Das Horneburger Missionskreuz

Das Kreuz an der Schloßstraße

 

Heinrich Michael Knechten

 

 

Das Horneburger Missionskreuz.

Photographie von Siegfiried Eggenstein.

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Standort des Missionskreuzes an der Südseite der Alten Kirche.

 

1540 beauftragte Papst Paul III. mit der Bulle Regiminis militantis ecclesiæ über den Missionsauftrag der kämpfenden Kirche den Jesuitenorden mit der Volksmission. Hier wurde noch nicht zwischen missio interna (Glaubenserneuerung Getaufter) und missio externa (Glaubensverkündigung an Ungetaufte ) unterschieden.

In der Folgezeit beteiligten sich verschiedene Orden an der Volksmission, vor allem Redemptoristen und Pallottiner. Es ging jetzt besonders um die innere Erneuerung. Auf größeren Plätzen und in Kirchen wurde gepredigt, es gab öffentliche Bußprozessionen, Reliquien wurden verehrt und Bruderschaften gegründet. Volksmission war populär.

Die Aufschrift des Missionskreuzes lautete:

 

Rette deine Seele!

 

Dies geht auf Gen 19,17 zurück: Die Engel drängen Lot, mit seiner Familie aus Sodom zu fliehen, damit er nicht umkomme. Heute wird meist übersetzt: Rette dein Leben! Doch das Wort נפש nǽphæš, das hier im hebräischen Urtext steht, ist viel umfassender. Es geht um den ganzen Menschen, der sich aufmacht, um das Heil zu suchen. Wer Gott aus den Augen verloren hat, wendet sich neu zu Ihm hin.

In Horneburg fanden in den folgenden Jahren Volksmissionen statt:

 

1855, 1906, 1914, 1920, 1926, 1936, 1949 und 1960.

 

Missionskreuz von 1855. Repro: Siegfried Eggenstein.

Früherer Standort des Missionskreuzes an der linken Ecke der Westseite

 

 

Im Jahr 1906 wurde ein neues Missionskreuz errichtet.

Mission 1936

Um einen Eindruck von einer Volksmission zu geben, wird im Folgenden die von 1936 vorgestellt. Zunächst erfolgte die Vorankündigung:

Allgemeine Volksmission. Liebe Pfarrkinder! Richtet euch jetzt schon ein auf die eifrige Teilnahme an der hl. Mission, die in unserer Kirche für alle Erwachsenen in der Zeit vom 10. bis 21. Mai stattfindet. Es werden jeden Tag vier Predigten gehalten und zwar um 6 und 8.30 Uhr morgens, nachmittags 5 Uhr und abends 8 Uhr. Die Predigten um 6 Uhr morgens und um 5 Uhr nachmittags, sowie 8.30 Uhr morgens und 8 Uhr abends werden denselben Inhalt haben, so daß es wohl so ziemlich allen möglich sein wird, jeden Tag zwei Predigten verschiedenen Inhaltes zu hören. Am Sonntag, dem 10. Mai, werden in den hl. Messen 6.30 Uhr und 9.30 Uhr Einleitungspredigten gehalten. Außerdem sind an diesem Tage nachmittags 3 Uhr und abends 8 Uhr Missionspredigten.

Möge die ganze Pfarre diese Gnadenzeit erkennen und eifrigst benutzen. Betet jeden Tag in der Familie ein Vater unser und ein Gegrüßet seist du Maria um Gottes Segen für die hl. Mission.“

(Pfr. Anton Uekötter, in: Unser Kirchenblatt, 26.4.1936, Nr. 17, Seite 335).

Es folgte ein dringender Appell:

Volksmission vom 10.-21. Mai. Wenn diese Kirchenzeitung in eure Hände gelangt, werden die meisten Familien durch einen persönlichen Besuch des Pfarrers zur eifrigen Teilnahme an der heiligen Mission eingeladen sein. Der Rest wird im Laufe der nächsten Woche besucht werden. Ich habe an euch alle die Bitte, jeden Tag bis zum Schluß der heiligen Mission beim gemeinschaftlichen Familiengebet durch ein Vaterunser und Gegrüßet seist du Maria Gottes Segen auf die Arbeit der Missionare herabzurufen. An Gottes Segen ist alles gelegen.

Die Mission wird abgehalten werden von zwei sehr tüchtigen und viel begehrten Missionaren vom Hl. Herzen Jesu aus dem Kloster in Hamm [Uentrop, 1920 gegründet, 2013 abgetragen]. Beide stehen in kräftigstem Mannesalter. Der eine hat als aktiver Offizier den Weltkrieg mitgemacht und ist dann später Ordensmann geworden.

Für die Kindermission vom 10. bis 14. Mai ist folgende Ordnung festgesetzt: Donnerstag nachmittag 5 Uhr, Freitag morgen 7 Uhr, Freitag nachmittag 5 Uhr, Samstag morgen 7 Uhr, Samstag nachmittag 4 Uhr sind Predigten. Im Anschluß an die Samstagnachmittagspredigt ist Beichte für die Kinder. Sonntag morgen 8 Uhr feierliche gemeinschaftliche Kommunion der Kinder mit Erneuerung des Glaubensbekenntnisses und Segnung der Kinder. Alle Kinder, die zur ersten heiligen Kommunion angenommen sind, nehmen an der Kindermission teil. Die Erwachsenen wollen am 10. Mai die Kindermesse nicht besuchen.“

(Pfr. Anton Uekötter, in: Unser Kirchenblatt, 3.5.1936, Nr. 18, Seite 357).

„Anfang der heiligen Volksmission

6.30 Uhr

Heilige Messe mit Eröffnungspredigt der heiligen Volksmission.

8.00    "

Heilige Messe mit gemeinschaftlicher heiliger Kommunion der Kinder. Diese Messe ist nur für Kinder.

9.30   "

Heilige Messe mit zweiter Eröffnungspredigt der heiligen Mission.

2.00   "

Andacht für die Kinder.

3.00   "

Missionspredigt.

8.00   "

Missionspredigt.

 

Missionsordnung in der Woche

5.30 Uhr

Heilige Messe.

6.00   "

1. Missionspredigt.

6.45   "

Heilige Messe.

7.15   "

Schulmesse.

8.00   "

Heilige Messe.

8.30   "

2. Missionspredigt.

5.00   "

nachmittags 3. Missionspredigt.

8.00   "

abends 4. Missionspredigt.

 

Die Zeit der Standespredigten wird noch besonders bekanntgegeben. Es sind folgende Feiern vorgesehen: Sakramentsfeier, Marienfeier und Schlußfeier.

Vor der Nachmittags- und Abendpredigt wird der Rosenkranz gebetet. Nach der Abendpredigt ist sakramentaler Segen. Man achte darauf, daß zuerst die Bänke vorn in der Kirche besetzt werden.

Die Mission, die für alle Stände und Altersgruppen, mit Ausnahme der schulpflichtigen Kinder, gemeinsam gehalten wird, dauert bis zum 21. Mai, dem Feste Christi Himmelfahrt, einschließlich.

Nach jeder Predigt wird eine Kollekte zur Bestreitung der Unkosten der Mission gehalten. Seid den Missionaren für ihre Mühewaltung dankbar und gebet gern ein Scherflein für den Orden, dem sie angehören!

Hauskranke, die aus irgend einem Grunde die Predigten nicht besuchen können, wolle man frühzeitig in der Pastorat melden, damit einer der Missionare zwecks Entgegennahme der Beichte sie besucht.

Liebe Pfarrkinder!

Gott ruft zur Volksmission

Er ruft alle, das Alter und die Jugend, Männer und Frauen. Er ruft auch dich. Höre auf den Gnadenruf Gottes, und du wirst Frieden finden für deine Seele.“

(Pfr. Anton Uekötter, in: Unser Kirchenblatt, 10.5.1936, Nr. 19, Seite 379).

 

Liebe Pfarrkinder! Eure Beteiligung an den Missionspredigten war bislang musterhaft. Haltet treu durch bis zum letzten Amen am letzten Missionstag.“

(Pfr. Anton Uekötter, in: Unser Kirchenblatt, 17.5.1936, Nr. 20, Seite 399).

 

„Nachwort zur heiligen Mission

Liebe Pfarrkinder! Die hl. Volksmission ist beendet. Große Gnadentage durften wir durchleben. Unser Dank gebührt an erster Stelle dem Hl. Dreieinigen Gott, der die religiöse Woche mit reichen Gnaden gesegnet hat. Dann haben wir den beiden hochwürdigen Missionaren, Pater Wesseling und Pater Thomas aus dem Herz-Jesu-Kloster in Hamm zu danken. Sie waren unermüdliche Arbeiter im Weinberge des Herrn. Möge der liebe Gott ihnen dafür Lohner und Vergelter sein.

Ein Wort des Dankes aber auch an euch alle. Wir Geistliche haben uns erbaut an dem regen Eifer und dem großen Fleiß, mit dem ihr in die Predigten und zur hl. Kommunion gekommen seid.

Möge nun der gute Samen, der in den 12 Missionstagen ausgestreut wurde, aufgehen und Frucht bringen, mögen wir alle ganz neue Menschen werden, die als Gotteskinder sich fühlen und wandeln, die unzertrennlich verbunden bleiben mit Christus und seiner Hl. Kirche.“

(Pfr. Anton Uekötter, in: Unser Kirchenblatt, 24.5.1936, Nr. 21, Seite 419).

 

Das im Jahr 1906 errichtete Missionskreuz wurde 1937 vorläufig zur Seite stellte, da es baufällig war.

Pfarrer Uekötter lud jede Familie persönlich ein, sodass vom 13. bis zum 27. November 1949 eine Mission stattfinden konnte. Sie wurde von den Dominikanern Herrn Prior Friedrich aus Köln und von Pater Jordanus Giesenberg aus Meckinghoven durchgeführt. Da sie ihre Sache verstanden, war der Besuch der Predigten und der Empfang der Heiligen Sakramente gut.

Die letzte Mission, die vom 16. bis zum 30. Oktober 1960 stattfand, wurde von den Redemptoristen Pater Knauss und Pater Breuer abgehalten.

In den Jahren 1967/1968 wurde das Missionskreuz wegen seines schlechten baulichen Zustandes endgültig entfernt. Der Korpus wurde an dem Kreuz an der Schloßstraße angebracht:

 

Kreuz in der Schloßstraße Horneburg.

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Photographie: Siegfried Eggenstein

Am 2.10.2010, Photographie von Siegfried Eggenstein.

Bei diesem Korpus ist bemerkenswert, dass die Füße parallel sind. Dies entspricht der älteren Darstellungsweise: Der byzantinische und romanische Christus ist auch am Kreuz der König der Herrlichkeit. Später findet sich häufig das so genannte Dreinägelkreuz. Bei ihm sind die Füße Christi aufeinander genagelt. Dies verursacht durch die Steigerung der Spannung einen größeren Schmerz. Beim gotischen Christus wird das menschliche Leiden betont herausgestellt. Der Tod am Kreuz war qualvoll. Dies forderte zum Mit-Leiden (compassio) auf und verdeutlichte, dass Christus für die Sünden der ganzen Welt starb. Der Mensch sagte: Es ist meine Schuld (mea culpa).

 

 

Die Schloßstraße hieß früher bezeichnenderweise Kreuzstraße. Im Besitz der Familie Guse befindet sich das um 1910 aufgerichtete Sockelkreuz an der Schloßstraße 57. Zum Zeitpunkt seiner Errichtung stand das Kreuz noch in der Feldflur. Es handelt sich wohl um ein Gelöbniskreuz; denn es wurde im Zusammenhang mit einer Erkrankung an diesen Platz gesetzt und könnte ein Dank für die Heilung sein. Gegen Ende der 1960-er Jahre musste es erneuert werden. Dabei fand der Korpus des Missionskreuzes hier einen würdigen Ort. In einem Akt des Vandalismus wurde der Korpus vom Kreuz abgerissen und dabei ein Arm abgetrennt. Benedikt Große-Hovest reparierte den Korpus und erneuerte seine Bemalung.

 

Photographie von Heinrich Michael Knechten

m 31.3.2016 wurde der Korpus in einer kleinen Feierstunde, an der Nachbarn sowie Mitglieder des Kirchenvorstandes und der Kolpingsfamilie teilnahmen, wieder an das Kreuz angefügt.

 

Literatur

·       Brockpähler, W., Steinkreuze in Westfalen, Münster 1963.

·       Eggenstein, Theodor, Dorfchronik, Monat Oktober 1937.

·       Garvert, Alfons, Wegekreuz an der Schlossstraße erstrahlt in altem Glanz. Nachbarschaft und Katholische Kirchengemeinde engagierten sich für Restaurierung, in: Festschrift zum Schützenfest 2017 in der alten Freiheit Horneburg, hg. v. Bürgerschützenverein Horneburg 1384 e.V., Horneburg 2017, 130f.

·       Greve, Josepha, Dorfchronik, Jahr 1949.

·       Huxel, Stefan, Wegekreuz strahlt in neuem Glanze. Religiöses Symbol und Treffpunkt am Horneburger Damm, in: Dattelner Morgenpost, 4.4.2016, Nr. 78, Seite 4.

·       Knobloch, S., Missionarische Gemeindebildung. Zu Geschichte und Zukunft der Volksmission, Passau 1986.

·       Knobloch, S., Volksmission. Gemeindemission, in: Lexikon für Theologie und Kirche3 10 (2001), 868f.

·       Koppe, Ingrid und Werner, Zeugen christlichen Brauchtums im Raum Datteln. Bildstöcke, Hof- und Wegkreuze in Datteln, Hagem, Meckinghoven, Horneburg, Hachhausen, Redde, Bockum, Ostleven, Ahsen, Klostern, Drieven, Sutum, Natrop, Pelkum und Markfeld, hg. von der Stadt Datteln, Datteln 1985, 21-25.

·       Ziermann, Horst, u. Erika Beissel, Matthias Grünewald, München, London u. New York 2001, 90 (compassio).

 

© Heinrich Michael Knechten, Horneburg 2021 

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