Offenbarung 9

 

 

20) Sri Aurobindo, Das göttliche Leben I, 1, Gladenbach 1991, S. 60. Zit. Sri Aurodindo, Das göttliche Leben I, 1.

 

21) A.J.Heschel, Gott sucht den Menschen, Neukirchen 1995, S. 23. Zit. Heschel, Gott sucht den Menschen.

 

22) Heschel, Gott sucht den Menschen, S. 25.

 

23) Sri Aurobindo, Das göttliche Leben I, 1, S. 58. Dass sowohl für Berdjajew als auch für Aurobindo die Intuition von großer Bedeutung war, versteht sich von selbst: "Intuition steht immer verhüllt hinter der Tätigkeit unseres Mentals. Intuition bringt dem Menschen jene brillanten Botschaften aus dem Unbekannten, die der Anfang einer höheren Erkenntnis sind. Vernunft kommt erst hinterher, um zu sehen, welchen Vorteil sie für sich aus der leuchtenden Intuition ziehen kann" (Sri Aurobindo, Das göttliche Leben I, 1, S. 84f.). Deshalb schätzt Sri Aurobindo die Intuition so hoch, "weil sie aus Jenem kam" und nicht das Erkannte dem Urteil des Werdenden oder der Erscheinung unterwerfen will, denn die Intuition spricht nicht aus dem Sein, sondern "vielmehr als Der (Das) Seiende" (S. 85). Da die Intuition aus dem Bereich kommt, der "hinter dem Schleier" liegt, "kann sie uns die Wahrheit nicht in jener geordneten und deutlich artikulierten Form vermitteln, die unsere Natur verlangt". Da in unserem Wesen aber nicht die Intuition, sondern die Vernunft [d.h. der Verstand] organisiert ist, wurde die metaphysische Philosophie von der experimentellen Naturwissenschaft verdrängt, und intuitives Denken als Botschafter aus dem Überbewussten wich der ‚reinen Vernunft’. Sri Aurobindo erkennt diese Entwicklung als einen Kreislauf des Fortschritts. Doch: "Die höchste intuitive Erkenntnis schaut die Dinge im Ganzen, im Umfassenden, und die Einzelheiten nur als Seiten des unteilbaren Ganzen. Sie tendiert zu einer unmittelbaren Synthese und zu Einheit der Erkenntnis" (S. 87). Vgl. dazu die Äußerung G.W.F.Hegels: "Das Bekannte überhaupt ist darum, weil es bekannt ist, nicht erkannt. Es ist die gewöhnlichste Selbsttäuschung wie Täuschung anderer, beim Erkennen etwas als bekannt vorauszusetzen und es sich ebenso gefallen zu lassen; mit allem Hin- und Herreden kommt solches Wissen, ohne zu wissen, wie ihm geschieht, nicht von der Stelle" (Hegel, Phänomenologie des Geistes, Frankfurt 1973, S. 35).

 

24) Heschel, Gott sucht den Menschen, S. 87.

 

25) Heschel, Gott sucht den Menschen, S. 65.

 

26) Simone Weil, Die Gottesliebe und das Unglück, in: Zeugnis für das Gute, München 1990, S. 26. Dieses Verständnis, mit dem S.Weil die Liebe Gottes zu sich selbst im Menschen beschreibt, ist sicher das unüberbietbar höchste. Hier ist das empirische "Ich" der Mystikerin vergangen und die "Person" ist – sich selbst vergessend – mit Christus eins geworden. Hier gilt: "Ich lebe, aber nicht mehr als Ich, sondern Christus lebt in mir" (Gal 2,20). Nur aus einer Religiosität heraus, die auf mystischem Boden stand, ist es verständlich, dass in S.Weils Synkretismus "vielfältige religiöse und philosophische Doktrinen zusammenfliessen – Buddha und Jesus, Homer und Plato, Pascal und Kierkegaard. Simone Weil zitierte, ohne einen Unterschied zu betonen, Krischna und Jesus als Zeugen der gleichen Religion. Die letzte Form ihres Denkens, die negative Theologie, verweist nachdrücklich auf die Gnostiker der frühchristlichen Ära und auf die mittelalterlichen Katharer" (Heinz Abosch, Simone Weil zur Einführung, Hamburg 1990, S. 125).

 

27) Kurt Hübner, Glaube und Denken – Dimensionen der Wirklichkeit, Tübingen 2001, S. 19. Zit. Hübner, Glaube und Denken.

 

28) Hübner, Glaube und Denken, S. 19.

 

29) Die Philosophie des freien Geistes, S. 124. Es stellt sich hier die Frage der Synergie von Gnade und Rechtfertigung wie sie von H.M.Knechten, Rechtfertigung und Synergie bei Theophan dem Klausner, Waltrop 1998, am Beispiel dieses russischen Bischofs und Theologen behandelt worden ist.

 

30) Max Picard, Der Mensch und das Wort, Erlenbach-Zürich, 1955. Zit. Picard, Der Mensch und das Wort.

 

31) Picard, Der Mensch und das Wort, S. 64f.

 

32) A. von Speyr, Das Wort wird Fleisch, S. 44. A. von Speyr trifft sich mit ihrer phänomenologischen Beschreibung dieser Vorgänge mit Aussagen Berdjajews, der in zahllosen Variationen formulieren kann: "Diese Urrealitäten [der mystischen Gotteserkenntnis] werden einem erschlossen, wenn das Bewusstsein in katastrophischer Weise von der natürlichen Welt der anderen Welt zugewandt wird, wenn unser Denken, entsprechend der Wandlung des Bewusstseins aufhört, von Begriffen unterdrückt zu werden. Dann erschließt sich das Leben." (Die Philosophie des freien Geistes, S. 93). Dass dieser Vorgang einem Sterben gleicht, wird von Berdjajew einprägsam zum Ausdruck gebracht: "Die erleuchtete, im Geist versenkte Vernunft ist höchste Vernunft, nicht aber Tod der Vernunft [sondern – im hegelschen Sinne – wohl eher Tod des Verstandes, da Hegel diesen Unterschied von Verstand und Vernunft – wie vor ihm Kant – vollzogen hat]. Um aber zum Leben zu erwachen, bedarf es des Sterbens, bedarf es des Opfers" (Die Philosophie des freien Geistes, S. 94). Wenn A. von Speyr die Offenbarung einem explosionsartigen Geschehen verglichen hat (s.o.), so werden sich die Schwingungen dieser "Explosion" zum Guten hin ausbreiten wollen. Sri Aurobindo bringt diese spirituelle Manifestation einer "Fortpflanzung" in das Bild, dass nun die Einheit der so "befreiten Seele" mit dem transzendenten Einen unvollständig sei "ohne ihre Einheit mit den kosmischen Vielen. Diese Einheit überträgt sich nach den Seiten hin durch Multiplikation, eine Reproduktion ihres eigenen befreiten Zustandes an anderen Punkten in der Vielfalt. Die göttliche Seele vervielfacht sich in ähnlichen befreiten Seelen [...]. Darum besteht überall dort, wo eine einzelne Seele befreit ist, die Tendenz zur Ausdehnung, sogar zur Explosion desselben göttlichen Selbstbewusstseins in anderen individuellen Seelen unserer irdischen Menschheit" (S. 55). Man wird hier sehr stark sowohl an die Erlösungsideen Buddhas als auch F.Dostojewskijs erinnert.

 

33) Habito, Barmherzigkeit aus der Stille, S. 28.

 

34) Kakichi Kadowaki, Zen und die Bibel, Salzburg 1980, S. 27.

 

35) C.G.Jung, Zen, Erleuchtung und Psychotherapie, in: C.G.Jung und der östliche Weg, hg. von J. J. Clarke, Olten 1997, S. 280-300. Ein bemerkenswerter Versuch, christliches Denken und buddhistische Geistigkeit miteinander zu vermitteln, liegt vor bei H.E.-Lassalle. Vgl. dazu die informative Biographie von Ursula Baatz, Hugo M.Enomiya-Lassalle – Ein Leben zwischen den Welten, Zürich 1998.

 

36) Die Philosophie des freien Geistes, S. 83f.

 

37) Die Philosophie des freien Geistes, S. 70f.

 

38) Die Philosophie des freien Geistes, S. 72.

 

39) Die Philosophie des freien Geistes, S. 83.

 

40) Berdjajew, Existentielle Dialektik des Göttlichen und Menschlichen, S. 2f. Es war Berdjajews Bemühung, sowohl in seiner "Existentiellen Dialektik des Menschlichen und Göttlichen" als auch in "Wahrheit und Offenbarung" diese Frage zu behandeln. Berdjajew hält es für eine zeitgebundene und überwundene Bewusstseinsstufe, die Offenbarung so zu verstehen, dass man auf Gott etwa die sozialen Kategorien von Herrschaft und Knechtschaft übertrug, schlechte anthropomorphe und soziomorphe Betrachtungsweisen oder auch den Begriff der Kraft anwandte, und es so zu einer Entstellung der Offenbarung aufgrund eines eingeschränkten Bewusstseins und unvollkommener Auffassungsgabe kam. Hier bricht sich die Offenbarung, die fortschreiten will, hinsichtlich ihrer Aufnahme "in einer beschränkten und grausamen menschlichen Umwelt". Freilich übersah Berdjajew in seiner permanenten Ablehnung der Objektivierung des Geistes "im Fleisch" (Joh 1,14), dass die Offenbarung ständig, zu allen Zeiten, in allen Sprachen und Kulturen als auch im Einzelmenschen und dessen individuellem Verständnis dieser Strahlenbrechung unterliegen muss, um lebendig zu bleiben. Das göttliche Wort bzw der Geist wollen sich im Offenbarungsvollzug des gesprochenen und gehörten bzw. gelesenen Wortes ständig neu in geschichtlich unterschiedlichen Situationen den Menschen aller Zeiten und Sprachen vermitteln und verständlich machen. So ist der Vollzug der Offenbarung ein sich ständig im Geist vollziehender Prozess und kann nicht auf ein einmaliges Faktum eingegrenzt werden. So vollzieht sich in der Inkarnation des Wortes gerade auch unter den Bedingungen der Endlichkeit eine fortwährende Objektivierung des (unendlichen) Geistes. Wäre dies nicht so, dann könnte auch die Inkarnation des göttlichen Logos keine beständige sein. Hier liegt ein m.E. gravierender Denkfehler Berdjajews vor, der theologisch korrigierbar ist. Dieser Fehler gründet auch in seinem unablässigen Bestehen auf dem Gedanken der Objektivierung, obwohl ihm deutlich geworden sein müsste, dass ohne Objektivierung des Geistes in seine Gestalten und unterschiedlichsten Ausprägungen weder Sprache noch Kommunikation, weder Denkprozesse noch zu artikulierende Gedanken möglich sind. Die Objektivation ist die Folge der geistigen Differenzierung und Individualisierung, ohne die die Bewusstseinsentwicklung der Menschheit keine Fortschritte gemacht hätte. Diese Differenzierung schließt natürlich eine universalistische Sicht nicht aus (wie Lama A.Govinda und K. Graf Dürckheim noch zeigen werden). So ist N.Berdjajew also kritisch entgegen zu halten, dass das Leben nicht nur aus "schöpferischen Akten" besteht (hier wusste er sich M.Scheler und H.Bergson nahe), auch wenn er in jeder Objektivation schon eine unzulässige Versteinerung des Geistes sieht. W.Schulz sagt: "Objektivieren bedeutet gerade, dasjenige, was nicht von sich aus schon Objekt ist, zum Objekt feststellen, d.h. es so zurechtmachen, dass es wie ein Ding erfassbar wird. Das Objektivieren ist ein Grundzug der Subjektivität" (Ich und Welt. Philosophie der Subjektivität, Pfullingen 1979, S. 23. Zit. Schulz, Ich und Welt). Deshalb, aufgrund der Objektivation, interessierten Berdjajew seine einmal geschriebenen Bücher nicht mehr. Sie waren schon versteinerter Geist. Ihn faszinierte nur der Moment der schöpferischen Ekstase, die mit dem Niedergeschrieben schon erloschen war. Schon die Offenbarung, die Gestalt angenommen und "Fleisch" geworden war, unterlag für ihn in gewissem Sinne der Objektivation und Verfälschung durch den sie aufnehmenden endlichen Geist. In ähnlicher Weise wie Kant in seiner Kritik der reinen Vernunft von den Kategorien handelt, kann Aurobindo sagen: "Wenn sie [die reine Vernunft] in ihrem farblosen strengen Licht Zeit und Raum betrachtet, weist sie darauf hin, dass beide Kategorien des Bewusstseins sind, Bedingungen, unter denen wir unsere Wahrnehmung der Phänomene ordnen. Wenn wir auf das [raum- und zeitlose] Sein an sich schauen, verschwinden Zeit und Raum" (S. 92). Doch auch schon das Schauen ist ein "zeitlicher" und ein "räumlicher" Vorgang – es sei denn – wie Aurobindo sagt: es gibt keine "räumliche" Ausdehnung, es gibt keine "zeitliche", sondern nur eine "psychologische" Dauer. So versteht er hier "Ewigkeit" als den alles in sich enthaltenden, neuen Augenblick und "Unendlichkeit" als den alles durchdringenden Punkt "ohne räumliche Größe" (S. 93). Mental und Sprache haben ihre Grenze überschritten. Es wird eine Wirklichkeit postuliert, in der die konventionellen Vorstellungen und notwendigen Widersprüchlichkeiten "in eine unbeschreibliche Identität verschwinden" (S. 93). So wird das "undefinierbare, unendliche, zeitlose und raumlose Sein ein reines Absolutes" ohne Quantität und Form. Dieses reine Sein als Absolutes ist "durch unser Denken unerkennbar". Dennoch enthalten alle Dinge in sich das Absolute, genauso wie – im heideggerschen Sinne – das Seiende das Sein in sich enthält, ohne mit ihm identisch zu sein [‚ontologische Differenz’, vgl. Scherer].

 

41) G.W.F.Hegel, Phänomenologie des Geistes, Frankfurt 1973, S. 68f. Zit. Hegel, Phänomenologie des Geistes.

 

42) Hegel, Phänomenologie des Geistes, S. 69.

 

43) Georg Scherer, Die Frage nach Gott, Darmstadt 2001, S. 74. Zit. Scherer, Die Frage nach Gott.

 

44) Adrienne von Speyr, Das Wort wird Fleisch, Einsiedeln 1949, Bd. 1, S. 48.Zit. Speyr, Das Wort wird Fleisch.

 

45) Picard, Der Mensch und das Wort, S. 79.

 

46) Picard, Der Mensch und das Wort, S. 71f.

 

47) Speyr, Das Wort wird Fleisch, S. 24.

 

48) Speyr, Das Wort wird Fleisch S. 34.

 

49) Nishitani, Was ist Religion?, S. 175.

 

50) Heschel, Gott sucht den Menschen, S. 88.

 

51) Selbsterkenntnis S. 233.

 

52) Selbsterkenntnis S. 238f.

 

53) Sri Aurobindo, Das Göttliche Leben I, 1, S. 73f.

 

54) Hellfried von Schroetter, Das Werk Graf Dürckheims, in: Festschrift für K. Graf Dürckheim, Transzendenz als Erfahrung, Weilheim 1966, S. 60.

 

55) N.Berdjajew, Philosophie des freien Geistes, S. 137f. Vgl. auch. N.Berdjajew, Der Sinn des Schaffens, Tübingen 1927, wo der Denker seine Visionen in voller Breite entfaltet und gerade auch dem Schaffen im christlichen Kontext seinen ihm angemessenen, bis heute wohl kaum akzeptierten Platz einräumt. Da Berdjajew stets dem schöpferischen, nicht objektivierbaren Akt den Vorrang vor dem Sein zugesteht, wird er auch zum "Ich" ein anderes als ein "das Ich wie ein Objekt vorstellendes" Verhältnis haben. Da es ihm ja auch darum geht, das Subjekt-Objekt-Verhältnis zu überwinden, muss bei ihm die Subjektivität eine ähnliche Wertung wie im deutschen Idealismus erfahren. Bei Schelling wird dieses Ich im Gegensatz zu seiner früheren philosophischen Betrachtung als "Substanz" ("hypokeimenon" oder "subjectum") vielmehr als "Vollzug" betrachtet, wobei Schelling ausführt: "Der Begriff des Ich kommt durch den Akt des Selbstbewusstseins zustande, außer diesem Akt ist also das Ich nichts, seine Realität beruht nur auf diesem Akt, und es ist selbst nichts als dieser Akt. Das Ich kann also nur "vorgestellt" werden als Akt überhaupt, und es ist sonst nichts" (Zitat bei: Schulz, Ich und Welt, S. 15). Ähnlich sahen es auch Fichte und weitere Vertreter des deutschen Idealismus: Die Subjektivität als das Unbedingte und zugleich Ebenbild Gottes kann "schlechterdings nicht zum Ding, zur Sache werden" (Schulz, Ich und Welt, S. 15). Da man Gott in der Religion stets als eine für sich seiende Person begreifen wird, kann in der Philosophie das mit der Idee Gottes gemeinte Phänomen etwa bei Hegel nur im Denken, d.h. als absoluter Geist begriffen werden.

 

56) Iwan Iljin, Die Philosophie Hegels als kontemplative Gotteslehre, Bern 1946. Zit. Iljin, Die Philosophie Hegels.

 

57) Iljin, Die Philosophie Hegels, S. 54.

 

58) Iljin, Die Philosophie Hegels, S. 55. Auf die Kategorien der Objektivität und Subjektivität, soweit sie sich in der Antike oder in der Neuzeit entwickelt haben, hat V.Hösle, Was sind die wesentlichen Unterschiede zwischen der antiken und neuzeitlichen Philosophie?, in: Philosophiegeschichte und objektiver Idealismus, München 1996, S. 15ff, hingewiesen.

 

59) Iljin, Die Philosophie Hegels, S. 61f.

 

60) Iljin, Die Philosophie Hegels, S. 57.

 

61) Erich Schmidt, Hegels System als Theologie, Berlin 1974, S. 28. Zit. Schmidt, Hegels System als Theologie.

 

62) Schmidt, Hegels System als Theologie, S. 29.

 

63) N.Berdjajew, Von der Würde des Christentums und der Unwürde der Christen, Luzern 1936, S. 77f.

 

 

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