Das
Apostelspiel
Steyl
1960
Photograph: Pater Josef Müller (* 1934 in Krefeld,
Priesterweihe 1960, † 2015 in Xanten).
Anlaß: Max Mell, Apostelspiel (1923 geschrieben, 1925
in Berlin uraufgeführt)
Zuschauer: Sexta a, Sexta b, Quinta, ein Bruder, zwei
Patres
Erste Reihe, von links: Harry Dusek, Heinz Wadenpohl,
Kuno Leist, Egon Leschinsky, Johannes-Matthias von Helden, Heinrich Knechten,
Theodor Stein, Willi-Bernd Sobottka, Friedrich-Wilhelm Oemkes, …, Hans-Peter
Schiffers.
Zweite Reihe: Johannes Weitz, Wolfgang Erens,
Hermann-Josef Hüsgen, Peter-Josef Frings, Heinz Heyl, Georg Bruns, Heinz
Pennart, Wolfgang Körfges, Willi-Peter Keim.
Linke Bildseite: Gerhard Hermsen, …, …, …, Hans-Dieter
Reitz.
Rechte Bildmitte: Norbert Wilms, Peter Lohmann,
dahinter Josef Hendricks, Konrad Berning.
Dritte Reihe: …, Bruder Winfried Philipps, Pater
Hermann-Josef Schütte, …
Hinten: Pater Günter Guth.
Max
Mell
Geboren 1882 in Marburg(Maribor) an der Drau
(Steiermark, heute Slovenien), Kindheit (ab 1886) in Wien; sein Vater Alexander
Mell leitete dort das Blindenheim.
Max Mell studierte Germanistik und Kunstgeschichte,
promovierte über Wilhelm Waiblinger (1804-1830, Dichter und Schriftsteller,
Freund Hölderlins und Mörikes).
In den 1930er Jahren war er Anhänger des
Austrofaschismus, begrüßte den „Anschluß“ Österreichs und hatte ein gutes
Verhältnis zum Gauleiter Baldur Benedikt von Schirach (1907-1974; vgl.
Christoph Heinrich Binder, Großdeutsche Sehnsüchte und nationalsozialistische
Wirklichkeit. Max Mells Haltung in den Jahren 1933 bis 1945, in: Blätter für
Heimatkunde (Graz) 63 (1989), Nr. 1, 3-9).
Andererseits bewahrte er den Schriftsteller Wladimir
von Hartlieb (Wladimir Freiherr von Wallthor; 1887-1951) vor Verfolgung und
verhalf der Baronin Gabriele Oppenheimer zur Ausreise (vgl. O.Rathkolb,
P.Autengruber, B.Nemec, F.Wenninger, Gesamtredaktion v. J.Fuchshuber,
Straßennamen Wiens seit 1860 als „Politische Erinnerungsorte“, Wien 2013,
202f).
In seinem Werk setzte er dem Kommunismus die
überwindende Kraft des Christentums entgegen.
Max Mell war befreundet mit Hans Carossa und Hugo von
Hofmannsthal, mit dem er eine lange Korrespondenz führte. In seinen
Theaterstücken verknüpfte er Mysterienhaftes mit ausgesprochen Realistischem:
Petrus
Wenn sich’s aber jetzt
zutragen tät,
Daß dich im Augenblick der Tod hinstreckt –
Glaubst, daß der kommt und dich auch
erweckt? […]
(Das
Apostelspiel, Zürich 1981, 50)
Magdalen
Nur: wenn’s nicht zu lang
wär, wär’s mir recht.
Blieb von der Sonn nicht gern lang aus,
Und ist auch voller Arbeit das Haus. (51)
Magdalen
(Leonhard Storks), Großvater, Johannes (Aloys Siepmann) und Petrus (Gerhard
Pfeiffer).
Das
Apostelspiel
Zwei durch den Ersten Weltkrieg brutalisierte Männer
wollten einen Hof plündern und brandschatzen. Zur Tarnung gaben sie sich als
Petrus und Johannes aus. Petrus trug einen alten russischen Militärmantel und
Wickelgamaschen.
Sie vertraten revolutionäres
Gedankengut:
Johannes
Weißt noch immer nicht,
wem ich das tu?
Was ist mir das, was sie mit süßen Mienen
„Liebe“ nennen! Mir graust vor ihnen!
Nein, es ist für meine Brüder im Geist,
Für die’s mich betteln und rauben heißt
Und wohl noch Ärgers. Daß sie nicht vergehn,
Eh sie noch die Flammenzeichen gesehn!
Wir müssen durchkommen! Das neue Geschlecht.
Wir müssen! Und dazu ist alles recht.
Auch dem Kleinhäusler schlachten sein einziges Rind,
Und Leut expedieren, die überzählig sind. (31)
Sie waren religionsfeindlich:
Johannes
So denk nur aus: was hier
vorgeht dann.
Hat das Mädel nicht ganz hell gesehn,
Uns recht erkannt, als was wir umgehn?
Sind wir denn nicht Apostel im Grund?
Nur andere Lehre trägt unser Mund,
Als sie Petrus oder Johannes bot:
Die schweigende, die diesem Volke not.
Das wissen sie nicht, sie können die beiden,
Die neuen von den alten nicht unterscheiden;
Und sollen’s auch nicht, alle Müh wär vertan,
Die reißt doch nichts mehr aus ihrem Wahn!
Doch da dieser Wahn als Wahrheit eintritt,
Hat er schon die tödliche Waffe mit.
Begreifst du, daß ich ihren Glauben bestärk?
Ich werd sagen können, ich hab das Werk,
Das die Welt noch wird rütteln aus ihrer Ruh,
Als Apostel getan! Das sagt mir zu.
Damit bin ich geworden – was ich dann bleib. (35)
Die fünfzehnjährige Magdalen, deren Vater „aus dem
Krieg nimmer kommen“, und die ohne Mutter lebte: „Der Herrgott hat s’ zu sich
g’nommen“ (19), fand in ihrer Naivität den rechten Umgang mit beiden
„Aposteln“: Petrus verspottete sie, weil er lediglich Malchus ein Ohr abhieb
(Joh 18,10), anstatt den Heiland tatkräftig zu verteidigen und notfalls selber
zu sterben (54). Johannes traf sie tief und brachte ihn zur Umkehr, indem sie
ihn fragte: „Wie ist das, wenn der Heiland liebt?“ (57).
Quelle:
Max
Mell (1882-1971), Das Apostelspiel, München 1923; Zeichnungen v. Robert Wyss,
Zürich 1981 (Zitate aus dieser Ausgabe).
Herzlichen Dank an Georg Bruns, Franz-Josef Knur und
Klaus Seyock für Ergänzungen und Korrekturen.
© Pfr. Dr. Heinrich Michael Knechten, Horneburg 2021