Offenbarung 5
Bevor wir uns im folgenden
dem genaueren Verständnis der symbolischen Aussage- und Sprachform im Sinne
Berdjajews zuwenden, nehmen wir die von ihm vorgenommene Deutung zu dieser
Thematik zur Kenntnis: "Symbol bedeutet ‚Mittler’, ‚Zeichen’, zugleich
auch ‚Verbindung’. Symballein bedeutet ’vereinigen’, ‚trennend verbinden’.
Symbol und Symbolisierung setzen das Vorhandensein zweier Welten, zweier
Seinsordnungen voraus. Das Symbol kann nicht Platz haben, wenn es nur eine
Welt, nur eine Seinsordnung gibt. Das Symbol redet davon, dass der Sinn der
einen Welt in der anderen Welt liegt, dass aus der anderen Welt das Zeichen vom
Sinn gegeben wird. Plotin verstand unter Symbol die Vereinigung zweier zu
Einem. Symbol ist Brücke zwischen zwei Welten. Das Symbol sagt uns nicht nur,
dass es eine andere Welt gibt, dass das Sein in unserer Welt nicht
abgeschlossen ist, sondern auch dass eine Verbindung zwischen den beiden
Welten, eine Vereinigung der einen Welt mit der anderen möglich ist, dass diese
Welten nicht endgültig voneinander getrennt sind. Das Symbol grenzt die beiden
Welten voneinander ab, aber verbindet sie auch wieder. An und für sich hat
unsere natürliche, empirische Welt keine Bedeutung und keinen Sinn; Bedeutung
und Sinn empfängt sie aus der anderen Welt, aus der Welt des Geistes, als
Symbol der geistigen Welt. Die natürliche Welt hat die Lebensquelle, die den
Sinn des Lebens verleiht, nicht in sich; sie empfängt ihn symbolisch aus der
anderen Welt, aus der geistigen Welt [...] Alles, was Bedeutung und Sinn in
unserem Leben hat, ist nur ein Zeichen, d.h. Symbol einer anderen Welt.
Bedeutung haben, bedeutet, Zeichen sein, d.h. Symbol einer anderen Welt sein,
die den Sinn in sich selber trägt. Alles Bedeutende in unserem Leben ist
‚zeichenhaft’, symbolhaft".37)
Betrachtet der Mensch die
Welt in ihrer vermeintlichen Unsinnigkeit und Zufälligkeit nur von seinem
niedergedrückten Bewusstsein aus, so projiziert er aus dieser einseitigen
Bewusstseinsschicht nur Finsternis in sie hinein, da er nicht die Zeichen der
anderen Welt sieht, die in ihr potentiell wahrnehmbar sind. Berdjajew stellt
dem gegenüber: Nur das der göttlichen Welt zugewandte Bewusstsein kann den
(verborgenen) Sinn, Zusammenhang und Bedeutung in der natürlichen Welt
erschließen. Ein solches befreites Bewusstsein trägt in die scheinbare
Unsinnigkeit der Welt den Sinn. Denn: "Es ist unmöglich, das Vorhandensein
eines Sinnes des Weltenlebens zu beweisen, man kann es nicht vernünftig aus der
Untersuchung der natürlichen Welt ableiten". Von dieser Sicht her kann nur
ein symbolisches Weltbewusstsein die geheimnisvolle Tiefe des Seins
erkenneN.Berdjajew konstatiert so eine eigentümliche Widersprüchlichkeit:
"Die Menschen können als Symbole [in denen Endliches und Unendliches,
Diesseitiges und Jenseitiges verbunden ist] leben und diese Symbole als
Realitäten in sich selber fassen, können auch [muss wohl heißen: aber] die
symbolische Natur von allem Heiligen und Sinnvollem nicht erkennen. Alsdann
sind sie in die natürliche, objektiv-gegenständliche Welt versenkt, aber in ihr
erblicken sie die unmittelbare Verkörperung des Heiligtums, verbinden in
naiv-realistischem Bewusstsein den Geist mit dem Leibe dieser Welt"38).
Mit gutem Grund fordert also
N.Berdjajew an gleicher Stelle eine symbolische Aussageweise für die religiöse
Erkenntnis, weil das Symbol stets offen bleibt und nicht – wie der Begriff –
eher abschließt, "immer ein Ende fordert, jenseits dessen das Geheimnis
schon aufhört. Dort, wo die Sphäre der rationalen Erkenntnis und des logischen
Verstehens, anwendbar nur auf die begrenzte, natürliche Welt aufhört, dort
beginnt die Sphäre der symbolischen Erkenntnis und des Symbols, auf die
göttliche Welt beziehbar" (S. 84). Er erkennt im Symbolismus eine Erkenntnismöglichkeit,
die die rationale Erkenntnis mit der Vorherrschaft des Begriffs begrenzt,
selbst aber der geistigen Erfahrung nirgendwo Grenzen errichtet und damit die
Unendlichkeit anderer Erkenntniswege gelten lässt. So gehört die symbolische
Gotteserkenntnis als apophatische Theologie etwa in den areopagitischen Werken
zur tiefen und alten christlichen Tradition, die lehrt, "dass die Gottheit
begrifflich unfassbar sein, und dass überhaupt keine positiven Definitionen
[die sich stets nach ihrem Selbstverständnis als abschließende, eingrenzende
Bestimmungen erweisen] die Mysterien des göttlichen Lebens zum Ausdruck
bringen". Häufig missverstanden wurde deshalb auch die Aussageweise, dass
Gott ein "Nichts", d.h. ein "Nichts von allem" sei. So
sahen es der griechische Philosoph Plotin ebenso wie Nicolaus Cusanus, und er
entwickelte die Lehre vom Zusammenfall der Gegensätze. Die negative Theologie
will damit nur ausdrücken, dass die Gottheit als "Nichts" nicht Sein
bzw. besser nicht Seiendes, Objekthaftes, Konstatierbares wie die natürliche
Welt sei. Seiendes ist als Objekt positiv abgrenzbar und bestimmbar und wird
damit zu einer "Sache", die vorfindlich ist. Demgegenüber sagt die
negative Theologie: Göttliches "Sein" ist von anderer Ordnung als die
konstatierbaren Objekte dieser Welt oder – um eine Stimme des 20. Jahrhunderts
zu Wort kommen zu lassen: "Einen Gott, den "es gibt" [als Objekt
unter anderen seienden Objekten], den "gibt es nicht" (D.Bonhoeffer).
Berdjajew will die Beschreibung Gottes als des "Seins" freilich noch
überschreiten, sofern die natürliche Welt als "Sein" gefasst wird und
spricht deshalb von Gott nicht nur als dem "Nichtsein", dem
"Nichts", sondern – da sie höher steht als das Sein – ist sie für ihn
das "Übersein". So wird der russische Denker nicht müde, in seiner
"Philosophie des freien Geistes" in der Tradition der großen Mystiker
und Theosophen von der Idee Gottes als dem "Abgrund", der "Tiefe
des Irrationalen" oder dem "Überrationalen" zu sprechen, um
damit seine apophatische Sicht zu unterstreicheN.Berdjajew ist zwar – mit Recht
– der Meinung, dass alle begrifflichen Kategorien der Beschreibung des
göttlichen Lebens unzureichend sind, dass der ganze logische Begriffsapparat
nur für die natürliche Welt und für die Orientierung des Menschen in ihr
geschaffen sei und erläutert: "Der rationelle Begriff ist die positivische
Reaktion des Menschen auf die natürliche Welt, und die positivistische Reaktion
des Menschen, die einen rationellen Begriff von der Gottheit bildet, ist nur
eine Strahlenbrechung des Göttlichen innerhalb der Grenzen der natürlichen
Welt. Das göttliche Leben an sich in seinem unerschöpflichen, geheimnisvollen
Gehalt ist gar nicht das, was von ihm in den rationellen Begriffen behauptet
wird. Die Logik ist nicht der Logos. Zwischen der Logik und dem Logos liegt ein
Abgrund, ein ‚Unterbrochenes’. Man kann nicht das Unendliche in das Endliche,
das Göttliche in das Natürliche hineinzwängen"39). Es lag dem russischen
Denker sehr daran, diese Strahlenbrechung, die sich durch den Empfang
der Offenbarung durch menschliches Bewusstsein vollzieht, näher zu beleuchten.
Erste Hinweise dazu gibt er in seinem Werk "Existentielle Dialektik des
Göttlichen und Menschlichen": "Bis heute besitzen wir noch keine
Kritik der Offenbarung als Gegenstück zu Kants Kritik der reinen und
praktischen Vernunft. Gegenstand dieser Kritik wäre es, den Anteil des Menschen
an der Offenbarung herauszuarbeiten. Die Offenbarung hat in der Tat zwei
Seiten: sie ist zugleich göttlich und menschlich. Es gibt den einen, der sich
offenbart, und den anderen, dem geoffenbart wird [...] Die Offenbarung nimmt
eine verschiedene Färbung an, je nach dem Zustand des menschlichen Bewusstseins
und den Anlagen, die dem menschlichen Dasein die Richtung weisen"40)
Da wir N.Berdjajew auch in
den größeren philosophischen Zusammenhang einordnen wollen, sei ergänzend
bemerkt, dass sich auch Hegel in seiner Einleitung zur "Phänomenologie des
Geistes" damit beschäftigt hat, dass das Absolute auf ein Werkzeug
angewiesen ist, das als Vermittler dient. Er untersucht diesen
Vermittlungsvorgang mit den Worten, dass es wohl unsinnig sei, dass
"zwischen das Erkennen und das Absolute eine sie schlechthin trennende
scheidende Grenze falle. Denn ist das Erkennen das Werkzeug, sich des absoluten
Wesens zu bemächtigen, so fällt sogleich auf, dass die Anwendung eines
Werkzeugs auf eine Sache sie vielmehr nicht lässt, wie sie für sich ist,
sondern eine Formierung und Veränderung mit ihr vornimmt. Oder ist das Erkennen
nicht Werkzeug unserer Tätigkeit, sondern gewissermaßen ein passives Medium,
durch welches hindurch das Licht der Wahrheit an uns gelangt, so erhalten wir
auch so sie [die Wahrheit] nicht, wie sie an sich, sondern wie sie durch und in
diesem Medium ist. Wir gebrauchen in beiden Fällen ein Mittel, welches
unmittelbar das Gegenteil seines Zwecks hervorbringt; oder das Widersinnige ist
vielmehr, dass wir uns überhaupt eines Mittels bedienen. Es scheint zwar, dass
diesem Übelstande durch die Kenntnis der Wirkungsweise des Werkzeugs
abzuhelfen steht, denn sie macht es möglich, den Teil, welcher in der
Vorstellung, die wir durch es vom Absoluten erhalten, dem Werkzeuge angehört,
im Resultate abziehen und so das Wahre rein erhalten".41) Hegel kommt zu
dem Ergebnis, dass bei der Prüfung des Erkennens, das man sich als Medium
vorstellen kann, man das Gesetz seiner Strahlenbrechung kennen lernt, es
aber dennoch nichts nütze, sie im Resultat der Erkenntnis des Absoluten
abzuziehen; "denn nicht das Brechen des Strahls, sondern der Strahl
selbst, wodurch die Wahrheit uns berührt, ist das Erkennen, und dieses
abgezogen, wäre uns nur die reine Richtung oder der leere Ort bezeichnet
worden"42).
Dennoch kann man Berdjajew
den philosophischen Vorwurf nicht ersparen, dass er bei aller apophatischen
oder auch symbolischen Ausdrucksform, die dem "Gegenstand"
sachgemäßer zu sein scheinen, dennoch auch nicht umhin kann, sich einer
gewissen Begrifflichkeit zu bedienen, ohne die auch religionsphilosophische
Sprache, wenn sie nicht ins Schweigen versinken will, nicht auskommt. Hier
liegt ein von ihm nicht beachteter Selbstwiderspruch vor. Insofern trifft der
von ihm vorgetragene Vorwurf, der Rationalismus halte die von ihm verwendeten
Begriffe "für ein klares Spiegelglas" sowie die Hypothese, die
Gottheit könne im Begriff erfasst werden, nur sehr bedingt. Zweifellos kommt
die Sprachform, in der die Gegensätze zusammenfallen (coïncidentia oppositorum
des Nicolaus Cusanus), der Wahrheit wohl näher als die Verwendung des Begriffs,
soweit er den logischen Gesetzen von Identität und Widerspruch unterworfen ist.
Wenn auch logische Gesetze (im Sinne der formalen Logik) niemals die Natur der
Gottheit zum Ausdruck bringen können, – kann dies, so möchte man Berdjajew
fragen – denn besser der von ihm gewünschte "überlogische" oder
"übervernünftige" Charakter der religiösen Aussage?. Es ist also
nicht zu übersehen, dass aller sprachlichen Aussageform gewisse Grenzen der
sprachlichen und inhaltlichen Vermittlung gesetzt sind. Da nach seiner Ansicht
die Gotteserkenntnis ohnehin ein "dynamischer Prozess" ist, der
sprachlich nur unvollkommen zu artikulieren ist, so wäre es wohl sinnvoller,
die Gotteserkenntnis als eine "unendliche Bewegung des Geistes" zu
beschreiben. Könnte man sich mit Berdjajew schon einmal auf diese Grundaussage
verständigen, so kommen wir auch dem entgegen, dass Sprache und Wort in der
Tiefe der Unendlichkeit und Unabgeschlossenheit des Geistes gründen, die das
Wort jeweils neu qualifizieren, weil es eben nicht in der formalen Logik einer
Sprachtheorie, sondern dort gründet, wo es anfänglich zuerst gesprochen wurde
(vgl. Joh 1,1) und von daher als "göttliches Wort" seine Qualität und
Würde empfängt.
Um von Berdjajew einmal eine
Brücke zur Gegenwartsphilosophie – etwa zu Martin Heideggers – zu schlagen, sei
am Beispiel des "Nichts" der von Berdjajew apostrophierten
apophatischen Theologie, der er sich verbunden weiß, auf eine Deutung
Heideggers hingewiesen, der mit dem Begriff der ontologischen Differenz
eine sehr deutliche Unterscheidung zwischen dem "Sein" und dem
"Seienden" [d.h. dem Objekthaften und Konstatierbaren] getroffen hat.
G.Scherer hat jüngst in seiner neuen Veröffentlichung "Die Frage nach
Gott" dazu Stellung bezogen. Hinsichtlich der heideggerschen Aussagen über
das "Nichts" führt Scherer aus: "Um ihn [Heidegger] zu verstehen,
muss beachtet werden, dass Heidegger mittlerweile eine größere Klarheit
bezüglich des Nichts geschaffen hat. Er meint nicht das Nichts eines Nihilismus
[ebenso wenig wie die apophatische Theologie]. Dieser behauptet, alles sei
nichtig, ‚sodass es sich nicht lohnt, weder zu leben noch zu sterben’ [Scherer,
a.a.O., S. 233, A. 72, aufgenommen als Heidegger-Zitat]. Das Nichts meint auch
nicht die schlechthinnige Abwesenheit des Seins. Es ängstigt den Menschen
vielmehr, weil es kein Seiendes ist. Erfährt der Mensch es [das Nichts], wird
er über alles Seiende hinaus geführt, d.h. aber: In diesem Nichts erfährt er
das Sein selbst. Es erscheint ihm als Nichts, weil sich das "Sein nicht
wie das Seiende gegenständlich vor- und herstellen lässt. Daher ist es das
‚schlechthin Andere zu allem Seienden – das Nicht-Seiende’. In diesem Sinne ist
es das Nichts. ‚Aber dieses Nichts west als das Sein’ [Heidegger]. Wir dürfen
es daher nicht als mit dem Nichtigen im Sinne des ‚Wesenlosen gleichsetzen’. Es
gilt vielmehr, die ‚rätselhafte Mehrdeutigkeit des Nichts’ nicht preiszugeben
und offen zu sein, ‚im Nichts die Weiträumigkeit’ des Seins selbst zu erfahren.
Ohne das Sein bleibt ‚alles Seiende in der Seinslosigkeit’ oder
‚Seinsverlassenheit’. Denn niemals ist ‚ein Seiendes [...] ohne das Sein’.
Umgekehrt gilt aber auch, dass ‚das Sein nie west ohne das Seiende’. Das Nichts
ist des Seins ‚abgründiges, aber noch unentfaltetes Wesen’. Ohne das Sein
‚bliebe alles Seiende in der Seinslosigkeit’ oder ‚Seinsverlassenheit".43)
Die
eschatologische Sicht A. von Speyrs, die Unabgeschlossenheit des Wortes, die
Unbekanntheit des Wesens der Menschen und Dinge in der Begegnung sowie die
Überwindung des Subjekt-Objekt-Schemas
In diesem Sinne gilt (auch
mit S.Kierkegaard): "Jeder Augenblick seines [des Menschen] Lebens ist
unmittelbar zum ewigen Leben [...] So wird das ewige Leben in der Zeit lebendig
und das zeitliche Leben [als ständiger potentieller Berührungspunkt mit dem
ewigen Leben] erst wirklich lebenswert" (A. von Speyr, S. 47). Aber in
diese Betrachtung der spirituellen Dimension des Wortes, das uns das
"ewige Leben" schon im Jetzt berühren lässt, gehört auch die
Sterblichkeit. Auch hier ist von A. von Speyr zu lernen: Wenn der Organismus in
diesem Lebensprozess dem Tod entgegenschreitet, so vollzieht sich parallel auch
in der geistigen Entwicklung dieser Prozess: "die zunehmende Reife und
Weisheit des Alters, die keine bloß scheinbare, sondern eine wirkliche
Lebensentwicklung ist, geschieht doch immer durch eine fortschreitende Einengung
des Blickfeldes, durch das Abstoßen von immer mehr offenen Möglichkeiten. Die
Resignation gehört zur Altersreife des Menschen. Auch hier hat das Leben den
Tod in sich. Darin weist das Geschöpf seine Grenze, und Gott zeigt ihm seine
Herrschaft über sein Leben an".44)
Aber auch der Tod als
Abschluss und Begrenzung des Lebens ist – nach A. von Speyr und dem biblischen
Zeugnis – immer nur Aufbruch zu neuem Leben. "Wenn ein Mensch irdisch
gesehen stirbt, so lebt er in Gott als dem ewigen Leben weiter.. Durch seinen
Tod, durch sein Verschwinden in der sichtbaren Welt, wird ein Platz frei, der
aber nicht leer bleibt. Gott nimmt von diesem Platz Besitz. Weltlich gesehen
entsteht durch den Tod eines Menschen in seinem Freundeskreis, bei denen, die
ihn lieben, eine Leere. Aber diese Leere schafft in den Herzen Platz für
Gott". (S. 50). Und es vollzieht sich etwas Eigenartiges: Allmählich
wandelt sich das Bild der Verstorbenen in uns, "wir geben ihnen in unserem
Andenken immer mehr gute, göttliche Eigenschaften; der Tote wird unmerklich zu
einem Ideal, unter dessen höherem Blick wir künftighin anders und besser zu
leben versuchen. Der Tote lebt eben wirklich in Gott, und in diesem Tode
offenbart sich Gottes Leben uns deutlicher. Seit Christus starb, entspringt dem
Tode alles ewige Leben" (S. 51).
Mit M.Picard können wir die
johanneischen Verse zusätzlich einem besseren Verständnis zuführen: "Gott
hat sich durch das Wort für den Menschen entschieden, ehe der Mensch sich
selber entscheiden konnte. Die Entscheidung ist in die Struktur der Welt
eingewoben. Die Freiheit ist dem Menschen vorgegeben, dadurch vermag er
überhaupt erst, seinen eigenen Akt der Freiheit zu leisten. Durch diese
vorgegebene Freiheit wird der Mensch erst frei, nicht durch sich selber. Das
Wort selber bringt in sich schon Freiheit mit, da im Wort für den Menschen
entschieden wurde. Eine Bewegung zum Akt der Freiheit ist von vornherein im
Wort. Das Wort rührt an das Uranfängliche, in dem für ihn entschieden worden
ist"45)