Sorgen
„Gib
alles weg, was du hast“, rät Christus einem Reichen (Lk
18,22). Es gibt Menschen, welche diesen Ratschlag wortwörtlich befolgen. Sie
leben fortan mit einem Minimum, sie sind zufrieden, wenn sie Nahrung und
Kleidung haben (1 Tim 6,8). Sie folgen auf diese Weise dem nach, der
nichts hatte, wohin Er sein Haupt legen konnte (Mt
8,20). Doch dazu gehört eine besondere Berufung. Für die meisten gilt der
Ratschlag des heiligen Apostels Paulus, haben als hätten wir nicht (1 Kor
7,30).
Wenn
wir von materiellen Bindungen frei sind, stellen wir fest, dass uns noch immer
Vieles von Christus trennt. Da sind unsere Sorgen. Sie beschäftigen uns Tag und
Nacht, so dass sie uns sogar den Schlaf rauben. Sollen wir auch unsere Sorgen
weggeben? Der Herr sagt: Sorgt euch nicht (Mt 6,31).
Doch wie können wir das anstellen, unsere Sorgen loszulassen? Sie fesseln uns
ja gleichsam mit eisernen Ketten.
Wir
bitten den Herrn, dass Er unsere Sorgen vermindere und erwarten alsbald die
Erfüllung dieses Wunsches. Wir meinen, Gott müsse alle unsere Wünsche erfüllen
und zwar schleunigst. Wir klagen Ihn an, wenn sich in unserem Leben etwas
anders entwickelt, als wir es geplant haben. So kehren wir das Verhältnis um:
Nicht mehr wir erfüllen den Willen Gottes, sondern wir fordern, dass Er unseren
Willen tut und zwar umgehend. Wir schreiben Gott fest und gerade das trennt uns
von Ihm.
Christus
rät uns: „Gib alles weg, was du hast!“ Also auch unsere Sorgen und unsere
Wünsche, mit denen wir Gott einengen wollen. Es geht darum, von inneren Fesseln
frei zu werden. Angesichts dieser Aufgabe mag sich uns der Seufzer entringen:
Wer kann da noch gerettet werden? Der Herr antwortet: Für Menschen ist dies
unmöglich, doch für Gott ist es möglich (Lk 18,26f).
Ansprache im Hohen Dom zu
Essen, 26.1.2013