Bericht 2015

 

Das Diamantene Priesterjubiläum von Pater Erwin Immekus, der die Russische Gemeinde begründet hatte, sowie sein neunzigster Geburtstag wurden began­gen. Am 6.1.1818 wurde in Horneburg eine Göttliche Liturgie für russische Soldaten gefeiert. Das zweihundertjährige Gedenken dieses Ereignisses sorgte für ein großes Dorffest.

Großer Einzug, Photographie von Gottfried Müller

 

Neben den Liturgien sind es besonders die Taufen, die anrühren. Der Kontakt mit den Familien, aber auch ihre besonderen Schwierigkeiten, prägen die seel­sorgliche Arbeit. Auf der anderen Seite kommt es immer wieder vor, dass junge Menschen sterben. Der Schmerz der Angehörigen ist groß.

 

Nun folgt einiges zu den Büchern der letzten Jahre. Es war seit langer Zeit klar, dass die Russische Gemeinde ein neues Gebetbuch braucht. Ich verwies auf zwei Liturgie-Fachleute, die fähig waren, so etwas herauszugeben. Als aber der Stapel der verfügbaren Auflage immer kleiner wurde, machte ich mich selbst an die Arbeit. Ihr könnt Euch kaum denken, welche Schwierigkeiten da zu bewältigen sind. Heißt der Heilige Ermolaos oder Hermolaos? Soll es Paraskeve oder Paraskeue heißen? Wer ist Kyriakia (Kyriake)? Ist Proskomidie oder Proskomide besser? Gebt diese Dinge einmal ein und das Rechtschreibprogramm wird passen! Jedenfalls gelang es, innerhalb der festgesetzten 72 Seiten zu bleiben, indem auch der Umschlag bedruckt wurde. Das Titelbild allerdings war im Vor­gängerheft so schlecht, dass ich es gegen eine Ikone aus meinem Bestand austauschte.

 

Manchmal wird mir gesagt, dass Personen, die vor langer Zeit lebten, heute nicht mehr interessieren. Daher begann ich ein Buch über heutige Starzen. Da be­steht allerdings die Schwierigkeit, die Spreu vom Weizen zu trennen. Von einem dieser Personen war zu hören, sie sei im Diamanthandel tätig, ein anderer galt als verrückt. Ich beschränkte mich daher auf Lebensbeschreibungen über Menschen, die ihren Weg bereits vollendet, aber noch in unserer Zeit gelebt hatten.

 

Es war ebenfalls schon lange klar, dass ich nicht nur Bücher über Männer schreiben kann. Das Problem war, Informationen über Frauen zu erhalten, die vor langer Zeit lebten. Es gibt Chroniken, die einige Bemerkungen enthalten. Das Gedächtnis der Anna von Kaschin war in den Heiligenkalender aufgenommen und dann wieder daraus entfernt worden. Über die heilige Ksenija von St. Petersburg liegen zahlreiche Berichte vor, die nur den Nachteil haben, dass zu ihrer Zeit von all dem überhaupt nichts bekannt war…

 

Sergij von Radonež feierte seinen 700. Geburtstag; da war ein Buch über russische Klostergründer erforderlich. In Russland sind ja in den letzten Jahren tau­send Klöster gegründet oder wiedereröffnet worden.

 

Dann ging es um die Glaubensverbreitung. Die Orthodoxie gilt als nicht besonders aktiv in diesem bereich. Daher bewies ich mit dreizehn Missionaren, die unter unsäglichen Mühen die weglosen Strecken Sibiriens, des russischen Fernen Ostens und des Russischen Amerikas überquert hatten, dass dem nicht so ist.

 

Als ich mich gerade zurücklehnen wollte, um mich etwas auszuruhen, teilte mir der Verlag mit, von dem Buch über das Jesusgebet seien nur noch drei Exemp­lare vorhanden. Ich solle wenigstens das Papier-Dokument, das auf photomechanische Weise vervielfältigt worden war, in ein digitales Dokument umwandeln. Ich gab das Buch neu mit Erweiterungen und Aktualisierungen heraus.

 

Die russische Kirchengeschichte kann unter anderem auch als eine Verfolgungsgeschichte gesehen werden. Immer wieder gab es Menschen und Gruppen, die missliebig geworden waren. Im Buch über die Leidendulder wurde ihr Leben beschrieben.

 

In Russland haben geistliche Väter große Bedeutung. Daher arbeite ich an zwei Büchern über sie, von denen eines bereits erschienen ist. Hier werden ihre Grundsätze erläutert.

 

In Russland ist das Verhältnis von Kirche und Staat besonders eng. So war es an der Zeit, darüber zu schreiben. Es ging vor allem um das Verhältnis von Met­ropolit Makarij zu Ivan dem Schrecklichen.

 

Jahrzehntelang fuhr ich nach Russland und brachte dabei jedes Mal Bücher mit. Sie dienten als Material für die Darstellung der im Westen wenig bekannten Welt russischer Spiritualität. In der ehemaligen Sowjet-Union wurde 73 Jahre lang die Religion verfolgt. Diese Agitation hatte durchaus Wirkungen. Danach gab es den Kampf um die materielle Existenz. Die Russischsprachigen sind zwar guten Willens, haben aber im allgemeinen nur wenig Kenntnisse von ihrer religiösen Tradition. Daher wird versucht, anhand von Lebensbildern geistliches Gedankengut und Impulse zu vermitteln.

 

Es gibt Äußerungen, die sich manchmal eher durch Lautstärke, Polemik und Einseitigkeit auszeichnen.[1]

 

Nun etwas zum Garten. 1978 hatte ich in Kevelaer und Dinslaken je eine Atlaszeder gepflanzt. Die eine fiel dem Sturm Kyrill zum Opfer (18.1.2007), in die andere schlug im Sommer 2009 der Blitz ein. Hier in Horneburg gibt es einen Pfarrgarten. Dort hat sich in der letzten Zeit viel getan. Es wurden Tannen gefällt, weil der Sturm Ela Pfingstmontag, 9.6.2014, gewütet hatte, ein Birnbaum und ein Pfirsichbaum, die ihren Dienst nicht mehr versahen, eine Libanonzeder, die eingegangen war, und ein Tulpenbaum (Liriodendron tulipifera), in den ein Blitz eingeschlagen war und bei dem immer wieder große Äste abbrachen, da kein so genannter Erziehungsschnitt vorgenommen worden war. Das Brombeerdickicht in einem Teil des Gartens wurde duch Rasen ersetzt. Dabei wurde sichtbar, dass hier manches „entsorgt“ worden war: Plastikplanen, Flaschen, Steine und Bauschutt.

 

Neu gepflanzt wurden ein Amberbaum (Liquidamber styraciflua), der nicht so stark windbruchgefährdet ist, ein neuer Tulpenbaum, um den herum eine Rund­bank aus witterungsbeständigem Material gebaut wurde, eine Atlaszeder (Cedrus atlantica), eine Himalajazeder (Cedrus deodara), eine Libanonzeder (Cedrus libani), ein Rosenstock mit gelben Blüten, Winterlinge, eine Christrose, mehrere Pfingstrosen und aus Kevelaer kam eine Aukube (Aucuba, Familie der Garrya­ceae). Das verunkrautete Beet vor der Terrasse wurde mit dem Fünffingerstrauch (Potentilla fruticosa) bepflanzt. An die Stelle der gefällten Bäume traten Sträucher (Forsythia Beatrix Farrand, Kolkwitzia amabilis, Philadelphus coronarius – Europäischer Pfeifenstrauch, Süßer Jasmin, Prunus laurocerasaus Otto Luyken – Breitwüchsige Lorbeerkirsche, Ilex meserve Blue Angel und Spiraea japonica Goldflame). Wer fragen sollte, warum ich Zedern liebe, sei auf das folgende Gedicht verwiesen:

 

Die Zeder

 

Ich wachse langsam. Meine Zeit
Ist eine lange Geduldigkeit.
An jedem wuchs ich, was mir ward,
Kein Reif zu jäh, kein Frost zu hart.
Ich wachs am Dunkel, daraus ich stieg,
Ich wachs am Licht, darin ich mich wieg,
Ich wachs am Wurm, der an mir nagt,
Ich wachs am Sturm, der durch mich jagt.
Verwandelnd zwing ich jede Kraft,
Hinauf zu dehnen meinen Schaft.
Ich dulde Blitz und Glut und Guß,
Ich weiß nur, daß ich wachsen muß.
Und schau ich hoch auf alle Welt,
Und kommt die Stunde, die mich fällt,
Schmück Tempel ich und Paradies
Des Gottes, der mich wachsen hieß.[2]

 

Im Jahre 2003 wurde die Alte Kirche in Horneburg von außen angestrichen, vor das vordere rechte Fenster kam eine Schutzverglasung und es wurden Schäden im oberen Mauerbereich beseitigt. Nun war die Innenrenovierung an der Reihe. Wenn aber Fenster undicht sind, hat ein Innenanstrich wenig Sinn. Daher wurden alle Fenster überarbeitet und es kam auch vor das vordere linke Fenster eine Schutzverglasung. Für die Überprüfung der Glocken und der Turmuhr wurde eine Wendeltreppe eingebaut. Auch ein Windfang kam hinzu. Der Boden der Kirche war wegen des Einbaus einer Fußbodenheizung angehoben worden. Dieser Zustand blieb, aber die störende Stufe im Eingangsbereich wurde beseitigt, indem der gesamte Platz vor der Kirche Millimeter um Millimeter aufwärts gepflastert wurde. Die beiden Beichtstühle an der Westwand hatten tiefe Löcher und Feuchtstellen hinterlassen, die jetzt aufgemauert und saniert wurden. Gemäß der russischen Tradition wird ja ohne Beichtstuhl gebeichtet.

 

Die Schwierigkeit bestand darin, termingerecht die Kirche auszuräumen und danach wieder einzuräumen, während alle vorgesehenen Liturgien weiterhin gefeiert wurden. Es ist erstaunlich, wieviel in einer kleinen Kirche enthalten ist: Ikonen, Mobiliar, Geräte, Stoffe und Kerzen.

 

Der Barockaltar mit Akanthusranken und Putten, der nach einem Visitationsbericht kurz vor 1717 fertiggestellt wurde, enthielt ursprünglich das Gemälde einer Kreuzabnahme, das zuletzt 1855 als vorhanden aufgeführt wurde. Die Statuen Maria und Johannes, die dazu gehören, befinden sich in Recklinghausen (Höhe 69 cm, Lindenholz, 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts), weil sie zu Anfang der 1920er Jahre verkauft worden waren. Die beiden Leidensengel, die Geißel, Geißelsäule sowie eine Lanze und einen Stab mit Schwamm tragen, konnten nach der Reinigung durch den Restaurator wieder oben rechts und links in den Altar eingefügt werden.

Leidensengel, Photographie von Siegfried Eggenstein

 

Zwei weitere Figuren waren seit 1922/1924 in Recklinghausen: Muttergottes Immaculata (Höhe 106 cm, Eichenholz, Anfang des 18. Jahrhunderts) und Johannes Nepomuk (Höhe 78,5 cm, Eichenholz, 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts). Sie wurden rechts und links des Altares auf vorhandene Postamente gestellt. Das Gemälde der heiligen Maria Magdalena im oberen Bereich des Altars sowie die vierzehn Kreuzwegstationen, die aus Wiedenbrück stammen (1920er Jahre), werden zurzeit gereinigt. Sie waren jahrzehntelang teils im Keller des Pfarrhauses, teils im Heizungskeller der Neuen Kirche und teils im Archiv der Stadt Datteln aufbewahrt worden. Das Wiederauffinden und Zusammenführen war eine spannende Geschichte. Es geht darum, möglichst viele der Kunstgegenstände, die einmal in der Alten Kirche waren, in gutem Zustand und an Ort und Stelle an die nächste Generation zu übergeben.

 

© Dr. Heinrich Michael Knechten, Stockum 2024

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[1] Vgl. Gerhard Podskalsky, Theologische Literatur des Mittelalters in Bulgarien und Serbien 865-1459, München 2000, VII.

[2] Ernst Bertram (1884-1957), Gedichte, Leipzig 41924, 100.