Pfarrer Jansen
Die Gemeinde Datteln.
Ein Beitrag zur Geschichte des Vestes Recklinghausen
Fortsetzung
§ 13.
Die abgetrennten Pfarren Ahsen und Horneburg.
(102) 1. Ahsen (Ahusin,
Ahusen, Ahausen) liegt stark fünfviertel Stunden nördlich von Datteln an der
Lippe. Die Gemeinde ist 4766 Morgen groß und besteht aus dem Dorfe (der
Freiheit, Immunitas) Ahsen und der Bauerschaft Leven, welche an die
gleichnamige Bauerschaft der Gemeinde Flaesheim grenzet. Das Dorf hat 460 und
die Bauerschaft Leven 160 Einwohner, im Ganzen 620. In Ahsen lag eine Burg des
Erzbischofs von Köln. In einem Kriege des Grafen von der Mark mit dem
Erzbischofe erfocht jener 1287 einen Sieg bei Ahsen und zerstörte die Kölnische
Burg.[1]
Schon frühzeitig hatte
Ahsen eine Kapelle zur allerseligsten Jungfrau Maria mit einem Rector. Nach
einer im Pfarrarchiv von Datteln befindlichen Pergament-Urkunde vom Jahre 1487
bewilligen "Sculte Hinrich von Ahusen und Hinrich ter Mollen kerkmesters
der kapellen unser leyven vrouwen to Ahusen"[2] dem Diderich Gryper und seiner Frau
Jütten und ihren Erben den Widerkauf einer jährlichen Erbrente von 8
Schillingen mit 24 Mark Recklinghäuser Währung. Auf ihr Begehren hängt "Her
Michael Rector in der tyd der vors. Capellen to Ahusen",[3] sein Siegel an. – Das Heberegister
des Pastors Everhard von Bollswyn vom Jahre 1526 führt folgende Höfe auf, von
welchen der Pastor und die Küster von Datteln (103) am dritten Tage nach h. 3
Könige das Missaticum holen: Hynrik Druyinck van leven, Kapyl tho leven
(Pille), Myddelman, tho der Molen (Möllmann), Schulte tho asen, Johan rut tho
asen mit der Bemerkung: gebort vom [geboren am] Heynckhove (jetzt Heinkhold).
Dann bemerkt der Pastor, daß auch Niehus und Kalfues jeder ein Scheffel Gerste
geben müßten, die aber dem Pastor allein gehörten. Denn sie rührten her von
zwei Scheffel Landes im Böckem, welche zur Pastorat gehörten, worüber lange
Prozeß geführt und man sich nachher vertragen; den Küstern müsse Kalfues 9
Becher geben.
Im 17. Jahrhunderte, in
der zweiten Hälfte, scheint Ahsen zu einer selbstständigen Pfarre erhoben
worden zu sein. Das Jahr kann nicht bestimmt angegeben werden. Aus den im
Kirchenarchive von Datteln befindlichen Acten geht folgendes hervor: Laut
Schreiben d.d. Bruel 1611 den 20. November gestattet der Coadjutor Ferdinand "daß
Gemeinde und Angehörigen der Freiheit Ahausen ihren besonderen Taufstein und
Begräbniß in und bei der Kirche haben und jederzeit und ohne Unterschied von
dem Pastor zu Ahausen die h. Sakramente empfangen möchten, jedoch vorbehaltlich
dieserthalb dero Pfarrkirche zu Datteln Recht und Interesse, darüber soll von
der Gemeinde zu Ahausen keine Verhinderung vorgenommen werden". Auf dieses
Schreiben hin weigerten sich die Einwohner der Freiheit Ahsen und die 6
umliegenden Bauern, im Jahre 1659, zur Reparatur des Thurmes der Kirche zu
Datteln ihre Quote beizutragen, weil sie 1611 von Datteln getrennt seien.
Dieses jedoch wies ihnen nach, daß sie 1616 zur Reparatur der Kirche gleich den
übrigen Bauerschaften des Kirchspiels contribuirt und Missaticum und die jura
parochiala [Pfarrrechte (Abgaben gemäß der Pflicht)] immer entrichtet hätten.
Der Statthalter und der Kurfürst Max Heinrich entschieden zu Gunsten Dattelns.
Dieser gab 1659 den 10. Juni den Befehl, die zu Ahusen zur Leistung der
Beiträge (104) anzuhalten, da Ahusen und die Höfner vor wie nach Mitglieder der
Pfarre und Kirche Dattelen seien.
Im Jahre 1663 brach der
Streit von Neuem los. Pastor Thiel zu Datteln beschwert sich beim Commissar
Heinr. Bergenthal Pfarrer in Recklinghausen über den Pastor von Ahsen Arnold
Hindertinck, daß er den Umwohnenden von Ahsen ohne Unterschied die heiligen
Sakramente, selbst das Sakrament der Ehe spende, usw. Der Commissar entschied
für Datteln und 1669 den 6. April befiehlt der General-Vikar Paulus Aussemius
dem Pastor zu Ahsen subpœnagraviarbitraria,[4] er solle innerhalb der Grenzen der
Freiheit Ahsen bleiben und sich nicht herausnehmen, den außerhalb derselben
Wohnenden ohne Erlaubniß des Pastors zu Datteln die h. Sakramente zu spenden.
Hiernach hat es den Anschein, als hätte der Rector der Kapelle für das Dorf,
die Freiheit Ahsen volle Pfarr-Rechte; er wird auch in all'
diesen Schreiben Pastor genannt. Doch muß auch bald nachher die
Bauerschaft Leven gegen einen jährlichen Canon von zwei Thlrn.
an den Pastor von Datteln an Platz der Stolgebühren von der früheren
Mutterkirche getrennt worden sein. Zur Reparatur und zum Bau der Kirche und
Pastorat in Datteln mußten sie noch fortwährend beitragen, bis 1717. In diesem
Jahre hatten die Höfner und 7 Kötter der Bschft. Leven der Kirche zu Datteln zur
Ablöse dieser Pflicht 100 Rtlr. angeboten. Unter dem 13. October 1717 verfügte
der Kurfürst Joseph Clemens, Datteln solle dieses Anerbieten
annehmen; jedoch sollen dem Pastor von Datteln wie bisher so für alle Zukunft
das Missaticum, die Rauchheller und die 2 Thlr. Rente jährlich bezahlt werden.
– Hierbei ist es denn auch bis jetzt geblieben.
Das Dorf Ahsen mit
Kirche und Pastorat ist mehrmalen abgebrannt, wobei auch die Dokumente vielfach
vernichtet sind. Auf dem Amtsbureau in Datteln befindet (105) sich ein altes
Buch, das Heinrich Reiners 1639 in Wesel für 1 Rixort gekauft; "darin
sollten für das Dorf oder Freiheit Ahsen deren dermalige und künftige Umstände
und Anliegen angeschrieben werden", also eine Art von Chronik. Jedoch ist
es später sehr dürftig und lückenhaft fortgesetzt worden. Aus diesen Blättern
möge Folgendes mitgetheilt werden: Auf Aschetag [Aschermittwoch] 1633 ist Ahsen
durch die Hessen angezündet und ganz verwüstet, Kirche und 43 gute Häuser sind
verbrannt. Von 1635-1654 hat man die Kirche wieder aufgebaut und im Innern mit
dem nothwendigen Inventar versehen. Am 23. September 1641 ist das Dorf bis auf
den vierten Theil, 39 große und kleine Häuser, wieder abgebrannt; Anlaß war
Unvorsichtigkeit der Kinder in des Fischers Hause auf dem Bolwerk. Im August
1637 ist die kleine Glocke, St. Johannes genannt, in Dortmund gegossen. Im Juni
1643 hat der Pastor Johannes Straedtman 2 Glocken gießen
lassen von einem Meister aus Lotharingen mit Namen Johannes Pariß aus der
Speise der alten geschmolzenen Glocken; sie wurden gegossen zu Waltrop auf dem
Kirchhofe im Armenhause. Am 13. Januar 1644 ist Arnold Hindertinck als
Pastor in Ahsen eingeführt. Auf St. Blasii Tag 1646 geloben die Einwohner von
Ahsen, daß sie jährlich das Fest des h. Blasius mit Beten und Almosengeben
feiern wollen, um durch die Fürbitte des Heiligen vor Feuersbrunst, Pestillenz
und aller Noth bewahrt zu bleiben, und 1647 beschließen sie auch das Fest der
heil. Agatha in derselben Intention zu feiern. Im Jahre 1655 gibt Johann Reiners
in Ahsen zur Fundirung der Festlichkeit auf Tag Sti. Blasii [des heiligen
Blasius] 100 Dlr. für die Kirche und Armen. Am 3. Juli 1654 ist der
Weihbischof Paulus Stravius mit zwei Kaplänen und einem
Schreiber in Ahsen angekommen und hat die 3 Glocken und den Mutter-Gottes Altar
benedizirt.
Im Jahre 1697 hat Gerhard
Hermann Uphoff (106) Vikar in Recklinghausen den Grund gelegt zur
Vikarie in Ahsen[5] und am 23. Maj ejusd. [des gleichen
(Jahres)] hat die Gemeinde von Gemeinheits-Gründen dazu gegeben. Pastor war
damals Heinrich Ebbinghaus.
Im Jahre 1720 auf St.
Lamberti Tag den 17. September ist Ahsen zum 3. Male abgebrannt. Das Feuer
begann Nachmittags um 4 Uhr, in zwei Stunden war Alles verbrannt, 61 Häuser und
die Kirche. Es muß entstanden sein bei der Schmiede. "Anno 1721 den 20.
Juli ist Johan Haufschmidt zu der Gemeinheit gekommen wegen seines Unfalles auf
St. Lambertus Tage, und hat ihm die Gemeinheit aufgetragen, daß an selbigem
Tage ein Gottesdienst solle geschehen, wofür er 5 Dlr. hergab, auch solle er
seine Schmiede aus Ahsen schaffen, wo ihm die Gemeinheit anweisen thäte".
Nach dem Brande "hat man die Gemeinde versammelt und den Vorschlag
gemacht, die Hausstätten mehr zu trennen und theilweise vor dem Thore
anzubauen, man hat es aber beim Alten gelassen". Im Jahre 1726 hat der
Kommandeur von Westrem den Thurm auf der Kirche gegeben, das Holz und
Zimmerlohn.
Die Namen der mir aus
den Acten bekannt gewordenen Rectoren oder Pastöre sind folgende: Michael
Rector der Kapelle 1487. Johann Straedtman 1633. Arnold Hindertinck 1644-1670.
Heinr. Ebbinghaus 1697. Johann Heinrich Beckelmann 1722. Jod. Wilhm. Schroeder
1740-1752 † 6. Mai. J. C. Settegast 1752, Commisarius per Vestam, wurde 1758 als
Pastor nach Lynn versetzt. Ernst Herm. Tremblau, 1758-1784 † 27. März. Bern.
Rensing, ging 1792 nach Recklinghausen, wo er (107) eine Vikarie annahm. Franz
Ferdinand Schuhmacher 1792-1832, wo er resignirte; desgl. sein Nachfolger
Heinr. Theodor van de Pavert. Peter Niewöhner aus Harsewinkel, seit 13.
November 1841.
2. Horneburg (Horenburg),
ein kleines Dorf von 350 Einwohnern, liegt eine Stunde von Datteln, südwestlich
nach Recklinghausen hin, von welchem es anderthalb Stunde entfernt ist, von den
Bauerschaften Meckinghoven, Hagem und Rapen fast ganz eingeschlossen. Es hat
keine Außengemeinde, ausgenommen wenige Kötter, welche sich auf dem Wege nach
Suderwich angebauet haben; die Gemeinde ist 774 Morgen groß. Das Dorf hat sich
im Laufe der Zeit um die Burg, Arx Horneburgensis, eine Besitzung des Herrn von
Oer, angebauet. Im Jahre 1382 stiftet Heidemich van Oyre mit
seiner Frau Neysa [Agnes] in der Kirche zu Datteln ein Jahrgedächtniß durch
Schenkung von Grundstücken in Meckinghoven (S. 52). Eltern der Frau waren
Heinrich van Wickede und Mechtildis; als Söhne werden in der Stiftungsurkunde
genannt Heidemich und Himich van Oyre. Zu Anfang des 15. Jahrhunderts erwirkte
sich Heinrich von Oer vom Kaiser Sigismund die hohe
Gerichtsbarkeit über Horneburg und seine Pertinentien. Der Kaiser nahm zwar
dieses Indult zurück; aber erst nachdem die Horneburg vom Erzbischofe Diderich
von Moers erobert war, mußte ihm Heinrich in einem Vertrage von 1431
das Schloß Horneburg und die Höfe Oer und Koren überlassen, es sollten diese
auf immer beim Erzstifte Köln und dem Veste Recklinghausen verbleiben.[6] Wegen
Geldverlegenheit mußte der Kurfürst 1438 die Horneburg nebst Zubehör an
die von Stecke verpfänden. Er löste sie zwar nach einigen
Jahren wieder ein; jedoch sah er sich schon bald, 1445, (108) genöthigt, beim
Ritter Johann von Gemen bedeutende Summen aufzunehmen und ihm nicht bloß
Horneburg, sondern auch dass ganze Vest Recklinghausen zu verpfänden. Von den Herrn
von Gemen ging dieses Recht durch Erbschaft auf die Grafen von
Schauenburg über, die viele Jahre im Besitze waren; 1567 war Jodocus
von Schauenburg Inhaber des Schlosses Horneburg. Diese Grafen hatten ihren
Begräbnisplatz in der Kirche, wie sich 1670 bei Gelegenheit einer
Ocular-Inspection ergab. Unter anderen fand sich da das Grab der Magdalena
Comitissa de Schawenburg † 1560. – Erst Kurfürst Salentin brachte
1577 durch Rückzahlung der sich auf 17550 Goldgulden belaufende Schuld das
ganze Vest wieder in den Besitz des erzbischöflichen Stuhles, und seitdem war
Horneburg eine kurfürstliche Residenz. Hier war der Ort der Oberverwaltung der
zum erzbischöflichen Stuhle gehörenden Domainen, die Oberkellnerei. Am Schlosse
war auch ein Gefängniß. Glückte es einem Gefangenen, zur nahen Kirche zu
entfliehen, so konnte er von dem Asylrechte Gebrauch machen und er war frei, so
lange er sich im Bereich der Kirche aufhielt. Hatten die Soldaten ihn mit
Gewalt fortgeführt, so sahen sie sich doch durch Dekret des Erzbischofs
genötigt, ihn der Kirche wieder zurückzugeben. Vier solcher Fälle hat der
Pastor aus den Jahren 1737-46 im Kirchenbuche aufgezeichnet. "1737 Dom.
II. p. Epiph. [am zweiten Sonntag nach Epiphanie] floh Joh. Silvester
Stemmermann aus dem Gefängnisse zur Kirche; er wurde mit Gewalt fortgeschleppt,
aber durch Dekret des Gen.-Vikars Joh. Andreas von Franken-Sierstorff den 7.
Februar der Kirche restituirt. Obgleich 24 Bewaffnete Tag und Nacht die Kirche
ringsum 3 Wochen lang bewachten, so entkam er doch glücklich, feliciter
evasit" – Jetzt ist Horneburg Domaine des Herzogs von Arenberg. Vom
Schlosse steht noch der Hauptflügel mit seinen 2 Seitenthürmen, es ist aber
unbewohnt.
(109) Ueber das
Verhältnis der Kirche zu Horneburg zur Mutterkirche Datteln erhalten wir
Aufklärung aus dem Prozesse, welchen der Pastor von Datteln Theodor Bürich
gegen den Rector sive Pastor der Horneburger Kirche Wilhelm Havestadt
anstrengte. Im Jahre 1669 verklagte Bürich diesen, daß er sich Eingriffe in
seine Pfarrechte, die ihm über Horneburg zuständen, erlaube; namentlich
beschwert er sich darüber, daß der Rector ohne seine Erlaubniß bei der Kapelle
begrabe, auch die h. Oele nicht von seiner Mutterkirche Dattelen, sondern von Recklinghausen
habe holen lassen. Die Verhandlungen reichen insofern die Acten im Pfarrarchive
von Datteln vorliegen, bis zum Jahre 1672. Aus denselben geht folgendes hervor:
Schon seit den ältesten Zeiten hatten die Herrn von Oer bei ihrem Schlosse Horneburg
eine Hauskapelle, in der aber bloß die h. Messe gelesen wurde. In kirchlicher
Hinsicht gehörte Horneburg seit undenklichen Zeiten zur Pfarre Datteln. In
Datteln wurden die Kinder getauft; auch die übrigen h. Sakramente empfingen die
Einwohner der Freiheit Horneburg in Datteln. Hier wurden auch die Leichen
beerdigt; auf dem Kirchhofe von Datteln war für die Horneburger ein besonderer
Begräbnißplatz reservirt. Der Rector der Kapelle geleitete die Leichen aus dem
Thore hinaus, wofür er seine Gebühren erhielt; der Noth- (Leichen) Weg führte
über die Steinbrücke durch Meckinghoven, bei schlechtem Wetter fuhr man auch
mit Erlaubniß des Herrn von Westrem über den Gutackerschen Mühlenweg. Aus jedem
Hause in Horneburg erhielt der Pastor von Datteln den Rauchheller. Die große
gemeine Kirchspielsprozesion (S. 48) ging durch, oder, nach Bestimmung des
Pastors von Datteln, um Horneburg herum. Der Pastor von Datteln begrub den
Rector der Kapelle. Dieser wie auch die Beamten des Schlosses wurden in der
Kapelle (110) beigesetzt. Die Kirche zu Horneburg wurde früherhin von der
geistlichen Behörde auch immer Kapelle genannt und der Rector Capellanus, wie
aus einem Briefe des Erzbischofs Coadjutors Ferdinand an den Rector Dobbelinck
vom Jahre 1608 hervorgeht. Wegen der großen Gefahr, besonders im Winter, wenn
die Kinder nach Datteln mußten gebracht werden, verlieh Erzbischof Ferdinand
unter dem nachfolgenden Rector, dem spätern Commissarius Vestanus Heinrich
Barckhoff der Kapelle ex speciali indulto et Ordinarii autoritate fontem
Baptismalem, aber absque privilegio sepultaræ.[7] – Unter dem Präfecten Rensinck wurde
die Kapelle vergrößert und 1654 von dem Weihbischofe consecrirt; aber den
Kirchhof zu benediziren weigerte sich derselbe, weil der Platz nicht
abgeschlossen gewesen sei, wie solches die Augen- und Ohrenzeugen Fabritius
sen. und jun. und Riedt in Recklinghausen am 30. Januar 1671 bezeugten.
In dem obschwebenden
Streite wurde der Pastor von Dorsten Johann Langenberg vom General-Vikariate
zum Special-Commissar ernannt behufs Vornahme von Zeugenverhör und
Ocular-Inspection. Diese wurde am 4. August 1670 vorgenommen. Zugegen waren von
Seiten Horneburgs: der Pastor Wilhelm Havestadt, sein Prokurator Vinzenz
Reinerus Overbeck in Dorsten, judicii scriba [Gerichtsschreiber], und die
Einwohner von Horneburg: Wilh. Barthold Rive, Adolph Overbeck, Vinzenz
Klaverkamp und Vinzenz Steinkuler; von Seiten des Pastors von Datteln sein
Mandatar Tillmannus Henseler. Das Gutachten des Commissars fiel ungünstig für
den Pastor von Datteln aus. Auf Grund desselben entschied der Gen.-Vikar Paulus
Aussemius unter dem 8. December 1670 zu Gunsten des Pastors und der
Einwohner von Horneburg, "daß in und bei der Kirche ruhig könne begraben
werden, und daß der Pastor von Horneburg die Jura [das Recht (dazu)] empfangen
solle; jedoch solle durch diese Sentenz [Richterspruch] den übrigen (111)
Pfarrrechten, welche Datteln als der Mutterkirche zuständen, nicht präjudizirt
werden".
Am 21. April 1671
reichte Pastor Bürich die Apellationsschrift ein; jedoch liegen über den
weitern Verlauf keine Aktenstücke mehr vor. In Folge dieses Streites wird wohl
Horneburg bald nachher gänzlich von Datteln abgepfarrt sein. – Erinnerungen an
das frühere Abhängigkeits-Verhältniß, z. B. Abgaben wie bei Ahsen existiren
nicht. Patronin der Pfarrkirche zu Horneburg ist die h. Maria Magdalena. – Aus
den Akten des hiesigen Archivs und den Kirchenbüchern von Horneburg ergeben
sich folgende Namen der Rectoren und Pfarrer von Horneburg: 1. Johannes
Meckinghovius 1581 und 1594, s. § 8 2 [S. 76]. – 2. Dobbelinck 1608. – 3.
Heinrich Barckhoff 1608. – um 1650. Gegen Ende des 30 jährigen Krieges am Tage
des Apostels Jakobus den 25. Juli 1646 wurde Schloß und Freiheit Horneburg
durch den französischen Heerführer Marschall Turenne niedergebrannt, bei
welcher Gelegenheit auch alle kirchlichen Papiere verbrannt sind. Barckhoff legte
am 25. September 1646 ein neues Lagerbuch an; dabei schreibt er, daß er beinah
38 Jahre die Pastoratdienste in Horneburg versehen habe.[8] 4. Theodor Middeldorff † 1663 den
23. September; er war auch Rector der Kapelle zu Leveringhausen in der Pfarre
Waltrop. Er legte auch die Tauf-, Sterbe- und Kopulationsregister an, welche
mit dem Jahre 1650 beginnen. 5. Wilh. Havestadt † 1672 den 23. April. 6. Joh.
Middeldorff † 1708 den 24. März. – Im Jahre 1689 war Johann Backhaus, Vikar in
Hohem-Emmerich, Kaplan auf der Burg Horneburg; 1696 ist er Vikar in
Henrichenburg. 7. Joh. Wilhelm Grimbrich † 1717 den 11. März. 8. Joh. Theodor
Mechelen † 1721 den 1. Dezember. 9. Joh. Vinzenz Wissing † 1726 den 3. Januar.
10. Joh. Bernard (112) Haddorf; dieser verließ Schwachheit halber Horneburg und
11. Johann Ignatius Aloys Pathuys wurde 1731 zum Pfarrverwalter ernannt. Dieser
hat die Bruderschaft vom sterbenden Heiland eingeführt. Nach ihm kam 12. im
Jahre 1739 Joh. Werner Krämer, erst einige Jahre Pfarrverwalter und dann,
vielleicht nach dem Tode des Haddorf, Pfarrer, † 1772 den 16. Juni
["]pastor zelosissimus" [sehr eifriger Seelenhirt], wie im
Sterberegister steht. 1758 den 6. Januar starb Joh. Heinrich Alemann, 53 Jahre
lang Küster und Lehrer in Horneburg. 13. J. Th. Kettler † 22. Dezember 1792.
14. Rolandus Stein, Franziskaner aus Recklinghausen † 1818. 15. Heinr. Uphoff,
resignirte 1853. 16. Carl Meyer aus Bocholt seit dem 21. October 1853.
Bei dem im Jahre 1630
regulirten und für die einzelnen Gemeinden des Vestes festgesetzten ordinären
Schatzungs-Betrage wurde das ordentliche Schatzungs-Contingent der Freiheit
Horneburg auf 14 Rthlr. veranschlagt. Um das Jahr 1680 waren in Horneburg 40
schatzungspflichtige Häuser oder Familien (H. Archiv); es hat gegenwärtig 1879
ungefähr 60 Wohnhäuser. Horneburg protestirte fortwährend gegen diese
Schatzung. Seine Steuerfreiheit wurde auch in Betreff der ordentlichen Schatzung
anerkannt, jedoch bei Ausschlag einer außerordentlichen wurden
die Freiheiten des Vestes mitherangezogen. Dann diente das 1630 festgesetzte
Contingent als Norm. Am 10. Januar 1643 schreibt Kurfürst Ferdinand an
den vestischen Statthalter: "Die Einwohner der Freiheiten Horneburg,
Westerholt und Horst sollen bei den Kriegscontributionen nicht höher belastet
werden als die Leute der adeligen Landsassen; in diesen schlimmen Zeiten können
Exemtionen nicht gut gelten, alle müßten helfen. Die Horneburger usw. erbieten
sich auch, nach der (113) 1630 ihnen eingesetzten Quote zu contribuiren, doch
ohne Präjudiz für die Zukunft, dabei solle es denn auch bleiben." Dietherich
von Westrem bezeugt 1666 den 25. November "als nächster Nachbar,
daß die Freiheit Horneburg unerachtet daß sie anno 1630 angeschlagen, ausgenommen
was durch Kriegsbrauch geschehen, nie, soviel er gehört, mit einiger
Kontribution beschwert worden". (Horn. Pfarr-Archiv.)
Die Freiheit hatte zwei
Bürgermeister, welche Fastnacht auf ein Jahr gewählt wurden. Sie erhielten dann
als Gehalt eine Flasche Wein und eine Kerze. Der Kurfürst gab der Freiheit zu
Fastnacht 2 Tonnen Bier; als Gegengeschenk erhielt er 2 Schinken. Dieses
besteht jetzt noch. In Horneburg war auch ein Hauptpostamt.
Damit die katholische
Religion, welche im Veste nach Unterdrückung der truchsessischen Wirren
wiederhergestellt war, in Horneburg und Umgegend erhalten bliebe und befestiget
wurde, hatten um das Jahr 1610 der Pastor (Barckhoff), die Kirchmeister und
Einwohner der Freiheit eine Schule an der Kirche errichtet und
einen katholischen Lehrer angestellt. Dieser sollte die Jugend der Gemeinde und
der umliegenden Ortschaften, welche von Köln und der Kölner Akademie zu weit
entfernt wären, in der Grammatik und den Anfangsgründen der Philosophie,
besonders aber in den Lehren der römisch-kath. Religion unterrichten (qui circa
grammaticala et prima philosophici studii fundamenta, tum et maxime in
articulis romanæ fidei et religionis doceat et imbuat). Zwei Jahre hatten sie
den Lehrer durch freiwillige Beiträge unterhalten, es wurde ihnen aber sehr
beschwerlich. An der Kirche war eine Vikarie, sti Antonii [des heiligen
Antonius], mit geringen Einkünften, deren Inhaber wöchentlich eine h. Messe
lesen mußte. Diese Vikarie wurde auf Bitten des Pastors und der Gemeinde vom
Erzb. Ferdinand laut Unionsurkunde vom 11. Juli (114) 1612 der Pastorat
incorporit mit folgenden Bedingungen: Aus den Intraden der Vikarie solle der
Lehrer an der Schule der Horneburger Kirche jährlich 3 Malder Roggen und 3
Malder Gerste erhalten; für den Rest der Einkünfte solle der zeitige Pastor
loci [des Ortes] wöchentlich am Altare des h. Antonius eine h. Messe lesen;
auch solle derselbe über Schule und Schüler die Aufsicht führen und beständig
das Recht haben, den Lehrer an- und abzusetzen (penesque illum Scholæ Scholiarumque
inspectio et reformatio ac Ludimagistri in- et destitutio esse ac manere debeat
(Horn. Pfarr-Archiv). Das Patronatsrecht des Pastors über die Schule ist auch
im Jahre 1855 vom königl. Ministerium ausdrücklich anerkannt und vom Pastor bis
jetzt immer ausgeübt. (115)
II.
Die Internirung Vestischer Geistlichen in Dorsten
im Jahre 1635.
Von A. Jansen. Pastor in Datten [Datteln].
Die nachfolgende Darstellung ist aus
Manuskripten entnommen, welche der selige Pastor Lorenz von
Waltrop gesammelt hat. Es sind theils Originalschriftstücke der betheiligten
Personen, namentlich des Vikar Tüsinck, theils durch diese
verfertigte Kopien.[9]
Am 1. Februar 1635
wurden 6 Geistliche des Vestes, 3 Pastöre und 3 Vikare, in Recklinghausen von
den Hessen angehalten und des folgenden Tages am Feste Mariä Lichtmeß nach
Dorsten, welches die Hessen in Besitz hatten, abgeführt. Hier wurden sie bei
dem Wirth Heinrich Nolthen in Arrest gelegt. Es waren Heinrich Barckhoff,
Pastor zu Horneburg, seit 1633 vestischer Commissar, Johannes Hove, Pastor zu
Datteln, Theodor Thyl, Pastor zu Oer und die Vikare zu Recklinghausen: Franz
von Westerholt, Gottfried Tüsinck[10] und Georg von Uhlenbrock.
Nach einigen Tagen
erfuhren sie aus dem Munde des (116) Kommandanten von Dorsten, des hessischen
Generalleutnants Peter Holzappel genannt Melander, den Grund ihrer Abführung:
"sie sei auf Befehl des Landgrafen von Hessen geschehen, weil die
Münsterschen den Quartier-Accord verletzt und protestantische Geistliche
verjagt und mißhandelt hätten. Wenn die Münsterschen Räthe das Kartell halten
wollten, dann würden auch sie wieder freigelassen werden, das
sollten sie dem Kurfürsten und den Münsterschen Räthen melden."
Es war nämlich, wie aus
den in dieser Sache gewechselten Schreiben hervorgeht, bereits in den ersten
Jahren des 30 jährigen Krieges zwischen den kriegführenden Parteien zu Lübeck
ein Vertrag geschlossen und später zu Dülmen erneuert worden, daß die
Geistlichen und Beamten beiderseits in den occupirten Ländern nicht sollten
belästigt werden. Nun aber waren im Münsterschen gegen den Prediger zu Vreden
Excesse verübt worden. Deshalb waren schon einige Tage vor der Abführung der
Vestischen Geistlichen die Pastöre von Ahaus und Wüllen von den Hessen
gefänglich eingezogen worden.
Zugleich mit den
Pastören und Vikaren des Vestes Recklinghausen wurden auch noch Geistliche aus
andern Theilen des Erzstiftes, aus dem Herzogtum Westfalen, welches die Hessen
occupirten, auf Befehl des Landgrafen festgenommen. Kanonici der Kollegiat- und
Stiftskirche zu Essen waren nach Dorsten transportirt; andere Geistlichen
wurden durch den hessischen General-Commissar von der Malßburgh zu Werl auf dem
Hause Werl in Arrest gehalten.
Man hatte den Pastören
von Ahaus und Wüllen gesagt, sie würden nicht eher entlassen werden, als bis
dem Prediger von Vreden in [ein] salvus conductus [sicheres Geleit] gegeben
sei. Die Münsterschen Räthe, an welche sie sich wandten, schrieben den 1. Febr.
an die Beamten in Ahaus zurück: "Es sei zwar unbillig, daß ihre
Geistlichen, welche der (117) Kriegscontribution unterworfen seien, und diese
bis jetzt, so lange es ihnen möglich sei, bezahlen, den Prädikaten
[Prädikanten] gleichgestellt würden, welche solche Kontributionen nicht nur
nicht zahlten, sondern sich auch von Feindes Seiten gebrauchen ließen und gegen
den Willen des Landesfürsten ein anderes Exercitium Religionis, soviel sie
könnten, anstellten. Dennoch mißbilligten sie die gegen den Prädikanten
verübten Exorbitanzen, so sie mit Mißfallen vernommen; sie würden die Sache
untersuchen und die Schuldigen bestrafen. Deshalb hofften sie auch, Melander
werde die unschuldigen Geistlichen entlassen."
Eine Kopie dieses
Recriptes wurde unseren Vestischen Arrestanten zugeschickt. Sie reichten
dasselbe bei Melander ein mit der Bitte "sie zu entlassen gegen genugsame
Caution, sich wieder zu stellen, damit sie zu ihren Kirchen und Pfarren, wo
inzwischen der Gottesdienst stehen geblieben und die Kranken ohne nöthigen
Seelentrost haben hinsterben müssen,[11] möchten zurückkehren, und damit sie
von den schweren Unkosten in Dursten möchten frei werden, da sie doch durch den
langwierigen Krieg ganz verdorben seien und nebenbei noch ihre Kontribution
zahlen mußten; da sie an den Residenzörten zu Horneburg aus Recklinghausen
hessische Garnison hätten, so könnten sie ja zu jeder Zeit zum Arrest sistirt
werden."
Die internirten
Geistlichen mußten ihren Unterhalt selbst bestreiten. Der Wirt Nolthen
behandelte sie auch anfänglich gut; als den Herren das wenige baare Geld, so
sie mit sich genommen, ausgegangen war, gab er ihnen die Kost auf Credit. Vikar
Tüsinck hatte sich ihm gegenüber für seine Mitgefangenen und für alle Unkosten
verbürgt. (118) Ueberhaupt war Tüsinck es, der im Namen der Uebrigen die
gemeinsame Angelegenheit betrieb: er besorgte die Abfassung der verschiedenen
Schreiben, die Absendung der Boten, die Herbeischaffung der Gelder zur
Bestreitung aller Kosten.
Die Bitte der
Geistlichen um Freilassung wurde von dem hessischen Kommandanten nicht gewährt.
Jedoch geht aus der "Rechnung verzerter Kosten von den arrestirten
Geistlichen aus dem Veste und der Stadt Recklinghausen" vom Wirthe Nolthen
hervor, daß der Pastor von Datteln am 14. Februar aus dem Arreste entlassen
ist. Besondere Gründe werden nicht angegeben. Derselbe war schon ein ziemlich
bejahrter Priester. Seit 1590 war er Pastor in Datteln und hatte schon viele
Beschwerden ausgestanden. Gleich zu Anfang des Krieges, im Beginn des Jahres
1622 war er von den Soldaten der holländischen Staaten fortgeschleppt und wurde
bis nach Ostern auf der Festung Schenkenschanz unterhalb Emmerich gefangen
gehalten. Am 22. Februar wurde auch der Pastor von Horneburg freigelassen. Dieser,
seit 1608 Pastor, war gleichfalls schon einmal gegen Ende 1632, von dem aus der
Mark in das Vest einfallenden Hessen gefangen mitgeführt worden.
Am 19. Februar erhielten
die arretirten Geistlichen das Schreiben des Kurfürsten Ferdinand d.d. Bonn 14.
Februar nebst den Kopien zweier kurfürstlichen Befehle vom 4. ejusd. an die
Räthe zu Münster und in Westfalen, welche sie durch die Ritterschaft des Vestes
dem Melander überreichten. Der Kurfürst schreibt: "Wenn dem Lübecker
Kartell zuwider gehandelt sei, so wäre es ohne sein Wissen und Willen
geschehen; wie aus den Kopien zu ersehen, habe er Befehl gegeben, die
verhafteten Prädikanten unentgeltlich frei zu geben, das Abgenommene und den
zugefügten Schaden wieder zu ersetzen und die Uebelthäter zu bestrafen.
Uebrigens seien von anderer Seite die Geistlichen, trotzdem daß diese die
Kontribution entrichteten, gleichfalls unchristlich behandelt worden.[12] Er
werde dem Kaiserl. General-Leutnant Grafen von Gallas und dem Feldmarschall
Grafen von Mansfeld berichten, wie auch an Kaiserliche Majestät schreiben, daß
das Kartell treu gehalten werde. Demnach versehe er sich, daß Melander die
inhaftirten Geistlichen und Seelsorger unentgeltlich freigebe; er möge
bedenken, daß widrigenfalls die Kaiserl. Generäle wider die Prädikanten ebenso
verfahren würden, wozu ihnen Mittel und Gelegenheit nicht mangeln werden, womit
aber keiner kriegführenden Partei gedient sei."
Melander gab den
Arrestanten zur Antwort, er wolle erst die Resolution der Münsterschen Räthe
abwarten, ob diese dem Rescripte des Kurfürsten pure [rein] nachkämen; in dem
Falle sollten sie entlassen werden. Die Münsterschen Räthe waren jedoch nicht
ganz so willfährig, als Melander es wünschte; insbesondere wollten sie die
völlige Gleichstellung der Prädikanten mit den katholischen Geistlichen nicht
zugeben. Durch einen besonderen Tambour wurde ihre Erklärung auf die Supplik
der in Koesfeld gefangen gehaltenen münsterschen Geistlichen, datirt vom 14.
Februar und unterschrieben von Droste, Dompropst und von Steffen von Alten,
überbracht und dem Kommandanten eingereicht, darin erklären sie: "Sie
hätten den Vertrag gehalten, dahingegen sei er von der andern Seite arg
verletzt worden. Im Münsterschen Stifte seien die Beamten und Bedienten
beraubt, verjagt, verfolgt, ihre Güter confiscirt und rantzionirt, die
Einwohner der occupirten Städte zu fremden Eid angestrengt; die Patres S.J.
seien gegen mündliche und schriftliche Zusage und Salva Guardia [Schutzbrief]
des Landgrafen von Hessen vertrieben, ihre Güter incorporirt; andere Beamten
seien in die (120) Justitia und Polizei eingedrungen, welche die geistlichen
Intraden dem Vertrage zuwider eintreiben und der armen contribirenden Hausleute
Erb und Güter gegen allen redlichen Kriegsgebrauch durch Holzverhauen u.
Verwüstung zu ihrem unersetzlichen Erbschaden ruiniren. Die Räthe hielten zwar
dafür, daß die feindlichen Prädikanten und Beamten, welche dieserseits nichts
contribuirten und in feindlichen Garnisonen gewaltlich überfallen werden, des
Kartells nicht fähig seien; es sei ihnen aber berichtet, daß dieselben zu
Bocholt und Rhenen [Rheine] wohlgehalten und für diesmal mit einer leidlichen
Rantzion [Auslösung] erledigt seien, welche mit den contribuirenden Geistlichen
und Beamten und Dienern des Kurfürsten, wenn man nur Ration [Vernunft]
gebrauchen will, nicht zu vergleichen seien. Im Uebrigen erbieten sie sich,
kraft Befehl Sr. kurfürstlichen Durchlaucht, den Vertrag, wie sie es bisher
gethan, auch hinfüro zu halten, wenn auch die andere Partei nach dem rechten
Verstand es thäte; sie hofften auch, daß die kaiserliche Soldateska sich dem
accomodiren werde. Würde aber die feindliche Partei zu weitern unredlichen
Prozeduren schreiten, so müßten die Räthe dieses fürs Erste dem gerechten
Urtheile Gottes und aller redlichen Herzen anheimgeben; sie befürchten aber,
daß die kaiserliche Soldateska hierin genügenden Grund fände, in den
unkatholischen Landschaften ähnlich zu verfahren, was sie nicht wünschten."
Aus diesem Schreiben
ersieht man auch, daß sich die Hessen in den occupirten Ländern häuslich
einrichteten, als wollten sie dieselben für immer als ihr Eigenthum behalten.
Hatte ja auch der Landgraf die Absicht, seine Hausmacht zu vergrößern.
Unter dem 23. Februar
schrieben die Münsterschen Räthe abermals Melander und beklagten sich über neue
Gewaltmaßregeln desselben, "daß er der Ritterschaft eine unerhörte
Kontribution von 12 000 Thlrn. auferlegt habe. Dieserhalb hätten sie sich
beschwerend an den Landgrafen (121) gewandt, und sie schickten ihm copeilich
dessen Erklärung zu in Betreff der eingezogenen Geistlichen, richtiger
Observanz des Kartells und der adlichen Landschaft, worauf sie aufs Neue
geantwortet. Sein (des Melanders) Verfahren sei dem Kartell und der Erklärung
des Landgrafen ganz zuwider, und sie befürchten, daß die kaiserliche Soldateska
in den Landen des Landgrafen und der Conföderirten ähnliche Prozeduren
vorzunehmen sich veranlaßt sehen könnte, was sie nicht wünschten. Sie hofften
deshalb, er werde der Resolution des Landgrafen und der Erklärung des
Kurfürsten gemäß das Kartell halten und bis Antwort des Landgrafen eintreffe,
die genannte Execution sistiren."
Dieses Schreiben, heißt
es in den Acten, wurde höchst mißfällig und mit Verdruß vernommen. Melander
verwies die zu Werl und Dorsten inhaftirten Geistlichen unter dem 1. resp. 2.
März abermals an den Kurfürsten, mit dem Bemerken, nicht eher gebe er die
Geistlichen frei, als bis die Erklärung der Münsterschen Räthe und der Häupter
der kaiserlichen und legistischen Armeen eingegangen sei, daß sie strikte den
Vertrag halten und die beschädigten Prädikanten und Beamten entschädigen
wollten. Er forderte die ausdrückliche Erklärung, daß die landgräfl. hessischen
Beamten und geistlichen Personen, welche im Fürstenthum Hessen, im Erzstift
Köln und in den Stiftern Münster, Paderborn, Fulda und andern Landschaften
angestellt und angeordnet seien, unbelästigt gelassen würden.
Den 14. März gibt
Kurfürst Ferdinand nochmals die Erklärung ab, "daß er den Vertrag gehalten
habe und ferner halten werde; was verbrochen, sei gegen seinen Willen
geschehen. Er habe Befehl zur Remedur [Wiedergutmachung] gegeben und auch
behufs Haltung des Vertrags an Kaiserliche Majestät von Ungarn und Boheimb
[Böhmen] geschrieben, sowie auch an Gen. Leut. Grafen von Gallas, Feldmarschall
Piccolomini, Grafen von Mansfeld und Andere."
(122) Auch Baron von
Geleen, Feldmarschall der kaiserl. und ligistischen Armee, hatte d.d. Brüssel
20. Febr. wegen der inhaftirten Geistlichen an Melander geschrieben. Dieser
erhielt den Brief am 9/19 [julianisches/gregorianisches Datum] März durch einen
Trommelschläger von Kaiserswerth aus und beantwortete ihn am selben Tage. Er
beklagte sich sehr über die Münsterschen. "Diese hätten das Kartell nicht
geachtet und die in den occupirten Stiftern und Ländern eingesetzten
Geistlichen und Beamten seines Herrn und Landgrafen Wilhelm von Hessen mit
Prügeln, Schlagen, beschwerlichen abscheulichen Gefängnissen, Erpressungen von
Geldsummen und andern dem Kartell zuwiderlaufenden Handlungen und
Thätlichkeiten ganz unchristlich und barbarisch tractirt, ja sogar etliche
unschuldige aufhängen lassen. Dieses hätte sie zur Gefangennahme der
Geistlichen ihrerseits veranlaßt. Sie hätten dieselben aber gelinde behandelt:
diese wären bei ihren Bekannten und Freunden in Arrest gelegt, ohne Bande und
Beschwerniß, hätten die Freiheit, in ihren Logements nach Gefallen zu leben und
könnten an den Kurfürsten und die Münstersche Regierung berichten. Der Kurfürst
hätte auch erwidert, daß er das Kartell halten wolle und was dawider geschehen,
wieder gut machen werde. Die Münsterschen dagegen hätten das Kartell und die
Erklärung des Kurfürsten durch alle sophistische und dem klaren Buchstaben
zuwiderlaufende Auslegung nur auf die zur Zeit der Errichtung des Kartells
lebenden Geistlichen und Beamten anwenden wollen, nicht aber auf die in den
nachher occupirten Stiftern und Ländern angestellten. Hieraus könne man klar
sehen, daß es ihnen mit der Haltung des Kartells kein Ernst sei. Dennoch habe
er glimpflich handeln wollen und nochmals einen Trompeter nach Münster
geschickt, sie sollten sich klar und bündig erklären, ob die Letzteren sollten
einbegriffen oder ausgeschlossen seien. Davon hänge die Befreiung der
Vestischen Geistlichen ab."
(123) Wie man sieht,
beschuldigten sich beide Parteien gegenseitig der Verletzungen des Vertrags. In
wieweit die Anschuldigungen auf Wahrheit beruhen, darüber geben die mir zur
Verfügung stehenden Hülfsmittel keinen Aufschluß. Uebrigens sind die Anklagen
des hessischen Kommandanten ganz allgemein gehalten, die der Münsterschen Räthe
aber spezialisirt. Und ob diese mit ihrer Auslegung des Vertrages so ganz
unrecht hatten, läßt sich bestreiten. Das Verfahren der Hessen mit Anstellung
ihrer Beamten und Prädikanten und der Vereidung der Einwohner hat stark den
Anstrich der Revolutionirung und Verprotestantisirung der Bisthümer.
Inzwischen wurde die
Lage der arrestirten Geistlichen immer mißlicher. Wohl waren sie bisher
ziemlich gut behandelt worden. Sie konnten Freunde und Bekannte empfangen,
konnten Besuche machen, sich Raths erholen und an den Kurfürsten und die
Regierung in Münster schreiben. Aber abgesehen von dem Verluste der Freiheit
und von der Entfernung aus ihrer Wohnung, ihrer Gemeinde und ihrem
Wirkungskreise, drückte sie die Sorge, woher das Geld zur Bestreitung ihres
Unterhaltes beschaffen, immer schwerer.
Nicht bloß mußten sie
den Wirth befriedigen für ihre Beköstigung. Sie hatten auch noch viele andere
Ausgaben. Den Oberkommandanten, die übrigen Officire und Soldaten, sowie auch
die Beamten der hessischen Verwaltung, mußten sie sich gewogen machen und
geneigt erhalten. Zu dem Zwecke sahen sie sich genöthigt, ihnen von Zeit zu
Zeit Geschenke zu machen und sie mit Wein und Branntwein zu regaliren. So
verehrten sie dem Melander 5 Malter Hafer, dem Oberstleutnant Werner Scharkopf
3 Malter Hafer, dem Kommandanten Saurtz 25 Pfd. Schinken, desgl. dem Melander;
dem Herrn Hoffmeister, ut intercederet [damit er einschritte], 2 Thlr. Den
Sekretair des Generals mußten sie sich geneigt machen, daß er ihnen die Kopien
nöthiger Schriftstücke mittheilte. (124) Viel Geld kosteten ihnen auch die
Boten behufs Ueberbringung der Briefe, besonders nach Köln und die Pässe für
dieselben. Aus eigenen Mitteln konnten sie alle diese Ausgaben nicht
bestreiten. Sie hatten sich an den Kurfürsten gewandt, er möge, da sie für Alle
litten, es allen Geistlichen des Vestes auflegen, gemeinsam die Kosten ihres
Arrestes zu tragen. Die übrigen Geistlichen waren ihnen auch schon zu Hülfe
gekommen; aber die Unterstützung war gering, da diese selbst nicht viel hatten.
Auch die Geistlichen hatten in Folge des langwierigen Krieges viel gelitten;
sie mußten zur Kriegskontribution, welche die verschiedenen Parteien im Veste
besonders die Hessen seit 1633 ausgeschrieben, beisteuern, ihre Einkünfte waren
aber sehr geschmälert, indem die Zinsen und Pächte gar nicht oder nur spärlich
eingingen. Die Pflichtigen hatten selbst nichts übrig; was sie besaßen, mußten
sie zuerst zur Zahlung der Kriegscontribution hergeben, welche von den Hessen
mit Strenge und durch Execution beigetrieben wurde, wie solches die Geistlichen
in einer Bittschrift an Melander um Nachlaß oder Milderung der ihnen
aufgelegten Kriegssteuer klagen. Daher kam es hauptsächlich, daß die
Unterstützung der Geistlichen sehr spärlich ausfiel. Der Wirth Nolthen drang
aber immer ernstlicher auf Bezahlung. Da reichten die Mitgefangenen Franz von
Westerholt, Theod. Thyl und G. von Uhlenbrock eine Bittschrift an Melander ein.
"Der Wirth weigerte sich, ihnen ferner die Beköstigung zu geben; sie aber
wären außer Stande, ihn zu befriedigen; es möge deshalb Tüsinck entlassen
werden, um Geld beizutreiben."
Diese Bitte wurde
gewährt. Am 16. März wurde Tüsinck entlassen. Doch kaum war er in
Recklinghausen angekommen, da verschlimmerte sich die Lage der
Zurückgebliebenen. Die Antwort nämlich, welche die Münsterschen Räthe auf das
Schreiben des Melander an sie gaben, fiel nicht nach Wunsch der Hessen aus. Die
Folge war, (125) daß der Arrest verschärft wurde. Seit dem 21. März stand vor
dem Hause des Wirthes ein Soldat bei Tag und Nacht auf Posten. Thüren und
Fenster ihrer Wohnung waren verschlossen und vernagelt. Auch der Wirth wurde
höchst unfreundlich; er sagte es den Geistlichen ins Gesicht, daß sie von nun
an selbst für ihre Kost sorgen sollten. Solches berichteten am 22. März dem
Vikar Tüsinck der Pastor Thyl und Lambertus von Beesten, ein Bürger Dorstens.
"Der Kommandant sei auf die Münsterschen sehr erbost und gebe diesen die
ganze Schuld, daß sich die Befreiung verzögere. In Betreff der Vertheilung der
Unkosten auf den Klerus des ganzen Vestes wünsche der Kurfürst aus Gründen, daß
die Beisteuer eine freiwillige sein möchte; jedoch sollten diejenigen gemerkt
werden, welche sich weigerlich hielten. Der Kurfürst und der Kommissar gäben
sich alle Mühe, daß etwas beigesteuert oder ihnen doch auf andere Weise
geholfen würde."
Jodocus Epmann, Pastor
von Polsum, theilte dem Tüsinck mit, daß der Kommissarius (Barckhoff) nach
Ostern eine Versammlung der Pastöre abhalten wolle, um die gemeinsame Sache zu
berathen. Sie fand am Mittwoch nach Ostern den 11. April zu Westerholt statt.
Vom 23. März bis 8.
April mußten die arrestirten Geistlichen sich selbst das Essen besorgen. Der
Wirth gab ihnen bloß Feuer und Bett. Am 8. April auf Ostertag gab er ihnen
wieder das Essen und von da an bis zu ihrer Freilassung am 14. April.
Inzwischen hatten die
Verhandlungen wegen Freigebung der Geistlichen ihren Fortgang genommen.
Die Münsterschen Räthe
hatten am 30. März an den Landgrafen von Hessen geschrieben. Sie beschwerten
sich darüber, daß die Geistlichen des Stiftes noch nicht freigelassen seien.
"Der Propst zu Varlar sitze mit andern Geistlichen, Adlichen und
Religiosen schon bis in die 10. Woche und noch länger in Koesfeld gefangen; sie
werden (126) neben kurfürstlichen Beamten, obschon sie mit dem Kriegswesen doch
nichts zu thun hätten, eben stark feindlich beschweret und ihnen gedroht, daß
man sie in Diebeslöcher und andere famose Oerter setzen wolle. Keiner könne
sich ohne die höchste Gefahr auf seinen Gütern aufhalten, wie solches aus einem
anliegenden Schreiben des Heinrich Droste zu Vischering, kurfürstlichen Drosten
zum Ahaus und Horstmar, hervorgehe, der, seitdem das feindliche Kriegsvolk im
Stift liege, sich mit Weib und Kindern und ganzer Haushaltung in Münster
aufgehalten und so mit dem Kriegswesen nichts zu thun gehabt. Wenn die
Kaiserliche Soldateska in den Landen des Landgrafen Ungebührliches vernehmen,
was ihnen nicht lieb sei, so könnte das doch nicht unschuldigen Personen,
Beamten und Geistlichen dieses Stiftes, entgeltet werden, da sie jenes nicht
ändern könnten, der Kurfürst aber versichert habe, daß er das Quartier-Kartell
halten werde. Daß die Unterthanen dieses Stiftes der Seelsorge und aller
Sakramente beraubt seien, das sei dem gemeinen Wohle gänzlich zuwider, und sie
hofften, daß der Landgraf die Geistlichen freigeben und dem Drosten den Schaden
wieder ersetzen werde."
Endlich schlug die
Stunde der Befreiung für die inhaftirten Geistlichen des Vestes und des ganzen
Erzstiftes. d.d. Ham 1/11 April theilt Melander dem Kommandanten zu Dursten,
Oberstleutnant Werner Scharkopf, Folgendes mit: "die inhaftirten
Geistlichen hätten sich nochmals um Befreiung an den Landgrafen[13] gewandt.
Dieser habe zwar Bedenken getragen, weil ihre Geistlichen und Beamten in diesen
eroberten Ländern bisher übel behandelt seien, auch keine unzweideutige
Erklärung, viel weniger Versicherung gegeben sei, daß selbe von nun an gemäß
des (127) zu Lübeck errichteten und zu Dulman erneuerten Kartells frei und
ungefährdet bleiben sollten. Da aber die arrestirten Geistlichen sich erboten,
solche Versicherungen auszuwirken, so habe der Landgraf Befehl gegeben, daß sie
sollten auf freien Fuß gesetzt werden unter der Bedingung: sie mußten bis zum
10/20 Mai von Chur-Köln und der Generalität einen klaren und undisputirlichen
Schein und Versicherung beibringen, daß die Geistlichen und Beamten des
Landgrafen im Fürstenthum Hessen und besonders in den Stiftern Münster,
Paderborn, Köln und andern occupirten Ländern frei und ohne Gefahr verbleiben
könnten; widrigenfalls sollten Alle ohne Unterschied, wo sie auch sein möchten,
für unfrei und Feind gehalten werden."
Am 14. April wurden die
Geistlichen des Vestes und des Stiftes Essen[14] aus dem Arreste entlassen. Sie
theilten dem Kurfürsten den Rezeß mit, den sie unterschrieben hatten und auf
Grund dessen sie conditionaliter [bedingungsweise] freigegeben seien, und sie
bitten ihn inständigst, ihnen die bewußte Resolution unter Beidrückung seines
Siegels doch zur rechten Zeit zukommen zu lassen. "Solches begehrten sie
jetzt nicht bloß in ihrem eigenen Namen, sondern im Namen aller Vestischen
Geistlichen, weil ihnen Melander, wenn diese Resolution nicht rechtzeitig
einginge, bedeutet habe, daß dann auch alle geistlichen Einkommen incorporirt
und zu anderem effect besorglich applizirt würden."
Es liefen auch die
Recesse vom Kurfürsten und dem General Gallas vor Ablauf des gesetzten Termines
ein. Namens sämmtlicher Geistlichen des Vestes wurde sie dem Melander
überreicht: "sie hofften, daß diese Resolution für sufficirt erachtet und
daß sie ferner unter Protection Ihro Fürstlichen Gnaden verbleiben und frei
erklärt werden möchten. Sollten sie aber wider Zuversicht von den Münsterschen
nicht separirt werden, sondern insampt als unfrei (128) gehalten werden,
solchen Falls bitten sie um Resolution, wessen sie sich zu verhalten
hätten."
Die Erklärungen
genügten. Melander erließ d.d. Dursten 9/19 Mai 1635 den Befehl "an alle
hessischen Hohen- und Unteroffizieren und insgemein an alle Soldaten zu Roß und
zu Fuß, des Gegentheils Geistliche und Beamte des Stiftes Essen und Vestes
Recklinghausen ohne fernere höhere Ordre in keinerlei Weise weiters zu
betrüben, sondern sie des Cartels vehig lassen werden." Er theilte auch
den Geistlichen auf ihre Bitte diesen Erlaß wörtlich, unter eigenhändiger
Unterschrift "(Peter Holzappel)" mit.
Das oftgenannte Kartell[15] zwischen
den kriegführenden Parteien lautet wörtlich also:
Zwar war nun die
gesammte Geistlichkeit des Vestes für frei erklärt, aber der Arrest hatte noch,
besonders für den Vikar Tüsinck, eine schlimme Nachwirkung. Die Unkosten waren
noch nicht gedeckt. Wirth Nolthen reichte an Vikar Tüsinck, der sich ja für Alles
verbürgt hatte, seine Rechnung ein. Sie betrug 103 Thlr. siebenundfünfzig½
stbr. darauf hatte er vor und nach erhalten 48 Thlr. 46 stbr. Ihm gebührten
noch 55 Thlr. elf½ stbr.
Außerdem hatte Tüsinck
theils in Sachen des Arrestes, theils in Sachen Milderung der Kontribution noch
63 Thl. 16 stbr. ausgelegt. Denn auch zur Kriegscontribution mußte die
Geistlichkeit ihren Theil beitragen. Den 18. und 19. Mai war Tüsinck wieder in
Dorsten, um Namens der Geistlichen des Vestes eine Bittschrift um Milderung einzureichen,
jedoch ohne Erfolg.
Die Beiträge der
Geistlichen zur Deckung des Restes der Unkosten im Betrage von 118 Thlrn.
siebenundzwanzig½ stbr. kamen sehr spärlich ein. Viele erklärten, daß sie
gänzlich unvermögend seinen [seien]. – Im Juni 1635 verzichteten die
geistlichen Mitglieder der Caland-Bruderschaft zu Recklinghausen auf ihren
Antheil an die Martini fälligen Intraden zu Gunsten des Vikar Tüsinck, "da
viele Geistlichen ihre Quote für die Unkosten des Arrestes nicht zahlten."
Es sind: Henricus Barkhoff, Pastor zu Horneburg; Joh. Franz von Westerholt,
Joh. Georg von Uhlenbrock und Joh. Theile, Vikare zu Recklinghausen; Theodor
Thyl, Pastor in Oer, Johannes Hove, Pastor in Dattelen, Henricus (130)
Grutingius, Pastor in Waltrop, Conrad Darleus, Pastor in Marle, Jodocus Epman,
Pastor in Polsum und Heinrich Kurich, Pastor in Herten. – Vikar Tüsinck hatte
noch lange nachher große Unannehmlichkeiten. Der Wirth Nolthen trug beim
Gerichte auf Arrest gegen ihn an, und als er im September in Dorsten war, wurde
er festgenommen. Auch beim Officialate in Köln war er verklagt und es zog sich
die Sache hin bis zum Jahre 1646.
Von Jansen zitierte Quellen
Von Jansen zitierte Literatur
Abkürzungen
Die Quelle für diese
Textedition
Pfarrer Anton Jansen,
Die Gemeinde Datteln. Ein Beitrag zur Geschichte des Vestes Recklinghausen, in:
Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde 39 (1881), Heft
I, 100-112; 37 (1879), 113-128; Datteln 1885, 102-130.
Verweise
© Pfr. Dr. Heinrich Michael
Knechten, Horneburg 2021
[1] Evelt in Zeitschr.
f. Alterthumskunde Westf. Bd. 24. S. 88.
[2] [Schulte Heinrich
von Ahsen und Heinrich Möllmann, Kirchmeister der Kapelle Unserer Lieben Frau
zu Ahsen.]
[3] [Herr Michael,
Rektor in der (dieser) Zeit der vorgenannten Kapelle zu Ahsen.]
[4] [Sub pœna gravi
arbitraria – unter schwerer richterlicher Strafe (Strafandrohung).]
[5] "Anno 1697
factum est exordium ad fundandam Vicariam Ahsensem auctore adm. Rdo. D.
Gerhardo Hermann Uphoff vicario in Recklinghausen, homine Deo devoto et mundo
exemplari, tempore adm. Rdi. Dni. Pastoris Henrici Ebbinghaus, uti et Johannis
Schumacher et Theodori Breuckman Antistitum et Provisorum." [Im Jahre 1697
wurde der Beginn zur Gründung der Ahsener Vikarie durch den Verwalter, den
Hochwürdigsten Herrn Gerhard Hermann Uphoff, Vikar in Recklinghausen, gemacht,
einem gottergebenen und beispielhaft reinen Menschen, zur Zeit des Verwalters
des Hochwürdigsten Herrn Pastors Heinrich Ebbinghaus, sowie auch des Johannes
Schumacher und Theodor Breuckman, Vorsteher und Fürsorger.]
[6] Evelt a.a.O. Bd.
23 S. 87. Ueber Oer und Koren s. S. 18.
[7] [Aus einem
Sonderzugeständnis und durch die Autorität des Bischofs den Taufbrunnen, ohne
das Privileg zu begraben (Begräbnisse halten zu dürfen).]
[8] Ueber Barckhoff s.
unten S. 64.
[9] [Zur Zählung: Es
existiert in diesem Buche weder ein als solcher bezeichneter I. noch
III. Abschnitt. Der II. Abschnitt, der von der Gefangennahme Vestischer
Geistlicher handelt, steht zwischen dem ersten und zweiten Teil der
historischen Ausführungen über die Gemeinde Datteln.]
[10] Tüsinck hatte die
zweite Frühmessen-(Dorotheen) Vikarie in Recklinghausen.
[11] In Horneburg, Oer
und selbst in der großen Gemeinde Datteln war zu jener Zeit außer dem Pastor
kein anderer Seelsorger. Der Pastor von Recklinghausen Johann Dobbeling war
1633 aus Furcht vor den Hessen nach Cöln geflohen.
[12] Die Räthe von
Westfalen hatten unter dem 26. Januar berichtet, daß die von Fürstenberg und
der von Steinfurth, der Abt von Schede und andere Geistliche gefangen nach Werl
abgeführt seien.
[13] Bei dessen
Anwesenheit in Dorsten, wo ihm Tüsinck eine Bittschrift überreichte.
[14] So wie die zu Werl
gefangen gehaltenen.
[15] (Es liegt in 2
Kopien vor, ohne Datum und Unterschrift. [Die abschließende runde Klammmer
fehlt im Original.]