Der Grüne Katechismus
Unser Religionsunterricht bestand aus zwei Teilen: Biblische Geschichte und Katechismus. Bei der biblischen Geschichte war ich hellwach und wie elektrisiert, obwohl uns die schärfsten Begebenheiten vorenthalten wurden, um unsere Moral nicht zu gefährden. Immerhin war deutlich geworden, daß Abraham zwei Frauen hatte, und die spannende Frage war, welche Verwicklungen sich daraus ergaben.
Ganz anders erging es mir mit dem Katechismus. Ich fand ihn sterbenslangweilig, zumal er leiernd und apathisch vorgetragen wurde. Alle „Glaubenssätze“ mußten wir auswendig lernen. Vor lauter Verzweiflung malte ich alle Abbildungen in meinem Exemplar bunt an.
Der grüne Katechismus, Düsseldorf 1955
Die
Verfasser
Klemens Tilmann (1904-1984) promovierte 1928 in Philosophie, wurde 1930 zum Priester geweiht und schloß sich 1934 den Oratorianern an. Während des Zweiten Weltkrieges diente er als Sanitäter. Nach dem Kriege wurde er in München akademischer Dozent für Pädagogik und Katechetik. 1955 schrieb er den Katechismus der Katholischen Bistümer Deutschlands. Ab 1976 veröffentlichte er mehrere Bücher zur Meditation.
Franz Schreibmayr (1907-1985) trat in das Leipziger Oratorium ein und wechselte in den 1930er Jahren nach Berlin, um dort eine Niederlassung der Oratorianer zu gründen. 1945 ging er nach München und gründete mit Klemens Tilmann, Heinrich Kahlefeld und Ernst Tewes in der Pfarrgemeinde St. Laurentius ein Oratorium. Seit 1950 erarbeitete er mit Klemens Tilmann zusammen den wegen der Farbe seines Bucheinbandes sogenannten Grünen Katechismus, der in dreißig Sprachen übersetzt wurde.
Albert Burkart (1898-1982) war im Ersten Weltkrieg an der Westfront Soldat. Er studierte Kunst in München und Stuttgart. Seit 1925 arbeitete er in München als freier Maler. Er war der Neuen Sachlichkeit verpflichtet und schuf die Bilder des Grünen Katechismusʼ.
Kurze
Geschichte der Katechismen
Das Wort stammt aus dem mittelgriechischen κατηχισμός katēchismós – Unterricht, Lehre. Kyrill von Jerusalem (313-386) verfaßte 24 Mystagogische Katechesen für den Unterricht der Taufanwärter. Der englische Gelehrte Alkuin (735-804) schrieb im achten Jahrhundert den ersten Katechismus. Der Weißenburger Katechismus, welcher das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis (Symbolum) erklärte, entstand nach 789. Thomas von Aquin schuf 1256 die Opuscula (Kleine Werke), welche außerdem das Ave Maria (Gegrüßet seist du, Maria), den Dekalog (die Zehn Gebote) und die sieben Sakramente behandeln. Nach 1475 entstand der Aldersbacher Reimkatechismus. Martin Luther gab seinen Großen und Kleinen Katechismus 1529 in Wittenberg heraus. Petrus Canisius veröffentlichte 1555 in Wien seinen größeren Katechismus. Für die Katechese verpflichtend wurde der Catechismus Romanus, der 1566 in Rom erschien.
Die Kirche ist die Hüterin und Lehrerin unseres Glaubens, Katechismus, 6f
Zitate aus
dem Grünen Katechismus
Liebe Kinder!
Euer Bischof, den Gott als Lehrer der Wahrheit aufgestellt hat, gibt euch dieses Buch in die Hand. In ihm findet ihr die Lehre, die unsere heilige katholische Kirche im Auftrage Gottes in der ganzen Welt verkündet. Der Katechismus ist ein überaus wichtiges Buch; denn er zeigt euch den Weg zu Gott, eurem himmlischen Vater.
In diesem Buch tritt Christus, der Sohn Gottes, vor euch hin, unser Heiland und Erlöser, unser Herr und Meister. Er sagt von sich: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als durch mich“ (Joh. 14, 6). – „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wandelt nicht im Finstern, sondern hat das Licht des Lebens“ (Joh. 8, 12).
In seinem Namen übergebe ich euch den Katechismus. Nehmt ihn gern zur Hand! Lest aufmerksam darin, lernt eifrig, denkt über alles nach und bewahrt es in eurem Herzen! Vor allem aber lebt danach! Dann wird Christus, der Herr, immer in euch leben, und ihr werdet freudig mit ihm den Weg zum Vater gehen.
1. Oktober 1955
+ Jos. Card. Frings
Erzbischof von Köln
(Katholischer Katechismus der Bistümer Deutschlands, herausgegeben von den deutschen Bischöfen. Ausgabe für das Erzbistum Köln, Düsseldorf 1955, 3).
Einleitung
Es ist für uns ein großes Glück, daß wir Christen sind. Wir sind durch Gottes Gnade reich beschenkt und wissen, wozu wir auf Erden sind und welch herrliches Ziel auf uns wartet. (Katechismus, 5).
Wozu sind wir auf
Erden?
Wir sind auf Erden um Gott zu erkennen, ihn zu lieben, ihm zu dienen und einst ewig bei ihm zu leben. […]
„Der Mensch ist geschaffen, um Gott, seinen Herrn, zu loben, ihn zu ehren und ihm zu dienen und dadurch seine Seele zu retten“ (Ignatius von Loyola [Geistliche Übungen 23: Prinzip und Fundament]). […]
Kein Reichtum ist herrlicher, keine Ehren, keine Güter dieser Welt sind größer als der katholische Glaube (Augustinus).
(Katechismus, 6).
Im Glauben, den wir in der Taufe empfangen haben, unterweist uns die heilige katholische Kirche. Die Kirche ist die Hüterin und Lehrerin unseres heiligen Glaubens. Sie sendet uns Priester und Lehrer, die uns in ihrem Namen den Glauben verkünden. Sie gibt uns die Bücher in die Hand, die uns helfen, unsern Glauben immer besser kennenzulernen: Die Bibel und den Katechismus, das Meßbuch und das Gebetbuch. (Katechismus, 7).
Für mein Leben: Ich will im Glauben der Kirche leben und sterben. […]
Fest soll mein Taufbund immer
stehn,
ich will die Kirche hören,
sie soll mich allzeit gläubig sehn
und folgsam ihren Lehren.
Dank sei dem Herrn, der mich aus Gnadʼ
in seine Kirchʼ
berufen hat,
nie will ich von ihr weichen!
(Katechismus, 8).
Wenn am Jüngsten Tage Christus wiederkommt, werden wir das Reich Gottes in seiner vollen Herrlichkeit schauen. Die Feinde Gottes werden dann ausgeschlossen vom himmlischen Hochzeitsmahl, die Kinder Gottes aber „werden im Reiche ihres Vaters leuchten wie die Sonne“ (Matth. 13, 43) und „ewig die Hochzeit des Lammes feiern“ (Offb. 19, 7). (Katechismus, 10).
Für mein Leben: Was Gott sagt, glaube ich, wenn noch so viele anders reden. (Katechismus, 12).
Gott führt aus, was er androht, wenn die Menschen nicht auf ihn hören wollen. Er hatte die Sündflut, die ägyptischen Plagen und andere Strafen angedroht und ließ sie über die Menschen hereinbrechen, als sie sich nicht bekehrten. Er wird auch uns bestrafen, wenn wir sündigen und nicht Buße tun. „Gott läßt seiner nicht spotten“ (Gal. 6, 7). (Katechismus, 12f).
Gott sorgt für uns, Katechismus, 16
Wie Gott für die Israeliten auf ihrer Wanderung ins Gelobte Land gesorgt hat [Ex. 13-17], so sorgt Gott für uns auf dem Weg ins himmlische Vaterland. Er erleuchtet uns und heiligt uns [in Taufe und Firmung], er schützt uns vor dem bösen Feind und nährt uns mit dem Himmelsbrot. Gott führt uns liebevoll und gibt uns alles, was wir auf dem Weg zum Himmel nötig haben. (Katechismus, 16).
Gott ist allwissend,
Katechismus, 18:
„Es ist ein Augʼ,
das alles sieht,
auch was in finstʼrer
Nacht geschieht!“
Gott sieht alles und hört alles. Mit besonderer Liebe schaut er auf uns Menschen und hört auf unser Gebet. Er schaut uns nicht nur ins Angesicht, sondern auch ins Herz. Er vernimmt nicht nur unsere Worte, sondern auch unser innerstes Flehen.
Gott weiß alles. Er weiß das Vergangene, das Gegenwärtige und das Zukünftige; er kennt sogar unsere geheimsten Gedanken und Wünsche. „Alles liegt bloß und offen vor dem Auge dessen, dem wir Rechenschaft abzulegen haben.“ (Hebr. 4, 13). Gott ist allwissend. […]
Für mein Leben: Wo ich bin und was ich tuʼ, sieht mir Gott, mein Vater zu. (Katechismus, 18).
Am Jüngsten Tage wird Gott seine unendliche Heiligkeit der ganzen Welt zeigen. In seinem Licht wird alles Gute und alles Böse offenbar werden. Seinem Gericht kann kein Mensch entrinnen. Gott wird die Bösen für ewig in die Hölle verstoßen. Die Guten aber werden ewig sein heiliges Angesicht schauen dürfen. Gott wird jeden so belohnen oder bestrafen, wie er es verdient: „Er wird einem jeden vergelten nach seinen Werken“ (Röm. 2, 6). Gott ist gerecht. (Katechismus, 20).
Leid und Tod sind durch die Sünde in die Welt gekommen. Auch unsere eigenen Sünden bringen Leid über uns und unsere Mitmenschen.
Gott läßt Leid über uns kommen, um uns dadurch zum Heile zu führen. Bei allem hat Gott eine heilige Absicht, auch wenn wir sie nicht verstehen.
Gott will uns durch das Leid dazu führen, daß wir uns vom Bösen bekehren. Das Leid kann eine heilsame Strafe sein, durch die wir zur Erkenntnis unserer Schuld kommen sollen. Gott schickt uns auch Leid, um uns zu läutern, wie man Gold im Feuer läutert [vgl. Sa. 13, 9]. Durch Krankheit, Armut und andere Mühsal will er uns von Fehlern und Unvollkommenheiten reinigen.
Gott läßt das Leid auch dazu über uns kommen, daß wir uns im Guten bewähren. Das Leid ist gleichsam eine Prüfung: wir sollen zeigen, daß wir auch im Leiden Gottes heiligen Willen erfüllen. Wenn wir das Leid gottergeben tragen, werden wir Christus ähnlich. (Katechismus, 22f).
Wenn wir in diesem Leben mit Christus leiden, werden wir einst im Himmel verherrlicht werden. Alles Leid, das wir im Gehorsam gegen Gott tragen, wird uns mit ewigem Lohn vergolten werden. (Katechismus, 23).
Gott hatte es nicht nötig, die Welt zu erschaffen. Er war auch ohne sie reich und glücklich. […] Gott hat die Welt erschaffen zu seiner Ehre und zum Besten der Geschöpfe. (Katechismus, 30)
Die Engel, Katechismus, 32
Bevor die Engel Gott schauen durften, sollten sie erst eine Probe bestehen. Ein Teil der Engel bestand diese Probe nicht, sondern empörte sich gegen Gott. Zur Strafe wurden sie in die Hölle hinabgestürzt. Sie heißen böse Geister. Ihr Anführer ist der Teufel (hebräisch: Satan, d. h. Widersacher). Die bösen Geister hassen Gott und uns und suchen uns an Leib und Seele zu schaden. (Katechismus, 32).
Der Sündenfall und
die Vertreibung aus dem Paradiese,
Katechismus, 36
In der Stunde der Versuchung hörten di ersten Menschen nicht auf Gott, sondern folgten dem Teufel und aßen von der Frucht; sie wollten sein wie Gott [Gen. 3, 1-6]. Adam und Eva erkannten klar, daß sie das heilige Gebot Gottes übertraten und taten es aus freiem Willen. Sie sündigten schwer gegen Gott. Diese Sünde Adams und Evas nennen wir die Ursünde. (Katechismus, 36).
Weil Adam als Haupt der ganzen Menschheit gesündigt hat, geht die Sündenschuld Adams auf alle seine Nachkommen über [Röm. 5, 12] (Erbschuld oder Erbsünde). Wegen der Sünde Adams werden wir ohne das Gnadenleben geboren, das wir nach Gottes Absicht von Adam erben sollten. – Nur die Mutter Gottes ist durch einen besonderen Gnadenvorzug von der Erbschuld frei geblieben. (Katechismus, 37).
Der Sohn Gottes ist von den Führern des auserwählten Volkes verworfen worden, Katechismus, 53
Das auserwählte Volk hatte die Worte Jesu gehört und die Wunder und sein heiliges Leben gesehen. Trotzdem nahmen viele die Botschaft Jesu nicht an. Die Führer wiegelten das Volk gegen ihn auf und verurteilten den Sohn Gottes zum Tode. Auch viele seiner Jünger wandten sich von ihm ab, und Judas, einer von den Zwölfen, verriet ihn. Der heilige Johannes sagt: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinigen nahmen ihn nicht auf“ (Joh. 1, 11).
Zu diesen Sünden hatte der Teufel die Menschen verführt. Er sah das Ende seiner Macht kommen, wenn die Menschen an Jesus glaubten und ihm folgten. Darum bot er seine ganze Macht auf, damit die Menschen die Frohe Botschaft ablehnten und Jesus töteten. (Katechismus, 53).
Paulus sagt von den Sündern: „Soweit es auf sie ankommt, kreuzigen sie den Sohn Gottes aufs neue und treiben ihren Spott mit ihm“ (Hebr. 6, 6). (Katechismus, 54).
Durch seinen Gehorsam bis zum Tod hat Jesus den Ungehorsam Adams und seiner Nachkommen gesühnt. Durch sein bitteres Leiden und Sterben hat er uns von der Erbschuld, von unsern eigenen Sünden und von der ewigen Verdammnis erlöst. Sein Leiden und Sterben hatte einen unendlichen Wert, weil er der Sohn Gottes ist.
Durch seinen Tod am Kreuz hat Jesus den Teufel besiegt. Er hat die Macht des Teufels gebrochen und uns von seiner Herrschaft erlöst. „Nun gibt es keine Verdammnis mehr für die, welche in Christus Jesus sind“ (Röm. 8, 1). (Katechismus, 57).
„Als Christus am Kreuze hing, vollendete er den Bau des geheimnisvollen Tempels seiner Kirche. Durch sein am Kreuz vergossenes Blut hat er den göttlichen Zorn besänftigt und bewirkt, daß alle himmlischen Gaben, besonders die Sakramente des Neuen und ewigen Bundes, aus den Quellen des Erlösers zum Heil der Menschen fließen konnten. Am Baum des Kreuzes hat er sich seine Kirche erworben, d. h. alle Glieder seines geheimnisvollen Leibes“ (Weltrundschreiben Papst Pius XII. über den geheimnisvollen Leib Christi: Enzyklika Mystici Corporis, 29. Juni 1943; Katechismus, 82).
Nach seiner Auferstehung sprach Jesus zu den Aposteln: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“ (Joh. 20, 21). Er übertrug ihnen die Aufgabe, die er vom Vater empfangen hatte. Die Kirche soll Gott verherrlichen und die Menschen zur ewigen Seligkeit führen. (Katechismus, 84).
Für mein Leben: Ich will den Papst als den Stellvertreter Christi auf Erden lieben, für ihn beten und allezeit treu zu ihm halten. (Katechismus, 88).
Die Kirche hütet die Heilige Schrift als einen kostbaren Schatz. Unter dem Beistand des Heiligen Geistes legt sie uns die Heilige Schrift vor und erklärt sie uns. Die Kirche wünscht, daß wir das Wort Gottes eifrig hören und gern in der Heiligen Schrift lesen. Darum soll jedes christliche Haus die Bibel oder wenigstens das Neue Testament besitzen. Wir dürfen jedoch nur solche Übersetzungen der Heiligen Schrift benutzen, die von der Kirche genehmigt sind. (Katechismus, 92).
Wer die Heilige Schrift nicht kennt, kennt Christus nicht (Hieronymus; Katechismus, 93).
Glaubensgespräch: Manche sagen: „Die Bibel allein genügt“ [sola Scriptura]. Wir antworten: „Erstens ist in der Bibel nicht alles enthalten, was Gott geoffenbart hat. Johannes schreibt: ‚Es gibt noch vieles andere, was Jesus getan hat; wollte man es im einzelnen niederschreiben, so würde wohl die Welt die Bücher nicht fassen, die man schreiben müßte‘ (Joh. 21, 25). Paulus schreibt: ‚Haltet euch an die Überlieferungen, die ihr mündlich oder schriftlich von uns empfangen habt‘ (2 Thess. 2, 15). Zweitens sagt uns die Bibel nicht, welche Schriften zu ihr gehören; das wissen wir nur durch die Überlieferung.“ (Katechismus, 94).
Der Gottesdienst ist die heiligste Aufgabe der Kirche. Im Gottesdienst lobt und preist die Kirche Gott, dankt ihm für seine Güte, leistet ihm Sühne für die Sünden und bittet ihn um seine Gaben. Der höchste Gottesdienst ist die Feier der heiligen Eucharistie.
Wenn wir zum Gottesdienst versammelt sind, ist Christus in unserer Mitte. Er ist unser Hoherpriester; der Priester am Altar ist nur sein Stellvertreter. – Weil Christus unser Hoherpriester ist, beten und opfern wir „durch Jesus Christus, unsern Herrn“.
Im Gottesdienst der Kirche werden wir mit himmlischer Gnade erfüllt. Auch den Menschen, die nicht zur Kirche gehören, wird durch das Gebet der Kirche Licht und Gnade erfleht. (Katechismus, 96).
Die Kirche spricht manchmal Beschwörungen über Menschen und Dinge, um sie dem Einfluß des Teufels zu entziehen, zum Beispiel über die Täuflinge und über Menschen, die von bösen Geistern besessen sind, ebenso über das Wasser bei der Weihe des Taufwassers und des Weihwassers. (Katechismus, 100).
Die Kirche hat die Hirtenaufgabe, die Gläubigen zu einem christlichen Leben anzuhalten. Sie mahnt und ermuntert uns zum Guten und schützt uns vor Gefahren, die unser ewiges Heil bedrohen, sie gibt uns Gebote und Gesetze. Für manche schwere Sünden hat sie Strafen festgesetzt, um von den Sünden abzuschrecken und die Sünder zur Besinnung zu bringen. Die schwerste Strafe ist der Kirchenbann oder die Exkommunikation; wer exkommuniziert ist, ist dadurch von vielen Gnaden und Rechten, besonders vom Empfang der Sakramente und vom kirchlichen Begräbnis, ausgeschlossen. (Katechismus, 102).
Für mein Leben: Die Kirche ist meine Mutter: ich will mich stets von ihrer Hand führen lassen, mag sie mir milde oder streng erscheinen. (Katechismus, 103).
Die eine wahre Kirche, Katechismus, 105
Die alleinseligmachende Kirche, Katechismus, 106f
Das Übergießen mit Wasser deutet an, daß die Taufe ein Bad ist, durch das wir von den Sünden gereinigt werden. Die Worte bedeuten, daß wir in der Taufe dem dreieinigen Gott geweiht werden: dem Vater, der uns erschaffen hat, dem Sohn, der uns erlöst hat, und dem Heiligen Geist, der uns heiligt. […]
Die Taufe soll vom Pfarrer oder seinem Stellvertreter gespendet werden, wenn möglich in der Kirche. Wenn der Täufling in Todesgefahr ist und der Pfarrer nicht schnell genug kommen kann, muß irgendein anderer das Kind taufen. Jeder Mensch kann gültig taufen, wenn er die Taufe spendet, wie die Kirche es vorschreibt (Nottaufe). […]
113. Wie wird die Taufe gespendet?
Der Taufende gießt Wasser über das Haupt des Täuflings und spricht zugleich die Worte: „Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ (Katechismus, 114).
Können die Ungetauften in den Himmel kommen? Wer die Taufe aus eigener schwerer Schuld bis zum Tode ablehnt, kann nicht in den Himmel kommen. – Wer vor der Taufe den Martyrertod stirbt, wird dadurch geheiligt und erhält im Himmel die Martyrerkrone (Bluttaufe). – Wer seine Sünden aus Liebe zu Gott bereut und die Taufe begehrt, jedoch vor der Taufe stirbt, kommt in den Himmel; er wird gerettet durch das Verlangen nach der Taufe (Begierdetaufe). Auch wer nicht weiß, daß Christus die Taufe geboten hat, kann in den Himmel kommen, wenn er seine Sünden aus Liebe zu Gott bereut und bereit ist, alles zu tun, was Gott von ihm will; denn in dieser Bereitschaft ist das Verlangen nach der Taufe eingeschlossen. Alle Ungetauften, die gerettet werden, werden durch die Gnade Christi gerettet. (Katechismus, 119f).
Um im Glauben zu wachsen, müssen wir uns im Glauben weiterbilden. Wir sollen darum aufmerksam die Predigt und die Christenlehre hören, eifrig am Religionsunterricht teilnehmen und gerne in der Bibel, im Katechismus, im Meßbuch und in den Lebensbeschreibungen der Heiligen lesen. Auch durch gute Bücher und Zeitschriften können wir unseren Glauben vertiefen. (Katechismus, 122).
Wir können Christus nicht nachfolgen, wenn wir nicht Opfer bringen. Christus sagt: „Wer sein Kreuz nicht trägt und mir nicht nachfolgt, kann mein Jünger nicht sein“ (Luk. 14, 27). Wenn wir ihm aber auf seinem Kreuzweg folgen und tapfer aushalten, verheißt er uns: „Den Sieger lasse ich mit mir auf meinem Throne sitzen“ (Offb. 3, 21). (Katechismus, 131).
Beim Beten sollen wir uns Gott und seinem heiligen Willen ganz unterwerfen und es ihm überlassen, wann und wie er uns erhören will; dann beten wir gottergeben. (Katechismus, 135).
Für mein Leben: Das Beten ist das Atmen der Seele. Wie ich das Atmen nicht vergesse, darf ich auch das Beten nicht vergessen. (Katechismus, 138).
Aus der Lehre der Heiligen: „Als unser Heiland die Brote segnete, blickte er zum Himmel auf und betete [Mt. 14, 19]. Dadurch lehrt er uns, nicht von der Mahlzeit zu kosten, bevor wir Gott, dem Spender der Gaben, gedankt haben“ (Johannes Chrysostomus). (Katechismus, 139).
Der Backenstreich mahnt den Gefirmten, daß er als Streiter Christi bereit sein soll, für Christus Schmach zu erdulden. (Katechismus, 142).
Für mein Leben: Wenn ich einmal um den Glauben oder die Reinheit kämpfen muß, will ich daran denken: Ich bin zum Streiter Christi gesalbt; der Heilige Geist stärkt mich. (Katechismus, 143).
Für mein Leben: Wenn ich die heilige Eucharistie mitfeiere und den Leib des Herrn empfange, bin ich dem Herrn so nahe wie die Apostel beim Letzten Abendmahl. (Katechismus, 146).
Lebensregel: Am schwächsten und nachgiebigsten ist der Mensch, wenn er traurig und niedergeschlagen ist. Darum sei froh und unverzagt zu jeder Stunde. […]
Aufgaben: […] Was tust du: a) wenn dir ein Gedanke gegen den Glauben kommt, b) wenn dich unkeusche Gedanken belästigen, c) wenn dich ein Älterer verführen will, d) wenn in der Klasse ein Verführer ist? (Katechismus, 162).
Die Todsünde, Katechismus, 162f
Aus der Lehre der Heiligen: „Gebt doch nicht für ein armseliges Vergnügen eure ganze Würde preis!“ (Cyrill von Jerusalem). (Katechismus, 164).
Wer ohne eigene schwere Schuld etwas Wichtiges ausgelassen hat, braucht es nur in der nächsten Beichte nachzuholen; die Sünde war in der vorigen Beichte eingeschlossen und ist bereits verziehen. – Wer aber durch eigene schwere Schuld eine Todsünde ausläßt, beichtet ungültig; er behält alle seine Sünden und begeht eine neue schwere Sünde, einen Gottesraub [sacrilegium]. (Katechismus, 172).
Glaubensgespräch: Manche sagen: „Wenn die Sünde nachgelassen ist, ist auch die Strafe nachgelassen.“ – Wir antworten: „Gott ließ dem David seine schwere Sünde nach, nicht aber die ganze Strafe. Der Prophet Nathan sagte zu ihm: ‚Der Herr hat deine Sünde hinweggenommen. Doch dein Sohn, der dir geboren wurde, muß sterben.‘ ( 2. Sam. 12, 13 14). – Falsch ist auch die Meinung, durch den Ablaß würden die Sünden selbst vergeben. Eine Verleumdung ist es zu sagen, die Kirche verkaufe den Ablaß oder lasse gar zukünftige Sünden für Geld nach. (Katechismus, 177).
Die Brautleute müssen vor allem im Glauben eins sein. Ehen zwischen katholischen und nichtkatholischen Christen (Mischehen) sind meist für die Eheleute und für ihre Kinder ein großes Unglück. Darum verbietet die Kirche die Mischehen. (Katechismus, 184).
Ehehindernisse: Damit Eltern und Kinder vor zeitlichem und ewigem Schaden bewahrt werden, ist die Ehe nach göttlichem Gesetz in manchen Fällen verboten, z. B. die Wiederverheiratung von Geschiedenen. Aus dem gleichen Grunde hat auch die Kirche Ehehindernisse aufgestellt. Manche Hindernisse machen die Ehe ungültig, z. B. nahe Verwandtschaft; andere machen sie zwar nicht ungültig, aber unerlaubt, z. B. die Verschiedenheit des christlichen Bekenntnisses.
Aus wichtigen Gründen dispensiert die Kirche von manchen Hindernissen; von Hindernissen, die Gott bestimmt hat, kann sie niemals dispensieren.
Die Mischehe: In der Mischehe sind Eltern und Kinder im Wichtigsten, nämlich im Glauben, uneins. Sie können nicht gemeinsam zum Tisch des Herrn gehen und nicht einmütig nach dem katholischen Glauben leben. Nicht selten werden Eltern und Kinder lau im Glauben oder fallen gar ab. Der nichtkatholische Teil meint oft, er könne im Falle einer Scheidung eine neue Ehe schließen.
Nur aus wichtigen Gründen macht die Kirche schweren Herzens eine Ausnahme vom Verbot der Mischehe. In diesem Falle müssen die Brautleute feierlich versprechen, daß sie sich nur katholisch trauen lassen und alle Kinder katholisch erziehen werden. Der nichtkatholische Teil muß versprechen, den katholischen Teil und die Kinder nicht zu hindern, die religiösen Pflichten zu erfüllen. (Katechismus, 186).
Für mein Leben: Wenn ich meinem Gewissen folge, bin ich kein Knecht der Menschen oder meiner Leidenschaft, sondern ein freies Kind Gottes. (Katechismus, 194).
Wir dürfen nur Gott anbeten, weil er allein unser Schöpfer und höchster Herr ist. Wer ein Geschöpf zu seinem höchsten Herrn macht und anbetet, treibt Götzendienst oder Abgötterei. – Durch Aberglauben sündigt, wer geschaffenen Dingen eine geheime Kraft zuschreibt, die Gott ihnen nicht verliehen hat, z. B. wer aus den Sternen oder aus den Karten die Zukunft zu erforschen sucht (Wahrsagerei) oder wer gewisse Sachen, Zahlen oder Tage für schicksalsbestimmend ansieht. – Durch Zauberei sündigt, wer mit Hilfe der bösen Geister wunderähnliche Dinge bewirken will. (Katechismus, 196).
Als Kind lebte Jesus mit Josef und Maria in Nazareth. Als er zwölf Jahre alt war, pilgerte er mit ihnen zum Osterfest nach Jerusalem. Nach dem Fest zog er mit ihnen nach Nazareth und war ihnen untertan. (vgl. Luk. 2, 41-51; Katechismus 219).
Die Staatsbürger müssen die Gesetze des Staates befolgen, die staatliche Obrigkeit achten und nach Kräften am allgemeinen Wohl mitarbeiten. Sie sollen sich z. B. an den Wahlen beteiligen; bei der Wahl dürfen sie nur denen ihre Stimme geben, die für ihr Amt geeignet sind und die Gewähr dafür bieten, daß sie für die Rechte Gottes eintreten werden; sie müssen die Steuern bezahlen und bereit sein, in Gefahr ihr Land auch mit ihrem Leben zu verteidigen. – Wenn die Obrigkeit etwas befiehlt, was Sünde ist, darf man ihr nicht gehorchen. Der heilige Petrus sagt: „Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ (Apg. 5, 29).
Die staatliche Obrigkeit muß sich nach den Gesetzen Gottes und des Staates richten. Wer ein staatliches Amt bekleidet, muß seine Pflicht gewissenhaft erfüllen, jeden zu seinem Rechte kommen lassen und das allgemeine Wohl dem persönlichen Vorteil voranstellen. (Katechismus, 225).
Aufgaben: Beantworte folgende Fragen, so gut du kannst: 1. Wie können die Guten dazu beitragen, daß in unserm Volk und im Staat der Wille Gottes geschieht? 2. Manchmal kommen in einem Staat schlechte Menschen an die Macht. Was kann schuld daran sein? (Katechismus, 226).
Wie lauten die fünf wichtigsten Kirchengebote?
1. Du sollst die gebotenen Feiertage halten!
2. Du sollst an Sonn- und Feiertagen andächtig an der heiligen Messe teilnehmen!
3. Du sollst die gebotenen Fast- und Abstinenztage halten!
4. Du sollst wenigstens einmal im Jahre deine Sünden beichten!
5. Du sollst wenigstens einmal im Jahre die heilige Kommunion empfangen, und zwar in der österlichen Zeit! (Katechismus, 227).
Weitere Kirchengebote: Die Kirche gebietet ihren Gliedern, sich beim Eingehen einer Ehe nur katholisch trauen zu lassen, ihre Kinder bald nach der Geburt taufen zu lassen, alle ihre Kinder katholisch zu erziehen, die geschlossenen Zeiten zu halten (im Advent und in der Fastenzeit sind feierliche Trauungen und öffentliche Tanzveranstaltungen verboten), in Todesgefahr die heiligen Sakramente zu empfangen. Sie verbietet ihnen, glaubens- und sittenwidrige Schriften zu lesen, Sekten und glaubensfeindlichen Vereinigungen beizutreten, eine Mischehe zu schließen, den Leichnam verbrennen zu lassen und einem Leichnamverbrennungsverein beizutreten. (Katechismus, 228).
Besonders schwer sündigt, wer sich freiwillig das Leben nimmt. Der Selbstmörder greift in die Rechte Gottes ein; denn Gott allein ist der Herr über Leben und Tod; er kündigt Gott den Dienst auf und wirft das Kreuz weg, das er mit Christus tragen sollte; er entzieht sich seinen Aufgaben an den Mitmenschen und bringt schweres Leid über seine Familie. Sich selbst aber stürzt er ins ewige Verderben. (Katechismus, 229).
Aus dem Leben der Kirche: Wer sich freiwillig das Leben nimmt, darf nicht kirchlich beerdigt werden. (Katechismus, 230).
Gott hatte das Paradies gepflanzt und in diesen Garten der Wonne den ersten Menschen gesetzt, daß er ihn bebaue und bewahre. Nachdem Gott die Eva gebildet und sie Adam als Gehilfin zugeführt hatte, segnete er die Menschen und sprach zu ihnen: „Erfüllet die Erde und machet sie euch untertan. Herrschet über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über die Tiere der Erde“ (vgl. 1 Mos. 1 u. 2). (Katechismus, 231).
Damit wir lernen, unsere Triebe im Zaum zu halten, müssen wir uns in der Selbstüberwindung üben. Wir sollen uns z. B. öfters etwas Erlaubtes versagen. Wer sich von seinen Trieben beherrschen läßt, öffnet dem Teufel einen Zugang zu seiner Seele. Es gibt kein christliches Leben ohne Selbstüberwindung. (Katechismus, 233).
Wir sollen die sieben Werke der leiblichen Barmherzigkeit üben: Die Hungrigen speisen, die Durstigen tränken, die Nackten bekleiden, die Fremden beherbergen, die Gefangenen erlösen, die Kranken besuchen, die Toten begraben. Nach diesen Werken wird Christus uns am Jüngsten Tage richten (Matth. 25, 34-46). (Katechismus, 234).
Wir können unseren Mitmenschen auf dem Wege zu Gott helfen durch das Gebet, durch ein gutes Wort, durch unser Beispiel und durch die Tat. Die Kirche empfiehlt uns die sieben geistigen Werke der Barmherzigkeit: die Sünder zurechtweisen, die Unwissenden lehren, den Zweifelnden recht raten, die Betrübten trösten, die Lästigen geduldig ertragen, denen, die uns beleidigen, gern verzeihen, für die Lebenden und die Toten beten. (Katechismus, 236).
Weitere geistige Werke der Barmherzigkeit: Zum Gottesdienst abholen – zur Beichte und Kommunion ermuntern – für gute Zeitschriften werben – gute Bücher verleihen – anderen Freude machen durch Besuch, Spiel und Unterhaltung – jemanden mit guten Menschen bekanntmachen – kleinen Kindern von Gott erzählen – zur Jugendgruppe einladen. (Katechismus, 238).
Gegen die Keuschheit sündigt vor allem, wer Unkeusches allein oder mit andern tut oder freiwillig an sich geschehen läßt; ebenso, wer sich freiwillig in unkeuschen Gedanken aufhält, Unkeusches wünscht oder sich ohne Not in Gefahr bringt, durch Unkeuschheit zu sündigen. – Solange sich jemand Mühe gibt, unkeusche Gedanken und Wünsche aus dem Sinn zu schlagen, sündigt er nicht, sondern handelt keusch. (Katechismus, 240).
Die Unkeuschheit ist ein großes Unglück für den Menschen. Sie entweiht den Tempel des Heiligen Geistes und führt zu vielen anderen Sünden. Oft stürzt sie den Menschen in Krankheit, Elend und Schande und führt nicht selten zu einem unbußfertigen Tod. (Katechismus, 241).
Schamhaftigkeit und Keuschheit, Katechismus, 242
Wort Gottes: „Das Los der Unzüchtigen wird der Pfuhl sein, der von Feuer und Schwefel brennt“ (Offb. 21, 8).
Die Hölle, Katechismus 256f
Die Neue Schöpfung, Katechismus, 270
Nach der Erstkommunion hatten wir uns in unsere Bank zu knien, die Hände vor das Gesicht zu schlagen und dieses Gebet zu beten. Katechismus, 279.
Nachwort
Die alte Frage: Unde malum? Woher kommt das Böse?, wird in diesem Katechismus in traditioneller Weise beantwortet: Leid und Tod sind durch die Sünde in die Welt gekommen, auch wir bringen durch unsere Sünden Leid über uns und unsere Mitmenschen, wir sollen durch das Leid dazu gebracht werden uns zu bekehren, das Leid läutert uns und macht uns Christus in seinem Leiden ähnlicher. (Vgl. Katechismus, 22f). Der wütende Protest Hiobs gegen das Leid ist eine Welt, die hier keinen Eingang findet.
Gefährlich wäre es für die Gedankenwelt eines solchen Katechismusʼ, nach den Ursachen des Leides zu fragen. Da werden Bauern enteignet, weil Großgrundbesitzer oder Großindustrielle an ihrem Grund und Boden interessiert sind. Da wird ein Angriffskrieg vom Zaune gebrochen, um das eigene Territorium zu erweitern oder frühere Grenzziehungen wiederherzustellen. Da gibt es Gewalt, deren Motive Neid, Eifersucht, Haß, Bosheit und Grausamkeit ist. Da gibt es Betrug und Falschaussage, um etwas in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. Die Frage stellt sich: Cui bono? (Wer hat einen Vorteil davon).
Wer auf die Vergeltung im Himmel vertröstet, ermutigt die Genannten, in ihrem bösen Treiben fortzufahren.
Allerdings gibt es auch eine andersartige Vergeltung im Jenseits.
Immer wieder wird darauf hingewiesen, daß die Bösen ewig in der Hölle leiden müssen. Wer nicht christlich lebt, gehört auch dazu. Der Eindruck auf das kindliche Gemüt war eine Verstärkung der ohnehin vorhandenen Ängste.
„Gott hatte es nicht nötig, die Welt zu erschaffen; er war auch ohne sie reich und glücklich.“ – Eine solche Aussage kommt mir vor wie die Beschreibung eines Egoisten, der sich nur um seine eigenen Belange kümmert und selbstzufrieden ist.
Meister Eckhart schrieb, daß Gott ohne den Menschen nicht
existieren kann: „Niht aleine ist si bi im noch er bî ir glîch, sunder er ist
in ir, und gebîrt der vater sînen sun in der sêle in der selben wise, als er in
in der êwicheit gebirt, und niht anders. Er muoz es tuon, es sî im liep oder
leit“ (Nicht allein ist sie [meine Seele] bei ihm [Gott] und er bei ihr als
gleich, sondern er ist in ihr; und es gebiert der Vater seinen Sohn in der
Seele in derselben Weise, wie er ihn in der Ewigkeit gebiert und nicht anders.
Er muß es tun, es sei ihm lieb oder leid.
6. Predigt, Deutsche Werke, Band 1, herausgegeben von Josef Quint, Stuttgart
1958, 109). Hier wird ein völlig anderes Verhältnis zwischen Gott und Mensch
geschildert.
Gott erteilt dem Menschen ein Gebot, obwohl er bereits weiß, daß er es übertreten wird. Dies bezeichnet der Religionsphilosoph Berdjaev als Spiel Gottes mit sich selbst. Der Mensch wird in einer solchen Sündentheologie nicht ernst genommen.
Paulus sagt von den Sündern: „Soweit es auf sie ankommt, kreuzigen sie den Sohn Gottes aufs neue und treiben ihren Spott mit ihm“ (Hebr. 6, 6; Katechismus, 54).
Ein Geistlicher warf einer Person vor, sie kreuzige Christus durch ihre Sünden aufs neue. Sie nahm es sich derart zu Herzen, daß sie sich aufhängte und qualvoll starb.
Der Katechismus legt die Kennzeichen der Kirche (notæ ecclesiæ) dar: Die Kirche ist
einig, heilig, katholisch und apostolisch. Er schreibt, daß keine der anderen
Kirchen diese vier Kennzeichen besitzt; die Katholische Kirche sei
alleinseligmachend. Überraschend ist dann aber folgender Zusatz: „Aber Christus
ist auch für sie gestorben und die Kirche betet und opfert auch für sie. Darum
können auch sie zur ewigen Seligkeit gelangen, wenn sie den Willen Gottes tun,
so gut sie ihn erkennen.“ (Katechismus, 106). Dies entspricht der Lehre Thomasʼ
von Aquin, wonach der Mensch verpflichtet ist, seinem Gewissen zu folgen. – Für
die damalige Zeit ist dies eine mutige Feststellung.
Noch weiter geht folgende Aussage: „Auch wer nicht weiß, daß Christus die Taufe geboten hat, kann in den Himmel kommen, wenn er seine Sünden aus Liebe zu Gott bereut und bereit ist, alles zu tun, was Gott von ihm will.“ (Katechismus, 119f). Unter dieser Bedingung können auch Ungetaufte in den Himmel kommen.
Dann aber wird in aller Härte behauptet, daß Ehen zwischen Katholiken und Nichtkatholiken sowohl für die Kinder dieser Familie als auch für die Eheleute „ein großes Unglück“ seien. (Katechismus, 184). Dementsprechend wurde damals die Konversion zur Katholischen Kirche gefordert. Dies ist natürlich eine Reaktion auf den Kulturkampf. Bismarck hatte bestimmt, daß die Kinder einer „Mischehe“ stets evangelisch getauft werden müßten. Dies macht die schroffe Reaktion der Katholischen Kirche etwas verständlicher.
Welchen Lesestoff empfiehlt der Katechismus? Um im Glauben zu wachsen, sollten wir gerne in der Bibel, im Katechismus, im Meßbuch („Schott“), im Gebetbuch und in den Lebensbeschreibungen der Heiligen lesen. Außerdem werden gute Bücher und Zeitschriften empfohlen. (Katechismus, 7.122).
Als Kind lebte Jesus mit Josef und Maria in Nazareth. Als er zwölf Jahre alt war, pilgerte er mit ihnen zum Osterfest nach Jerusalem. Nach dem Fest zog er mit ihnen nach Nazareth und war ihnen untertan. (vgl. Luk. 2, 41-51; Katechismus 219).
Der vorliegende Abschnitt möchte den Kindern Gehorsam gegenüber ihren Eltern nahebringen. Das Problem ist nur, daß er völlig an der Aussage des Bibeltextes vorbeigeht. Dessen eigentliche Aussage ist nämlich: „Wußtet ihr nicht, daß ich in dem sein muß, was meinem Vater gehört?“ (Lk 2, 49).
Wenn ich mit Zwölfjährigen Gottesdienst feierte und diese Perikope in den Mittelpunkt stellte, waren die Kinder durchaus einverstanden, ihre Eltern aber nicht. Da liegt eine Sprengkraft, die im Katechismus übertüncht wurde.
Gott hatte das Paradies gepflanzt und in diesen Garten der Wonne den ersten Menschen gesetzt, daß er ihn bebaue und bewahre. Nachdem Gott die Eva gebildet und sie Adam als Gehilfin zugeführt hatte, segnete er die Menschen und sprach zu ihnen: „Erfüllet die Erde und machet sie euch untertan. Herrschet über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über die Tiere der Erde“ (vgl. 1 Mos. 1 u. 2). (Katechismus, 231).
Hier geht es nur um Beruf und Arbeit. Im Abschnitt: „Das rechte Verhältnis von Mann und Frau“ ist die Rede von der Erschaffung Evas aus Adams Rippe (Gen 2, 18-24; Katechismus, 238). Für die heutige Zeit akzeptabler wäre allerdings folgendes Zitat gewesen: „Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie. Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch!“ (Gen 1, 27f).
„Wenn die Obrigkeit etwas befiehlt, was Sünde ist, darf man ihr nicht gehorchen.“ (Katechismus, 225). Dies ist eine Aufforderung zum Martyrium; denn ein diktatorischer Staat wird gegen Befehlsverweigerer vorgehen.
Als Kind habe ich den Katechismus kaum verstanden. Jetzt aber, nach einer relecture, habe ich Hochachtung vor dieser didaktischen Leistung bekommen. Da wird ein Gebäude beschrieben, das fest in sich steht. Wer sich in diesen engen Grenzen wohlfühlt, wird das Gefühl haben, beschützt zu sein und eine Antwort auf viele Fragen zu finden.
Wer aber mit Recht Anstoß nimmt an diesen engen Grenzen, wird in diesem System nicht leben können.
Was war
das doch eine lichte Zeit, als die ganze Antike im Christentum Raum fand! Dann
kamen die Verengungen des Mittelalters, der konfessionellen Kämpfe und des
Rationalismus. Es hat Reformen gegeben, die aber nicht die ursprüngliche Weite
wiederherstellten.
Kleine
Bibliographie
o Burkard, Dominik, Redaktion, Glaubensunterweisung historisch. Katechismen als Forschungsgegenstand, Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 39 (2020), Ostfildern 2021.
o Fischer, Hubert, Herausgeber, Geleitwort von Joseph Schröffer, Einführung in den neuen Katechismus, Referate des katechetischen Kurses zu München 16.-18. Juni 1955, Freiburg im Breisgau 1955.
o Mitterhöfer SVD, Jakob, Die Anthropozentrik und Christozentrik in den deutschsprachigen Katechismen. Eine materialkerygmatische Untersuchung über die Beziehung von Christologie und Heilsgütern in den Katechismen, Rom 1969.
Herzlichen Dank an Georg Bruns, der mir sein Exemplar des Grünen Katechismusʼ schenkte.
© Dr. Heinrich Michael Knechten, Stockum 2025