Sankt Martin
Der
heilige Martin wurde vor siebzehnhundert Jahren im heutigen Ungarn geboren und
wuchs in Italien auf. Er wurde mit fünfzehn Jahren Soldat und diente in
Frankreich.
Es
war Winter. Die Kälte war so groß, dass viele Obdachlose auf der Straße
erfroren. Am Stadttor von Amiens saß ein nackter Bettler und bat die
Vorübergehenden um Almosen. Da kam Martin vorbei. Er hatte bereits seinen
ganzen Sold als Almosen an Bedürftige verschenkt, daher konnte er dem Bettler
kein Geld geben. Doch er teilte seinen Mantel mit dem Schwert in zwei Hälften,
gab dem Bettler die eine Hälfte und bekleidete sich selbst mit der anderen. Die
Umstehenden begannen zu lachen; denn Martin sah mit dem halben Mantel recht
seltsam aus.
In
der Nacht hatte Martin einen Traum. Da erschien ihm Christus, gehüllt in den
halben Soldatenmantel. Er sagte zu den umstehenden Engeln: Martin hat mich mit
diesem Mantel bekleidet. Was ihr einem der Geringsten getan habt, das habt ihr
ja mir getan (Mt 25,40).
Als
Martin achtzehn Jahre alt war, ließ er sich taufen. Mit zwanzig Jahren bat er
um seine Entlassung und gab den Soldatendienst auf. Eine Zeitlang lebte er als
Einsiedler, doch bald gesellten sich ihm andere zu, die von ihm lernen wollten,
ernsthaft christlich zu leben.
Mit
fünfundfünfzig Jahren sollte er Bischof von Tours werden, jedoch gab es
Proteste, vor allem von Seiten anderer Bischöfe, da Martin nach ihrer Meinung
zu kümmerlich aussah. Er sollte repräsentieren, doch er hatte einfach keine
imposante Gestalt. Das Volk aber setzte seine Wahl durch.
Nach
zwei Jahren entfloh er der Betriebsamkeit und erbaute sich in der Nähe der
Stadt ein Kloster, das älteste des Abendlandes. Dort beschäftigten sich junge
Mönche damit, Bücher abzuschreiben; die älteren widmeten sich dem beschaulichen
Leben. Aus diesem Kloster gingen viele Bischöfe hervor.
Martin
übte das innere Beten. Er las nicht nur Gebete in einem Buch, sondern sprach in
seinem Herzen mit dem Herrn. Er sann über Worte aus der Heiligen Schrift nach
und wurde ganz still. Daraus empfing er die Kraft, Kränkungen zu ertragen.
Quelle:
Sulpicius Severus, Vie de s. Martin, hg. v. J.Fontaine, Sources chrétiennes
133, Paris 1967.