Sr. Roufinya
Heinrich Michael Knechten
Sr.
(Schwester) Roufinya wird am 18. Mai 1918 in Hamburg als Österreicherin jüdischer
Abstammung geboren und römisch-katholisch getauft. Ihr bürgerlicher Name ist
Ruth Roschanz. In Hamburg-Uhlenhorst besucht sie die Private Schröder-Schule.
Als Opfer der Judenverfolgung wird sie Vollwaise und kehrt im jugendlichen
Alter in die Heimat ihrer Eltern nach Wien zurück. Sie stellt am 23.5.1947
einen Antrag auf Erlangung der Staatsbürgerschaft beim Wiener Magistrat. Sie
findet eine neue Heimat in Mödling bei Wien, wird am 21.1.1950 österreichische
Staatsbürgerin und studiert von 1949-1954 Graphik (Schülerin der Professoren
Boeckl und Hoffmann) und Ethnologie.
Eine
Prüfung am Ministerium für Kunst und Wissenschaft verschafft ihr ein Stipendium
und ermöglicht Ausstellungen in europäischen Städten. Mehrere
Studienaufenthalte führen sie nach Italien und Paris. Sie begegnet Jean-Paul
Sartre und Simone de Beauvoir. 1967 stellt sie zum ersten Mal ihre Werke aus,
und zwar in Amsterdam. 1969 präsentiert sie ihre Gemälde in der Cité
universitaire (Universitätsstadt) in Paris. Ihr Bild "Anne Frank" mit
einem verträumten und einem wachen Auge wird preisgekrönt. Sie stellt auch in
Wien, Düsseldorf und Rhode (Olpe) aus.
Ende
der 1970-er Jahre arbeitet sie wieder in Mödling. Beim Aufbau des Museums der
Kulturstadt Mödling bei Wien ist sie maßgeblich beteiligt. Mehrere Jahre
arbeitet sie als Malerin und Restauratorin im Museum der Steyler Missionare
(Gesellschaft des Göttlichen Wortes) St. Gabriel in Mödling. Ihre Aufgabe ist
die Restaurierung von Skulpturen und Bildern aus Neuguinea und den Philippinen
im Auftrag der Steyler Missionare (Gesellschaft des Göttlichen Wortes). Eines
Tages wird ihr die Aufgabe gestellt, eine Ikone zu restaurieren. Dies will sie
aber nicht tun, ohne etwas über Bedeutung und Tradition zu wissen. So wird sie
allmählich zur Spezialistin für Ikonen.
Die
intensive Beschäftigung mit dem Byzantinismus gibt für sie den Ausschlag, Nonne
der Russischen Orthodoxen Kirche zu werden. 1965 wird sie durch Vater Grigorij
(Zagreb in Kroatien) als Novizin (Poslušnica) ohne Noviziat aufgenommen. 1970
verlässt sie die Katholische Kirche. Bis 1974 wird sie vorbereitet und durch
Vladyka German (Timofeev) in die Orthodoxe Kirche (Moskauer Patriarchat)
aufgenommen. 1976 erhält sie von Archimandrit Avenir bei der monastischen
Tonsur den Namen Roufinya.
Um
einige Zeit unter einer Äbtissin zu arbeiten (in Österreich gibt es kein
orthodoxes Frauenkloster), wechselt sie zur russischen Auslandskirche. Von
Vladyka Naftanael in München (Kloster des hl. Hiob von Počaev) bekommt sie
den Segen, in die Comunauté de Provemont (Vierge de Lesna, Frankreich)
einzutreten.
1981
kehrt sie nach Deutschland zurück und wird in Düsseldorf wieder von der
Russischen Orthodoxen Kirche (Moskauer Partriarchat) aufgenommen. Für die Ausmalung
der bischöflichen Kapelle in der Ellerstraße in Düsseldorf wird sie am 8.5.1983
mit einer Segensurkunde ausgezeichnet.
Nach
einiger Zeit geht sie nach Buke ins ukrainische Kloster des hl. Andreas. Sie
ist jetzt griechisch-katholisch.
1983
kommt sie nach Horneburg und wirkt in der Alten Kirche. Sie gestaltet die
Altarbedeckungen (goldgelb und violett), die Plaščanica (das Grabtuch
Christi), Kirchenfahnen Christi sowie der allheiligen Gottesgebärerin und
restauriert Ikonen.
Der
Prior Priestermönch Michael lädt sie im Auftrag des Bischofs Mar Claudio
brieflich am 17.7.1984 ein, als Ikonenmalerin und Leiterin von Ikonenkursen zur
Assyrischen Kirche des Ostens ("Nestorianer") nach Padua (Italien) zu
kommen. Sie entspricht diesem Wunsch nicht.
Ihr
weltliches Kunstschaffen ist eindrücklich. In Bildern und Texten nimmt sie
menschliche Schwächen und Fehler aufs Korn, gewürzt mit kleinen Spitzen und
einem guten Schuß Ironie.
Viele
verletzende Erfahrungen in ihren jungen Jahren haben ihr Leben mitgeprägt, und
so hat sie ruhelos an vielen Orten einen Platz für sich gesucht, ohne ihn im
letzten wirklich finden zu können.
Sie
stirbt am 2. Juni 1993 und wird von einem evangelischen Geistlichen beerdigt.
Auf ihrer Todesanzeige steht:
Wieviel der Wege der langen,
bin ich in Bangen
in Einsamkeit gegangen.
Ihr
Grab auf dem Meckinghover Friedhof ist durch einen Engel bezeichnet.
Die
Russische Gemeinde der heiligen Boris und Gleb ist ihr zu großem Dank
verpflichtet.
Weiterführende Literatur
o
Engagierte Ordensfrau – Auftrag vergeben. Schwester Roufiná restauriert
in Horneburg. Orden der Basilianerinnen verschreibt sich der Pflege von Kunst
und Kultur, in: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Juli 1984.
o
In Horneburger Kapelle werden seit Wochen von Schwester Rufiná Ikonen
restauriert. Pater Immekus: "Wollen Kirche wärmer gestalten", in:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Juli 1984.
o
Schwester Rufinya lebt ganz für ihre Ikonen, in: Wochen-Anzeiger
Ostvest, 11. Jahrgang, Nr. 2, 8.1.1987.
o
Arbeiten zeigen Menschlichkeit. Schwester Rufinya stellt im
Galerie-Café in Rhode aus, in: Westfalenpost, 1.3.1988.
o
Vortrag in der Horneburger Galerie am Schloß. "Es ist ein
malendes, betendes Schreiben!" Schwester Rufinýa zur "Welt der
Ikonen", Aussage und Technik, in: Dattelner Morgenpost, September 1988.
o
"Ökumenische
Symbiose" in der Schloßkapelle führt zu Problemen. Schwester Rouphinia
kontra Blechbläserquintett "Take Brass" / "Das letzte Mal",
in: Dattelner Morgenpost, 6.2.1991.
o
Blum, Gerhard,
Nervenstärke. Eifer um das Haus des Herrn, in: Dattelner Morgenpost, 20.2.1991.
o
Ruth Roschanz, in: Frauengeschichtswerkstatt der VHS der Stadt Datteln.
…denn die im Schatten sieht man nicht! Lebenswege ganz normaler Frauen. Wir
sind nicht auf der Welt, um so zu sein, wie ihr uns haben wollt!, Redaktion
Rosemarie Schloßer, Datteln 1997, 77-84.
o
Sandhofe, Holger
Peter, Kein gottesdienstlicher Hintergrund beim Konzert. Natürlich-herzhafter
Humor. Schloßkapelle als Konzertsaal. Arbeit ohne Bezahlung, in: Dattelner
Morgenpost, 8.3.1991.
o
Schwester Rufinya bringt viel Liebe in ihre Bilder. Die Nonne hat sich
ganz der Ikonen-Malerei verschrieben / Wunsch nach einer Ausstellung in Datteln
/ Feuchtigkeit bedroht ihre Bilder, in: Dattelner Morgenpost, 27.8.1991, Nr.
200.
o
Ikonen-Ausstellung
in der Kreuzkampkapelle. Vesper mit dem Chor der Gemeinde Boris und Gleb
Horneburg. Sr. Roufinja, Sinn und Aussage der Ikone in der Orthodoxie, in:
Mitteilungen der Familienbildungsstätte Bottrop, 20.3.1992.
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"Kunst zum Anfassen": Ein gelungener Abend. Horneburger
Malerin zeigt ihre Bilder. Schwester Roufina, in: Dattelner Morgenpost,
2.10.1992, Nr. 231.
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Überrascht zeigten sich die Gäste von dem zeichnerischen Können
Schwester Rufinas aus der Russischen Gemeinde in Horneburg, in: Westdeutsche
Allgemeine Zeitung, 6.10.1992, Nr. 234.
o
Ikone ist Mittelpunkt in Schwester Roufinyas künstlerischem Schaffen.
Künstlerin und Nonne vollendete gestern das 75. Lebensjahr/Glückwünsche,
in: Dattelner Morgenpost, 19.5.1993, Nr. 116.
o
Schwester Roufinya starb, in: Westdeutsche Allgemeine Zeitung,
8.6.1993.
Anmerkung. Der russische Name Rufina (weibliche Form des lateinischen
Namens Rufinus) wird in den verschiedenen Quellen wiedergegeben mit: Rufinija,
Rufinya, Roufina, Roufinja, Rouphinia, Roufinya, Rufinýa und Rufiná. In diesem
Beitrag erscheint die Form, die sie selbst verwendet hat: Sr. Roufinya.
Dank
gebührt Sr. Roufinya, mit der viele Gespräche geführt werden konnten, sowie
Herrn Siegfried Eggenstein, Frau Angelika Neef, Frau Resi Röttger, Herrn
Heinrich Stratmann und Herrn Wolfgang Wellnitz für die zeitweise Überlassung
von Material.