Bernhard
von Clairvaux (1090-1153) |
|
|
Nec
quaerit redimi, qui se nescit captivum. – Nicht sucht erlöst zu werden, wer
sich nicht als gefangen (unfrei) erkennt. (Brief 190, 13, Werke 3, hg. v. J.Leclercq,
H.Rochais u. G.B.Winkler, Innsbruck 1992, 26.28). Er
war nicht leer, nicht aufnahmebereit, nicht demütig, sondern hochmütig; denn
er wollte nicht erfahren, was ihm fehlte, sondern er zählte seine Verdienste
auf (Lk 18, 12; In annuntiatione dominica sermo 3, 10, Werke 8, Innsbruck
1997, 152). Welche
gerechte Beurteilung wirst du erlangen, frage ich, der du nach dem Abbild des
Schöpfers geschaffen wurdest (Gen 1, 26), doch eine solch majestätische
Stellung in dir nicht verteidigst und deine Würde nicht erkennst, die du als
Mensch hast, unvernünftigen Tieren gleichst und ihnen ähnlich wurdest (Ps 48,
13), weil du nichts Geistliches oder Ewiges erarbeitet hast, sondern
ausschließlich mit materiellen und vergänglichen Gütern zufrieden warst, ein
tauber Hörer jenes evangelischen Rates: „Müht euch nicht um die Speise, die
vergeht, sondern um die, welche für das ewige Leben bleibt“ (Joh 6,27)?
(Brief 104, 2, Werke 2, Innsbruck 1992, 262). Nicht
wenige bleiben kaum eine Stunde bei ihrem Entschluss; vom Wind des
Leichtsinns angeweht, wanken sie ziellos und unbeständig wie Betrunkene hin
und her; versuchsweise wechseln sie ihre Meinung, vielmehr treiben sie ohne
eigene Meinung im Strome der Zeit; sie schmieden so viele Pläne, wie sie Orte
besuchen; begehren immer das, was sie nicht haben, und sind dessen
überdrüssig, was sie haben. (De praecepto et dispensatione 46, Werke 1,
Innsbruck 1990, 410). Wer
einem zerbrochenen Gefäß gleichgeworden ist, verliert seine Seele und bewahrt
sie auf diese Weise für das ewige Leben (Joh 12, 25). Gott der Vater sandte
ein Gefäß voll mit seinem Erbarmen auf die Erde; dieses Gefäß wurde im Leiden
zerbrochen und unser Lösegeld ergoss sich aus ihm. (In vigilia nativitatis
sermo 5, 5; In epiphania sermo 1, 2, Werke 7, Innsbruck 1996, 232.234.292.294). Wo
findet sich eine sichere und feste Ruhe für die Schwachen, wenn nicht in den
Wunden des Erlösers? Er wurde ja wegen unserer Vergehen verwundet (Jes 53, 5;
Sermo 61, II, Werke 6, Innsbruck 1995, 314). Der
Sünder nähert sich ohne Zweifel den Füßen des Schmerzensmannes, der die
Schwächen kennt, und spricht mit Vertrauen: Lasset uns mit Zuversicht zum
Throne seiner Gnade hinzutreten (Hebr 4, 16); „wir haben ja nicht einen
Hohenpriester, der mit unseren Schwächen nicht mitfühlen könnte“ (Hebr 4,15).
Die Sünderin kommt, um ihm die Füße zu salben (Lk 7,38; Sermo 90, 2, Werke 9,
Innsbruck 1998, 338). Das
Hohelied besang die Geheimnisse ewiger Vereinigung (aeterni connubii cecinit
sacramenta; Sermo 1, 8, Werke 5, Innsbruck 1994, 60). Die
Kontemplation ist ein verschlossener Garten (hortus conclusus) mit einem
versiegelten Quell (Hld 4, 12). Die Weisheit ist die Süßigkeit des Herrn:
„Kostet und seht, wie süß der Herr ist“ (Ps 33, 9). Sie ist verborgenes Manna
und ein neuer Name, den nur kennt, wer ihn empfängt (Offb 2, 17). Nicht die
Bildung lehrt dies, sondern die Salbung (1 Joh 2, 27), nicht die Wissenschaft
begreift es, sondern das Gewissen. (Ad clericos de conversione XIII, 25,
Werke 4, Innsbruck 1993, 208). |