Pater
Erlemann
Pater Heinrich Erlemann wurde am 5. März 1852 in Wadersloh (Münsterland) geboren. Sein Vater war Schreiner, so erlernte auch er dieses Handwerk. Darüber hinaus, erhielt er eine architektonische Ausbildung im Baufach, speziell für Kirchenbauten, und für kirchliches Kunsthandwerk. Ein befreundeter Geistlicher vermittelte ihm die Anfangsgründe der lateinischen Sprache.
Er wollte Priester werden. Da zu dieser Zeit in Deutschland der Kulturkampf tobte, entschloß er sich, bei den Franziskanern in Amerika einzutreten. Er hatte das Reisegeld schon in der Tasche, als ihn ein Priester auf die Gründungspläne Arnold Janssens aufmerksam machte, der zu dieser Zeit noch Schwesternseelsorger in Kempen war.
Im Alter von 23 Jahren war er im Jahre 1875 der allererste „Zögling“ der Steyler Missionsgesellschaft. Arnold Janssen erhielt eine Geldsumme als Spende und kaufte damit ein altes Wirtshaus an der Maas in Steyl. Es handelte sich um ein ehemaliges Gasthaus für Fuhrleute, die am Steyler Hafen Waren abholten. Für Arnold Janssen war der niedrige Preis des Gebäudes ausschlaggebend, da er nur über wenige Mittel verfügte.
Heinrich Erlemann kam am 25. Juli 1875 nach Steyl, richtete das Haus ein und schmückte es für den Gründungstag der Steyler Mission am 8. September 1875, dem Fest Mariä Geburt.
1876 erfolgte der erste Neubau, der auch eine Kapelle enthielt, die dem heiligen Erzengel Michael geweiht war. Dort wurden sieben Jahre lang Gottesdienste gefeiert.
In der Folgezeit erbaute er das erste größere Studienhaus sowie Unterkunftsräume für die wachsende Zahl der „Zöglinge“ und schließlich die berühmte neugotische Doppelkirche. Er arbeitet mit zehn älteren Mitschülern zusammen, die ein Team am Bau darstellten.
Die ersten Jahre waren wegen seiner Doppelbelastung schwierig: Täglich arbeitete er am Zeichentisch, stand auf dem Maurergerüst und war überall an der Baustelle zu sehen, zugleich aber bemühte er sich, mit seinen Mitstudenten mitzukommen. den Studienstoff in sich aufzunehmen und alle Examina zu bestehen. 1883 legte er die Gelübde ab und 1884 wurde er im Alter von 32 Jahren zum Priester geweiht.
Bald darauf kam der Gründer der Südshandongmission, Johann Baptist von Anzer (1851-1903; seit 1886 Bischof), nach Steyl und bat, ihm den Baumeister zu überlassen. Zusammen mit vier anderen Mitbrüdern reiste Pater Erlemann zu Beginn des Jahres 1886 nach China. Pater Erlemann wirkte als Missionar und erbaute mehrere Kirchen. Das schreibt sich recht einfach, aber es ist die damalige Situation zu beachten: Hilfsmittel waren kaum vorhanden und seine Arbeiter hatten keine Erfahrung im Bau größerer Gebäude. Er mußte ihnen jeden Handgriff vormachen und sie bei allem begleiten, was sie taten. Dazu kommt, daß es Räuberbanden gab. Außerdem wuchs die Fremdenfeindlichkeit. 1899 bis 1901 war der Boxeraufstand, der diesen Namen nach der Kampfsportausbildung der Aufständischen erhielt. 32.000 christliche Chinesen fielen ihm zum Opfer.
1908/1909 arbeitete er in Tsiningfu und 1910/1911 in Tsiningtschou.
In seinen letzten Lebensjahren litt Pater Erlemann an Malaria, Flecktyphus, Unterleibstyphus, Ruhr und Pocken. Seine Lunge, sein Magen und sein Herz bereiteten ihm Schwierigkeiten.
Vor Pfingsten 1917 ging er nach Dädja, um den Grabstein für Pater Theodor Vilsterman (1857-1916) herrichten zu lassen. Da überfielen ihn zunächst starke Magenschmerzen und anschließend setzte ein Herzschlag seinem Leben ein Ende. Es war der 30. Mai 1917.
Pater Erlemann war 31 Jahre in der Mission, 33 Jahre Priester und 42 Jahre Mitglied der Gesellschaft des Göttlichen Wortes. Er wurde 65 Jahre alt. Er war schlicht, einfach und offenherzig, arbeitsam bis über die Grenzen seiner Kräfte hinaus und kompetent in seinem Fach.
Pater August Henninghaus (11. September 1862 bis 20. Juli 1939), Ein verspäteter Nachruf, in: Stadt Gottes, März 1920.
Herzlichen Dank an Norbert Nordmann für die Bereitstellung dieses Artikels!
Es ist erstaunlich, daß das fünfbändige Werk „So waren sie“ Erlemanns Namen nicht einmal erwähnt. Dieses Werk wurde von Pater Johannes Fleckner 1991 bis 2002 in St. Augustin herausgegeben.
Pater Henninghaus konzentrierte sich in seinem Nachruf auf die Person Pater Erlemanns. Was die Erbauung der Steyler Doppelkirche anbetrifft, sind weitere Namen zu nennen.
Bei seinem ersten Aufenthalt in Rom im Jahre 1878 lernte Arnold Janssen den Priester Josef Prill kennen, der ihm den Bau einer Doppelkirche als Zentrum des Missionshauses vorschlug, da das Grundstück, das Janssen erworben hatte, klein war. So konnte auf der gleichen Fläche doppelt soviel Raum geschaffen werden. Pfarrer Münzenberger aus Frankfurt am Main war Bauberater seines Bischofs. Er riet, die Kirche in die zur Maas verlängerte Achse des ersten Neubaus von 1876 zu stellen. Das Vorbild war die ehemalige Klosterkirche in Schwarz-Rheindorf bei Bonn-Beuel.
Josef Prill fertigte die Grund- und Aufrisse für die Doppelkirche. Heinrich Erlemann führte die Detailzeichnungen aus und hatte die Bauleitung. Der Bauunternehmer Gottfried Peeters aus Baarlo wurde mit der Ausführung beauftragt. Die Steyler Brüder übernahmen in ihren Werkstätten viele handwerkliche Arbeiten, auch die Schüler leisteten zahlreiche Dienste.
Am 25. März 1881, dem Fest der Verkündigung, legte Bischof Paredis von Roermond den Grundstein. Am Pfingstfest, 12. Mai 1883, konnte die erste Heilige Messe in der Unterkirche gefeiert werden. An Mariä Geburt, 8. September 1884, weihte Bischof Paredis die Oberkirche.
Literaturhinweise
o Die jüngste Christenverfolgung in Südschantung (Zining, 22. Juli 1896), in: Kleiner Herz-Jesu-Bote, 24, November 1896, Nr. 2,12-15.
o Henninghaus, August, P. Josef Freinademetz. Sein Leben und Wirken. Zugleich Beiträge zur Geschichte der Mission Süd-Schantung, Yenchowfu 1920; Yenchowfu 21926,
o Rehbein, Franziska Carolina, Das Geheimnis der Liebe Gottes in der Symbolik der Oberkirche von St. Michael – Steyl, Nettetal 2007.
o Rivinius, Karl Josef, Im Spannungsfeld von Mission und Politik. Johann Baptist Anzer (1851-1903) Bischof von Süd-Shandong, Nettetal 2010.
o Schwager, Friedrich (1876-1929), Die katholische Mission in Südschantung, Hamm 1902.
© Dr. Heinrich Michael Knechten, Stockum 2024