Zur Erinnerung an Fedor Stepun (1884-1965)*

Fedor Stepun

 

Einleitung

In den Beständen der "Beinecke Rare Book and Manuscript Library" der Yale-University/New Haven (Connecticut) befinden sich in 73 Kästen die Unterlagen aus dem Nachlass des Schriftstellers und Philosophen Fedor Stepun. Nachdem dieser Bestand inzwischen von Nicole Bouche, Robert Bird und Christopher Lemelin geordnet und seit Januar 1998 allgemein verfügbar gemacht wurde, ist es für Fachleute möglich, Einsicht in die umfangreichen Bestände und Namenslisten zu nehmen, die auf die ausführliche Korrespondenz und die vielfältigen Kontakte F.Stepuns verweisen. Die Herkunft der Sammlung wird auf Margaret Stepun zurückgeführt, von der die Unterlagen 1967 erworben wurden. Sie befinden sich seitdem im Besitz der o.a. Institution.

Die Biographie Fedor Stepuns

Fedor Augustovich Stepun wurde am 6. (19.) Februar 1884 in Moskau als der älteste Sohn in einer Familie deutscher und litauischer Herkunft geboren. Es ist offensichtlich, dass sein ursprünglicher Name Friedrich Steppuhn war und dass er als deutscher Bürger geboren wurde, doch die russische Staatsbürgerschaft annahm, bevor er in den Militärdienst eintrat; bis 1917 war die russische Schreibweise seines Namens "Steppun". Als er drei Jahre alt war, wurde sein Vater August Direktor einer Papierfabrik und erhielt eine Landgut in Kondrovo; von da an bis zur Oberschule lebte Stepun in einem kleinen russischen Dorf. Später betonte er, dass das Dorfleben zusammen mit der Russlandliebe seiner Mutter, Maria, sein ausländisches Blut abkühlte und ihn völlig zum Russen machte. Er konvertierte später von der reformierten Kirche zum orthodoxen Christentum.

Im Jahre 1900 machte Stepun seinen Abschluss an der Technischen Hochschule St. Michael in Moskau und trat 1901 in den Militärdienst ein.1) Er verbrachte ein Jahr in einer Artillerie-Division in der Stadt Kolomna. Er unterzog sich dort einer weiteren militärischen Ausbildung in den Jahren 1904 und 1911. Im Jahre 1914 wurde er in den aktiven Dienst im Krieg mit Deutschland einberufen. Stepuns militärische Erfahrungen werden zum größten Teil in seinen Memoiren "Vergangenes und Unvergängliches" beschrieben, ebenso in seinem 1918 erschienenen autobiographischen Roman "Briefe eines Fähnrichs der Artillerie".

Nach seiner ersten Zeit des Militärdienstes entschied Stepun, sich philosophischen Studien zu widmen, zu welchem Zweck er sich an der Universität Heidelberg bewarb.2) Stepun blieb von 1902 bis 1910 in Heidelberg, indem er Vorlesungen über einen weiten Bereich von Themen besuchte. Während seines Aufenthaltes jedoch blieb er unter dem besonderen Schutz und Einfluss des neukantianischen Philosophen Wilhelm Windelband und erfreute sich auch des Rates von Heinrich Rickert und Emil Lask. Stepun erhielt im Jahre 1907 einen akademischen Grad der Universität Heidelberg und seinen philosophischen Doktor im Jahre 1910 ebenfalls von der Universität Heidelberg. Seine Dissertation "Die Geschichtsphilosophie Wladimir Solowjews" wurde vom Fritz Eckhardt Verlag in Leipzig unter dem Namen Friedrich Steppuhn veröffentlicht.3) Er publizierte einen Aufsatz in "Vom Messias. Kulturphilosophische Essays", dessen Mitarbeiter Stepuns zukünftige Freunde und Kollegen Sergej Hessen, Nicolai von Bubnoff, Georg Mehlis und Richard Kroner einschloss.4)

In Heidelberg traf Stepun sein erste Frau, Anna Aleksandrovna Serebriannikova, die er um 1906 inmitten tragischer Umstände heiratete, die sowohl in seinen Memoiren (wo seine Frau Oloviannikova genannt wird) als auch in seinem großen autobiographischen Romane "Nikolai Pereslegin", wo sie Tania genannt wird, berichtet werden. Sowohl ihr wirklicher Name als auch das Datum ihrer Heirat bleiben unsicher. Die Heirat, die er "eine Romanze im Stil Dostojewskijs" nannte, endete tragisch: Kaum zwei Jahre, nachdem sie geheiratet hatten, ertrank Anna in der Ostsee, als sie versuchte, den jüngeren Bruder ihres ersten Ehemannes zu retten. Stepun berichtet in seinen Memoiren, dass es Professor Windelband, ein klassisch stolzer deutscher Philosoph war, der ihm die Mitteilung von Anna Aleksandrovnas Tod überbrachte.5) Diese leidenschaftliche frühe Heirat, verbunden mit früheren romantischen Begegnungen, trugen zu Stepuns Enttäuschung über die theoretische Philosophie bei und lenkten ihn in die Richtung eines mehr vitalistischen Denkens, die sogenannte "Lebensphilosophie", die er in seinem Roman "Nikolai Pereslegin" charakterisierte: "Alle meine Philosophie ist eine Verteidigung des Lebens gegen [theoretische] Konstruktionen, der lebendigen Augen gegen die Gesichtspunkte". Um diese Zeit begann Stepun, seiner lebenslangen Faszination im Hinblick auf das künstlerische Element in allen Aspekten des Lebens, von der Romanze zum Theater und sogar zur Politik, den schöpferischen und theoretischen Ausdruck zu geben. Memoirenschreiber sind sich einig darin, Stepun als eine in erster Linie ‚künstlerische Natur’ sowohl im Leben als auch in seinem schöpferischen Werk zu bezeichnen.

Stepun hatte vor allem Philosophie unter neukantianischen Professoren studiert und hatte seine Dissertation als eine formale Studie der Ethik Solowjews begonnen. Mit der Zeit jedoch wandte er sich vom Kantianismus hin zum deutschen Idealismus und zur Historiosophie Solowjews. In den Jahren nach dem Tode seiner ersten Frau schrieb Stepun Studien über Friedrich Schlegel und Rainer Maria Rilke. Obwohl der Schlegel-Aufsatz hohes Lob von Rickert und Georg Simmel erntete, und Stepun fortfuhr, sich mit seinen kantianischen Kollegen in der Zeitschrift "Logos" zusammenzuschließen, fand er bald nach seiner Rückkehr nach Russland im Jahre 1910 seine intellektuelle Heimat im Kreis der russischen Symbolisten und Religionsphilosophen wie bei Andrei Bely6), Nikolai Berdiaev, Alexander Blok7), Semen Frank [1877-1950] und Viacheslav Ivanov8), deren Denken er viele seiner reifen Werke widmete und mit einigen von ihnen er in der Emigration enge Freundschaft pflegte.

Im Jahre 1910 wurde er zusammen mit seinen Heidelberger Kollegen Gründungsherausgeber des "Logos". Dies war eine internationale philosophische Zeitschrift, die zugleich in Russland (in Moskau) und in Deutschland (in Tübingen) veröffentlicht wurde.9) Stepun und Hessen übernahmen die Herausgeberschaft der russischen Ausgabe, und Stepun reiste sogar nach Italien, um eine italienische Ausgabe der Zeitschrift zu arrangieren. Die anfänglichen Animositäten zwischen dem "Logos" und Vertretern der russischen Religionsphilosophie verringerten sich allmählich, und Stepun wurde ein aktives Mitglied der philosophischen Gesellschaften von Moskau und St. Petersburg. In seinen Memoiren erinnert Andrei Bely an einen philosophischen Zirkel, der sich um Stepun bildete und zu dem auch der angehende Dichter Boris Pasternak gehörte. Stepun steuerte auch solche Aufsätze wie "Logos" und "Phänomenologie der Landschaft" zu der symbolistischen Zeitschrift "Trudy i dni" [Arbeiten und Tage] bei. In der Emigration behielt Stepun eine gemäßigte Position, die ihm erlaubte, sowohl mit den strengeren Philosophen wie Boris Jakovenko und Nikolai Losskii [1870-1965] als auch mit ihren religiösen Gegnern wie Nikolai Berdiaev, Sergi Bulgakov und Vasilii Zen’kovski [1881-1962] zusammen zu arbeiten.

Im Jahre 1911 heiratete Stepun Natalja Nikolaevna Nikolskaia (geb. am 5. Mai 1886, n.St; sie wird in seinen Memoiren Nikitina genannt, vielleicht, um diejenigen ihrer Familie zu schützen, die in der UdSSR zurückblieben). Natalja Nikolaevna war zuvor mit Stepuns Schwager verbunden. Stepun gab eine künstlerische Geschichte seiner zweiten Liebe in seinem Roman "Nikolai Pereslegin". "Du als meine Frau wirst immer Gottes Schnitterin auf meinen Feldern bleiben; welche Körner auch immer mein Leben zum Blühen bringen, meine Seele will stets eine Sehnsucht nach deiner Sichel kennen und den Glauben, dass, welche Reifungen auch immer in mir sind, es nur reift, um zu sterben in deiner Umarmung, auf dem Halm deiner Liebe" (S. 203). Obwohl sie aus vornehmer Familie kam, sahen Stepuns ausländische Freunde sie immer als eine Verkörperung einer bäuerlichen Russin: einfach, warmherzig und gastfreundlich. Sie verbrachten viel Zeit in den folgenden Jahren, besonders zwischen 1918 und 1922 auf dem Familiengut Ivanovka, wo Stepun das Land wie ein Bauer bearbeitete, eine Erfahrung, deren er sich häufig mit Liebe erinnerte.

Von 1910 bis 1914 schrieb Stepun philosophische Artikel, meistens für den "Logos", "Trudy i dni", und "Severnye zapiski" [Nördliche Aufzeichnungen]. Er reiste durch die russische Provinz, indem er vor großen Zuhörerscharen unter der Aufsicht des "Bureau der Provinziallektoren", geleitet von Julii Issaevich Aichenvald [1872-1928, Schriftsteller und Essayist, später nach seiner Emigration im Jahre 1922 Mitarbeiter am Russischen wissenschaftlichen Institut Berlin], Vorträge hielt. Stepun widmet viele Seiten seiner Memoiren seinen Eindrücken der Vorkriegszeit, der russischen Provinz, besonders der Stadt Nishnii Novgorod.10) Während dieser Zeit offenbarte Stepun erstmals eine seltene rhetorische Begabung, die seine Zuhörer während seines Lebens ständig überwältigte.

Im Jahre 1914 wurde Stepun einberufen, um im Ersten Weltkrieg als Soldat zu dienen. Er war zur 12. Kanonier-Artillerie-Division im Rang eines Leutnants kommandiert worden, und nach einer anfänglichen Periode im fernen Osten nahe Irkutsk11) diente Stepun in der Ukraine und Polen. Die März-Revolution erreichte seine Division in Galizien12), und bald wurde er als Teil einer Armeedelegation nach St. Petersburg gesandt.13) Stepun wurde ein Vertreter der Fronttruppen bei den allrussischen Sowjets der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenabgeordneten.14) Er kehrte bald an die Front zurück, doch wurde er unmittelbar danach zurückgerufen, um in der politischen Abteilung des Kriegsministeriums, geleitet von dem Exterroristen Boris Savinkov, zu arbeiten.15) Stepun spielte eine aktive Rolle bei vielen wichtigen Ereignissen der Vor-Oktober-Periode; er erzählte später, wie er anwesend war, als A.F.Kerensky den Freilassungsbefehl für Leon Trotsky aus dem Gefängnis gab. Zu dieser Zeit scheint Stepun mit der sozialistischen revolutionären Partei eng verbunden gewesen zu sein, obwohl er kein Mitglied war. Stepun schrieb während dieser Periode weiter: sein erster Roman "Briefe eines Fähnrichs der Artillerie" wurde zuerst 1916 veröffentlicht (in Buchform wurde es 1918 zusammen mit einem Werk von Savinkov veröffentlicht). Er war politischer Herausgeber der Zeitung "Invalid" (neu benannt "Armiia i Flot Svobodnoi Rossii" [Heer und Flotte des freien Russlands])16), worin er verschiedene polemische Artikel veröffentlichte, Fotokopien sind unter seinen Papieren.

Stepun wurde kurz während der Oktober-Revolution verhaftet, aber begab sich bald nach Moskau.17) Er war in der Oppositionspresse aktiv18), besonders in der sozialistisch-revolutionären Zeitschrift "Vozrozhdenie" [Wiedergeburt]19), die im Juni 1918 beendet wurde (und gefolgt von "Syn otechestva" [Sohn des Vaterlandes]), und als Herausgeber von "Shipovnik" [Wilde Rose]. In die Rote Armee berufen, war er in der Lage, im Jahre 1919 eine Stelle als Repertoire- und Bühnendirektor des revolutionären Theaters anzutreten, wo er Sophokles’ "Oedipus Rex" und Shakespeares "Maß für Maß" inszenierte.20) Nachdem er seine Stelle spät im Jahre 1920 verloren hatte, zog Stepun sich nach Ivanovka zurück.21) Während der Jahre 1918-1922 nahm Stepun weiter an den Zusammenkünften der freien philosophischen Akademie22) und revolutionärer Theatergruppen teil. Im Jahre 1922 arbeitete er zusammen mit Nikolai Berdiaev und anderen in der Sammlung "Oswald Spengler i Zakat Evropy" [Oswald Spengler und "Der Untergang des Abendlandes"]23), und gab den literarischen und künstlerischen Almanach "Shipovnik" heraus.24) Im November dieses Jahres [1922] wurde er aus Sowjet-Russland zusammen mit 150 anderen Intellektuellen ins Exil geschickt.25) Stepun verließ die UdSSR zusammen mit seiner Frau und seiner Mutter, die während des zweiten Weltkriegs starb und der Stepun die Schlussseiten seiner Memoiren widmete.26) Stepun ließ sich zunächst in Berlin nieder, wo er in der von Nikolai Berdiaev gegründeten religionsphilosophischen Akademie Vorlesungen hielt sowie – unterstützt vom amerikanischen YMCA – im Club der Schriftsteller. Er veröffentlichte seine gesammelten philosophischen Aufsätze in "Zhizn’ i tvorchestvo" [Leben und Werk] (Berlin 1923) und ebenfalls ein Buch über das Theater, das er in Ivanovka geschrieben hatte (Osnonvnye problemy teatra). Eine ausführliche Ausgabe dieses Buches wurde später in deutsch als "Theater und Kino" (Berlin 1932, verbesserte Auflage "Theater und Film", München 1953) veröffentlicht. Er begann, an der Emigrantenpresse mitzuarbeiten. Er wurde literarischer Herausgeber von "Sovremennye zapiski" [Zeitgenössische Aufzeichnungen]. In dieser Zeitschrift gab er seinen halb-autobiographischen und höchst philosophischen Roman "Nikolai Pereslegin" heraus (separate Ausgabe Paris 1929), und eine Reihe von "Gedanken über Russland". Zusammen mit Sergei Hessen [Philosoph, 1887-1950] und Boris Jakovenko wurde Stepun Herausgeber des erneuerten "Logos", der in Prag erschien. Im Frühjahr 1926 nach einer Reihe von Jahren, in denen er in Freiburg/Breisgau wohnte, wurde Stepun eine Stelle eines Hochschullehrers für Soziologie an der Technischen Hochschule Dresden angeboten, vor allem dank der Unterstützung von Richard Kroner und Paul Tillich, die dort lehrten. Tillich27) und Kroner, die beide nach Hitlers Machtübernahme nach Amerika emigrierten, blieben lebenslang Stepuns Freunde.28) Es ist unbekannt, wann Stepun seine deutsche Staatsbürgerschaft erhielt oder vielmehr wieder annahm.

Stepun behielt seine Stelle in Dresden für elf Jahre. Er wurde eine wohlbekannte Gestalt in der Emigrantenkolonie der Stadt, indem er als Präsident der bedeutenden Vladmir Soloviev-Gesellschaft tätig war. Seine beständige Beschäftigung gab ihm auch ein Maß ungewöhnlicher Sicherheit während der Emigration, die ihm erlaubte, weit zu anderen Emigrantenzentren zu reisen wie nach Prag, Berlin, Riga und Paris ebenso wie in die Schweiz, nach Österreich und nach Skandinavien. Er wurde rasch ein wichtiger Teilnehmer sowohl in Emigranten- als auch in deutschen intellektuellen Kreisen, indem er Artikel zu solchen Zeitschriften wie "Put'" [Der Weg], "Sovremennye zapiski" und "Hochland" beisteuerte. Stepun war auch in der russischen christlichen Studenten-Bewegung (RSKhD) tätig, durch welche er seine Liebe zur orthodoxen Kirche entwickelte und seine Aufmerksamkeit für die jüngere Generation emigrierter Russen vertiefte. Er war zusammen mit Nikolai Berdiaev Herausgeber der kurzlebigen Zeitschrift "Utverzhdenie". Im Jahre 1931 wurde Stepun gemeinsam mit Georgii Fedotov und Il’ia Isidorovich Fondaminskii (Pseud. Bunakov)29) Gründungsherausgeber der Zeitschrift "Novyi grad", die eine neue christliche und sozialistische Vision erläuterte, indem sie solch außergewöhnliche Denker und Gestalten wie Berdiaev [1874-1948], Sergius Bulgakov [1871-1944], Mutter Maria (Skobtsova), Marina Tsvetaeva und die drei Herausgeber selbst vereinigte. Stepun drückte seine Kritik am Bolschewismus und seine positiven Ideale in einem deutschen Buch "Das Antlitz Russlands und das Gesicht der Revolution" (Leipzig 1934) aus, ins Englische übersetzt wie ebenso "Die russische Seele und die Revolution" (London/New York 1936).

Der nationalsozialistische Gewaltstreich in Deutschland begann allmählich Stepun im Jahre 1935 zu beeinträchtigen. Er war als Herausgeber von "Novyi grad" zurückgetreten, offensichtlich auf Grund der Unklarheit, die aus seiner Entscheidung resultierte, in Deutschland zu bleiben und innerhalb des Systems zu arbeiten. Ein Dokument unter Stepuns Papieren, datiert vom 2. Januar 1935, deutet darauf hin, dass er gegenüber den Elementen der nationalsozialistischen Sache öffentliche Billigung ausdrückte. Aber im Jahre 1936 wurde Stepun aus der Wirtschaftsabteilung in Dresden entfernt, weil er bei der Regierung in Verdacht geraten war. Bei einem Besuch in der Schweiz im Jahre 1936 erzählte Paul Tillich F.Stepun von der europäischen Sicht Hitlers und berichtete: "Er ist tief erschüttert, er fühlt, dass er den Nazismus zu leicht genommen hat". Tatsächlich wurde Stepun im Jahre 1937 aus seiner Stellung wegen seines offenkundigen Christentums und der Sympathie für die Juden entlassen. Seine ehemalige Nichtanerkennung des deutschen Bürgerrechts und die Konversion zur Orthodoxie, sogar die Schreibung seines Namens, wurden auch gegen ihn verwendet. Stepuns persönliche Papiere enthalten ein erschreckendes Zeugnis dieser Episode. Es wurde Stepun auch verboten, öffentlich zu sprechen, und die wachsenden internationalen Spannungen trennten ihn weiter von seinen Freunden im Ausland. Seine letzte Reise nach Paris für viele Jahre unternahm er im Jahre 1937, dem Jahr der Weltausstellung.

Stepun verbrachte die Kriegsjahre in Dresden, indem er seine Memoiren schrieb und in den Häusern von Freunden auf dem Land. Er lebte im Haus von Paul und Irmengard Mildner in Rottach am Tegernsee, als Dresden im Februar 1945 von Feuerbomben zerstört wurde. So wurden Stepun und seine Frau Flüchtlinge ohne Geld und Besitz. Jedoch im Oktober 1946 wurde Stepun eine Honorarprofessur für russische Geistesgeschichte an der Universität München verliehen, eine Abteilung der philosophischen Fakultät, eigens für ihn geschaffen. Während der nächsten Jahre bemühte sich Stepun, in die Vereinigten Staaten zu emigrieren, aber es war unmöglich, eine passende Stelle an einer amerikanischen Universität zu finden. Seine Unkenntnis des Englischen war auch ein Hinderungsfaktor.

Von 1946 bis 1964 lehrte Stepun beständig an der Universität München und anderen öffentlichen Foren in Deutschland ebenso wie im Ausland, besonders in der Schweiz und in Skandinavien. Viele dieser Vorlesungen wurden unter der Schutzherrschaft des Westdeutschen Vortragsamtes gehalten und viele andere wurden von örtlichen kulturellen Vereinigungen organisiert. Sie umfassten ein Gebiet, das Stepun vertraut war, indem sie solche Titel einschlossen wie: "Die Krisis der Freiheit in unserer Zeit", "Der Fall und die Wiederherstellung der Persönlichkeit", "Die historischen Wurzeln der bolschewistischen Revolution"30) und "Russischer Caesaropapismus und die Tragödie Russlands". Seine Vorlesungen über die Geschichte des russischen Denkens umfassten die folgenden konstanten Themen: "Dostojewskijs Weltsicht"31), "Die Tragödie von Tolstois Leben", "Vladimir Solovyov – Prophet der Wende des Jahrhunderts", "Russlands Bild von Goethe". Ähnliche Themen kehren mit großer Häufigkeit in Stepuns Schriften und Radioansprachen wieder.

Stepun beteiligte sich in der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde und anderen wissenschaftlichen Gesellschaften mit Interesse an Russland. Seine Interpretationen von allem – vom Bolschewismus bis zum russischen Symbolismus und Dostojewskij – wurden zu einflussreichen Faktoren im deutschen intellektuellen Leben. Die Originalveröffentlichung seiner Memoiren (1947-48; verkürzte Ausgabe im Jahre 1961) zusammen mit der Wiederveröffentlichung seiner Romane in deutscher Übersetzung (1951, 1963) eröffneten neue Blicke auf Russland als ein Land, das zu dieser Zeit fesselte mit der realen Gestalt der Sowjetunion und dem internationalen Kommunismus. Eine verkürzte Ausgabe mit dem Titel "Das Antlitz Russlands und das Gesicht der Revolution" [vgl. Anmerkung 1)] wurde in Deutschland sogar ein Bestseller. Stepun veröffentlichte ein Buch seiner Aufsätze, das dem russischen Kommunismus gewidmet war: "Der Bolschewismus und die christliche Existenz" (München 1958). Sein letztes Buch "Mystische Weltschau" (München 1964) fasste sein lebenslanges Interesse an Vladimir Solovyov und der russischen symbolistischen Literatur zusammen und blieb ein Zentralwerk über diese Themen. In diesen späteren Jahren beteiligte Stepun sich regelmäßig an den Zeitschriften "Hochland" und "Merkur", und seine Artikel wurden stets in der deutschen Presse veröffentlicht. Er war oft im Radio zu hören. Stepun wurde auch eine Schlüsselfigur im "Deutschen Institut für Film und Fernsehen" in den 50er Jahren, obwohl diese Initiative zu einem strittigen Ende im Jahre 1956 führte. Stepun war auch in der Tolstoi-Stiftung und anderen religiösen karitativen Organisationen in München und anderswo tätig. Am 20. Februar 1964 wurde Stepun von der Bayerischen Akademie der Schönen Künste zugunsten der deutschen und russischen Emigrantenverehrer gefeiert.

Während des frühen kalten Krieges und des folgenden Tauwetters blieb Stepun bedeutend in der Wissenschaft und im Denken der Emigranten. Er wendete jedem bedeutenden kulturellen Ereignis besondere Aufmerksamkeit zu, sowohl in der Emigration als auch in der Sowjetunion und erneuerte und wiederholte seine Interpretation der russischen Geschichte wie neueren Ereignissen. Stepun steuerte Artikel bei für "Vestnik RSKhD" [Bote der russischen christlichen Studentenbewegung], "Vozhrozhdenie", "Novyi zhurnal" [Neues Journal], "Opyty" [Erfahrungen], "Vozdushnye puti" [Luftwege], "Mosty" [Brücken] (dessen Herausgeber er war), "Russkaia mysl’" [Russischer Gedanke], "Za svobodu" [Für Freiheit], "Novoe russkoe slovo" [Neues russisches Wort] und andere. Häufig reiste er nach Paris, um an Emigrantentreffen teilzunehmen. Der originale russische Text seiner Memoiren wurde mit großem Beifall 1956 veröffentlicht. Eine Sammlung seiner literarischen Aufsätze wurde als "Vstrechi" [Begegnungen] im Jahre 1962 publiziert. Im Jahre 1965 veröffentlichte Stepun sein letztes Prosa-Werk, die Geschichte "Revnost'" [Eifersucht]. In den letzten Jahren begann Stepuns intellektuelles Vermächtnis auch in Russland an Wertschätzung zu gewinnen mit der Wiederveröffentlichung vieler seiner Bücher und Artikel.

Nach dem Tode seiner Frau im August 1961 lebte Stepun neben seiner Schwester Margarita mit ihrer Freundin Galina Kuznetsova, die half, ihn zu versorgen, als seine Gesundheit abnahm. Er wurde ebenfalls von seiner früheren Sekretärin Dagmar Wienskowski betreut. Nachdem er sich in seinen letzten Jahren vieler Ehrungen erfreuen durfte, starb "die Stimme des anderen Russlands" am 23. Februar 1965 einige Tage nach seinem 81. Geburtstag, nachdem er einen Vortrag in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste mit seiner Schwester und Galina Kuznetsova besucht hatte. Er wurde am 26. Februar 1965 auf dem Nordfriedhof in München beigesetzt.

Zur Geschichte der Stepun-Papiere (Nachlass)

Wir verzichten an dieser Stelle darauf, eine genaue Darstellung des umfangreichen Nachlasses von F.Stepun zu bieten. Die vollständige Übersicht über die 135seitige Darstellung ist bei der Yale-University/New Haven/Connecticut – "Beinecke Rare Book and Manuscript Library" (Fedor Stepun Papers – GEN MSS 172) einsehbar.

Wir verweisen nur auf einige wichtige Einzelheiten: Der Nachlass besteht aus Korrespondenz-Manuskripten, Fotografien und persönlichen Papieren aus Stepuns Besitz bis zu seinem Todestag im Jahre 1965. Der Nachlass wurde in sechs Abteilungen geordnet. Aufgrund der Zerstörung seiner Dresdener Wohnung im Jahre 1945 gibt es nur einen kleinen Bestand aus den vorherigen Jahren. Möglicherweise waren diese frühen Unterlagen, die entweder in Stepuns Besitz in Rottach am Tegernsee überdauerten, als sein Dresdener Heim zerstört wurde oder sie waren im Besitz von Dritten, die sie ihm später zurückgaben.

Die "Beinecke Bibliothek" erwarb Stepuns Papiere von Margarita Stepun, der Schwester des Schriftstellers, nach Stepuns Tod im Jahre 1965. Alexis Rannit, der Kurator der slawischen Sammlungen der Yale-Universität, hatte möglicherweise den Erwerb der Papiere mit Stepun und seinen Erben bei seinem Besuch in München im Jahre 1964 vorbereitet. Stepun und seine Erben sorgten für eine grobe Zusammenstellung der Papiere und stellten vorläufige Listen der Korrespondenzen und Manuskripte zusammen.

Nachtrag: Die Zeitschrift "Logos"

In der Studie "Geschichte der soziologischen Diskussion in Russland" beschäftigen sich die Autoren Rimma P.Shapkova und Nikolai A.Golovin auch mit der Zeitschrift "Logos". Dort heißt es: "Um die Entwicklung der russischen Soziologie zu verstehen, ist es wichtig, die engen Kontakte und die tiefe innere Verbindung der Russen mit den europäischen Denkern nicht zu vergessen. In dem Zusammenhang kann man erwähnen, dass die erste soziologische Untersuchung des Selbstmordes von Statistikern und Juristen in Russland schon in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts durchgeführt worden ist. Sie wurde umgehend in Frankreich (1824) publiziert, da die Lage der Wissenschaften in dieser Zeit in Russland viel schlechter als in Frankreich war. Auch andere spätere Episoden im internationalen wissenschaftlichen Leben beweisen die enge Zusammenarbeit der Vertreter russischer und europäischer, vor allem deutscher soziologischer Wissenschaft.

Einen Beleg für die enge Zusammenarbeit stellt die internationale Zeitschrift für Philosophie und Kultursoziologie "Logos" dar. Sie ist eine der erstaunlichsten Erscheinungen in der Geschichte der Geisteswissenschaften. Sie erschien 1910 zugleich in Freiburg und Moskau (dort bis 1913, bis Kriegsbeginn dann in Sankt Petersburg), ferner kam 1913 eine italienische Redaktion und 1914 die erste Ausgabe eines italienischen "Logos" hinzu. Weitere nationale Redaktionen waren in England, Amerika und Frankreich geplant, doch konnten diese Projekte vor dem Beginn des Ersten Weltkrieges nicht mehr realisiert und danach nicht weiter verfolgt werden. "Logos" schloss von Anfang an die berühmtesten Gelehrten als Autoren und Mitarbeiter ein. Man braucht auf deutscher Seite nur Max Weber, Heinrich Rickert, Emst Troeltsch oder Georg Simmel und auf russischer Seite Fjodor Stepun, Sergius Hessen, Boris Jakovenko und Nikolai Bubnov zu nennen. Diese internationale Zeitschrift wurde bald das bedeutendste Organ im Bereich von Kulturphilosophie und Soziologie. Die Hauptidee des Unternehmens bestand darin, eine neue philosophische und soziologische Kultur in der Gesellschaft zu formieren. Die neue Kultur sollte, wie die Autoren meinten, mit den Bestrebungen des neuen Jahrhunderts übereinstimmen. Die gemeinsame Tätigkeit in der Herausgabe und Redaktion der Zeitschrift war sehr fruchtbar für die russischen wie für die deutschen Denker. Der Erfolg dieser europäischen Zeitschrift bildete die Grundlage für eine rein russische Variante des "Logos" (ab 1913, mit gleichem Titel), in der aber die engen Zusammenhänge mit der deutschen Ausgabe und den deutschen Autoren erhalten blieben. Und umgekehrt waren und blieben die Russen Mitglieder der deutschen Redaktion. Die Zeitschrift erschien, wie schon erwähnt, zuerst in Moskau und dann in Sankt Petersburg, ihre Geschichte war allerdings wegen der Oktoberrevolution von 1917 nur kurz"32).

Anmerkungen

*aus den "Fedor Stepun Papers”, Beinecke Rare Book and Manuscript Library der Yale-Universität, New Haven/USA (General Collection of Rare Books and Manuscripts), zusammengestellt und mit Anmerkungen versehen von Klaus Bambauer.

1) Vgl. F.Stepun, Das Antlitz Russlands und das Gesicht der Revolution. Aus meinem Leben 1884-1992, München 1961, S. 1-75. Zit. Stepun, Das Antlitz Russlands.

2) Stepun, Das Antlitz Russlands, S. 76-139.

3) Eine Würdigung dieser Arbeit F.Stepuns legte inzwischen vor: D.Belkin, Die Rezeption V.S.Solov’evs in Deutschland, Diss. Tübingen, 2000 (Online-Fassung), "Zwischen Deutschland und Russland: Fedor Stepun über Solov’ev, S. 44-58. Vgl. auch: F.Stepun, Mystische Weltschau. Fünf Gestalten des russischen Symbolismus, München 1964, "Solowjew" S. 13-92. Zit. Stepun, Mystische Weltschau.

4) Vgl. dazu: Walter Asmus, Richard Kroner, Frankfurt 1990, S. 26. Zit. Asmus, Richard Kroner. In diesem Band, der im Leipziger Verlag Wilhelm Engelmann erschien, schrieb R.Kroner eine gegen Nietzsche gerichtete "Einleitung", von Bubnoff lieferte einen Aufsatz über Fichte, G.Mehlis über Comte, S.Hessen über Herzen und F.Stepun über Solowjew. In seinen Memoiren "Vergangenes und Unvergängliches" hat Stepun den geistigen Gehalt dieser Essays gewürdigt. In dieser Zeit studierten bei W.Windelband: Paul Hensel, Emil Lask, Julius Ebbinghaus, Fedor Stepun, Heinz Heimsoeth und Richard Kroner (seit 1903). Stepun wurde später Kroners Kollege an der Technischen Hochschule Dresden, der dort seit 1924 tätig war. Zu R.Kroner vgl. auch: Hans-Georg Gadamer, Philosophische Lehrjahre, Frankfurt 1995, S. 32.52.175.199. In Heidelberg kam auch Hans Ehrenberg (1883-1958) mit Stepun, Hessen und von Bubnoff in Berührung, "die sein Interesse an Russland geweckt und genährt hatten". Dazu schreibt Günter Brakelmann: "Am Anfang des Jahrhunderts gab es zur Studienzeit von Hans Ehrenberg in Heidelberg schon seit längerem eine ‚russische Kolonie’ von begabten jungen Männern, die die Begegnung und Auseinandersetzung mit dem ‚deutschen Geist’ suchten. Zu ihnen gehörten u.a. Fedor Stepun (1884-1965) und Nikolaj Bubnov (1880-1962). Letzterer, auch ein Doktorand von Wilhelm Windelband wie Stepun, war später zusammen mit Hans Ehrenberg Mitglied der philosophischen Fakultät, in: G.Brakelmann, Hans Ehrenberg. Ein judenchristliches Schicksal in Deutschland Bd. 1, Waltrop 1997, S. 171.

5) Vgl. Stepun, Das Antlitz Russlands, S. 127f..

6) Zu Belyi vgl. Stepun, Das Antlitz Russlands S. 193ff. sowie auch: Stepun, Mystische Weltschau, "Belyj", S. 279-355, Stepun, Andrej Belyj, in: Hochland 1936/37.

7) Zu Blok vgl. Stepun, Mystische Weltschau, S. 356-427, Stepun, Alexander Bloks Weg von Solowjew zu Lenin, 1951/52.

8) Zu Ivanov vgl. Stepun, Das Antlitz Russlands, S. 199ff, sowie Stepun, Mystische Weltschau, S. 201-278, und Stepun, Humanismus und Religion, in: Hochland 1933/34, Heft 10.

9) Zur Gründung des "Logos" vgl. Asmus, Richard Kroner, S. 27f. Vgl. auch nähere Einzelheiten in den Memoiren Stepuns. Die entscheidende Gründungssitzung zum "Logos" fand in der Wohnung von Professor Rickert in Freiburg statt. Anwesend waren dabei u.a. auch der Dichter D.Mereschkovsky sowie seine Frau Sinaida Hippius. Außerdem wirkten bei der Gründung mit: der Freiburger Privatdozent G.Mehlis, Kroner und Stepun. Am 15. August 1909 wurde der erste Verlags- und Redaktionsvertrag abgeschlossen (so Asmus, Richard Kroner, S. 28). Vgl. auch: Michail Bezrodnyi, Zur Geschichte des russischen Neukantianismus. Die Zeitschrift "Logos" und ihre Redakteure", in: Zeitschrift für Slawistik 37 (1992) 4, S. 489-511.

10) Vgl. Stepun, Das Antlitz Russlands, S. 166ff..

11) Vgl. Stepun, Das Antlitz Russlands, S. 229ff..

12) Vgl. Stepun, Das Antlitz Russlands, S. 255ff..

13) Vgl. Stepun, Das Antlitz Russlands, S. 271ff..

14) Vgl. Stepun, Das Antlitz Russlands, S. 281ff..

15) Vgl. Stepun, Das Antlitz Russlands, S. 299ff..

16) Vgl. Stepun, Das Antlitz Russlands, S. 328ff..

17) Vgl. Stepun, Das Antlitz Russlands, S. 360ff..

18) Vgl. Stepun, Das Antlitz Russlands, S. 381ff..

19) Vgl. Stepun, Das Antlitz Russlands, S. 384ff. Stepun schreibt, dass die Zeitschrift im Herbst 1918 verboten wurde.

20) Vgl. Stepun, Das Antlitz Russlands, S. 393ff..

21) Vgl. Stepun, Das Antlitz Russlands, S. 424ff..

22) Vgl. Stepun, Das Antlitz Russlands, S. 415f. Vgl. auch Stepun, Die Religiös-Philosophische Akademie, in: Vergangenes und Unvergängliches, 3. Teil, München 1950, S. 78-94.

23) Vgl.. Stepun, Das Antlitz Russlands S. 418f. Berdjajew hatte die Idee, dem Buch: "Untergang des Abendlandes" von O.Spengler (1880-1936, Privatgelehrter) einen Sammelband zu widmen, an dem die Professoren Frank, Bugspann und Stepun beteiligt sein sollten. Die Auflage des Heftes mit 20 000 Exemplaren war in zwei Monaten ausverkauft. Zu Berdjajew vgl. Stepun, Mystische Weltschau, S. 93-200, Stepun, N. Berdjajew, in: Merkur 3 (1949), Stepun, Der ohnmächtige Gott und die Macht des Bösen in der Freiheitsphilosophie Berdjajews, in: "Macht und Wirklichkeit des Bösen", München 1958. Vgl. ebenso die Erwähnungen Stepuns in: Stefan G.Reichelt, Nikolaj A.Berdjaev in Deutschland 1920-1950, Leipzig 1999, S. 17. 28. 33. 36. 38f. 46-49. 71. 75. 116. 125. 128. 158. 202.

24) Vgl. Stepun, Das Antlitz Russlands, S. 413ff. Unter den Mitarbeitern der Zeitschrift waren – so Stepun – noch Berdiaev, Muratov, Pasternak und Leonov.

25) Vgl. Stepun, Das Antlitz Russlands, S. 486-504.

26) Vgl. den Hinweis Stepuns in: Das Antlitz Russlands, S. 508, auf den dritten Band von "Vergangenes und Unvergängliches" (S. 201-254), wo er das Ankommen seiner Mutter aus Moskau, ihr Leben in Dresden, ihren Umgang mit der deutschen Welt und der deutschen Jugend, ihre Erkrankung und ihren Tod schildert.

27) Paul Tillich lehrte von 1925-1929 als ordentlicher Professor in Dresden Religionswissenschaft, ab 1933 war er als Professor für Philosophie und Soziologie an der Universität Frankfurt tätig. Vgl. dazu auch: Gerhard Wehr, Paul Tillich, Reinbek 1979, S. 64-70.

28) Über Stepun in seiner Dresdener Zeit und seine Kontakte im Hause R.Kroners schreibt Leonie Dotzler-Möllering: "Eines Tages kündete Richard Kroner zwei neue Freunde an: Fedor Stepun und Paul Tillich. Kroner wusste ihre wissenschaftlichen Verdienste und ihre überragende menschliche Persönlichkeit nicht genug zu würdigen – ja, er geriet regelrecht ins Schwärmen. So erschienen sie denn in dem Kreis: Stepun mit breitem, vollem Gesicht, schmalen, listigen Augen und einer Haartracht ähnlich der Rasputins – halblang und graumeliert. Seine Gesten waren lebhaft, er sprach das rollende Deutsch der Russen. Er füllte physisch und psychisch den Raum aus, in dem er sich bewegte, er erinnerte in vielem an einen Theaterdirektor alten Stils" (Tillichs Begegnung mit dem Ausdruckstanz, in: Paul Tillich, Impressionen und Reflexionen, Ges. W., Bd. 13, Stuttgart 1972, S. 560).

29) Ilja Fondaminskii gab zusammen mit F.Stepun und G.P.Fedotov (1886-1951) von 1931-1937 (oder 1939) insgesamt 14 Nummern des "Novyi grad" heraus. Stepun konnte bis zur 6. Nummer (1933) als Mitherausgeber in Erscheinung treten (so S.Reichelt, a.a.O., S. 46, A. 93).

30) Vgl. auch Stepun, Der Pseudoglaube des Bolschewismus und der Kleinmut des westeuropäischen Christentums, in: Der Bolschewismus und die christliche Existenz, München 1959, S. 253-283. Zit. Stepun, Der Bolschewismus.

31) Vgl. auch: Stepun, Dostojewskijs prophetische Analyse der bolschewistischen Revolution, S. 223-252, in: Stepun, Der Bolschewismus.

32) Vgl. R.Shpakowa, Das russische soziologische Erbe.

Werke Stepuns

o       Byvšee i nesbyvšeesja, 2 Bde., New York1956; London 1990; Moskau 1995; St. Petersburg 1994; St. Petersburg 22000.
Vergangenes und Unvergängliches. Aus meinem Leben, 3 Bde., München 1947-1950.

o       Čaemaja Rossija, hg. u. Nachwort v. A.A.Ermičeva, St. Petersburg 1999.

o       Das Antlitz Rußlands und das Gesicht der Revolution. Aus meinem Leben. 1884-1922, Berlin u. Leipzig 1934; umgearbeitet und erweitert: Die Bücher der Neunzehn 75, München 1961.

o       Der Bolschewismus und die christliche Existenz, München 1959; München 21962.

o       Der Kriegsausbruch, in: Der Monat 16 (1963/1964), 39-47.

o       Der religiöse Sinn der russischen Revolution, in: Orient und Occident 1932, Heft 9.

o       Deutsche Romantik und die Geschichtsphilosophie der Slawophilen, in: Logos 16, Heft 1, 46-67.

o       Die Wahrheit als Lehre und Antlitz, in: Hochland 1947/1948.

o       Dostoewskij und Tolstoj. Christentum und soziale Revolution, München 1961.

o       Iz pisem praborščika artillerista, Moskau 1918.
Wie war es möglich? Briefe eines russischen Offiziers, München 1929.
Als ich russischer Offizier war, Übers. v. K.Rosenberg, München 1963.

o       Mystische Weltschau. Fünf Gestalten des russischen Symbolismus: Solowjew, Berdjajew, Iwanow, Belyi, Block, München 1964.

o       Nikolaj Pereslegin, Paris 1929; Tomsk 1997.
Die Liebe des Nikolai Pereslegin, München 1928; München 1951.

o       Osnovnye problemy teatra, Berlin 1923.

o       Portrety, hg. u. Nachwort v. A.A.Ermičeva, St. Petersburg 1999.

o       Sočinenija, Moskau 2000.

o       Theater und Film, München 1953.

o       Theater und Kino, Berlin 1932.

o       Vstreči, München 1962; hg. v. S.V.Stachorskij, Put’ k očevidnosti, Moskau 1998.

o       Vstreči i razmyšlenija, London 1992.

o       Wjačeslaw Iwanow. Eine Porträtstudie, in: Hochland 1933, Nr. 10; 1934, Nr. 3, 350-361.

o       Wladimir Solowiew, Leipzig 1910.

o       Žizn’ i tvorčestvo, Berlin 1923.

Weiterführende Literatur

o       Hoentzsch, Alfred, Dem Andenken Fedor Stepuns, in: Hochland 57 (1965), 487-490.

o       Hufen, Christian, Fedor Stepun. Ein politischer Intellektueller aus Russland in Europa. Die Jahre 1884-1945, Berlin 2001.

o       Kantor, Vladimir K., Die artistische Epoche und ihre Folgen. Gedanken beim Lesen von Fedor Stepun, in: Forum für osteuropäische Ideen- und Zeitgeschichte 9 (2005), Nr. 2, 11-38.

o       Kuhn, Helmut, Fedor Stepun, in: Stimmen der Zeit 90 (1964/65), 148f.

o       Reichelt, Stefan G., Nikolaj A.Berdjaev in Deutschland 1920-1950, Leipzig 1999, 46-49.

o       Riegel, Klaus-Georg, Der revolutionäre Orden der russischen Intelligenz aus der Sicht Fedor Stepuns, in: Zeitschrift für Politik N.F. 45 (1998), 300-325.

o       Treiber, Hubert, Hg., Heidelberg im Schnittpunkt intellektueller Kreise. Zur Topographie der „geistigen Geselligkeit“ eines „Weltdorfes“. 1850-1950, Opladen 1995.

 

 

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