Rechenschaftsbericht des Professors und Erzpriesters
Sergius Bulgakov,
erstattet im Oktober 1935 an seine Heiligkeit den
Metropoliten Eulogius.
Eure Heiligkeit,
Eure Heiligkeit hat mir den Vorschlag gemacht, mich schriftlich über den Inhalt der Verordnung des Moskauer Patriarchats zu äußern, die sich gegen meine theologische Lehre über die Sophia: die Weisheit Gottes, richtet. Zu einer Entgegnung verpflichtet mich aber nicht nur der Gehorsam gegenüber Eurer Heiligkeit, sondern auch der Umstand, dass ich vom Moskauer Metropoliten, dem Haupte meiner mütterlichen Kirche, vor meinen Zuhörern, den Studenten des Theologischen Instituts, vor der mir anvertrauten Gemeinde, allen orthodoxen Kirchen und endlich auch vor der gesamten christlichen Welt, mit der ich durch zahlreiche ökumenische Beziehungen verbunden bin – der Untreue gegenüber dem orthodoxen Glauben bezichtigt werde. Zunächst muss ich, im Hinblick auf diese Anklage, eine grundlegende Tatsache feststellen, die für den vorliegenden Fall überaus charakteristisch ist. Meine Werke, in denen meine Gedanken zur Darstellung kommen – d.h. die lange Reihe von Büchern und Aufsätzen in verschiedenen Sprachen, die zusammen mehr als eintausend Seiten umfassen und von mir während eines Zeitraums von mehr als 20 Jahren zur Veröffentlichung gelangten, können zu ihrem größten Teil dem Metropoliten Sergius und seinem Synod schwerlich bekannt geworden sein, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil das Sowjetregime die Einfuhr von Büchern theologischen und religiösen Inhalts nicht gestattet. Aber selbst wenn man annehmen wollte, dass im gegebenen Falle für diesen besonderen Zweck eine Ausnahme hätte gemacht werden können, so ist dies ja nach dem eigenen Geständnis des Metropoliten Sergius nicht geschehen, der ja selbst erklärt, er habe den Metropoliten von Litauen ersucht, ihn ausführlicher über meine Lehre zu informieren, und das vom Metropoliten Eleutherius und auf dessen Verantwortung hin vorgelegte Material „gäbe nunmehr die Möglichkeit, sich ein Urteil über diese Lehre zu bilden“. Aber selbst wenn der Metropolit kein so aufrichtiges Geständnis über die Quellen seiner Information gemacht hätte, ginge doch aus dem ganzen Inhalt des Dokuments mit genügender Deutlichkeit hervor, dass er die meisten meiner Werke nicht kennt. Ich muss mich daher allein auf die Auszüge beschränken, die ihm durch Vermittlung des Metropoliten Eleutherius bekannt geworden und fast ausnahmslos einigen Kapiteln meines letzten Buches „Das Lamm Gottes“ entnommen sind. Wir finden uns daher einem ganz eigenartigen Fall gegenüber: Das Urteil über meine Lehre ist vom Metropoliten Sergius ohne genauere Kenntnis der inkriminierten Werke gefällt worden.
Außerdem aber möchte ich noch auf eine besondere Einzelheit aufmerksam machen. Unter all meinen Werken, die im Literaturverzeichnis erwähnt sind, gibt es nur eins, das dem Metropoliten Sergius zugänglich sein konnte. Es ist dies das zu Beginn des Jahres 1917 in Moskau erschienene Buch „Das ewige Licht“. Als Autor dieses Buches aber war ich Mitglied des allrussischen Kirchenkonzils und wurde ich von diesem sogar zum Mitglied der Oberkirchenverwaltung gewählt. Im Sommer des Jahres 1918 richtete ich an den Hochheiligen Patriarchen das Gesuch, mich durch Handauflegung zum Priester zu weihen, eine Bitte, die der Patriarch mit väterlicher Liebe und Vertrauen entgegennahm und auf die hin er seinen Vikar, den ehemaligen Rektor der Moskauer Geistlichen Akademie, Bischof Theodor, der mich selbst und meine Werke seit langem kannte, mit der Handauflegung beauftragte. Wie ich denn überhaupt von den Mitgliedern des Kirchenkonzils (Sobor) nie ein Wort des Misstrauens oder Zweifels hinsichtlich meiner Rechtgläubigkeit vernommen habe.
Es entsteht hiernach die Frage: Wie vermochte der Metropolit über die Schwierigkeit hinwegzukommen, sich über ein kompliziertes „System“ ein Urteil zu bilden, ja ein Verdammnisurteil über dieses System auszusprechen, ohne es wirklich zu kennen? Er sagt, es sei „unzweckmäßig, auf einzelne Punkte hinzuweisen, in denen Bulgakovs Ansicht in offenem Widerspruch zur Lehre der Kirche steht und bisweilen sogar häretische Anschauungen erneuert, die bereits von der Kirche verworfen wurden“. Allein wenn es solche Punkte gibt und wenn sie dem Metropoliten Sergius bekannt sind, so ist es geradezu Pflicht, auf sie hinzuweisen, sowohl um die Gläubigen zu warnen, als auch zu meiner persönlichen Aufklärung und Zurechtweisung. An einer andern Stelle sagt der Metropolit: „Wir brauchen hier nicht das ganze System Bulgakovs darzulegen. Wenn wir nicht seiner hypnotisierenden Wirkung verfallen wollen, tun wir gut, es von einer andern Seite her zu betrachten: Nehmen wir einige Grundsätze der orthodoxen Dogmatik und sehen wir zu, worin sie sich in der Interpretation durch Bulgakov verwandeln.“ Man sollte meinen, hier wäre es nur natürlich, gerade umgekehrt zu verfahren: wenn man schon ein allgemeines und endgültiges Urteil über mein System fällen, um so mehr aber, wenn man es zurückweisen und verdammen will, so ist es geradezu unerlässlich, „das System“ als Ganzes, von seinen grundlegenden Voraussetzungen aus zu betrachten, und den Weg vom Zentrum zur Peripherie einzuschlagen. Trotzdem aber wird, ungeachtet der Ablehnung, das System als Ganzes zu untersuchen, diesem System das Urteil gesprochen! „Dieses Prinzip selbst“, so lautet das Urteil, „(die Lehre von der Sophia) entspricht nicht dem Geiste der Kirche, und das ganze System ist so selbständig und eigenartig (?!), dass es entweder an die Stelle der kirchlichen Lehre treten oder ihr Platz machen müsste, in keinem Falle jedoch mit dieser zu verschmelzen vermag.“ Was soll man auf ein solches Verdammnisurteil erwidern?
Ehe ich jedoch zur Analyse des dogmatischen Inhalts der Verordnung übergehe, muss ich noch besonders darauf hinweisen wie wenig ein solcher Akt dem Geiste der Kirche und des orthodoxen Christentums entspricht. Der Metropolit Sergius nimmt hier die Rolle des römischen Papstes auf sich, die im "charisma veritatis" dogmatisch festgelegt ist, nämlich die des Pontifex, der gemäß dem Vatikanischen Dogma ex sese sine consensu ecclesiae unfehlbar urteilt. Wir wissen aus der Kirchengeschichte selbst, in welchem Maße sogar die höchsten Würden auf der Stufenleiter der Hierarchie ihre Inhaber nicht vor dogmatischen Irrtümern zu bewahren vermochten. Ich halte mein „System“ durchaus nicht für unfehlbar: es muss noch zur Diskussion gestellt werden – jedoch diese Diskussion hat noch nicht einmal begonnen.
Der theologische Inhalt der Verordnung des Metropoliten Sergius zerfällt in zwei Teile: in einen allgemeinen und in einen besonderen Teil. Der erste enthält die Charakteristik des Typus meiner theologischen Lehre, der zweite geht auf einzelne dogmatische Probleme ein. Der erste Teil führt zu einer allgemeinen Verurteilung des Typus meines Systems. Hier heißt es einmal: „Er besteht nicht auf der Kirchlichkeit seiner Lehre. Als echter Intellektueller blickt er auf die kirchliche Überlieferung ein wenig von oben herab, als auf einen Standpunkt, über den man bereits hinweggeschritten ist und der bereits hinter uns liegt.“ Ich protestiere aufs entschiedenste gegen diese mir zugeschriebene Absicht, nicht auf der Kirchentreue meiner Anschauungen bestehen zu wollen: eine Haltung, die für einen rechtgläubigen Priester und Theologen mehr als seltsam wäre. Wenn der Metropolit Sergius mein Werk in Händen hätte, so könnte er sich davon überzeugen, dass es darin keine einzige Untersuchung gibt, bei der ich nicht den ganzen Inhalt der kirchlichen Überlieferung, soweit diese mir zugänglich war, heranziehe und berücksichtige: und zwar in ihrem ganzen Umfange und in jeder ihrer Formen, d.h. sowohl die Patristik, als auch die Liturgik, die Ikonographie usw., ob es sich nun dabei um die Verehrung der Heiligen Jungfrau, des Hlg. Johannes des Täufers, der heiligen Engel, der heiligen lkonen, oder um Fragen der Christologie, der Ekklesiologie oder der Pneumatologie etc. etc. handelt. Und das habe ich stets und nicht allein aus Gründen des wissenschaftlichen Gewissens, sondern vor allem auch aus Gehorsam gegenüber der Kirche getan, weil ich die echte Überlieferung suchte und weil es mir darum zu tun war, ihre wahre Stimme zu vernehmen. Allerdings bedarf es hierzu immer auch einer gewissen kritischen Arbeit der Auswahl und Unterscheidung: einer Arbeit, die geradezu unumgänglich und notwendig ist.
Zu den kritischen Methoden des Metropoliten Sergius gehört auch die Art, wie er meine Lehre charakterisiert. Diese Charakteristik gründet sich nicht bloß darauf, was ich behaupte, sondern auch auf das, was aus meinen Behauptungen gefolgert werden könnte. So lese ich zu meinem Erstaunen, dass man auf Grund meiner Lehre zu Ansichten gelangen könne, die sich mit denen Rosanovs berühren würden. Ebensowenig aber habe ich bisher in meinen Schriften eschatologische Themen, wie die Lehre des Origenes und des Heiligen Gregorius von Nyssa von der Erlösung des Teufels und den ewigen Qualen behandelt. „Jeder Tag hat seine Plage.“ [Vgl. Mt. VI,34].
Mit der größten Schärfe und Hartnäckigkeit jedoch charakterisiert der Metropolit Sergius mein System immer wieder als „Gnostizismus“. Was hat das zu bedeuten? – wenn es überhaupt etwas bedeuten soll. In der Verordnung gibt der Metropolit Sergius, gleichsam wie im Vorübergehen, folgende Charakteristik des Gnostizismus: Da heißt es erstlich: „Umsomehr als die Lehre von der Weisheit, vom Logos und von der Vermittelung zwischen Gott und der kreatürlichen Welt das Grundproblem der Gnostiker darstellte“; sodann aber heißt es weiter: „auch in ihrer äußeren Gestalt erinnert sie an die Gnostiker: sie operiert mit einer Terminologie und mit Begriffen, die in der orthodoxen Dogrnatik und der Heiligen Schrift üblich sind.“ Es ist jedoch klar, dass auch das ganze patristische Schrifttum unter diese beiden Merkmale subsumiert werden kann, genau so wie jede Dogmatik überhaupt, denn womit hat sich das theologische Denken zur Zeit der Allgemeinen Konzile sonst beschäftigt als mit den Problemen der Weisheit, des Logos oder der Vermittelung zwischen Gott und der kreatürlichen Welt? (es genügt bloß, den Heiligen Athanasius d. Gr. als Beispiel anzuführen), wobei diese Idee natürlich in der Terminologie und in den Begriffen ausgedrückt werden, „die in der orthodoxen Dogmatik, in der Heiligen Schrift etc. (?) üblich sind“.)
Mit welchen gnostischen Systemen und mit was für Zügen, die ihnen eigentümlich sind, bringt nun aber der Metropolit Sergius meine Lehre tatsächlich in Zusammenhang? Ich persönlich muss bekennen, dass ich eigentlich niemals Geschmack am Gnostizismus finden konnte und nie unter dem Einfluss dieser tatsächlich halb-paganistischen, synkretistischen Lehren gestanden habe und daher jede Gemeinschaft mit dem Gnostizismus aufs entschiedenste ablehne.
Offenbar bezieht sich diese Charakteristik meiner Theologie hatiptsächlich auf deren Hauptthema – die Lehre von der Sophia, der Weisheit Gottes, eine Doktrin, die der Metropolit Sergius nicht anders als unter dem Aspekt des Gnostizismus zu sehen vermag. Ich hingegen bin überzeugt, dass dies ein zutiefst und wesentlich orthodox-christliches Thema ist, das uns von dem Worte Gottes selbst (vgl. Spr. Sal. Vll-IX; Spr. Sal. I u. Sir., sowie auch die neutestamentlichen Texte und die Patristik) und schließlich auch durch unser russisch-kirchliches Bewusstsein nahegelegt wurde. Gerade der russischen Kirche ward die besondere Offenbarung von der Sophia in ihrem gottgebärenden Aspekte zuteil (im Unterschied von der justinianischen Sophia und andern Sophienkirchen, die Christus in Byzanz geweiht waren). Die alten Heiligtümer der russischen Erde: die Kiewer und Nowgoroder Sophia, die ihre Tempelfeier an den der Gottesmutter geweihten Festtagen: der Geburt der göttlichen Mutter und ihres Entschlafens begeht, samt ihren lkonen und ihrem Gottesdienst, stellen eine vollständige Offenbarung von der Göttlichen Sophia dar, die ein Theologe, wie es sich gebührt, in einem entsprechenden Ideensystem ausdrücken sollte. Das war in der Tat auch die Quelle, aus der ich schöpfte und mich bei der Konstruktion meines "Systems" inspirierte, wovon in meinen verschiedenen Schriften des öfteren die Rede ist. Gleichzeitig aber wird dieses Thema auch durch unsere ganze Gegenwart, durch die gesamte heutige Kulturkrise gestellt, der das christliche Denken völlig fassungslos und hilflos gegenübersteht. In dieser Offenbarung, die unseren Vorfahren anvertraut war, liegen geistige Werte verborgen, die durch ihre sophianische Auffassung von der Welt und dem Menschen bedeutungsvoll in die Zukunft weisen. Das ist der Sinn dieses so überaus wichtigen und bedeutsamen Themas. Die Frage nach der Sophia, der Weisheit Gottes, ist überhaupt noch nicht richtig erörtert, nicht zur Diskussion gestellt worden, der der Metropolit Sergius durch sein Urteil schon eine Ende bereiten will, noch ehe sie begonnen hat: ein Fall, auf den uns das Wort des Apostels Paulus zu passen scheint: „Denn es muss auch Meinungsverschiedenheiten unter euch geben, auf dass sich der Scharfsinnigste von euch offenbare“ (I. Kor. XV,19).
Nach diesen Bemerkungen über den allgemeinen Teil des Berichts des Metropoliten Sergius gehe ich nunmehr zu dem besonderen Teile über, in dem meine Lehre nach drei Punkten kritisiert wird. Die Eigenart dieses Teils besteht der Hauptsache nach, darin, dass der Metropolit hier als theologischer Privatgelehrter auftritt, der jedoch seine theologischen Privatmeinungen, die bisweilen als durchaus strittig und zweifelhaft angesehen werden müssen, einfach mit der Wahrheit der Kirche identifiziert und seine häufig irrige, weil ungenaue Auffassung von meiner Lehre mit dem allgemeinen Standpunkt der Kirche zusammenfallen lässt. Ich sehe mich daher gezwungen, dieser Entgegnung auf jenen Teil der Kritik die Form einer theologischen Auseinandersetzung zu geben.
[I. Die Sophia in der Dreieinigkeit].
Im ersten Paragraphen heißt es: „obwohl er betont, dass die Sophia keine vierte Hypostase in der Heiligen Dreifaltigkeit darstelle, bedeutet seine Theorie doch, trotz aller Reservate, eine offenkundige Negierung der Christlichen Lehre von der Heiligen Dreifaltigkeit“. Wieso? Und in welchem Sinne? Für dieses geradezu vernichtende Urteil wird auch nicht ein einziger Grund angeführt. Ich kann darauf nur mit einer Frage antworten: Stellt etwa die biblische Lehre von der Weisheit Gottes und von der Herrlichkeit Gottes im Alten Testament auch eine „offenkundige Negierung der Lehre von der Dreieinigkeit“ dar? Ich müsste noch weiter fragen, ob auch die Lehre der Kirchenväter über die Urbilder und die Vorherbestimmung in Gott beim Heiligen Dionysius, bei Maximus dem Bekenner, bei Johannes Damascenus usw. „eine offenkundige Negierung der Lehre von der Heiligen Dreieinigkeit“ bedeute. Stellt etwa auch die Lehre des Heiligen Gregorius Palama[s] von der Vielheit der Göttlichen Energien in Gott „eine offenkundige Leugnung der Heiligen Dreifaltigkeit“ dar? Und schließlich: Ist nicht vom Standpunkt des Metropoliten Sergius, wenn man nur alle Konsequenzen aus seiner Anschauungsweise zieht, auch die Anerkennung der in der Heiligen Dreifaltigkeit gesetzten Usia auch schon eine „offenkundige Negierung des Dogmas von der Dreieinigkeit“? Leider vermag ich in diesem Falle die Ansicht des Metropoliten Sergius nicht als dogmatischen Maßstab gelten zu lassen, wie wenn diese Ansicht eine von selbst einleuchtende Wahrheit wäre. Im Gegenteil; in der vorliegenden Formulierung scheint sie mir gegen die Totalität der Offenbarung von der Heiligen Dreifaltigkeit zu verstoßen. Ferner bestreitet der Metropolit Sergius die Möglichkeit, dass die Weisheit Gottes – Gottes Liebe zu erwidern vermochte – da ja Gott selbst die Liebe ist und da es in Ihm nichts Unlebendiges gibt, noch geben kann, und daher auch nichts, das nicht liebte. Überhaupt gibt es in den Ausführungen des Metropoliten mehrere, voneinander verschiedene Begriffe von der Liebe: es gibt eine hypostasenhafte und eine nicht hypostasenhafte, eine aktive Liebe und eine diese erwidernde Gegenliebe (die demnach eine passive oder „weibliche“ Liebe ist1). Der Metropolit Sergius leugnet die Möglichkeit einer solchen nicht-hypostasenhaften Liebe und setzt sie herab, indem er sie zu einem „Instinkt, der nicht von der Vernunft gelenkt wird“ oder „zu einer wortlosen Bewegung“ macht, ja, der Metropolit erinnert sogar an das Verlangen nach dem Manne, das Eva nach dem Sündenfalle empfindet. Die theologische Privatansicht des Metropoliten Sergius wird natürlich sofort für die allgemeine "christliche Anschauung" ausgegeben. Ich vermag sie als solche nicht anzuerkennen und zwar aus folgenden Gründen: Der erste ist dieser: Wie ist vor allem das Verhältnis der kreatürlichen Welt zu Gott zu verstehen? Ist diese Welt ein toter, lebloser, der Liebe unfähiger Stoff, der von Gott als solcher geschaffen wurde? Oder fehlt auch ihm, als einem Geschöpfe des Gottes der Liebe, nicht ganz die Gabe der Gegenliebe, der Fähigkeit der Liebe zu seinem Schöpfer – wenn diese Liebe auch natürlich nicht hypostasenhaft, ja nicht einmal eine Liebe ist, „die von der Vernunft gelenkt wird“, (denn man liebt ja nicht mit der Vernunft), selbst wenn sie vielleicht nur eine instinktive Liebe wäre? Wir finden in der Heiligen Schrift zahlreiche Hinweise darauf, dass das Geschöpf den Herrn preist und Ihn daher natürlich auch liebt, so tief diese Liebe auch unter der hypostasenhaften Liebe stehen mag.
Betrachten wir sodann die Offenbarung, die uns über die Kirche zu teil ward, welche ja der einige, von einem Geiste erfüllte Leib (I. Kor. XII,13) d.h. natürlich der vom Geiste der Liebe erfüllte Leib ist. „Ihr seid aber der Leib Christi und Glieder, ein jeglicher nach seinem Teil“ (daselbst 27). Wie steht es jedoch mit diesem einigen Leib? Existiert er als solcher oder nur in seinen Gliedern, oder mit andern Worten: ist dieser Leib ein persönliches oder ein unpersönliches Wesen, das dennoch durch den Geist mit Liebe erfüllt und der Liebe zu seinem Haupte fähig ist? Darüber belehrt uns der Apostel Paulus in seinem Briefe an die Epheser, wo er geradezu ausspricht, dass der Leib, dessen Haupt Christus ist, „zusammengefügt ist und ein Glied am andern hängt durch alle Gelenke, dadurch eins dem andern Handreichung tut, nach dem Werk eines jeglichen Gliedes in seinem Maße, und macht, dass der Leib wächst zu seiner Selbstbesserung, und das alles in Liebe“, (Eph. IV,16.) Hier ist in bezug auf den Leib Christi, d.h. die Kirche, von der Selbsterschaffung durch die Liebe die Rede. Ist denn aber die Kirche eine Person, als welche ja nach dem Metropoliten Sergius allein der Liebe fähig ist? Selbstverständlich ist sie es nicht, und dennoch liebt sie. Das geht noch deutlicher aus dem V. Kapitel des Epheserbriefes hervor. Hier wird die Liebe Christi zur Kirche an dem Beispiele der Liebe des Mannes zu seinem Weibe erläutert: „Das Geheimnis ist groß; ich sage aber von Christo und seiner Gemeinde.“ (V. 32, vgl. auch V. 23,25) Und in bezug auf Christus heisst es: „Der Mann ist des Weibes Haupt, gleichwie auch Christus das Haupt ist der Gemeinde, und Er ist Seines Leibes Heiland.“ (V. 23)
Haben wir hier nicht ein direktes Zeugnis für die Notwendigkeit des
dogmatischen Postulats einer nicht-hypostasenhaften weiblichen, hingebenden
Liebe vor uns, die ja vom Metropoliten Sergius geleugnet wird? Lassen wir hier
einmal die wundervollen Bilder des Hohen Liedes beiseite, das immer ein Stein
des Anstoßes für die rationalistischen Theologen bleibt, und wenden wir uns an
die Apokalypse, so finden wir da eine Dramatisierung des V. Kapitels des
Epheserbriefes in dem Bilde des mit der Sonne bekleideten Weibes, "der
Hochzeit des Lammes (Offenb. Joh. XXI,9), das sich zur Ehe rüstet", sowie
das frohlockende Schlusswort: „Und der Geist und die Braut sprechen: Komm!“
(XXII,17.) Wer ist nun diese Braut anderes als die Kirche, und was bedeutet
dieses „Komm“, als die nicht-hypostasenhafte Liebe dieser vernünftigen
geistigen Wesenheit, die keine andre ist, als die Weisheit Gottes in ihrer
ewigen Urbildlichkeit. Um nun die Summe aus allem hier Gesagten zu ziehen, muss
ich erklären, dass ich die persönliche Meinung des Metropoliten Sergius über
die Möglichkeit oder Unmöglichkeit der von ihm so herabgesetzten
nicht-hypostasenhaften Liebe nicht zu teilen vermag, die durchaus im
Einklang mit dem Worte Gottes und den Überlieferungen der orthodoxen
Liturgie steht. Auch kann ich die Auffassung des Metropoliten nicht als
Ausdruck „der christlichen Anschauung“ anerkennen, als Maßtab für welche
sie sich selbst in Vorschlag bringt.
Sodann erhebt der Metropolit Sergius den Vorwurf gegen mich, dass ich auf einem anthropozentrischen Standpunkt stünde, insofern als mein Ausgangspunkt das Axiom „von der Ebenbildlichkeit des Menschen mit Gott“ wäre. Dies ist doch nun aber nichts anderes, als eine Wahrheit, die uns durch die Offenbarung selbst verkündet wurde! „Und Gott schuf den Menschen nach Seinem Bilde“, „auf dass er herrsche über alle Geschöpfe.“ (Gen. I,26-28.) Darf denn „für das rechtgläubige Bewusstsein“ an dieser Wahrheit gerüttelt werden? Was aber die Wechselbeziehungen der Welt, der Engel und der Welt der Menschen angeht, so würde ich diese für das „orthodoxe Bewusstsein“ am besten mit den Worten des Gregorius Palama[s] definieren: „Es gibt nichts, das höher wäre, als der Mensch. – Die geistige Natur der Engel hat nicht dieselbe Lebensenergie, denn sie haben keinen aus Erde erschaffenen Leib erhalten“ usw. Was ferner meine Lehre von der Unterscheidung der Zweiten und Dritten Hypostase in bezug auf die Göttliche Sophia anbelangt, so wird diese Lehre natürlich nicht erschöpft oder auch nur gekennzeichnet durch die Unterscheidung eines männlichen und weiblichen Prinzips in der geistigen Substanz. Allein auch diese Unterscheidung ist durchaus nicht meine eigene, „wer weiß woher stammende“ Erfindung. Auch ist sie "dem orthodoxen Bewusstsein" gar nicht so unbekannt. Es genüge hier nur, auf einige grundlegende Tatsachen hinzuweisen: zunächst einmal darauf, was in der Heiligen Schrift von der Schöpfung des Menschen gesagt wird: „und Gott schuf den Menschen nach Seinem Bilde, nach Gottes Bilde schuf er ihn: und schuf sie als Mann und Frau.“ (Gen. 1,27.) Legt uns dieser Text nicht eine gewisse Analogie zu der geistigen Welt nahe? Sodann sei der Tatsache der Menschwerdung des Logos und dessen Verkörperung in einem Menschen männlichen Geschlechtes, des Herabsteigens des Heiligen Geistes und dessen Innewohnens in der Mutter Gottes, der Jungfrau und Geistträgerin, gedacht, wodurch die Analogie auch nach einer anderen Seite deutlich wird. Die schon zitierten Texte aus dem Epheserbrief und der Apokalypse, wo die Beziehungen zwischen Christus und der Kirche, in der der Heilige Geist wohnt, gleichfalls unter dem Bilde des Bräutigams und der Braut dargestellt werden, bestätigen noch einmal die erwähnte geistige Analogie. Ferner begegnen wir in dem altkirchlichen Schrifttum, besonders in der Lehre des syrischen Autors aus dem IV. Jahrhundert, Afraat, der Vorstellung des Heiligen Geistes in Gestalt einer weiblichen Hypostase. (Philologisch erklärt sich das durch den Mangel des sächlichen Geschlechts in der syrischen Sprache, und der daraus entspringenden Schwierigkeit der Übersetzung des griechischen "Pneuma", allein es ist doch charakteristisch, dass gerade das weibliche Geschlecht [genus femininum] bevorzugt wurde.) So heißt es in der altsyrischen Übersetzung von Job XIV,26 „Heiliger Geist, Trösterin. Die wird euch alles lehren.“ Und schließlich legt ja auch die ganze orthodoxe Mariologie mit ihrer Lehre von der Verherrlichung der Jungfrau Maria, als der Geistesträgerin und Gottesmutter, der „neuen Eva“ Zeugnis für die gleiche geistige Analogie ab.
„Für das orthodoxe Bewusstsein ist diese Beziehung der Sophia, als der Herrlichkeit Gottes auf den Heiligen Geist etwas unerwartet.“ Ich begnüge mich hier damit, darauf hinzuweisen, dass eine solche „Aneinanderrückung“ auch dem rechtgläubigen Bewusstsein eines Heilg. Theophilus und des Heilg. Irinaeus eigen war. Die Herrlichkeit Gottes entspricht nach dem Alten und nach dem Neuen Testament entweder der dreifachen Theophanie, als der Offenbarung Gottes (d.h. der Göttlichen Sophia) – in den Geschichten der Heiligen Propheten Gottes: Mose, Jesaia, Hesekiel, oder sie entspricht geradezu der heiligenden Wirkung des Heiligen Geistes, wie z.B. bei der Einweihung der Stiftshütte und des Alttestamentlichen Tempels, bei dem Herabsteigen des Geistes in Form einer Wolke während der Verklärung (vgl. II. Petr. 1,17) und endlich bei Seiner herrlichen Auferstehung („Christus ist auferstanden in der Herrlichkeit Gottes.“ Röm. VIII, vgl. auch II).
Und nach solch einer Darstellung meiner Ideen wird das Urteil über meine Lehre noch einmal zu dem Gesamtergebnis zusammengefasst: „es sei kaum nötig hinzuzufügen, dass die Lehre Bulgakovs vom Wesen Gottes nichts mit der kirchlichen Überlieferung gemein hat und der Rechtgläubigen Christlichen Kirche nicht angehört.“ Er kann kein entscheidenderes und vernichtenderes Urteil, keine vernichtendere Verurteilung einer Lehre geben als diese, jedoch – wie ich auf Grund alles bisher Gesagten hinzufügen muss, auch keine unbegründetere und nichtssagendere.
II. Von der
Menschwerdung des Sohnes und des Wortes Gottes.
Dieser Teil beginnt mit der Erörterung des Sinnes und der Notwendigkeit der Menschwerdung. Zunächst entwickelt M.Sergius – natürlich immer mit dem Anspruch, dass dies die eigentliche orthodox-rechtgläubige Lehre wäre – seine eigenen theologischen Ideen von der Fleischwerdung Gottes. Das Wesen dieser Konzeption läuft auf den Gedanken hinaus, dass, wenn der Mensch nicht der Sünde verfallen wäre, auch keine Menschwerdung Gottes stattgefunden hätte: ein Gedanke, der sich übrigens schon bei dem Heilg. Irenaeus findet. Natürlich hat Gott, dank seiner Allwissenheit, von Ewigkeit her den Fall des Menschen und die Fleischwerdung als Mittel zu des Menschen Rettung vorausgesehen. „Allein etwas voraussehen – heißt noch nicht es wollen oder vorherbestimmen.“ Woraus sich folgender Schluss ergibt: "In diesem Sinne kann man – im Hinblick auf die Absichten und Wünsche Gottes – den Sündenfall des Menschen und die hierdurch veranlasste Menschwerdung des Gottessohnes eine Zufälligkeit nennen, die durch den freien Willen der Kreatur in den Weltplan hineingetragen wurde". – Diese Ansicht hat etwas wahrhaft Erschütterndes, denn der Anthropomorphismus der Gottesvorstellung wird hier so weit getrieben, dass von einer Zufälligkeit in Gott gesprochen wird. Man kennt das Gebet, das in der Katholischen Kirche am Stillen Sabbath bei der Lichterweihe gesprochen wird, wobei die Schuld Adams verherrlicht wird, die den Anlass zur Fleischwerdung Gottes gab: O certe necessarium Adae peccatum, quod Christi morte deletum est! O felix culpa quae talem ad tantum meruit Redemptorem! Wenn man diesen Gedanken zu Ende denkt, kann man zu dem Schluss kommen, dass der Satan, der unsere Ureltern verführt hat, die eigentliche wahre Ursache dieser erlösenden Zufälligkeit war. Es ist klar, dass eine solche Auffassung der Heiligen Schrift widerspricht, in der von dem Göttlichen Ratschluss vor Erschaffung der Welt die Rede ist, der keinerlei Raum für die Kategorie des Zufalls in bezug auf Gott offen lässt. Wir erinnern hier bloß an die Texte: I. Petr. 1,20; I. Kor. II,7; Eph. I,4-5,9-10, III,9-11; Ps. XIV,24, II; Marc. 1,9; Offenb. XIII,8.
Kann man nach dem Zeugnis dieser Göttlichen Stimmen noch von einer „Zufälligkeit“ der Fleischwerdung Gottes reden, und eine solche Doktrin wohl gar noch für die Lehre der rechtgläubigen Kirche ausgeben? Ein solches Pochen auf den Occasionalismus in bezug auf die Wege Gottes wäre noch verständlich, wenn die Kraft der Fleischwerdung sich bloß auf die Versöhnung beschränkte oder in ihr erschöpfte und sich nicht auch auf die Verklärung und Vergottung des menschlichen Wesens in Christo erstreckte, der in menschlicher Natur zur Rechten Gottes sitzt und Seine Gottessohnschaft auch Seiner Menschheit zum Geschenke gemacht hat: „Du hast uns aus dem Nichtsein ins Sein versetzt, Du hast die Gefallenen wieder aufgerichtet und nimmer geruht, sondern immer weiter geschaffen, bis dass Du uns zum Himmel emporgeführt und uns Dein Reich geschenkt hast.“ (Euchar. Gebet auf das „Würdig“ etc.) Und das alles soll ein Zufall sein, der seinen Ursprung der Bosheit Satans verdankt, ohne den dies alles nicht geschehen wäre?
Im Zusammenhange mit der Frage nach der Fleischwerdung Gottes kann ich auch folgende Bemerkung nicht mit Stillschweigen übergehen: „Freilich ist nach Bulgakov eines der Ziele Gottes auch die Erlösung des sündigen Menschen. Das ist jedoch nur eine Nebenabsicht, die gegenüber dem Hauptziel völlig verblasst.“ Und doch gibt es in meinen Schriften nichts, was einer solchen geringschätzigen Herabsetzung des Erlösungswerkes gleichkäme. Vergleiche mein „Lamm Gottes“, Seite 192, wo es geradezu heißt: Die Menschwerdung Gottes hat sich in ihrer ganzen Bedeutung und Tragweite vollzogen, so wie sie von Ewigkeit her in Gottes Ratschluss beschlossen ward; sie ward jedoch vollzogen um der gefallenen Menschheit willen. Infolge dieses Falles nämlich, wurde sie vor allem zu einem Mittel der Erlösung und der Versöhnung, doch behielt sie zugleich ihre ganze Bedeutungsfülle auch über die Versöhnung hinaus bei, denn sie erschöpft sich nicht in der letzteren. (Vgl. das ganze Kapitel von dem Hohenpriesteramt Christi, Seite 363-438.) Weiter ist dann die Rede von dem dunkeln und schwierigen Problem der Schöpfung des Menschen in seiner Freiheit, im Unterschiede von der materiellen Natur. Es versteht sich von selbst, dass man auf diesem dunkeln und schwierigen Gebiete nur gewisse theologische Meinungen äußern und Vermutungen aufstellen kann. Hier schreibt mir der Metropolit Sergius die Auffassung zu, dass ich das biblische „Lasst uns schaffen“ [vgl. Gen. I,26] (in dem die kirchliche Überlieferung eine Hindeutung auf die Dreifaltigkeit der Göttlichen Personen sieht) auf das Geschöpf beziehe. Tatsächlich jedoch heißt es bei mir („Lamm Gottes“, S. 165): „Die gesamte tierische Welt wird geschaffen durch den unmittelbaren Akt der Göttlichen Allmacht, sozusagen sachhaft, d.h. durch einen Befehl Gottes, der an Erde und Himmel ergeht. Allein diese unmittelbare Schöpfung findet keine Anwendung auf den Menschen: in bezug auf ihn erfolgt ein göttlicher Ratschluss: Lasset uns den Menschen schaffen nach unserem Bilde; und Gott schuf ihn nach Seinem Bilde. Die Schöpfung nach dem Bilde Gottes ist etwas anderes als die Erschaffung der ganzen kreatürlichen Welt; sie schließt die kreatürliche Selbstsetzung sowohl für das Ich der Engel wie für das der Menschen in sich“ (S. 165) usw. Hieraus geht klar hervor, dass der Metropolit mir eine Ansicht zuschreibt, die das gerade Gegenteil meiner wirklichen Anschauung darstellt. Zum Schluss aber kommt der Metropolit Sergius zum Ergebnis, „dass Bulgakov offenbar auch hier nicht mit der Ansicht der Kirche rechnet, die die Hypothese von der Präexistenz der Seelen verworfen hat.“ Auch hierauf kann ich nur entgegnen, dass ich „die Hypothese von der Präexistenz der Seelen“ nie anerkannt habe noch anerkenne, worüber ich mich zweimal in meinen gedruckten Schriften mit aller Deutlichkeit ausgesprochen habe. Doch schreibt mir der Metropolit Sergius auch in diesem Falle wieder eine Meinung zu, die ich nicht teile, ja er geht noch weiter und behauptet, ich lehnte es geradezu ab, mit der Ansicht der Kirche zu rechnen. Im allgemeinen habe ich in diesem ganzen Teile der Verordnung, die vorwiegend von meinen christologischen Ideen handelt, auch nicht die kleinste Hindeutung darauf entdecken können, was den eigentlichen Kernpunkt der Christologie und die eigentliche Seele meines Werks im besonderen bildet, nämlich auf die theologische Auslegung des Dogmas von Chalcedon (das IV. Allg. Kirchenkonzil, vgl. ferner auch das VI.). Statt eines auch nur flüchtigen Eingehens auf dieses zentrale Thema vernimmt man auch hier wiederum nichts als ein entschiedenes Verdammungsurteil: „Wir müssen noch darauf aufmerksam machen, dass Bulgakov da, wo er sich über die Art der Vereinigung zweier Wesenheiten in der Person des Herrn Jesus Christus äußert, mit Bewusstsein die von der Kirche verworfene – dem Apollinarius zugeschriebene Häresie erneuert. (Ob sie diesem zu Recht oder Unrecht zugeschrieben wird, wollen wir hier nicht weiter erörtern.)“ Der uneingeweihte Leser, der nicht weiß, dass der ganze erste Teil des „Lammes Gottes“ (S. 7-111) der allergründlichsten, ja – so weit dies möglich ist – erschöpfenden Untersuchung der kirchlichen Tradition gewidmet ist, und der einen Versuch ihrer Deutung darstellt, könnte zu der Meinung kommen, dass für mich überhaupt niemand anderes existiere als der Bischof Apollinarius, dessen Häresien ich mir angeblich zu eigen mache. In Wirklichkeit handelt es sich hier jedoch gar nicht um Häresien, sondern um die Interpretation der Ansichten des Bischofs Apollinarius (worauf ja auch der Metropolit Sergius Bezug nimmt), wobei sich meine positive Bewertung seiner Ideen lediglich darauf beschränkt, dass ich in ihm (ob mit Recht oder Unrecht, ist eine historische und keine dogmatische Streitfrage) einen noch unverstandenen Vorläufer der Theologie von Chalcedon sehe. Allein auch hier vernehmen wir aufs neue den unerbittlichen Refrain: „er erneuert bewusst die von der Kirche verworfene Häresie.“
III. Von der
Versöhnung.
Die Darstellung der Theorie der Versöhnung trägt bei dem Metropoliten
Sergius ganz das Gepräge der lateinischen Theorie des Bischofs Anselm, die nur
noch durch die persönliche theologische Dogmatik des Metr. Serg., im besonderen
durch seinen „Occasionalismus“ kompliziert wird. Wenn die herrschende
patristische Tradition, bei der Annahme mehrerer Möglichkeiten der Erlösung des
Menschen, den von Gott gewählten Weg der Fleischwerdung Gottes für den besten
hält, da er der Liebe Gottes am meisten entspreche, so erklärt sich das nach
dem Metr. Serg. „durch die historischen oder tatsächlichen Umstände, unter
denen die Erlösungstat vollbracht werden musste.“ Das Leiden und der Tod am
Kreuz hingen also mit den gegebenen Lebensumständen zusammen, denen sich der
Herr, um der Erlösung der Menschen willen, freiwillig unterordnete. Da ist
jenes „Er erniedrigte Sich Selbst. – Er entäußerte Sich (Philipp. II,7) – die
eigentliche Kenosis des Sohnes Gottes.“ Diese merkwürdige kenotische Theorie
beschränkt die Kenosis des Logos ausschließlich auf die Erniedrigung am Kreuz
(was sogar in Widerspruch zu dem Sinn der Stelle im Philipperbrief II,6,7
steht: welcher, obwohl er in göttlicher Gestalt war, hielt er's nicht
für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte Sich Selbst
und nahm Knechtsgestalt an, ward gleich wie ein anderer Mensch und der
Erscheinung nach als Mensch erfunden; er erniedrigte Sich Selbst usw.) Übrigens
geht der Metr. Sergius gleich darauf selbst von seiner „occasionalistischen“
Theorie ab: „Wenn man so will (?!), beginnt die große Tat des Erlösers schon
mit dem ersten Moment seines Erdenlebens, ja bereits von Ewigkeit her.“ Natürlich
ist man, nicht nur, „wenn man so will“, so zu denken genötigt, sondern eine
solche Denkweise ergibt sich pflichtmäßig aus dem Geiste der Kirche. Dann aber
sind all diese Betrachtungen über Zufall und Zufälligkeit wenig am Platz. Bei
dei Darstellung des Dogmas von der Versöhnung stoßen wir beim Metr. Sergius
auch noch auf andere bedauernswerte Ungenauigkeiten „Bei der Versöhnungstat des
Erlösers war Gott, der Herr, nicht etwa nach der Art eines (?!) geistigen
Oberhaupts aller Kreaturen, noch auch als Oberhaupt der gesamten Menschheit
tätig (dem hätte ja auch die „Knechtsgestalt“, die Er annahm, nicht entsprochen)“.
Eine solche Behauptung ist geradezu falsch und widerspricht sogar der Heiligen
Schrift und der kirchlichen Überlieferung, denn das Dogma der Menschwerdung
behauptet ja gerade, dass Christus das ganze menschliche Wesen in Seiner
Gestalt als „zweiter Adam“ in sich aufnahm, „was nicht aufgenommen ward, ward
nicht erlöst“ (vgl. I. Kor. XV,45; Röm. V,14-15; und bes. 17-19; Eph. IV,22-24;
Kol. III,9-10; I. Tim. 11,4-5; IV,10). Das ist auch die Stärke des Dogmas
von Chalcedon: „gleichen Wesens mit dem Vater nach der Gottheit und gleichen
Wesens mit uns, nach der Menschheit.“ Dafür zeugt auch die patristische
Überlieferung, die am deutlichsten in der Lehre des Heilg. Irenaeus von der
Recapitulatio der Menschheit in Christo ihren Ausdruck findet. Gleich darnach aber
zerstört der Metr. Sergius wieder seinen eigenen Gedanken, wenn er sagt: „Er
wurde bloß (?!) ein neuer oder zweiter Adam, der Stammvater des ganzen
Menschengeschlechts.“ Wie man diese beiden Sätze miteinander vereinen soll,
vermag ich nicht zu sagen. In der weiteren Ausführung seines „Occasionalismus“
spricht der Metr. Sergius bisweilen recht unvorsichtige Behauptungen aus, die
große Ähnlichkeit mit dem „Nestorianismus“ oder mit den kenotischen Theorien
haben, die er mir zuschreibt. Die Kenosis des Wortes interpretiert er als
Zugeständnis an die Lebensumstände; um sich nicht über den gegebenen
Lebenszustand zu erheben, sondern um sich ihm unterzuordnen, nahm der Herr
alles in Kauf, auch „die Knechtsgestalt“, und nannte sich in diesem Erdenleben nicht
anders als „den Menschensohn“. Schon diese letzte Behauptung muss unsere
höchste Verwunderung erregen. "Der Menschensohn“ war in der
Tat gewissermaßen der Eigenname des fleischgewordenen Wortes, dennoch aber ist
die Behauptung des Metr. Serg. durchaus verkehrt, Christus hätte sich nicht
anders als den Menschensohn genannt. In einer langen Reihe von Texten,
besonders aber im Johannesevangelium, legt Christus unaufhörlich Zeugnis von
Seiner Gottessohnschaft ab. „Sprecht ihr denn zu dem, den der Vater geheiligt
und in die Welt gesandt hat!, „Du lästerst Gott; darum, dass ich sage: Ich bin
Gottes Sohn?“ (Joh. X,36). Und das Bekenntnis Petri? Und Matth. XI,26? –
In der Soteriologie hat der Metr. Sergius die Tendenz, den Sohn Gottes und den
Menschensohn von einander zu trennen und einander
gegenüberzustellen, was in der gleichen Weise in der
"Nestorianischen" Unterscheidung und in der protestantischen Lehre
von der Kenosis geschieht, wo es zu der Behauptung kommt, dass Christus in dem
Zustande der Kenosis überhaupt aufgehört hätte, Gott zu sein. Besonders
anstößig sind in dieser Hinsicht die folgenden Sätze des Metr. Sergius: „Der Mensch
Jesus vollbrachte das ganze Werk der Gerechtigkeit, das dem Menschen nach
dem Sündenfall auferlegt ward. Wie alle Menschen durch den körperlichen Tod den
Bruch mit dem Irdischen vollziehen und der Verwesung anheimfallen, so hat sich
auch der Mensch Jesus nur durch Seinen leiblichen Tod von
der Erdenwelt samt ihrer Herrschaft des Teufels usw. losgelöst.“ Weiter heißt
es wiederum: „Der Sohn des Menschen litt natürlich nach menschlicher
Art." – Ein rein nestorianischer Gedanke,
der dem Symbol geradezu widerspricht: „Unseren Herrn Jesus Christus,
niedergestiegen vom Himmel ... gelitten und begraben.“ Man kann
natürlich von den Leiden eines göttlichen Wesens nicht in demselben Sinne wie
vom Leiden eines Menschen reden, aber gelitten hat doch der Gottmensch selbst:
der fleischgewordene Logos. Und die Kenosis darf nicht in ihrer Beziehung auf
den Menschen, sondern muss in ihrer Beziehung auf den Gottmenschen verstanden
werden. Die orthodoxe Kirche glaubt und lehrt, dass Christus in jedem Seiner
Zustände und in jeder Lage „unteilbar und unverschmolzen“ in Seinem
Gottmenschentum verblieb und zwar ausgestattet mit zwei Willen und Energien,
worin ja auch die Kraft Seiner Versöhnungstat liegt, und ich kann unmöglich
zugeben, dass die oben angeführten Sätze des Metr. Serg. ein genauer Ausdruck
der rechtgläubigen Lehre sind. Hiernach geht der Metr. Serg. nicht sowohl zur
Darstellung als vielmehr zur Verurteilung meiner Anschauungen von der
Versöhnung über. Im allgemeinen zeichnen sich in der Patristik von alters her
inbezug auf die Erlösung und die Vergottung zwei Strömungen ab. Ich schließe
mich im wesentlichen der zweiten an, die den Heil. Athanasias d. Gr. zum
geistigen Führer hat, ohne dass ich den Wahrheitskern, der in der ersteren
steckt, bestreiten will. Der Metr. Serg. behauptet hier, und auch im weiteren
Verlauf, dass ich mir die Theorie des Metropoliten Antonius zu eigen mache,
weswegen ich eingehend kritisiert werde, trotzdem ich diese Anschauung nie
geteilt habe und sie auch heute nicht teile, wofür ich eindeutige Beweise
in Form von Zitaten aus meinem Buche „Das Lamm Gottes“ anzuführen vermag. (Vgl.
dazu die Seiten 372-400 und besonders 395-6, 398.) Nachdem mir der Metr. Serg.
so die Ansicht des Metr. Antonius zugeschrieben hat, gibt er ihr gleich darnach
auch noch folgende Ausdeutung: „Der Ersatz Golgathas durch Gethsemane wird
für Bulgakov nur darum möglich, weil es nach ihm der Logos, ja die gesamte
Dreifaltigkeit selbst ist, die da leidet.“ Darum heißt es auch: „Er gab seinen
Geist auf“. „Um der Kirche willen ist er geneigt, die Worte „des Menschen“ auf
die Gottheit des Sohnes zu beziehen.2) Natürlich beziehe ich das, durchaus im
Einklang mit dem Dogma von Chalcedon, weder auf die Gottheit noch auf die
Menschheit, sondern auf die Gottmenschheit im Sohne Gottes. Hierbei aber
hat der Metr. Serg. wiederum die Heilige Schrift als Zeugin gegen sich, sowie
überhaupt all das, was sich auf die Entsendung des Sohnes durch den Vater und
Christi Überantwortung an den Tod am Kreuz bezieht. Er reicht Ihm den Kelch des
Leidens, verlässt Ihn, während Er am Kreuze hängt usw. Es bleibt mir nur noch
übrig, das Missverständnis aufzuklären, dem der Metr. Serg. hinsichtlich meiner
Auffassung von der Kreatürlichkeit des Menschen, als Bedingung seines
Sündenfalls, zweimal zum Opfer fällt. Es ist der Metr. Sergius selbst, der mir
die Idee zuschreibt, dass der Mensch, der vom Schöpfer in solch eine Lage
versetzt worden wäre, beinahe (?) unausweichlich der Sünde anheimfallen musste,
wodurch ich den Schöpfer selbst für den Sündenfall verantwortlich machte. In
Wahrlieit habe ich, wenn ich von der Kreatürlichkeit als Bedingung der
Sünde spreche, natürlich nur jene kreatürliche Freiheit beschränkter,
aber freier Geschöpfe im Auge. Sicherlich schließt die Realität einer solchen
Freiheit auch die reale Möglichkeit und die Gefahr eines Sündenfalls ein, wie
er sich ja auch in der Tat ereignet hat. Die Freiheit ist das höchste Geschenk
der Liebe des Schöpfers zu dem Geschöpf; zugleich aber ist sie auch ein schwer
zu tragendes, gefährliches Geschenk, wie es dieser Liebe würdig ist, und der
Schöpfer vereinigt, indem er uns diese Freiheit schenkt, notwendigerweise in
seinem ewigen Ratschluss den Willen zur Schöpfung mit dem Willen zu der sich
mit Notwendigkeit ergebenden Erlösung: Das ist keine Zufälligkeit, sondern
einfach die Logik der Schöpfung. Als Liebe schafft der Schöpfer, im Namen der
Liebe, nicht bloß die physische Welt und die Tierwelt, die nicht sündigt, weil
sie unterhalb der Möglichkeit des Sündigens steht, sondern auch die
geistige Welt (die Welt der Engel und der Menschen), die mit der Freiheit der
Kreaturen begabt ist, welche ihrerseits mit der Möglichkeit, wenngleich nicht
mit der Notwendigkeit des Sündigens zusammenhängt. Diese Verführbarkeit des
Geschöpfes wird erst mit der Erreichung der geistigen Reife überwunden. Es ist
daher für das theologische Denken durchaus natürlich, die Schöpfung und die
Versöhnung in dem Gedanken des einen ewigen Ratschlusses Gottes zu vereinen,
wofür ja auch die Heilige Schrift selbst zeugt (siehe oben). Das und nichts
anderes ist der Inhalt des angeführten Zitats – von der Einheit der göttlichen
Liebe in der Schöpfung und in der Versöhnung: „Der Tod Jesu ist der Mittelpunkt
des geschaffenen Seins, und durch die von Ihm angekündigte Vollendung der
Erlösung (Joh. XIX,30) wird zugleich die Schöpfung zum Abschluss gebracht
(Gen. II,2) und die Vollendung der allgemeinen Wiedergeburt vorbereitet“
(Apok. XXI,6), sagt Philaret. Das ist der theologische Inhalt des Berichts des
Metr. Sergius. Es ist einleuchtend, dass meine Lehre in keinem der
inkriminierten Punkte auch nur das Geringste enthält, was die Charakteristik
meiner Doktrin als Gnostizismus oder Heidentum rechtfertigte.
In dem Schlusssatz werden die Gläubigen vor meiner Lehre gewarnt, als vor einer Anschauungsweise, die der rechtgläubigen Kirche „fremd“ sei, die „Dogmen des orthodoxen Glaubens häufig entstelle und geradezu gewisse Irrlehren erneuere, die bereits auf den Konzilen der orthodoxen Kirche verurteil worden seien“.
Nach allem, was hier ausgeführt worden ist, suche ich mich in die Lage der treuen und gehorsamen Gefolgschaft des Metr. Serg. zu versetzen, und ich frage mich: was verlangt man von ihr? Soll das bedeuten, dass alle meine Werke auf den Index kommen sollen und dass ihre Lektüre völlig verboten sein soll, wie das durch den katholischen Index geschieht? Und wenn dies nicht beabsichtigt ist, wie sollen die gehorsamen Kindlein die Spreu von dem Weizen unterscheiden? Die Unbestimmtheit des Urteils, wie sie sich unvermeidlich aus den Bedingungen seiner Entstehung ergibt, macht es zu etwas Unrealem, Gegenstandslosem und Unausführbarem. Noch mehr aber gilt das für mich selbst: man verlangt von mir als Bedingung meiner Aufnahme in die Moskauer „Jurisdiktion“ einen schriftlichen Verzicht auf meine sophianische Interpretation der Glaubensdogmen (auf Grund deren ich seinerzeit von dem Heiligen Patriarchen zum Geistlichen Stande zugelassen wurde), sowie auf meine übrigen (?) dogmatischen Irrtümer; und man verlangt weiter von mir eine gleichfalls schriftlich abzugebende Erklärung meiner unverbrüchlichen Treue gegenüber der Lehre der Orthodoxen Kirche. Was die erste Forderung anbelangt: dass ich meine „sophianische“ Interpretation der Glaubensdogmen und meine übrigen dogmatischen Irrlehren aufgeben solle, so könnte ich diese Forderung auch dann nicht erfüllen, wenn ich den Wunsch hätte, es zu tun. Denn diese Forderung wird nicht auf Grund dogmatischer Feststellungen erhoben, wie dies in ähnlich gelagerten Fällen bei derartigen Verfahren zu geschehen pflegt, sondern in einer Form, die sie wegen ihrer Unbestimmtheit unerfüllbar macht: wie kann ich mich von meiner theologischen Lehre lossagen, die doch sämtliche orthodoxe Dogmen enthält; und außerdem noch von andern unbekannten Irrlehren? Welche sind diese Irrlehren? Wann habe ich solche aufgestellt? Und worin bestehen sie? Oder bin ich verpflichtet, die persönliche theologische Dogmatik des Metr. Sergius in allen Punkten als Norm der orthodoxen Lehre anzuerkennen? Das muss ich aus den oben angeführten Gründen ablehnen.
Ich beuge mich demütig vor den geistlichen Banden, die ihm auferlegt sind, und küsse die erzpriesterl. Hand, die dieses seltsame Aktenstück, das mich verurteilt, unterschrieben hat. Allein ich weigere mich, die kanonische und dogmatische Gültigkeit dieses Urteils anzuerkennen, das so sehr gegen die grundlegenden Forderungen der theologischen Kritik, und was noch wichtiger ist, gegen den Geist der orthodoxen Freiheit verstößt, um dem romanisierenden Absolutismus eine Konzession zu machen. Ich möchte glauben, dass das keineswegs das letzte Wort der Mutterkirche über das theologische Werk meines ganzen Lebens darstelle. Ich warte auf den Zeitpunkt, da meine Werke endlich der russischen orthodoxen Welt zugänglich werden: den Bischöfen, den Priestern, wie den Laien3). Dann erst kann – zwar nicht das Gericht, sondern die erste und vorläufige Diskussion über meine Lehre beginnen. Für heute aber bleibt für mich nach wie vor das Wort des großen Apostels und Verkünders der christlichen Freiheit maßgebend: „So bestehet nun in der Freiheit, zu der uns Christus befreit hat und lasset euch nicht wiederum in das knechtische Joch fangen.“ (Gal. V,1.)
Im Oktober 1935. Paris. Sergievskoe Podvorie.
Ich fasse meine Darlegungen in folgende Sätze zusammen:
1. Der Bericht des Metr. Sergius an den Synod über die Verurteilung meiner Lehre von der Sophia beruht offenkundigerweise nicht auf der Kenntnis meiner authentischen Werke; statt ihrer haben dem Bericht gewisse Abschnitte aus meinen Schriften zur Grundlage gedient: Teile und Auszüge, die dem Metropoliten von anderer Seite übermittelt wurden. Ich selbst wurde gleichfalls nicht von dem Gerichtsverfahren in Kenntnis gesetzt, auch hat vorher keine Befragung kompetenter Theologen stattgefunden. Die Ungenauigkeit und Unvollständigkeit in der Darlegung meiner Anschauungen in dem Bericht des Metr. Sergius geht so weit, dass ich diesen Bericht nicht für ausreichend anerkennen kann, um zu einem begründeten Urteil über meine Lehre zu gelangen. Hierbei beziehen sich die eigenen Meinungen des Metr. Sergius nicht sowohl auf die zentralen Punkte meiner Doktrin, als vielmehr auch auf gewisse Einzelprobleme, die mit dieser nicht einmal immer im Zusammenhang stehen. Der Bericht hat mehr den Charakter einer theologischen Polemik, wobei die persönlichen theologischen Anschauungen des Metr. Sergius vom Standpunkt des orthodoxen Glaubens nicht immer völlig zweifelsfrei erscheinen.
2. Zur Antwort auf die Charakteristik meiner Weltanschauung durch den Metr. Sergius als „heidnisch-gnostische“ Konzeption erkläre ich im vollen Bewusstsein meiner Verantwortlichkeit, dass ich als orthodoxer Geistlicher mich zu allen wahrhaften Dogmen der Rechtgläubigen Kirche bekenne. Meine Sophiologie bezieht sich keineswegs auf den Inhalt dieser Dogmen selbst, sondern bloß auf ihre theologische Auslegung. Sie stellt lediglich meine persönliche theologische Überzeugung dar, die ich nie zu der Dignität eines allgemeingültigen kirchlichen Dogmas erhebe, noch erhoben habe. Ich halte mich jedoch als Theologe für berechtigt, meine eigenen theologischen Ideen zu haben, ohne dabei Anspruch auf ihre Allgemeingültigkeit zu erheben, bevor der Geist Gottes nicht Sein entscheidendes Wort hierzu gesprochen hat. Die Geschichte der Kirche hat immer die Differenzen theologischer Schulen und Anschauungen gekannt (es genügt, an die Schulen von Alexandria und Antiochia zu erinnern), und ohne die Freiheit des theologischen Denkens – innerhalb der Grenzen des kirchlichen Dogmas natürlich – kann es keine lebendige Theologie geben. Die Sophiologie bildete bisher eine Lehre, die innerhalb der rechtgläubigen Kirche zum mindesten geduldet wurde (vgl. den Priester Florenskij, Wladimir Solowjev und mich selbst in meiner Arbeit „Das ewige Licht“).
3. Die authentische Auslegung meiner sophiolog. Doktrin in ihrer Anwendung auf verschiedene besondere Fragen der Dogmatik wird in einer Anzahl meiner Schriften gegeben: zuerst in dem 1917 erschienenen „Ewigen Licht“ und vor allem in den Büchern von der orthodoxen Verehrung der Mutter Gottes, des Heiligen Johannes des Täufers, der heiligen Engel, der lkonen und von der Ikonenverehrung, sowie in meiner ausführlichen Untersuchung: Über die „Gottmenschheit“, dessen erster christologischer Band: „Das Lamm Gottes“ bereits erschienen ist und deren zweiter Band „Der Tröster“ sich in Druck befindet. Meine Lehre hat niemals die Annahme "einer vierten Hypostase" in der Heiligen Dreieinigkeit befürwortet, sondern bezieht sich in erster Linie auf das Verhältnis Gottes zur Welt. Und ebenso wenig hat sie auch nur das Geringste mit der heidnischen Gnosis zu tun, wie behauptet wird, sondern sie ist von dem Geist der russischen rechtgläubigen Verehrung der Göttlichen Weisheit inspiriert wie dies in dem Tempelbau, der Liturgik und lkonographie zum Ausdruck kommt, und stellt einen Versuch dar, diesen eine dogmatische Auslegung zu geben.
4. Der Akt der Verurteilung meiner Lehre, in der Form, wie er, ohne vorherige Diskussion in kirchlichen Kreisen, vom Metr. Sergius vollzogen ward, entspricht nicht dem Gemeinschaftsgeist der orthodoxen Kirche, sondern atmet den Geist der katholischen Kirche, die den Anspruch auf hierarchische Unfehlbarkeit ex sese in Glaubensfragen erhebt. Die rechtgläubige Kirche kennt ein solches "äußeres" hierarchisches Organ der dogmatischen Unfehlbarkeit nicht, sie lässt ihr dogmatisches Urteil durch die Wirkung des Heiligen Geistes – auf verschiedenen Wegen, auf jeden Fall aber auf dem Wege des kirchlichen Gemeingeistes zustande kommen. Eine solche Erörterung dauert bisweilen recht lange, verläuft häufig ziemlich stürmisch (vgl. die christologischen Streitigkeiten) und findet seinen Abschluss in einer feierlichen Glaubenserklärung auf einem allgemeinen oder lokalen Konzil, die von der Kirche als Wahrheit hingenommen, häufig aber auch verworfen wird (die falschen Konzile!) oder aber tacitu consensu durch das eigene Leben der Kirche rezipiert wird. In meinem besonderen Falle, d.h. in Beziehung auf meine Lehre, hat die richtige theologische Auseinandersetzung noch gar nicht einmal begonnen. Sie soll sich erst noch vollziehen und dürfte daher nicht durch den gewaltsamen Eingriff eines vorzeitigen Gerichtsverfahrens gestört werden. Meine Lehre bezieht sich nicht auf irgendwelche Dogmen, sondern auf bestimmte theologische Anschauungen, sie bezieht sich auf die Doktrin. Was diese anbetrifft, so gewährt die orthodoxe Kirche, ihrem Geiste und ihren dogmatischen Grundlagen entsprechend, der Freiheit des Denkens einen gewissen Spielraum, dessen Beschränkung und Beeinträchtigung das Leben der orthodoxen Kirche bedrohen und die Lebensinteressen aller Gottesgelehrten, unabhängig von der Differenz ihrer theologischen Anschauungen aufs tiefste berühren würde.
Erläuterungen von
Fritz Lieb
Metropolit Sergius (Sergei) ist der derzeitige Stellvertreter des vor zehn Jahren verbannten und nach den neuesten Meldungen vor einigen Wochen von der Sowjetregierung aus der Verbannung entlassenen Platzhalters des Patriarchenstuhles, Peter Krutitzki (vgl. meine Bonner Antrittsvorlesung Theol. Blätter 1931, Nr. 4: „Die Stellung der russischen orth. Kirche zur revolutionären Staatsgewalt“, sowie die Aufsätze in „Der Orient“ X, 1928, S. 1 ff., Or. u. Occ. Heft 1, S. 82 ff; Heft 3, S. 68 ff.). In der Vorkriegszeit hat Sergius, der spätere Erzbischof von Finnland, ein beachtenswertes theologisches Werk „Die orthodoxe Lehre von der Erlösung, Versuch einer Aufstellung der sittlich-subjektiven Seite der Erlösung auf Grund der Hlg. Schrift und der Werke des Heiligen Vaters“ (4. Aufl., St. Petersb. 1910), veröffentlicht. Der Adressat des hier (abgesehen von unwesentlichen Kürzungen) veröffentlichten Sendschreibens ist der durch Metropolit Sergius seit dem 1.Dez. 1930 mit der Oberleitung der außerhalb der Sowjetunion befindlichen russischen orthodoxen Kirchen beauftragte Metropolit Elevferij (Eleutherus) von Litauen (Kaunas). Der größte Teil der russischen Orthodoxen der Emigration hat dessen Oberleitung von Anfang an abgelehnt und untersteht weiterhin (in Europa und Asien) entweder dem jetzt unmittelbar dem ökumenischen Patriarchen unterstellten Metropoliten Evlogii in Paris oder dem (durch Usurpation seiner kirchlichen Macht) selbständigen Synod von Karlovci (Jugoslawien). (Vgl. dazu den erwähnten Aufsatz in den Theol. Bl. 1931, H. 4.) Erzpriester (protoierei) Sergius Bulgakov untersteht mitsamt dem orthodoxen theologischen Institut in Paris der Leitung des Metropoliten Evlogii, der sich selber seit Anfang 1931 von der Oberleitung des Metropoliten Sergius losgelöst hat und Metropolit Elevferij nicht als Bevollmächtigten der orthodoxen russischen Kirche im Ausland anerkennt. Der Karlowitzer Synod hat nach dem Erlass des Sendschreibens des von ihm nicht anerkannten Metropoliten Sergius vor kurzem seinerseits in einem Hirtenbrief an Metropolit Evlogii die Verurteilung der sophiologischen Lehren des russischen Philosophen Wladimir Soloviev, des Begründers der modernen russischen Sophiologie (die ja ihr „protestantisches“ Gegenstück in der Sophiaspekulation Jakob Böhmes und seines Kreises hat – ihr ältester Vertreter ist auf deutschem Boden B.Biedermann, der Verfasser der fälschlich Valentin Weigel zugeschriebenen Traktate); deren Lehre hat schon im Zeitalter Katharinas II. und Alexanders I. stark auf die mystische-rosenkreuzerische Bewegung in Russland eingewirkt), des in Russland lebenden Erzpriesters P.Florenskij, des Verfassers des berühmten, 1914 erschienenen Werkes „Der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit“ (zum Teil deutsch in „Östliches Christentum“, herausg. von Bubnoff u. Ehrenberg, Verlag Beck, München, Bd. II) und schließlich S.Bulgakovs verlangt. Ein größeres polemisches Werk über die Sophienlehre ist soeben von dem dem Karlowitzer Synod unterstehenden russischen Bischof Serafim in Sofia erschienen. Es sei ausdrücklich hervorgehoben, dass sich die Sophiologie des Va[ters] Bulgakov ganz wesentlich von der von gnostischen Spekulationen nicht unabhängigen Philosophie Solovievs unterscheidet. Über die Entwicklung und die bisherigen Werke Bulgakovs sei (unter Benutzung einer Notiz, die ich schon in den Theol. Bl. 1934, Nr.7 veröffentlichte) folgendes bemerkt. Sergei Nikolaevič Bulgakov ist neben dem in Sowjetrussland befindlichen Paul Florenskij, der seine letzten Werke leider nicht veröffentlichen kann, der namhafteste Vertreter der modernen russischen Theo!ogie, die in der spekulativen Philosophie Wladimir Solovievs ihren Ausgangspunkt nahm. Er ist am 16. Juli 1871 geboren. Seine Entwicklung ist charakteristisch für eine ganze Anzahl bedeutender Vertreter der russischen Intelligenz seiner Generation (den bekannten Politiker P.B.Struve, die Philosophen N.A.Berdiaev, S.L.Frank u.a.). Bulgakov wurde zuerst Nationalökonom und war einer der Begründer des russischen Marxismus. (Erste größere Werke: Über die Märkte, Moskau 1897; Kapitalismus und Landwirtschaft, 2 Bde., St. Petersburg 1900.) 1901 wurde er Professor für Nationalökonomie an der Universität Kiev und bald darauf an der von Moskau. Der Titel einer 1903 erschienenen Sammlung von Aufsätzen „Vom Marxismus zum Idealismus“ gibt Bulgakovs weiterer Entwicklung einen bezeichnenden Ausdruck. Kant wurde ihm und seinen Freunden der entscheidende Ausgangspunkt für seine Abwendung vom ökonomischen Materialismus. Bald ließ er aber auch Kant und den kritischen Idealismus hinter sich zurück. Die Schelling'sche Philosophie, Dostojewskij und schließlich Solovjev mit seiner Lehre von der göttlichen Sophia als dem idealen gottmenschlichen Grunde des Alls, des Menschen und der Kirche führten ihn immer mehr seiner heutigen, stark platonisierenden Theologie zu. Neben zahlreichen Aufsätzen (Sammelbände „Zwei Städte“, Moskau 1911, und „Stille Gedanken“, Moskau 1917) bezeichnen die Werke „Philosophie der Wirtschaft“, Moskau 1912 und „Das ewige Licht“, Moskau 1917, seine grundlegende sophiologische Religionsphilosophie (z.T. ins Deutsche übersetzt in „Östliches Christentum“, hrsg. von H.Ehrenberg u. N.Bubnoff, Bd. II, München, Beck 1925), die wichtigsten Etappen auf diesem Wege. Eine hervorragende Rolle spielte Bulgakov im Kreise der Petersburger und Moskauer Religionsphilosophischen Gesellschaft (neben D.Mereschkowskij, W.Rosanow, W.Iwanow, A.Kartaschow, S. u. E.Trubeckoij u.a.). Bulgakov zog auch die äußeren Konsequenzen seiner Entwicklung zu einem bewussten Bekenntnis zur russischen orthodoxen Kirche. Er wurde 1918 mitten in den Revolutionswirren in Moskau zum Priester geweiht. 1922 wurde er mit einer Reihe seiner Freunde aus Russland verbannt und ist seit 1925 an dem neugegründeten Russisch-orthodoxen Theologischen Institut in Paris. An der ökumenischen Bewegung (Konferenz von Lausanne, Fortsetzungsausschuss usw.) nahm er einen hervorragenden Anteil als Vertreter seiner Kirche.
Seine außerhalb Russlands herausgekommenen Bücher sind zu einem guten Teil Vorarbeiten zu einem dogmatischen System, dessen erster Teil, die Christologie, bereits vorliegt. Folgende Werke seien erwähnt: Die Heiligen Petrus und Johannes, Paris (YMCA Press, dort auch die anderen russischen Bücher, die in Paris erschienen) 1926, enthaltend eine polemische Auseinandersetzung mit dem Primatsanspruch des Papsttums; dann eine sophiologische Trilogie: Der Freund des Bräutigams (Joh. 3,28-30, 1926; Über die orthodoxe Verehrung des Vorläufers 1927; Der unverbrennbare Dornbusch, Versuch einer dogmatischen Auslegung einiger Züge der orthodoxen Verehrung der Gottesmutter 1927 (die ihm besonders wichtige Mariologie). Dazu vgl. man den Aufsatz Bulgakovs in „Die Gottesmutter“, Sondernummer der „Hochkirche“, H. 6/7, 1931: „Die Gottesmutter und die ökumenische Bewegung.). Die Jakobsleiter 1927; Über die Engel 1929; Die lkone und die lkonenverehrung 1931; Über die Wunder der Evangelien 1932. Zahlreiche Aufsätze erschienen in der russischen religionsphilosophischen Zeitschrift „Put'„ (Der Weg), die seit 1926 in Paris herauskommt. Nur in deutscher Sprache erschien „Die Tragödie der Philosophie“ Darmstadt 1927, jetzt Leipzig, Koehler u. Amelung (eine Auseinandersetzung mit dem deutschen Idealismus) und „Was ist das Wort?“ in der Festschrift für Th.G.Masaryk zum 80. Geburtstag, Bonn 1930, ein Kapitel aus einem noch unveröffentlichten Werke: „Die Philosophie des Namens“, der Versuch einer Begründung der vom Berge Athos ausgegangenen russischen Bewegung des Imjaslavie ("Namensverehrung"), die bis zur Idee des Gottesnamens als einer Theophanie Gottes führt. In „Orient und Occident“ (Leipzig, Hinrichs) erschienen in Heft 3 (1930) und Heft 11 (1932) die Aufsätze: „Das Selbstbewusstsein der Kirche“ und „Judas Ischariot, der Verräter-Apostel“ (über das Problem des Bösen). In französischer Sprache gab Bulgakov das Buch „L'Orthodoxie“, Paris, F.Alcan, 1931, heraus.4) Es ist die für weitere Kreise bestimmte, beste Einführung in das Wesen der östlichen Orthodoxie. Im Jahre 1933 erschien in russischer Sprache der erste Band einer dreibändigen, umfassenden dogmatischen Darstellung der orthodoxen Dogmatik: Über die Gottmenschheit, Teil 1. Das Lamm Gottes. YMCA Press, Paris, 468 S. (Vgl. die Selbstanzeige des Verfassers in Theol. Bl. 1934, Nr. 7.). Dieser Tage wird der zweite Band „Der Tröster“ erscheinen. (Eine Selbstanzeige wird wiederum in Bälde in den Theol. Bl. veröffentlicht werden.).
Auch der Text der Antwort Bulgakovs wurde durch den Verfasser selbst um unwichtigere Stellen gekürzt. Während des Druckes dieser Zeilen ist ein neues Sendschreiben des Metropoliten Sergius aus Moskau erschienen, in dem besonders die Kenosislehre Bulgakovs angegriffen und verurteilt wird.
Anmerkungen
1) Vgl. Ps. XIX,1-5, 149,1-9. Das Lied der drei Männer im Feuerofen. Dan. III.
2) Hier haben wir vielleicht das beste Beispiel vor uns, in welchem Maße Metr. Serg. seine eigene Meinung ganz einfach mit der Lehre der Kirche identifiziert. Diese höchst charakteristische Stelle – „Um der Kirche willen ist er geneigt, die Worte „des Menschen etc.“ enthält sämtliche Elemente der „Nestorianischen“ Häresie in sich, insofern sie in Christus zwei Arten von Geist annimmt: einen menschlichen, den Christus dem Vater überantwortet: „Vater, ich befehle meinen Geist in Deine Hände“ und einen Göttlichen, dessen Verhältnis zum menschlichen wie zu dem Gottmenschen überhaupt nicht klar wird. Oder aber wir haben es hier mit dem extremen Ausdruck der protestantischen kenotischen Theologie zu tun, die die Existenz des Göttlichen Prinzips in dem Zustande Seiner Erniedrigung leugnet.
3) Welch tragische Ironie liegt doch in dieser Verordnung des Metr. Sergius, die in einem Russland erscheint, das nichts vernehmen kann von irgendwelchen Schriften über religiöse Themen, die verboten sind, und wo die einzigen Werke, in denen über solche Themen verhandelt wird, die Werke der Gottlosenbewegung sind.
Aus:
Orient und Occident, Neue Folge, Erstes Heft März 1936, 11ff.
Anmerkung
von Klaus Bambauer
„Gemeinsam mit Berdjaev und Paul Schütz [1891-1985], der mit Heft 15 (1934) bereits ausschied, gab [Fritz] Lieb erst im Verlag der J.C.Hinrichs’schen Buchhandlung Leipzig und nach dem Verbot im nationalsozialistischen Deutschland im Gotthelf-Verlag Bern die Zeitschrift ‚Orient und Occident. Staat, Gesellschaft, Kirche. Blätter für Theologie und Soziologie’ heraus“ (so Stefan G.Reichelt, Nikolaj A.Berdjaev in Deutschland 1920-1950, Leipzig 1999, S. 121f, zit. Reichelt). „Im Leitartikel der ersten Nummer von ‚Orient und Occident’ von 1929 stellte Lieb programmatisch seine Sicht des Verhältnisses zwischen Orthodoxie und Protestantismus dar (Lieb: ‚Orthodoxie und Protestantismus’, in. Orient und Occident (1929); S. 1-11)“ (Reichelt, S. 126). Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift Put' 16 (1929), S. 69-81, übersetzt von Benjamin Unruh..