dieser eine versucht, auch einen freien Baum zu erreichen. – P. Wessels nannte die Schüler: sacerdotes in fieri.

[16] Kirchliches Nachtgebet. An einigen Tagen der Woche wurde vor der Komplet eine „Unterweisung“ gegeben, in der häufig von der Berufung die Rede war. Am Samstagabend war„Geistessammlung“ (recollectio): den Jüngeren wurde vorgelesen, die Älteren hielten eine Zeit der Stille. Dazu gehörte auch die Beichte in der Unterkirche.

[17] Bei „Zuckerheiligen“ gab es Zucker in den Muckefuck, Kaffee-Ersatz aus Malz, Gerste, Roggen und Zichorie. Die Bezeichnung „Muckefuck“ leitet sich nicht von moka faux ab, sondern stammt aus dem rheinischen mukken – braune Stauberde, und fuck – faul. (Vgl. Duden. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, hg. v. G.Drosdowski, Bd. 5, Mannheim u.a. 21994, 2312.) Das Wort „Mokka“ geht auf den jemenitischen Hafen Al-Muḫā am Roten Meer zurück. Hierbei handelt es sich um den früheren Hauptausfuhrhafen für Mokka.

[18] Nur an hohen Feiertagen.

[19] In der Küche hing eine schwarze Tafel, auf der mit Kreide angegeben wurde, wie viele der jeweiligen Hausbewohner anwesend waren. Beim Spüldienst fügte jemand zwischen „Kandidaten“ und „Zöglinge“ das Wort: „Schweine“ ein.

[20] Die einzelnen Schulklassen hatten unterschiedliche Zeiten für die Anbetung. An gewöhnlichen Sonntagen fand sie nicht statt.

[21] An gewöhnlichen Sonntagen wurde zu dieser Zeit eine Vesper in lateinischer Sprache gefeiert.

[22] Da von den Schülern eine tägliche Besuchung des Allerheiligsten erwartet wurde (vgl. Der Missionsschüler in der Gesellschaft des Göttlichen Wortes, Steyl 1958, 21), waren sie an einem Festtag siebenmal in der Kirche.

[23] Der Herr nehme das Opfer an aus deiner Hand zum Lob und Ruhme Seines Namens, zum Segen für uns und für Seine ganze heilige Kirche.

[24] Der Organist hatte das Tuten mit dem Gemshorn nachgeahmt: Ruf in a und Antwort in b.

[25] Für die älteren Schüler waren es vier Tage.

[26] P. Peter Jochum, * 1890, Priesterweihe 1915, † 1979.

[27] Vulgo Miefikum genannt.

[28] Dazu war eine „Rosenkranzzange“ notwendig. Diese hate runde Enden, mit welchen der Rosenkranzdraht zu einer Öse gebogen wurde. Diese Gruppe wurde auch als chain gang bezeichnet.

[29] Gegenwärtig scheint in Belfeld eine Gruppe zu leben, die sich alternativer Lebensweise hingibt. Über einem Scheunentor ist noch das Steyler Signum zu sehen: Das Kreuz, von dem Strahlen ausgehen, auf einem Berggipfel.

[30] P. Dr. Franz-Josef Eilers, * 1932, Priesterweihe 1959, † 2021.

[31] P. Paul Flüeck, * 1926, Priesterweihe 1959, † 2006.

[32] P. Wilhelm Krömer, * 1903, Priesterweihe 1932, bis 1958 Missionar in China, ab Ostern 1965 Musiklehrer an der Steyler Schule St. Johann in Blönried (Württemberg), † 1980. Er machte gerne Stimmbildungsübungen mit: „ni-ne-na-no-nu“. Im „Volksgesang“ (Volksgemurmel genannt) hatte er die ständige Aufgabe, einen Brummer zu erwischen: „Da brrrrummt wieder einer!“. Wenn ein Schüler das Thema „China“ nannte, war es mit seiner Beherrschung vorbei. Er musste dann einfach weinen.

[33] P. Dr. Heinrich Mensen, * 1916, Priesterweihe 1948, † 1978.

[34] P. Theodor Römer, * 1914, Priesterweihe 1941, † 1991. Er war ein pädagogisch begabter Lateinlehrer. In der ersten Lateinstunde schrieb er an die Tafel: „circus – der Circus“. Dann  fragte er: „Wo ist das ‚der‘ im lateinischen Wort?“. Mit bunter Kreide, die damals selten war und die er immer persönlich mitbrachte, markierte er die richtige Antwort. Es tat dem Tafelsenior leid, nach der Schulstunde P. Römers kunstvolle Tafelbilder, welche die Deklinationen und Konjugationen des Lateinischen darstellten, auswischen zu müssen.

[35] P. Johannes Thiel, * 1903, Priesterweihe 1932, Chinamissionar, † 1990.

[36] P. Alfons Zientz, * 1921, Priesterweihe 1951, † 2010.

[37] Vgl. Steyl. St.-Michaels-Gymnasium, Jahresbericht 1960/61, Steyl 1961, 15.

[38] P. Bruno Frey, * 1930, Priesterweihe 1959.

[39] Vgl. Steyl. St.-Michaels-Gymnasium, Jahresbericht 1960/61, Steyl 1961, 16.

[40] P. Hermann Baumeister, * 1906, Priesterweihe 1933, Chinamissionar, † 1969. Er wurde „Priester“ genannt. Sein Markenzeichen war das langgezogene: „Soooo?!“. Er verwendete auch gerne ein Zitat aus Homer, Ilias IV, 350; Odyssee I,64: „ποῖόν σε ἔπος ϕύγεν ἕρκος ὀδόντων;“ (Welch ein Wort entfloh dem Zaun deiner Zähne?).

[41] Zu dieser Zeit war er bereits Lehrer an der Missions-Schule St. Arnold bei Rheine.

[42] P. Josef Kroon, * 1912, Priesterweihe 1939, † 1984.

[43] P. Richard Schady, * 1924, Priesterweihe 1954, † 2000. Er sprach mit folgenden Worten eine Warnung aus: „Mein lieber Schwan!“ (Vgl. Richard Wagner, Lohengrin: „Nun sei bedankt, mein lieber Schwan!“). Selbstverständlich kannte er seinen Hamlet. Wenn jemand endlich begriffen hatte: “But, soft! methinks I scent the morning air” (I,5). Blieb ein Schüler konstant unverständig: “Though this be madness, yet there is method in’t” (II,2); “O, what a noble mind is here o’erthrown!” (III,1). Vor einer Klassenarbeit sagte er: “the readiness is all” (V,2). Wusste jemand keine Antwort: “the rest is silence” (V,2).

[44] P. Klaus Weiss (*1923, Priesterweihe 1951, † 1992). Er forderte: „Der Begriffsapparat muss klar sein!“. Einmal ging er mit der ganzen Klasse auf Falkenjagd. Hierbei handelt es sich um die Analyse der Novelle „Die drei Falken“ (1937) von Werner Bergengruen (1892-1964), als Gleichnis der Überwindung einer Behinderung und der Freiheit von Habgier. Das Falkenmotiv (Dingsymbol) stammte aus dem Decamerone V,9 von Giovanni Boccacccio. Die Schüler sagten ihm mit Rainer Maria Rilke nach: „Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, / der sich im allerkleinsten Kreise dreht, / ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, / in der betäubt ein großer Wille steht.“

[45] P. Engelbert Zunhammer, * 1925, Priesterweihe 1952, † 2012. Von OII bis OI unterrichtete P. Hugo Gremler (* 1911, Priesterweihe 1939, † 1974) Musik, genannt „Hugo der Waldschrat“. Die Herren Koolen (Klavier) und De Bruyn (Violine) erteilten Instrumentalunterricht außerhalb der Unterrichtsstunden.

[46] Vgl. St.-Michaels-Gymnasium. Steyl 1965. Ein Bericht, Steyl 1965, 26.

[47] In IJsselsteijn sind 31.200 deutsche Gefallene begraben. Herr Konsul Dr. Karl Buddeberg († 26.6.1964) hielt in den ersten Jahren die Ansprache am Hochkreuz des Soldatenfriedhofs. IJsselsteijn liegt zwischen Venray und Deurne (dort war zu dieser Zeit noch ein Steyler Missionshaus. Diese Schüler hatten neben den Sprachen, die in Steyl gelehrt wurden, auch das Fach Französisch). In Overloon (nördlich von Venray), während einer der größten Panzerschlachten des Zweiten Weltkrieges vollständig zerstört, ist ein Kriegsmuseum (Oorlogsmuseum). Den Besuchern werden hier die Realitäten des Krieges vor Augen gestellt. Deutsche wurden damals in den Niederlanden nicht so gerne gesehen.

[48] P. Rudolf Blank geboren am 17. April 1899, Priesterweihe 1927, † 20.5.1960. „Die Stunde fällt aus, P. Blank ist spurlos verschwunden!“ verkündete freudig der Senior der Quinta seinen Klassengenossen, die vergeblich auf ihren sonst so pünktlichen Lehrer warteten. Wie groß aber war das Entsetzen, als zehn Minuten später der Direktor die Nachricht brachte: „P. Blank ist gestorben. Wir haben ihn soeben tot in seinem Zimmer gefunden!“ – Da lag er friedlich ruhend; auf dem Tisch ein Stoß von Schülerheften. Sie waren zum größten Teil schon korrigiert und mit dem Datum versehen: 20. Mai 1960. Der Lehrer hatte mit eigener Hand sein Todesdatum eingetragen. – P. Blank war ein ausgezeichneter Mathematiker, der es verstand, auch die schwachen Schüler zu fördern. (Steyl. St.-Michaels-Gymnasium, Jahresbericht 1960/61, Steyl 1961, 18f).

[49] Br. Didacus, I.Oertker, * 1902, ewige Gelübde 1931, † 1990. Seine Apotheke war: „Ein chaantz chuutes Aspiriinchen“.

[50] Br. Elias, C.Göpfert, * 1908, ewige Gelübde 1942, † 1985.

[51] Stephanus war der Name einer französischen Buchdrucker-Dynastie. Robert Estienne (1503-1559) gab 1532 in Paris erstmals den Thesaurus linguæ Latinæ heraus. Das Hauptwerk von Henri Estienne (1528-1598) war der Thesaurus linguæ Græcæ (5 Bde., 1572). In den folgenden Jahrhunderten wurden beide Werke erweitert.

[52] Der heilige Arnold von Arnoldsweiler, Bekenner, wurde Zitherspieler am Hofe Karls des Großen. Er starb um 800. Sein Fest ist am 18. Juli.

[53] „Steyler Keller-Bräu“ oder „Avitus-Bräu“ sowie Amstel-Bier. Br. Avitus (Peter van der Kall), * 1913, Ewige Gelübde 1939, Küchenchef. Nur Ignoranten leiteten seinen Namen von avidus - geizig ab. † 1985.

[54] Der Stamm bāo bedeutet: einwickeln; Tasche. Bāozi – Teigtäschchen („Maultasche“). Bāo jiăozi – Fleischpasteten zubereiten, Teigtäschchen füllen. Vgl. H.-D.Gasde u.a., Chinesisch-deutsches Wörterbuch, Bd. 1, Berlin 1985, 30f.

[55] In hartnäckigen Fällen sogar mit Vim.

[56] P. Paul Langer, * 1931, Priesterweihe 1962, † 2009.

[57] Philoktet, Nach dem Drama des Sophokles von Bernt von Heiseler, Kassel u. Basel 1965, 4.14f.25.

[58] Norbert Greis: * 19.1.1947, † 26.8.2015, bestattet in Köln-Dünnwald. Die Klassen waren: Sexta, Quinta, Quarta, UIII – Untertertia, OIII – Obertertia, UII – Untersekunda, OII – Obersekunda, UI – Unterprima, OI – Oberprima. „Ein Primaner, ein Primaner, o Philistervolk, / Entblößt das Haupt in Ehrfurcht und seid stets ihm hold!“, pflegte Studiendirektor Joseph Natsch (* 1904, Priesterweihe 1929, † 1988) zu sagen. Er redete Schüler mit: „Eeedelster“ an.

Gibt er viele Hausaufgaben auf, sagt er den Spruch des Bäckermeisters, dessen Besen zerbrochen ist, und der nun eine Katze an den Besenstock bindet: „‚Katze, Katze, gewöhne dich d’ran!‛ / Sprach der Meister, weise belehrend, / Mit der Katze den glühenden Ofen auskehrend“.

Er zitiert auch: Ego habere sedere manere debere, und fügt an: „Seeeht ihr, und deswegen hat der Sextaner sitzen bleiben müssen!“

Damit sich Ausnahmen beim Imperativ einprägen, gebraucht er den Merksatz: „Labet Eure Eltern in der Kneipe!“ (labe/, eu(re/, e)lqe/, i)de/, ei)pe/).

[59] Jakob Bidermann SJ (1578-1639), Professor der Humanität, dann der Rhetorik in Augsburg und München, ist der bedeutendste Vertreter des neulateinischen barocken Jesuiten-Dramas in Deutschland. Sein Werk Philemon Martyr. Comœdia wird 1618 im Gymnasio Societatis Iesu zu Konstanz am Bodensee lateinisch uraufgeführt. Ab 1617 ist er Professor der Theologie, 1626 Bücherzensor in Rom.

In seinem Werk bringt er die Radikalität der Heilsfrage zum Ausdruck. Er stellt den Widerspruch von Schein und Sein, von Glück und Elend heraus. Sein Thema ist das Leben als Traum und der Übergang zu wahrem Leben in der Fülle des Seins. Er fordert eine unbedingte Entscheidung für die Unterordnung alles Irdischen zum Dienst Gottes.

Vgl. Lexikon der Weltliteratur, hg. v. Gero von Wilpert, Bd. 1, München 31997, 165.

[60] stilte – Stille. Das Bild stammt von spin – Spinne.

[61] varen – Farn; framboos – Himbeere.

[62] zuchten – seufzen.

[63] Felix Timmermans (1886-1947), in: Adagio (1947), Wommelgem 1986, 35.

[64] plas – Tümpel.

[65] uiterwaarden – Deichvorland.

[66] Hendrik Marsman (1899-1940), in: Verzameld Werk, Amsterdam 1938; De Nederlandse poëzie van de negentiende en twintigste eeuw, hg. v. G.Komrij, Amsterdam 81987, 652.