Der Jakobsweg im Ruhrgebiet
Heinrich Michael Knechten
Nach
dem Tod Polykarps von Smyrna (156, 163 oder 167 nach Christus) lässt sich
Wallfahrt als Besuch Heiliger Stätten (loca sancta) im Zusammenhang christlicher
Märtyrerverehrung erstmals nachweisen.[1]
Die
Heiligen Stätten Palästinas werden seit dem 2./3. Jahrhundert aufgesucht, wie
Eusebios von Cäsarea bezeugt.[2]
Kurz
vor dem Jahr 834 findet Bischof Theodemirus von Iria das Grab des heiligen
Apostels Jakobus' des Älteren. König und Bischof errichten supra corpus
apostoli (über dem Leib des Apostels) eine erste Kirche. Hiermit wird auch die
Apostolizität der spanischen Kirche ausgesagt. Seit Beginn des 10. Jahrhunderts
strömen auch Pilger von jenseits der Pyrenäen zu diesem locus apostolicus
(apostolischen Ort).
Die
Legende berichtet, der Leib des Apostels sei in ein führerloses Boot gelegt
worden und an Finis
Terræ gestrandet.[3]
Sein Grab im Landesinneren geriet in Vergessenheit. Der Eremit Pelayo[4]
sah im Jahr 813 einen Sternenregen auf dem Hügel Libredón, der seither
Compostela (Sternenfeld) heißt. Santiago bedeutet Sankt Jakobus (der Ältere).
Es
gibt verschiedene Jakobswege, die durch das Ruhrgebiet führen. Einer verläuft
von Bremen nach Schengen, über
Barrien, Wildeshausen, Vechta, Osnabrück, Lengerich, Ladbergen, Münster,
Rinkerode, Herbern, Werne, Lünen, Dortmund, Herdecke, Gevelsberg,
Wuppertal-Beyenburg, Remscheid-Lennep, Wermelskirchen, Altenberg, Odenthal,
Köln, Brühl, Weilerswist, Euskirchen, Bad Münstereifel, Blankenheim,
Kronenburg, Prüm, Waxweiler, Neuerburg, Mettendorf, Bollendorf, Echternach,
Welschbillig, Trier, Mannebach, Merzkirchen und Perl.
Ein
anderer verläuft von Höxter nach
Lüttich, über Paderborn, Geseke, Erwitte, Soest, Werl, Unna, Dortmund, Bochum,
Essen (oder Henrichenburg, Suderwich, Recklinghausen-Stadtmitte: Gasthaus,
Scherlebeck, Buer, Bottrop, Sterkrade, Dinslaken-Hiesfeld), Duisburg,
Kaiserswerth, Düsseldorf (oder Werden, Ratingen, Düsseldorf), Neuss,
Grevenbroich, Kaster, Jülich, Kinzweiler und Aachen.
Es
gibt außerdem einen Weg von Marburg
nach Lüttich, über Niedereisenhausen, Irmgarteichen, Siegen, Freudenberg,
Friesenhagen, Denklingen, Drabenderhöhe, Overath, Köln, Brauweiler, Kerpen,
Düren, Schevenhütte, Kornelimünster, Aachen, Gulpen, Maastricht und Eijsden.
Schließlich
findet sich ein Weg von Nijmegen nach
Schengen, über Kranenburg (oder von Emmerich nach) Kleve, Kalkar, Xanten,
Rheinberg, Moers, Rheinhausen, Krefeld, Meerbusch, Neuss, Zons, Köln, Brühl,
Weilerswist, Euskirchen, Bad Münstereifel, Blankenheim, Kronenburg, Prüm,
Waxweiler, Neuerburg, Mettendorf, Bollendorf, Echternach, Welschbillig, Trier,
Mannebach, Merzkirchen und Perl. Alternativ verläuft der Weg von Millingen aan
de Rijn nach Lüttich, über Kranenburg, Goch, Weeze, Kevelaer, Walbeck,
Straelen, Venlo, Steijl, Roermond, Masseik, Sittard, Meersen, Maastricht und
Eijsden.
Wie aber steht es mit Horneburg? Immerhin verlaufen
Poststrecken über diesen Ort: Seit 1671 gibt es für einige Jahre die Fahrpost
Berlin-Lünen-Horneburg-Recklinghausen-Düsseldorf.[5] Für
1770 ist folgende Strecke für die Extrapost belegt:
Cassel-Lünen-Horneburg-Marl-Schermbeck-Wesel-Xanten-Cleve-Nimwegen-Grave-Herzogenbusch-Breda-Antwerpen.[6] Die
Strecke von Lünen bis zum Rhein folgt dabei einem Weg, der in vorgeschichtliche
Zeit zurückgeht.[7] Insofern ist es möglich,
daß Jakobspilger ihren Weg auch durch Horneburg nahmen.
Quellen
o
Codex Calixtinus de la Catedral de Santiago de Compostela. Ejemplar
facsimil, hg. v. Millán Bravo Lozano, Madrid 1993.
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Klaus Herbers, Tübingen 1996.
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Eusebios von Cäsarea, Histoire Ecclésiastique, hg. v. E.Schwartz,
Übers. u. Anmerkungen v. Gustave Bardy, Sources chrétiennes 31.41.51.73, Paris
1952-1960; Neuauflage 2001.
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Historia Compostellana, hg. v. Emma Falque Rey, Corpus Christianorum
Continuatio mediaevalis 70, Turnhout 1988.
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Jacobus a Voragine, Legenda aurea, hg. v. T.Graesse, Regensburg 31890.
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Johannes Beleth, Summa de Ecclesiasticis Officiis, Patrologia Latina
202, 13-166; hg. v. H.Douteil, Corpus Christianorum. Continuatio Mediævalis 41
A, Turnhout 1975.
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Martyrium Polycarpi. Een literair-kritische studie, hg. v. Boudewijn
Dehandschutter, Bibliotheca Ephemeridum Theologicarum Lovaniensium 52 (1979),
112-127.
Weiterführende Literatur
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Arens, Christoph, Gelbe Muschel auf blauem Grund. Die Deutsche
St.-Jakobus-Geselschaft wird 25 Jahre alt, in: Der Dom 2012, Nr. 6, 12. Februar,
Seite 6.
o
Breuer, Theresa, Marsch zur Selbsterkenntnis. Pilgerangebot im
Gasthaus: Vortrag, Austausch, Segnung und am Ende steht der Jakobsweg, in:
Dattelner Morgenpost 2011, Nr. 67, 21. März, S. 7.
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Drouve, Andreas, Lexikon des Jakobswegs. Personen – Orte – Legenden,
Freiburg i.Br., Basel u. Wien 22007.
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Frontela, L.J., Las peregrinaciones en la Edad Media, in: Revista de
espiritualidad 58 (1999), 389-420.
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Hell, H., Die große Wallfahrt des Mittelalters, Tübingen 1964.
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Herbers, K. Der Jakobsweg, Tübingen 61998.
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in: Journal of Modern History 6 (1980), 1-35.
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Christoph Kühn, Karlheinz Flinpach, Ulrike Spichal, Jakobswege. Wege der Jakobspilger
in Westfalen, Bd. 9, hg. v. Landschaftsverband Rheinland / Landschaftsverband
Westfalen-Lippe, Köln 2010.
o Hirsch Reinshagen, Monica,
Eva-Maria Ranft, Andreas Isenburg, Pilgern im Pott. 20 Etappen von Dinslaken
bis Holzwickede, Essen 2009.
o Hüffer, H.J., Die spanische
Jakobsverehrung und ihre Ausstrahlung auf Deutschland, in: Historisches
Jahrbuch der Görres-Gesellschaft 74 (1954), 124-138.
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Pilgerwege in Deutschland und den Nachbarländern, Kartographie Huber, Volkach
2007.
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Pilgerwanderung von Corvey nach Büren, in: Der Dom 2011, Nr. 15, 17. April, 13.
o Kaiser, Jürgen, Jakobswege
in Deutschland, Rheda-Wiedenbrück u. Gütersloh 22007.
o Kerkeling, Hape
[Hans-Peter], Ich bin dann mal weg. Meine Reise auf dem Jakobsweg, München 692008;
Taschenbuchausgabe: München u. Zürich 152011.
o Koldewey, Bernd,
Jakobusspuren im Ruhrgebiet. Spurensuche zwischen Rhein, Ruhr und Emscher.
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Reclams Universal-Bibliothek 18792, Stuttgart 2011.
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Wilhelm, Der Hauch der Weltgeschichte wehte. Zar Peter der Große kam am 23. Mai
1698 durch Horneburg, in: Schützenfest in der alten Freiheit Horneburg 2005,
hg. v. Bürgerschützenverein Horneburg 1384 e.V., Datteln-Horneburg 2005, 101f
(mit Darlegung alter Verkehrswege).
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Spanische Forschungen der Görres-Gesellschaft 30 (1982), 19-145.
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historische Abhandlungen 29, Köln 1980.
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Wengel, Tassilo, Jakobswege in Deutschland. Unterwegs auf 10 berühmten
Pilgerpfaden, München 2010: Auf der Via Baltica. Der baltisch-westfälische Weg.
– Auf dem Brandenburgischen Jakobsweg. Von der Spree zur Elbe. – Auf dem
Jakobsweg von Magdeburg nach Bonn. Durchs Sauerland zum Rhein. – Auf dem
Jakobsweg von Wuppertal nach Aachen. Unterwegs im Rheinland. – Auf der Via
Regia. Der ökumenische Pilgerweg. – Auf dem Jakobsweg von Marburg nach Köln.
Durch das Bergische Land. – Auf dem Jakobsweg von Köln nach Trier. Der
Pilgerweg durch die Eifel. – Auf dem Jakobsweg im Taubertal. Zwischen
Weinbergen und Streuobstwiesen. – Auf dem Jakobsweg in Bayerisch Schwaben. Vom
Ries zum Bodensee. – Auf dem Münchener Jakobsweg. Durch das Alpenvorland zum
Bodensee. – Weitere Jakobswege in Deutschland.
Verweise
o
Auf dem Jakobsweg durch das Paderborner
Land
o
Bernd Koldewey, Von Herne
bis Santiago de Compostela
o
Bernd Koldewey, Jakobsweg zwischen Rhein, Ruhr und Emscher
o
Jakobsweg am Niederrhein
o
Mein Jakobsweg im Ruhrgebiet
o
Pilgerforum Jakobsweg
[1] Vgl. Martyrium Polycarpi 18,2f. Smyrna liegt an der Stätte der heutigen türkischen Stadt Izmir.
[2] Vgl. Eusebios von Cäsarea, historia ecclesiastica V,11,1; V,27, in: Sources chrétiennes 41, 100.129.
[3] Johannes Beleth (um 1108 - um 1183), zitiert von Jacobus de Voragine, Die Legenda aurea, Übers. v. Richard Benz, Gerlingen 1955, 491.
[4] Lateinisch Pelagius, spanisch Pelayo und galicisch Paio.
[5] Vgl. Esch, Theodor, Zur Geschichte des Postwesens im Veste Recklinghausen, in: Vestische Zeitschrift 7 (1897), 11f.
[6] Vgl. Hochfürstlich-Hessen-Casseler Staats- und Adreß-Calender auf das Jahr Christi 1770, Kassel 1770, 309.
[7] Vgl. K.Schuchardt, Vorgeschichte von Deutschland, München u. Berlin 1928, 239.