Pfarrer Jansen
Tagebuch (Auszüge)
In Datteln herrscht
große Verwirrung in der Gemeinde. Gegen Pfarrer Bernard Niemerg stellt die
Bischöfliche Behörde eine Untersuchung an. Die Gemeinde sei auf Seiten des
Pfarrers, heißt es. Vorwürfe macht man besonders Vicar Ebbinghoff und Kaplan
Natrop. (1)[1]
17. Juni 1865
Fronleichnam
Vicarius Anton Jansen
geht um 19.00 Uhr in Schöppingen nach Hause, um sich auf die Abendandacht, die
um 20.00 Uhr beginnen soll, vorzubereiten. Ihm wird ein Brief des Generalvikars
Brinckmann überreicht. Er soll Verwalter der Pfarrstelle Datteln werden, von
der durch Richterspruch der bisherige Pfarrer Niemerg entfernt sei. Als seine
erste Bestürzung vorbei ist, steht es bei ihm fest zu gehorchen. Vom Generalvikar
erfährt er, daß Niemerg als Kleriker suspendiert und als Gläubiger
exkommuniziert sei. Der Bischof Johann Georg Müller rät ihm, in zweifelhaften
Fällen fleißig den Hl. Geist anzurufen. Als Vicar Jansen wieder in Schöppingen
ist, kann er vor Ermattung nicht sprechen. Einige Tage später reist er nach
Recklinghausen. Seine Haushälterin und seine Magd haben die Anweisung, seine
Sachen nach Datteln zu bringen. (2f)[2]
24. Juni 1865 Johannes
der Täufer
Pfarrverwalter Jansen
lässt sich durch einen Hauderer (Kutscher) nach Datteln fahren, betet unterwegs
sein Brevier und zur Muttergottes. Er empfiehlt sich der Standhaftigkeit des
hl. Johannes. Zu Fuß betritt er die Stadt Datteln, das Brevier unter dem Arm,
völlig unbekannt mit Land und Leuten. Er geht recta via (geradewegs) zur
Kirche, empfiehlt sich Jesus und Maria sowie dem hl. Amandus, dem
Kirchenpatron. Dann lässt er sich den Weg zur Pastorat zeigen. Der Haushälterin
des Pfarrers Niemerg stellt er sich vor als den vom Bischof geschickten
Pfarrverwalter. Pfarrer Niemerg sei bereits am Vortag abgereist. Nach dem
Mittagessen besucht er Vicar Ebbinghoff, den bisherigen Pfarrverwalter. Der
neue Pfarrverwalter Jansen darf im Pfarrhaus wohnen. Nachmittags kommt Franz
Spiekerhoff, ein Maurer, und rät ihm als guter Freund, bis zum Abend das Haus
zu verlassen, da er sonst unfreiwillig heraustransportiert werde.
Pfarrverwalter Jansen: In Gottes Namen, wir wollen abwarten. In den folgenden Tagen
hört Pfarrverwalter Jansen bei 180-200 Pönitenten Beichte und besucht Kranke.
(5f)
25. Juni 1865
Nach dem Hochamt kommt
eine Schar Sodalen (Mitglieder einer Sodalität) und fordert, Pfarrverwalter
Jansen solle ein Hochamt für den unschuldig vertriebenen Pfarrer Niemerg
halten. Er spricht mit ihnen, stellt aber fest, daß sie einzig auf die Person
Niemergs eingeschworen sind. In der Nacht ist ein großer Skandal im Dorfe,
Insultirung (Beleidigung) der anderen Geistlichen, denen man die Schuld an der
Entfernung und Verurteilung Niemergs gibt. (7)[3]
27. Juni 1865
Die Sachen des
Pfarrverwalters Jansen kommen und werden in der Pastorat aufgestellt. Er
begreift nicht, wie man ihn hier ruhig einziehen läßt. (8)
28. Juni 1865
Der Amtmann fragt um
Rat, was er gegen die Tumultuanten (Ruhestörer) anfangen solle. Pfarrverwalter
Jansen: Ich bin keine Polizei, jeder tue seine Pflicht. (8)
29. Juni 1865 Peter und
Paul
Gegen 18 Uhr kommen
Bauern scharenweise ins Dorf, mit Knitteln (Knüppeln) bewaffnet. Gegen Abend
und in der Nacht große Unordnung. Fensterscheiben werden eingeworfen, unter
anderem auch bei Vicar Ebbinghoff. Gegen ½11 Uhr wälzt sich der Schwarm zur
Pastorat, singend und lärmend. Es wird geschossen, geschrien und gesungen. Nach
wüstem Treiben sammelt sich eine ungeheure Menge, Männer und Frauen, selbst mit
Kindern auf dem Arm, am Kirchhof. (8f)
13. Juli 1865
Bisher hatte
Pfarrverwalter Jansen nicht gewagt, bei Pfarrer Meyer in Horneburg einen Besuch
zu machen, da dieser die Untersuchung gegen Pfarrer Niemerg geführt hatte und
ihn deshalb großer Haß traf. Jetzt geht er zu ihm. Meyer staunt über seine
Kühnheit. Am Abend hört Pfarrverwalter Jansen folgendes Gespräch Jugendlicher
an der Pastorat: Was frage ich nach dem Reichsverweser?[4] Sollen wir ihm ein Ständchen
bringen? Jemand antwortet: Laßt ihn doch in Ruhe; der Mann kann ja nichts daran
tun. (12f)
27. Juli 1865
Pastorenkonferenz beim
Dechanten Theising in Recklinghausen. Pfarrer Meyer zu Horneburg, welcher in
Sachen Pfarrer Niemerg als bischöflicher Inquisitor fungiert hatte, erzählt:
Die Meckinghover Bauern kommen bereits seit zwei Sonntagen in Zügen nach
Horneburg, lärmen, seien verwegen, doch seine Horneburger verteidigen ihn.
Jeden Abend üben sich Meckinghover Bauern in ihrer Bauerschaft, um eine Attacke
und Erstürmung der Horneburg auszuführen. Abends rotten sich dort die
Bauernburschen zusammen, ziehen unter Singen und Lärmen umher und ärgern den
Lehrer, der ihnen mißliebig ist. Der Landrat hat am Sonntag einen Gendarmen in
Horneburg zurückgelassen. Sonntags ist auch einer aus Recklinghausen in
Datteln. (17f)
30. Juli 1865
Abends wieder Singen.
Jemand wird arretiert (festgenommen) und nach Recklinghausen gebracht, doch am
folgenden Tage wieder freigelassen. Ist Pfarrverwalter Jansen gegen jemanden
höflich, wird ihm dies so ausgelegt, als stehe er auf Seiten dieser Partei. Ein
Beispiel dafür: Jansen trifft einen Schreiner und spricht einige Minuten mit
ihm. Es wird dann erzählt, Jansen sei stundenlang in seinem Haus gewesen und
habe ihm in höchster Freundlichkeit die Hand gedrückt. Das Fatale ist, dass
dieser Mann ein Hauptzeuge gegen Pfarrer Niemerg war. (18)
6. August 1865
Die Polizei macht jetzt
Ernst. Sonntäglich sind in Datteln zwei Gendarmen aus Recklinghausen. Am 30.
Juli wurde ein Tumultuant ergriffen und nach Dorsten gebracht, wo er noch
sitzt. Etwa zwanzig Personen, die Spottlieder sangen, hat man mit je einem
Thaler Strafe belegt. Seit gestern wird allerdings der Amtmann Anton Wiesmann
gehöhnt und geärgert, indem man bis tief in die Nacht hinein in allen Tonarten,
an allen Ecken des Dorfes, in den Bauerschaften "Anton" schreit, auch
mit Zusätzen. In Meckinghoven ziehen allabendlich 30 - 40 Jugendliche unter
Singen und Lärmen umher. (19)
10. August 1865
Eine Unterschriftenliste
kursiert, eine Petition an den Bischof, die anderen Geistlichen möchten
weggenommen und ihr Pastor Niemerg zurückgegeben werden. Wer nicht
unterschreibt, wird verhöhnt, und nachts gibt es Lärm vor dessen Haus. (20f)
12. August 1865
Tagsüber und abends wird
Pfarrverwalter Jansen "Anton" nachgerufen. (21)
19. April 1866
In Recklinghausen
Verhandlung der Injurienklage (Verleumdungsklage) Niemerg contra Vicar
Ebbinghoff und Kaplan Natrop. (33)
29. Juni 1866 Peter und
Paul
Lärm im Pastoratbusche,
vereinzeltes "Anton"-Rufen. Abends stärker. "Anton muß
sterben." Auch nachts noch "Anton"-Rufen. (36f)
10. Juli 1866
Das Urteil des
Offizialates in Sachen Pfr. Niemerg wird vom Metropolitangericht zu Cöln
bestätigt. Pfr. Niemerg hat die Kosten zu tragen. Bei den Anhängern Niemergs
erst Überraschung, dann Wut, Erbitterung, Zornausbrüche, Verwünschungen,
Schreien bis nachts ein Uhr, eine Fensterscheibe wird eingeschlagen,
"Anton"-Rufen. (38)
22. Juli 1866
In Essen wird ein
Gedicht gedruckt, das die Beschuldigungen gegen Caplan Natrop, Vicar Ebbinghoff
und Andere wegen Bestechung und falscher Zeugenaussage gegen Pfr. Niemerg in
empörendster Weise wiederholt. Generalvikar Brinckmann wird beschimpft und
gemeiner Rache gegen Niemerg beschuldigt. Über Pfarrverwalter Jansen enthält
das Gedicht folgende Aussagen:
Der Pfarrverwalter, ein Kirchensohn,
Uns zugestellt, ein Skorpion,
Der Lügen Vater, der Ehren Dieb,
Ihm ist in Datteln Manches lieb,
Er läßt sich dieses oft verlauten,
Aber sind es seine Anvertrauten?
Aber Anton, das 's ein feiner Mann,
Der kriecht ganz ruhig den Petten voran.
Als Petten (Kröten)
werden hier die Anhänger des Generalvikars und Gegner Niemergs bezeichnet. (40)
10. November 1866
Vicar Bernard Ebbinghoff
wird zum Pfarrer von Ottenstein ernannt. In Datteln herrscht unter den
Anhängern Niemergs Jubel. (45)
30. Dezember 1866 Sonntag
in der Weihnachtsoktav
Pfarrverwalter Jansen
wird als Pfarrer installiert. Er wird vom Dechant, von Lehrern und Kindern an
der Pastorat abgeholt, zusammen mit den Geistlichen des Ortes und den
Chorsängern. An der Kirche werden sie mit Hohngelächter und Spottreden
empfangen. Alle Zeremonien werden vorgenommen: Pfarrer Jansen öffnet die
Turmtür, zieht an der Glocke, öffnet den Tabernakel, nimmt den Platz im Chor
ein, öffnet den Taufstein, setzt sich in den Beichtstuhl, besteigt die Kanzel
und liest das Evangelium vom Guten Hirten vor (Joh 10,1-18). Dann segnet er die
Gemeinde. Die Kirche ist recht voll. (47-49)
5. Februar 1867
Die Leute rufen es sich
an den Türen zu: Niemerg werde bald wiederkommen und Messe lesen. Die ganze
Gemeinde ist in fieberhafter Aufregung und gespannter Erwartung. Jubel über
Jubel, Niemerg sei unschuldig, am Sonntage werde es von der Kanzel
bekanntgemacht. (56f)
10. Februar 1867
Die Kirche ist gepfropft
und gedrängt voll, Kopf an Kopf. Selbst an den höchsten Feiertagen sei es nie
so voll gewesen, sagen die Leute später. Meckinghoven ging sonst meistens nach
Horneburg zur Messe, heute ist es fast ganz zugegen. Scharenweise war man aus
Waltrop herbeigeströmt, dann aus Henrichenburg, Horneburg, Suderwich, selbst
jenseits der Lippe von der Rauschenburg war man gekommen, die
Unschuldsproklamierung Niemergs anzuhören. Unheimliche Stille, als Vicar
Laackhofe die Kanzel besteigt, um seine erste Predigt in Datteln zu halten. Er
predigt ergreifend über das Ende der Kinder des Bösen. Die Enttäuschung ist
fürchterlich. Man guckt sich an und weiß nicht, wie die Sache steht. (61f)
17. Februar 1867
Septuagesima (70. Tag vor Ostern)
Ein Brief des Bischofs
trifft ein, in dem festgestellt wird, daß Herr Niemerg wegen der gegen ihn
vorgebrachten Klagepunkte in Münster und in Cöln für schuldig erkannt wird;
Appelation an Rom habe Niemerg abgelehnt, daher sei das Urteil rechtskräftig
(Münster, 12.2.1867). (65)
Niemerg selber schreibt
an die Gemeinde in Datteln, daß er sich dem Urteil unterwerfe (St. Mauritz,
4.2.1867). (67)
18. Februar 1867
Als Pfarrer Jansen nach
Horneburg geht, wird ihm nachgerufen: Judas, Pedde (Kröte), Anton! (69)
31. Mai 1867
Niemerg darf das
Franziskanerkloster in Dorsten verlassen, in dem er sich aufhalten mußte. Er
reist nach Münster und dann nach Brüggen. (73)
8. August 1867
Der Bischof kommt, um in
der Gemeinde Datteln zu firmen. In der Nacht vorher "Anton"-Rufe und
die Feststellung: "Die Pädden sind obenauf!" Auch Pastor Meyer aus
Horneburg ist zugegen, da seine Parochianen (Pfarrkinder) in St. Amandus
gefirmt werden. Nur wenige kommen, um den bischöflichen Segen zu empfangen. Die
Kirche ist sehr mäßig besucht. (84)
13. Januar 1868
Pfarrer Jansen schickt
an den Landrat von Reitzenstein zu Recklinghausen die Beantwortung
einer Beschwerdeschrift ein, die ein Tagelöhner über einen Lehrer einreichte,
der die Kinder tyrannisiere; er verdächtigt auch Pfarrer Jansen und Schulinspektor
Pfarrer Meyer zu Horneburg, auf welche man nicht rechnen könne. (91f)
23. Februar 1868
Ein neues Schmähgedicht
erscheint, in dem es über die Bemühungen des Pfarrers Jansen, sich gerichtlich
gegen Verleumdungen zu wehren, heißt:
Anton hat manchmal schon aufgespielt,
Um seinen Namen groß zu machen
Hat aber niemals was erzielt
Mit einer Tücke es ist zum lachen
Seine Falle ist oft schon zugeklappt
Hat aber doch nichts fortgeschnappt. (98)
Über den Bischof wird
ausgeführt:[5]
Der Herr Bischof, unser Oberhirt,
Hat in Niemergs Sach sich sehr geirrt
Auf der Schurken ihr Wort und Verlangen
Hat er über Niemerg Suspens verhangen
Eure Hochwürden wollt Jünger Jesu sein
Aber dieser Herr Georg war nicht fein.
(99)
Pfarrer Jansen werden
Lügen vorgeworfen:
Herr Jansen du hast dich sehr geirrt
Jetzt weißt du was aus Lügen wird
Das Streben der gemeinen Pädden zum Glück
Gab man Niemerg seine Ehre zurück
Drum spricht Jansen jetzt es hilft nicht
mehr
Hätt ichs gewußt, log ich nicht so sehr.
(103)
9. November 1869
Niemerg erhält ein
Gnadengehalt von 200 Reichsthalern unter der Bedingung, daß er sich an dem von
der bischöflichen Behörde zu bestimmenden Orte, vorläufig in seiner Heimatstadt
Warendorf, keinesfalls aber in Datteln aufhalte. Er liest im
Franziskanerkloster zu Warendorf die Hl. Messe, hat aber keine Anstellung.
(119f)
4. Oktober 1870
Konsekration und
Inthronisation des neuen Bischofs Johann Bernard Brinckmann. Man hört in der
Gemeinde nichts ungeziemendes mehr über ihn. (130)
2.-10. Juni 1872
Franziskaner führen eine
Mission in der Gemeinde Datteln durch. Zunächst gibt es die Meinung, eine
Mission sei nicht nötig, und es wird wiederum der Wunsch geäußert: Wenn wir nur
noch unsern alten Pastor wiederhätten! Doch die Mission findet Anklang. Alle
Leute fühlen sich mit unbegreiflicher geheimer Gewalt hingezogen. Jeden Tag
wird dreimal gepredigt. Alle Predigten ohne Ausnahme sind stark besucht. Alle
fühlen sich wie mit magischer Kraft hingezogen. Die Kirche kann die
Menschenmassen nicht fassen. Die Witterung erlaubt glücklicherweise, draußen zu
predigen. Der Geist Gottes ist fühlbar über die Gemeinde ausgegossen. Es wird
in großer Anzahl gebeichtet. P. Ambrosius, Superior (Oberer, Leiter) der
Mission, predigt über Feindesliebe und Versöhnung. Er fordert den Pastor auf,
der im Rochett der Kanzel gegenübersteht, der Gemeinde voranzugehen und zu
verzeihen. Vor seine Seele tritt alles, was in diesen sieben Jahren vorgefallen
ist, wie sich ihm die Gemeinde voller Mißtrauen gegenüberstellte. Er spricht
laut, wobei er sich bemüht, die Tränen zurückzuhalten: "Ja, Pater, ich
verzeihe allen, alles, von ganzem Herzen." Alle weinen. Das Eis
ist gebrochen. (145-148)
27. Oktober 1872
Im neuen deutschen
Reiche wird die katholische Kirche schon seit fast einem Jahre seitens der
Regierung verfolgt. Es wird offen ausgesprochen, daß man sie gänzlich
unterdrücken will. Geistliche werden in ihrer Wirksamkeit gehindert. Im
Reichstage werden auf Betreiben Fürst Bismarcks[6] Ausnahmegesetze gegen die
Geistlichkeit gemacht. Predigten werden unter Polizeiaufsicht gestellt,
Jesuiten verbannt, Redemptoristen und Schulschwestern von ihren Schulen
verjagt. Die Marianischen Kongregationen sind an Gymnasien und Universitäten
verboten. Die Schule gilt als Staatsangelegenheit. Es soll eine Staatsreligion,
eine Nationalkirche geben, die keine Verbindung mit Rom hat. (162f)
2. Juni 1873
Große Gefahren entstehen
für die Gemeinde in religiöser und sittlicher Hinsicht durch das Bohren zum
Suchen nach Steinkohle. Dadurch kommt viel Geld unter die Leute. Dieses
verleitet zum Besuch der Wirtshäuser und zum Trinken. Dem Ackerbau werden viele
Arbeitskräfte entzogen, selbst dem Handwerke. Die Löhne steigen, aber auch die
Preise. (167)
15. Juni 1873
Der König hat vier
Gesetze vom 11.-14. Mai 1873 genehmigt, deren Tendenz dahin geht, die
katholische Kirche in Deutschland vom Papst zu trennen. Ausbildung und
Anstellung der Geistlichen sowie die Ausübung der kirchlichen Disziplin soll
vom Staat abhängig werden. Die preußischen Bischöfe erklären am 26. Mai 1873,
daß sie in keiner Weise zur Ausübung dieser Gesetze mitwirken können und
dürfen. (168f)
17. Juni 1873
Auf Anordnung des
Kultusministers Dr. juris Falk[7] wird seitens des Oberpräsidenten von
Westfalen von Kühlwelter dem theologischen Seminarium Theodorianum in Paderborn
die Berechtigung, die philosophisch-theologische Fakultät einer deutschen
Staatsuniversität zu ersetzen, entzogen. (171)
1. Oktober 1873
Die Gemeinde wünschte
seit langem, daß die Stiftung des Rentners Hüser für eine Waisen- und
Krankenanstalt endlich ins Leben treten möchte. Ein erster Versuch, ein
Waisenhaus zu führen, geht wieder ein (1858-1861). Pfarrer Jansen wagt es,
dieses Haus wieder zu eröffnen, und zwar als Krankenanstalt. Es wird von
Barmherzigen Schwestern aus St. Mauritz bei [heute: in] Münster geführt. Ein
Neubau wird begonnen. (176)
26. März 1874
Der Bischof von Münster[8] empfängt
eine Deputation von tausend Personen aus Recklinghausen, Datteln (mit 120
Personen), Waltrop, Henrichenburg, Suderwich, Oer, Ahsen, Horneburg, Westerholt
und Marl. Bei der Rückkehr sind die Teilnehmer voll Begeisterung für Bischof
und Kirche. (182)
20. und 21. Mai 1874
Zwei Gesetze treten in
Preußen in Kraft, die regeln, dass das Vermögen eines Bistums vom Staat
verwaltet wird, nachdem der betreffende Bischof vom preußischen Gerichtshof
wegen Nichtzusammenarbeit mit dem Staat bei der Durchsetzung kirchenfeindlicher
Gesetze abgesetzt worden ist. Entsprechend wird das Benefizium[9] von der Regierung verwaltet, nachdem
ein der Regierung nicht genehmer Geistlicher abgesetzt wurde. In der Presse
werden treue Katholiken als Ultramontane[10] und als Reichsfeinde beschimpft.
(180)
1.-15. September 1874
Im Vest wird ein großes
Manöver abgehalten. Einige Bauern haben 30-40 Mann mit Pferden in
Einquartierung. Ein Teil bezieht Biwack[11] bis zu den Horneburger Büschen hin.
Viel wird zertreten, doch gut bezahlt. (185f)
2. September 1874
Der Kampf gegen die
Freiheit der Religion wird als Kulturkampf bezeichnet, da nach Meinung der
National-Liberalen, der Atheisten, Rationalisten und Materialisten, Religion
und Kirche den Menschen verdumme und verbilde. (184)
1. Oktober 1874
Die Armenpflege und die
Schulaufsicht waren bereits säkularisiert worden. Heute wird die Zivilehe
eingeführt. Die Führung der Geburts-, Trauungs- und Sterberegister wird
weltlichen Personen übertragen. (180)
18. März 1875
Der Bischof von Münster
wird in seiner Wohnung verhaftet und nach Warendorf ins Gefängnis gebracht,
weil er eine Strafe von 200 Thalern nicht bezahlt hatte wegen Besetzung einer
Stelle ohne Anzeige. Eine unzählige Volksmenge steht an den Straßen. Es gibt
Hochrufe und es wird das Lied gesungen: "Fest soll mein Taufbund".
Die Häuser tragen Trauerflaggen. (191)
22. April 1875
Ein Gesetz tritt in
Kraft, das die Einstellung der Leistungen für die römisch-katholischen Bistümer
und Geistlichen bestimmt, solange Bischöfe und Geistliche nicht erklären, daß
sie den Staatsgesetzen gehorchen wollen. Die Abgeordneten bezeichnen es als
"Brotkorbgesetz". Davon betroffen ist Kaplan Natrop, dem der Staat
jährlich 250 Thaler zu zahlen rechtlich verpflichtet ist. (192f)
27. April 1875
Der Bischof wird
freigelassen. Die Rückkehr nach Münster ist ein großartiger Triumphzug und
Kundgebung der katholischen Gesinnung des Volkes. Das Militär hat scharfe
Patronen erhalten. (191)
30. Mai 1875
In Datteln und in
Horneburg werden Predigten, Unterweisungen und Andachten zum Jubiläumsjahr[12] gehalten,
die gut besucht sind. Viele gehen beichten. (195)
31. Mai 1875
Ein Gesetz tritt in
Kraft, gemäß dem alle Orden und ordensähnlichen Kongregationen in Preußen
aufgehoben und das Vermögen mit Sequester[13] belegt wird. Ausgenommen sind die
Genossenschaften, welche sich der Krankenpflege widmen, soweit sie sich der
Staatsaufsicht unterwerfen. Kapuziner und Franziskaner rüsten sich zur Reise
nach Amerika. Die Erbitterung im katholischen Volk wächst immer mehr. (193)
8. März 1876
Der Königliche
Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten spricht die Amtsentsetzung des
hochwürdigen Bischofs von Münster Johann Bernard Brinckmann aus. (204)
13. April 1876
Weil das Domkapitel sich
weigert, einen Bistumsverweser zu wählen, werden das Generalvikariatsgebäude,
das Museum und die bischöfliche Wohnung beschlagnahmt. Im
Generalvikariatsgebäude werden die Fußböden aufgebrochen, der Dachboden und die
Keller durchforscht, feste Schränke zerschlagen, um Akten und Gelder zu finden.
Bei mehreren Geistlichen werden Hausdurchsuchungen durchgeführt. Man findet
nichts. (204f)
19. Mai 1876
In Kevelaer werden das
Kloster, die Wohnung des Pastors und der Wallfahrtsgeistlichen mit Beschlag
belegt. Am 26. Mai 1876 müssen alle Bewohner dieser Häuser die Gebäude
verlassen und werden von den Bürgern von Kevelaer aufgenommen. (205)
24. Mai 1876
In Münster werden das
Priesterseminar, das Theologenkonvikt Boromäum (eröffnet 1854) und das
Gymnasialkonvikt Ludgerianum (eröffnet 1849) geschlossen. Bis zum 2. Juni 1876
werden sie geräumt. (205)
Dezember 1876
Im Bistum Münster sind
in Folge des sogenannten Kulturkampfes unbesetzt:
54 Pfarrstellen mit
einer Seelenzahl von 121 481 Katholiken
3 Rektoratskirchen
(Kirchen, die einer anderen Pfarrkirche zugeordnet sind)
38 Kaplaneien und
Vikarien
Summa: 95
Die Pfarrer von 7
Gemeinden befinden sich im Auslande, weil maigesetzlich angestellt. (209)
Dezember 1876
In der Diözese Münster
sind 71 Pastorate vakant, also ohne Pastor. (215)
19. Dezember 1878
Vakante Seelsorgestellen
in den 12 Diözesen Preußens gemäß einer Aufstellung in den Zeitungen. (Die Zahl
der unbesetzten Hilfsseelsorgestellen ist nicht sicher bekannt und übersteigt
die angegebene Summe).
Köln: 137 Pfarrstellen,
ca. 50 Stellen Hilfsgeistlicher, Summa: 187.
Münster: 81
Pfarrstellen, ca. 68 Stellen Hilfsgeistlicher, Summa: 149.
Paderborn: 80
Pfarrstellen, ? Stellen Hilfsgeistlicher, Summa: 80.
Ermland: 18
Pfarrstellen, 15 Stellen Hilfsgeistlicher, Summa: 33.
Trier: 163 Pfarrstellen,
? Stellen Hilfsgeistlicher, Summa: 163.
Fulda: 11 Pfarrstellen,
3 Stellen Hilfsgeistlicher, Summa: 14.
Kulm: 33 Pfarrstellen,
24 Stellen Hilfsgeistlicher, Summa: 57.
Limburg: 20
Pfarrstellen, 7 Stellen Hilfsgeistlicher, Summa: 27.
Hildesheim: 23
Pfarrstellen, 2 Stellen Hilfsgeistlicher, Summa: 25.
Osnabrück: 18
Pfarrstellen, 13 Stellen Hilfsgeistlicher, Summa: 31.
Breslau: 107
Pfarrstellen, 93 Stellen Hilfsgeistlicher, Summa: 200.
Posen: 97 Pfarrstellen,
? Stellen Hilfsgeistlicher, Summa: 97.
Sa.: 788 Pfarrstellen,
275 Stellen Hilfsgeistlicher, Summa: 1063. (219)
10. März 1882
Im Bistum Münster sind
von 326 Pfarrstellen 135 unbesetzt. 295 geistliche Stellen, davon 150 Hilfsseelsorgerstellen,
sind vakant. Der Bischof ist im Exil auf dem Hause Straebeek in Holland, 20
Minuten von der Station Fanguemont, 10 km vor Maastricht, unter dem Namen
Berger. (228-230)
21. Januar 1884
Durch Königliche Order
wird der Bischof von Münster Johann Bernard Brinckmann begnadigt, die
Vermögensverwaltung und die Gehaltssperre der Geistlichen aufgehoben. Im ganzen
Land Jubel, Glockengeläute, Illumination, Böllerschüsse, Fahnenaushängen. (230)
20.-30. September 1887
Der hochwürdige Herr Bischof
Johann Bernard hält eine Kirchvisitation im Dekanate Recklinghausen. Vorher war
den Pfarrern ein Heft mit 244 Fragen in 11 Paragraphen über die verschiedenen
kirchlichen Materien in Betreff des Zustandes in der Gemeinde als
Visitationsbericht zugesandt zur Beantwortung und Überreichung an den Bischof
bei seiner Ankunft. Jegliche Feierlichkeiten, Ovationen und Geläute waren
strengstens untersagt, die Tafel war auf das Einfachste einzurichten, außer den
Ortsgeistlichen durften keine Gäste zugegen sein. Der Bischof reist ohne Kaplan
und eigenen Wagen, nur mir seinem Bedienten. Jeder Pfarrer muß ihn per Wagen
nach dem nächsten Orte weiterbringen lassen. Am 21. fährt er vor der Pastorat
vor. Gleich beginnt die Vorlage der Fragen und Antworten mit dem Pastor allein
(17.30-19.30 Uhr). Morgens liest der Bischof eine stille hl. Messe. Am 23.
September 1887 vormittags ist er in Horneburg. (242)
13. April 1889
Der Hochwürdigste
Bischof von Münster Johann Bernard Brinckmann stirbt im 77. Lebensjahre, im 50.
Jahre der Priesterweihe und im 19. Jahre seiner Bischofsweihe an Herzkrampf.
(248)
15. August 1889
Dr. phil. Hermann Joseph
Dingelstadt (1835-1911), Kind einfacher Landleute zu Bracht im Dekanate Kempen,
Priesterweihe in Münster den 22. Juni 1859, seit Herbst 1876 Lehrer am
Gymnasium zu Vechta, wird zum Bischof von Münster gewählt. (250)
18. Juli 1891
Juffer (Fräulein)
Elisabeth Lücke, Haushälterin bei Pfarrer Jansen, stirbt mit 94 Jahren an
Altersschwäche. Geboren wurde sie zu Rodte im Kirchspiel Rheine den 3. Juli
1797. Sie war Tochter des Schneiders Hermann Lücke und der Gertrud Möllers. Vom
Jahre 1821 an diente sie Jansens Onkel, dem Pfarrer Bispink zu Rheine, dann
ihm. (258)
10. Dezember 1891
Feier des Silbernen
Pfarrjubiläums von Pfarrer Jansen. Am Vorabend feierliches Geläute eine Stunde
lang (18.00 bis 19.00 Uhr). 20.30 Uhr bringt ihm der Gesangverein des
Handwerkervereins ein Ständchen. Pfarrer Jansen bewirtet sie mit einem Glas
Wein. Die Schulen haben am Festtag frei. Um 9 Uhr wird Pfarrer Jansen durch die
Geistlichkeit abgeholt. 14 fremde Geistliche sind erschienen, darunter 3
Jubilarpriester, der Landdechant Theißing, Kaplan Kemna von Recklinghausen und
Pfarrer Meyer von Horneburg, dazu Schulkinder mit Engelchen, Kirchenvorstand
und Kirchengemeindevertretung. Die Kirche war noch nie so gedrängt voll, aus
den entlegendsten Bauerschaften war man herbeigeeilt. (260f)
23. Dezember 1891
Pfarrer Carl Meyer
stirbt in Horneburg an Lungenentzündung. 38 Jahre lang war er Pfarrer in
Horneburg. Geboren den 6. März 1813 zu Bocholt, zum Priester geweiht den 19.
März 1836, zum Pfarrer von Horneburg ernannt den 21. Oktober 1853. Pfarrer
Jansen hält am 28. Dezember die Beerdigung. Kirche gedrängt voll von
Leidtragenden aus Horneburg und dem ganzen Schulbezirk. (263)
31. August 1892
Installation des neuen
Pfarrers Franz Stine in Horneburg, derselbe war vorher Vicar in Marl. Der
seitherige Vicar in Horneburg Bernard Reismann wird Vicar in Marl. (267)
19. Februar 1893
Weltliche Feier des
50jährigen Bischofsjubiläums des Papstes Leo XIII. im Saal bei Wirt
Pohlschröder. Die Horneburger Kapelle spielt, mehrstimmige Lieder des
Gesangvereins, einstimmige Papstlieder, Reden und Toaste, der Saal ist gedrängt
voll. (270f)
5. Oktober 1893
Tod des Kaplans Natrop
an Blutvergiftung. Er war geboren zu Börste Pfarrei Recklinghausen, auf Hof
Natrop den 10. Mai 1817, also 76 Jahre alt. Zum Priester geweiht den 1. Juni
1844, in Datteln als Kaplan angestellt den 14. November 1845 und zugleich als
Vikar der Seligen Jungfrau Maria den 27. Juli 1852. Infolge des sogenannten
Kulturkampfes war ihm aufgrund des Sperrgesetzes vom 22. April 1875 sein Gehalt
als Kaplan vom Staate bis zum 1. Januar 1884 vorenthalten und am 25. November
1892 zurückbezahlt. Zum Begräbnis am 9. Oktober waren von auswärtigen
Geistlichen gekommen: Pfarrer Albrink und Vikar Dorfmüller aus Waltrop, Vikar
Dinkelborg aus Henrichenburg, der den Kelch mit Patene vor dem Sarge trug,
Pfarrer Stine von Horneburg, Pfarrer Hauling von Suderwich, Kaplan Frommelt von
Recklinghausen, Woltering von Oer, Pfarrer Monse von Ahsen, Pfarrer Meßmann von
Flaesheim, Pfarrer Dirking von Olfen und Pfarrer Hockenbeck von Greffen, früher
Vikar in Datteln. (276-278)
12. und 13. Mai 1894
Pfingsten
Ein polnischer
Franziskanerpater aus Dorsten, P. Wilhelm, hört den polnischen Kanalarbeitern
die Beichte. Am Pfingstsonntagnachmittag hält er für sie in Datteln Andacht und
Predigt. (280)
19. Mai 1894
Eintägiger Streik der
300 Kanalarbeiter auf der Strecke von Wirt Lucas[14] in Meckinghoven bis Datteln. Sie
verlangen mehr Lohn und Abkürzung der Arbeitszeit. Diese währt von 5 Uhr
morgens bis 8 Uhr abends mit 2stündiger Ruhe. Lohn à Stunde 2,50 resp. 2,70
Mark. (281)
17.-22. Dezember 1894
In diesem Zeitraum
fehlen hier täglich 42 [Schüler], da die Masern, von Horneburg kommend, in
Meckinghoven und Bockum grassieren. (285)
22. Juli 1899
Nachmittags schweres
Gewitter. 18.00 Uhr schlägt der Blitz in das Wohnhaus des Höfners Rüther gen.
Freyhoff in Hagem ein; das Wohnhaus brennt ganz nieder, das Vieh wird mit
genauer Not noch gerettet. (296)
11. August 1899
Einweihung des
Schiffshebewerkes und des Dortmund-Ems-Kanals durch Seine Majestät Kaiser
Wilhelm II. Eine ungeheure Menschenmenge ist von allen Seiten herbeigeeilt. Tod
der Lehrerin Kolkmann zu St. Mauritz. Sie war 33½ Jahre Lehrerin in Datteln.
(296)
[Dies war die letzte
Eintragung Pfarrer Jansens in sein Tagebuch. Er starb am 12. August 1900 in
Datteln.]
Quelle
Tagebuch von Pfarrer
Anton Jansen. 1865-1899, in: Pfarrarchiv St. Amandus, Datteln; hg.
v. der Pfarrgemeinde St. Amandus (Auswahl), Datteln 1997. Die Zahlen
in runden Klammern bezeichnen die Seiten.
Verweise
© Pfr. Dr. Heinrich
Michael Knechten, Horneburg 2021
[1] Bernard Niemerg wurde
am 11. November 1815 in Warendorf geboren, am 10. Juni 1843 empfing er die
Priesterweihe in Münster und übernahm eine Kaplansstelle in Bocholt. Er war
1859-1865 Pfarrer in Datteln. Nach seiner Rehabilitierung war er im
seelsorglichen Dienst tätig, erhielt aber keine Pfarrstelle mehr. Bernhard
Gellenbeck schrieb in seiner Chronik (Teil 1, Seite 120f): „Zu Anfang der
sechziger Jahre wurde Pastor Meyer mit in einen Streit verwickelt, der in
Datteln zwischen dem Pastor Bernard Niemerg aus Warendorf und der Gemeinde
ausgebrochen war. Trotzdem sich derselbe um die Restauration und Verschönerung
der dortigen Kirche sehr verdient machte, tauchten allerlei üble Gerüchte über
seine Amtsführung auf, die zu einer Untersuchung führten. Der damalige
General-Vikar Bernard Brinkmann (später Bischof) hatte dieselbe zu leiten und
Pastor Meyer als Beisitzer in derselben zu fungieren. Die Folge war, daß Leute
aus den benachbarten Datteler Bauerschaften in Horneburg allerhand Unfug
ausübten und den Pastor in aller möglichen Weise chikanierten.“ Weitere
Angaben sind den zur Verfügung stehenden Quellen nicht zu entnehmen. – Bernard
Ebbinghoff wurde am 24. März 1818 in Schöppingen geboren und am 21. Mai 1842 in
Münster zum Priester geweiht. Er war 1856-1866 Vikar in Datteln und danach
Pfarrer in Ottenstein. – Theodor Natrop wurde am 10. Mai 1817 in Recklinghausen
geboren und am 1. Juni 1844 in Münster zum Priester geweiht. Er war 1845 bis zu
seinem Tode 1893 Kaplan in Datteln.
[2] Anton Jansen wurde
am 2. November 1827 in Rheine geboren und am 17. August 1850 in Münster zum
Priester geweiht. Er war 1850-1862 Kaplan in Rheine, 1862-1865 Vicar in
Schöppingen, wurde 1865 Pfarrverwalter und 1866 Pfarrer in Datteln St. Amandus.
Im Pfarrgebiet lebten 3511 Katholiken, 16 Protestanten und 23 Juden
(Schematismus des Bistums Münster 1864). – Seine Haushälterin war Elisabeth
Lücke aus Rodte (1797-1891). – Bischof war Johann Georg Müller (1789-1870). –
Generalvikar war Johann Bernard Brinckmann. Er wurde am 4. Februar 1813 zu
Everswinkel geboren, empfing am 25. Mai 1839 die Priesterweihe in
Münster, war 1857-1870 Generalvikar und 1870-1889 Bischof von Münster. Er starbtam
13. April 1889.
[3] Der hier nicht
namentlich genannte vierte Dattelner Geistliche war Bernard Hockenbeck, am 12.
August 1833 in Alverskirchen geboren, am 3. Dezember 1859 in Münster zum
Priester geweiht, seit 1860 Verwalter der Vikarie venerabilis sacramenti (des
verehrungswürdigen Sakramentes), die 1745 durch die Familie Kettelhack
errichtet worden war.
[4] Das Oberhaupt der
vorläufigen Zentralgewalt für Deutschland, von der Frankfurter
Nationalversammlung 1848 gewählt, hieß Reichsverweser. Hier scherzhaft für
Pfarrverweser gebraucht.
[5] Bischof Johann
Georg Müller wurde hier mit „Georg“ angeredet.
[6] Bismarck
(1815-1898) war Reichskanzler von 1871 bis 1890.
[7] Adalbert Falk
(1827-1900), Verwaltungsjurist, 1872-1879 preußischer Kultusminister.
[8] Bischof Johann Bernard
Brinckmann.
[9] Beneficium,
Benefizium – das mit einem Kirchenamte verbundene Recht, aus einer
Vermögensmasse oder aus bestimmten Gaben ein festes, ständiges Einkommen zu
beziehen.
[10] Ultamontane sind
Katholiken, die sich am jenseits der Berge (ultra montes), jenseits der Alpen,
residierenden Papst orientieren.
[11] Biwack – Lager im
Freien.
[12] Jubeljahr,
Heiliges Jahr, Jubiläumsjahr, Wallfahrt nach Rom 1875: Ein vollkommener Ablaß
und geistliche Gnaden, die der Heiligung dienen, werden gewährt.
[13] Sequester – von
einer Behörde eingesetzte Verwaltung.
[14] Im Jahre 1868
kaufte der Gastwirt und Sägereibesitzer Josef Lucas das Fachwerkhaus der
Horneburger Familie Möller in Horneburg und baut es an der Kreuzung
Provinzialstraße / Wittener Straße wieder auf. Diese Gaststätte hatte ihre
Blütezeit um 1900. Viele Ingenieure und Schifffahrtsbeamte wohnten hier während
der Kanalbauzeit. Einige Jahre später wurde es zur Hochburg vieler Vereine. Es war
wegen seiner geräumigen Lokalitäten, der großzügigen Gartenanlagen mit den
weißen Kieswegen und nicht zuletzt wegen der guten und gepflegten Küche
bekannt. Vgl. Theodor Beckmann u.a., Historischer Stadtführer, Datteln 1993,
119-123.