Bericht
2020
Pater Erwin
Immekus starb am 1. Januar 2020 in Limburg an der Lahn im Alter von 95 Jahren.
Geboren wurde er am 8. September 1924 in Hohl. Dieser Ort befindet sich
nördlich des Stadtzentrums von Olpe. Er war eines von fünf Kindern einer
Bauernfamilie. Im April 1943 wurde Erwin Immekus als Soldat eingesetzt und
geriet im Februar 1944 im Kessel von Čerkassy in Kriegsgefangenschaft. Im September 1945
entlassen, gelobte er, sein Lebenswerk russischsprachigen Menschen zu weihen.
Nach dem Abitur (1947) studierte er an der Theologischen Hochschule der
Gesellschaft des Katholischen Apostolates (Societas Apostolatus Catholici,
Pallottiner) in Vallendar. Am 25. Juli 1954 wurde er zum Priester geweiht. Im
gleichen Jahr setzte er seine Studien am Päpstlichen Collegium Russicum in Rom
fort und schloss sie 1960 mit einer Dissertation über die russisch-orthodoxe
Landpfarrei zu Beginn des 20. Jahrhunderts ab.
P. Erwin suchte ab 1955 russischsprachige Familien. Im
Juli 1960 begannen der Priester Alexander Jermolenko und
P. Erwin die Seelsorge für Gläubige russischer Sprache in Essen. P.
Erwin wurde dann Russenseelsorger in den Bistümern Münster und Paderborn. 1967
wurde in die Alte Kirche in Horneburg eine Ikonostase eingebaut. 1968 wurde
diese Kirche zum Zentrum der Russenseelsorge. P. Erwin verkaufte Metall, um
Mittel für das Deutsche Aussätzigenhilfswerk und für die Russlandhilfe zu
erzielen. Daher wurde er manchmal als Schrottpater bezeichnet. Er sammelte
Kleidung, Schuhe, Spielzeug, Brillen, Rollstühle, Rollatoren, Gehhilfen,
Krücken, medizinische Geräte, Krankenbetten, Zubehör für Operationssäle,
Fahrräder und unterstützte viele Menschen mit Geld sowie mit Beratung. Er
brachte unzählige Hilfstransporte auf den Weg. Er unterstützte bedürftige und
kranke Menschen in der Ukraine.
Am 31. März 2016 wurde Pater Dr. Erwin Immekus durch
Regierungspräsident Prof. Dr. Reinhard Klenke in Münster mit dem Verdienstkreuz
am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Über
ihn kann gesagt werden: Seine Werke folgen ihm nach (vgl. Offb 14,13). Seit dem
7.5.2018 lebte er bei den Pallottinern in Limburg an der Lahn. Am 5.1.2020 war
ein Totengedenken in der Alten Kirche Horneburg. Das Seelenamt mit
anschließender Bestattung war in Limburg an der Lahn.
In einem Brief hieß es:
„Du hast bei Deiner Primiz gesagt, die Aufgabe des Priesters sei es, die
Menschen an die Hand zu nehmen. Die
meisten Menschen brauchen tatsächlich eine echte Berührung und einen Kontakt,
der ihnen signalisiert, dass sie wichtig und angenommen sind.“ Die Frage ist
nur, was soll jemand tun, der einen solchen Kontakt nicht hat? Die russischen
Autoren empfehlen, Bücher zu lesen. Dies ist in erster Linie die Heilige Schrift.
Die allein aber genügt nicht. Aus diesem Grund ist die geistliche Literatur
entstanden. Sie nimmt die Menschen an die Hand.
Ein Historiker ist wie
ein Hund, die Nase immer dicht am Boden, das heißt, immer nahe an den
historischen Dokumenten, während ein Systematiker wie ein Adler ist, durch die
Lüfte segelt und mit Begriffen jongliert. Insofern sehe ich die zweite Auflage
meiner Bücher als gute Gelegenheit, Ergänzungen vorzunehmen; denn bei der
Erstabfassung hatte ich lediglich die Aussagen der betreffenden russischen
Autoren vor Augen. Vom Umfang her hat die zweite Auflage jeweils zwischen
hundert und zweihundert Seiten mehr als die erste.
Es war deutlich, dass
bei dem Buch über russische
Glaubensboten die politische Dimension stärker herausgearbeitet werden
musste. So stöberte ich in Gesetzessammlungen, analysierte Verfügungen aus dem
17. sowie 18. Jahrhundert und beschäftigte mich mit Missionskongressen vom 19.
Jahrhundert bis zur Gegenwart. Einzelne Missionare ließen sich von Soldaten
begleiten, während andere sich bei den Behörden unbeliebt machten, indem sie
für die Rechte der einheimischen Bevölkerung eintraten.
Eine Kritik an dem Buch
über die russischen Klostergründer
lautete, hier finde sich Hagiographie. Nun, die ältesten Nachrichten stammen
aus Lebensbeschreibungen. In der zweiten Auflage des Buches habe ich mich noch
mehr bemüht, Ergebnisse der historischen Forschung einzuarbeiten und auf die
Unterschiede zu den manchmal legendarischen oder typologischen Berichten
hinzuweisen. Die Auseinandersetzungen um die Besitzungen der Klöster wurden
ausführlicher dargestellt.
Bei der Neuauflage des
Buches über Johannes von Kronstadt
(Licht in der Finsternis) hatte ich weitere 14 Tagebuchbände durchzuarbeiten,
die 6.103 Seiten umfassten. Dafür aber war die Wahrscheinlichkeit groß, dass
ich der Erste bin, der in einer westeuropäischen Sprache über deren Inhalt
berichtet.
Dann kam die Mitteilung
des Verlages, von dem Buch über die Starzen
in Optina seien keine Exemplare mehr vorhanden. Hier war es das Wirken des
Mönches Konstantin Zedergol’m, zu dem neues Material erschienen war.
Mitte Dezember 2019 erhielt ich das Buch: „Dein
Antlitz, Herr, will ich suchen!“, das im renommierten Aschendorff-Verlag in
Münster neu erschienen war. Es hat 819 Seiten und ist die Festschrift für Michael Schneider SJ zum 70. Geburtstag. Darin
findet sich auch ein Beitrag von mir, und zwar über Synergie, Einwohnung und
Vergöttlichung bei Theophan dem Klausner. Die Entstehungsgeschichte ist etwas
ungewöhnlich: Im Herbst 2018 wurde ich dafür angesprochen, erhielt aber erst im
April 2019 die technischen Daten (Seitenzahl, Satzspiegel, Schriftgröße,
Schriftart, Zitierweise) zusammen mit einem sehr knappen Abgabetermin. Das
konnte ich nicht schaffen. Im September wurde gefragt, wann mein Artikel käme.
Es war tatsächlich nicht zu spät; ich lieferte ab und fand ihn dann zusammen
mit einer Menge Aufsätze illustrer Personen.
Photographie: Michaela Kiepe
„Wir haben immer für
ihn gebetet, und jetzt ist er da“, sagte die Chorleiterin. Der Diözesanbischof Felix Genn und der emeritierte
Regionalbischof Dieter Geerlings besuchten am 3.3.2019 die Russische Gemeinde
Horneburg. Bischof Felix wies auf die Notwendigkeit hin, dass russischsprachige
Gläubige eine geistliche Heimat haben.
Am 25. Juni 2019 wurde
das Fest der Neuen Hausnummer
gefeiert. Eingeladen waren: Bibelkreis, Blasorchester, Boris-und-Gleb-Chor,
Bürgerschützen, Dorfbildarbeitskreis, evangelischer Pfarrer, Fahrradklub,
Feuerwehr, Heimatausschuss, Kindergarten, Kindermessdiener, Kirchenvorstand,
Kommunionhelfer, Lektoren, Maria-Magdalenen-Chor, Pfarreirat, Reinigungskraft,
Remigius-Chor, Sakristane, Schwestern, Seelsorgeteam, Sekretärin,
Seniorengemeinschaft, Seniorenmessdiener und Verwandte. Es kamen 150 Gäste bei
hochsommerlichen Temperaturen. Es sangen die Chöre und es spielte Klezmermusik,
ein Violinist und ein Akkordeonist. Das Cocktailtaxi stieß auf besonderen
Zuspruch.
In die Alte Kirche
konnte nach jahrzehntelangem Exil der Kreuzweg
aus den 1920er Jahren zurückkehren, den Heinrich Repke gestaltet hatte. Es war
eine Art Detektivgeschichte, aufzuspüren, wo sich die vierzehn
Kreuzwegstationen befanden. Die Reinigung der Bildflächen nahm insgesamt drei
Jahre in Anspruch, sodass sie heute in voller Schönheit erstrahlen. Die
Gesichter sind expressiv und das Geschehen ist dramatisch dargestellt.
XI. Station: Jesus wird ans Kreuz genagelt.
Photographie: Siegfried Eggenstein
Ich bin dankbar, dass
einige Reisen möglich waren. In
Skandinavien beschäftigte ich mich mit den Warägern (Eidgenossen), welche den
ersten Staat des Russischen Landes begründet hatten und hauptsächlich aus den
heutigen Ländern Dänemark und Schweden stammten, dort Wikinger (Seekrieger)
genannt.
Ich hatte in der Jugend
eine Beschreibung der Mezquita in Córdoba gelesen: „Ein vielstämmiger Wald von
Säulen umgibt uns, deren Perspektive sich bei jedem Schritt verschiebt.
Riesigen Palmblättern gleich schwingen sich die rot und weiß bemalten
Hufeisenbögen von den Kapitälen und Pfeilern in den Raum hinein; die sich
tausendfach schneidenden Linien würden sinnverwirrend wirken, wenn nicht das
Halbdunkel die scharfen Konturen milderte.“ (Eugen Bolleter, Bilder und Studien
von einer Reise nach den Kanarischen Inseln, Leipzig 1909, Kapitel 7: Arabische
Kunstdenkmäler in Südspanien). Gerade dieses Halbdunkel schafft eine mystische
Atmosphäre, während in dem blendenden Licht der hineingebauten Kathedrale das
Rationale herrscht.
Cádiz, 20.5.2019, Im Turm der Neuen Kathedrale
(Krypta: Grab von Manuel de Falla, 1876-1946), Photographie: Peter Schnatmann
De herfst blaast op den horen, |
Der Herbst bläst auf dem Horn, Die Schönheit träumt von Baum zu Baum, |
Felix Timmermans (1886-1947),
Adagio, Amsterdam 1947, 35.
Dieses
Gedicht habe ich bei einer Flämischstunde im Jahr 1966 kennengelernt. Seither
begleitete es mich. Die Stille eröffnet den Weg von außen nach innen (Natur und
Herz), sie lässt Bilder der Vergangenheit entstehen. Die Rehe verschwinden und
die Schönheit vergeht, doch der Ewige bleibt. Es ist ein Abschied mit der
Hoffnung, dass die Früchte der Wehmut (!) gesegnet seien, ebenso wie die
Früchte im Herbst an den Bäumen und Sträuchern prangen: Gott seufzt nach seiner
Schöpfung (Ekkehart).
Im Garten breitete sich die Goldrute (Solidago virgaurea) aus und
verdrängte die Herbstaster. Farn, wilde Brombeeren und Wildwuchs von Sträuchern
erforderten die Gartenschere. Eine Verminderung der Artenvielfalt konnte ich
nicht feststellen: Sobald ich ein Unkraut ausgerottet hatte, breitete sich
mächtig ein anderes aus, das ich noch nie zuvor gesehen hatte. Die buntlaubige
Aukube (Aucuba japonica cv. [cultivated variety] variegata) hatte mit Mühe und
Not einen weiteren trockenen Sommer überstanden.
Fahrt
zum Kemnader See und zum Haus Kemnade, 6. Juni 2019: Reinhard, Jürgen, Michael,
Raimund, Hubert. Wilhelm photographiert; Heinz ist wegen der Länge der Strecke
nicht mitgefahren.
Einmal wöchentlich
setzt sich unser siebenköpfiger Fahrradklub
in Bewegung und besucht Burgen, Schlösser und Naturlandschaften. Im
Zweistromland (Lippe und Stever) wurde ein größeres Gebiet renaturiert.
©
Heinrich Michael Knechten, Horneburg 2021