Alles hat seine Zeit
Nadja
war von Natur aus nicht ängstlich, doch die bevorstehende Operation erfüllte
sie mit Sorge. Mehrere Stunden sollte sie dauern. Der Eingriff verlief denn
auch nicht reibungslos: Es kam zum Atemstillstand. Mit Mühe und Not retteten
die Ärzte ihr Leben. Später erzählte ihr die Krankenschwester, dass sie knapp
dem Tod entronnen war.
Als
Nadja allein war, wurde ihr mit Schrecken bewusst, wie kostbar die Zeit war,
die sie bisher sorglos verbraucht hatte. Vor allem musste sie jetzt daran
denken, wie viele guten Gelegenheiten sie schon verpasst hatte.
Sie
erinnerte sich daran, gelesen zu haben: „Alles hat seine Stunde. Für jedes
Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit.“ (Koh
3,1).
Von
ihrem Bett aus konnte Nadja durch das Fenster auf die weite sibirische
Landschaft schauen und erhielt eine Ahnung von der Unendlichkeit. Sie fühlte
sich sehr müde, doch ein Gedanke tauchte noch auf, bevor sie einschlief: Sie
wollte aufmerksamer leben und sich jeweils fragen, wozu Gott ihr diesen Tag und
diese Stunde geschenkt hatte.