Grundzüge in Leben und Werk Florenskijs
Andronik (Trubačëv)
Pavel A.Florenskij sieht sich
von Jugend an dem Unverständnis ausgesetzt, weil sich sein Denken im Gegensatz
zum Empfinden seiner Zeit bewegt. Eine gewisse Widersprüchlichkeit ist schon
mit seiner Herkunft gegeben: nördliche und südliche Elemente (russische und
armenische), künstlerische und naturwissenschaftliche Ansätze finden sich bei
seinen Vorfahren. Die Lösung dieses Antagonismus wird zur Lebensaufgabe
Florenskijs.
Seine mathematischen Arbeiten
sieht er als Katharsis an: Reinigung des Denkens, Schaffen einer tragfähigen
Grundlage.
Philosophisch steht er
insbesondere Plato nahe. Er stellt die symbolisch-magische Natur des Mythos
heraus.
Lange ringt er mit sich, ob
er im wissenschaftlichen oder kirchlichen Bereich arbeiten soll. Die Lösung
dieses Problems ist für ihn bezeichnend: er wird Priester und zugleich
Wissenschaftler.
Hier soll ein Gedanke
Florenskijs hervorgehoben werden, der für die Folgezeit bedeutend wird: Nicht
nur ein kulturelles Ensemble (wie z.B. die Svjato-Troickaja Sergieva lavra)
stellt ein Ganzes dar, sondern auch der Lebensraum der Erde ist eine Ganzheit.
Nur aus diesem Blickwinkel heraus handelt der Mensch so, dass auch die
folgenden Generationen leben können.
Florenskij nutzt die Zeit
seiner Gefangenschaft, um naturwissenschaftliche Studien zu treiben, z.B. im
Permafrost. Er sammelt aber auch Materialien für ein oročonisch-russisches
Wörterbuch. Hierbei handelt es sich um eine tungusisch-man'čžurische Sprache.
Das Leiden spielt eine große
Rolle im Lebens Florenskijs: Leiden am Unverständnis seiner Umgebung, Leiden am
Widerstand der wissenschaftlichen Materie, mit der er ringt, Leiden zuletzt
durch die ungerechte Behandlung, die ihm zuteil wird, obwohl er sich um die
junge Sovetunion verdient machte, indem er die Elektrifizierung vorangetrieben
und die theoretischen Grundlagen zur Materialforschung erweitert hat.
Anmerkung
von Heinrich Michael Knechten
Vgl. Mönchsdiakon Andronik
(Trubačëv), Osnovnye čerty ličnosti, žizn' i tvorčestvo svjaščennika Pavla
Florenskogo, in: Žurnal Moskovskoj Patriarchii, 1982, Nr. 4, 12-19.
In diesem Artikel (S. 19)
wird als Todestag der 15.12.1943 angegeben. Doch eine NKVD-Akte belegt seine
Erschießung am 8.12.1937.