Berdjajew / Frank 3

 

 

Es ist nun nicht so, als ob die Wir-Gemeinschaft Franks nicht aus der Freiheit der einzelnen Personen konstituiert würde – im Gegenteil. Trotzdem muss man die spezifische Definition bzw. Wesensbestimmung der Person in "Das Unergründliche" vor Augen haben, um die Frage nach der Person bei Frank sinnvoll stellen zu können: "Die Person ist das Selbst, wie es vor dem Angesicht höherer, geistiger, objektiv-gültiger Mächte steht und zugleich von ihnen durchdrungen ist und sie repräsentiert – sie ist das Prinzip des übernatürlichen Seins, wie es sich im unmittelbaren Selbstsein manifestiert." (26) Der Mensch als Selbstsein ist bei Frank also nur insofern eine echte Person, als er sich Gott zuwendet und ihn als absolute Geltungsmacht einsieht. Berdjajew steht einem Begriff wie dem der "objektiv-gültigen Mächte" jedoch prinzipiell kritisch gegenüber, da die für ihn maßgeblichen Mächte nur nicht-objektiver Natur sein können. Allerdings meint auch Frank mit objektiver Gültigkeit nichts im Sinne einer dinglichen Etwasheit, sondern gerade den transzendentalen, jegliche Etwashaftigkeit erst ursprünglich ermöglichenden und sinnhaft konstituierenden Absolutheitshorizont, in dessen unergründlicher Seinsmacht alles sich in irgendeiner Weise prozessual generierende Objekthafte metalogisch fundiert ist. Das "Wir" Franks ist demnach primär keine äußere Sozialität mit Machtinteressen irgendwelcher Art (27), sondern vielmehr eine analogisch zu fassende Widerspiegelung der ontologischen Beschaffenheit der letzten Realität, d.h. der antinomischen Durchdringung der Gegensätze bei gleichzeitiger Wahrung der jeweiligen Identitäten. Da Berdjajew keine weiteren Argumente für seine implizite Annahme hat, dass Franks "Wir" eine Spielart der objektivierten, also schlechten Sozialität darstellt, muss man davon ausgehen, dass an dieser Stelle abermals gewisse Vorurteile aus seiner eigenen Philosophie eine fundamentale Rolle bei der Rezeption gespielt haben dürften (28). Dies ist umso mehr anzunehmen, als Berdjajew weder die Idee der All-Einheit, noch den antinomischen Monodualismus als solchen einer adäquaten Interpretation zuführen kann und insofern auch nicht über das nötige logische Rüstzeug verfügt, um die antinomische Philosophie der Interpersonalität Franks angemessen zu würdigen. Dies ist gerade angesichts der bereits aufgezeigten Parallelen der Philosophien beider Denker bezüglich der Thematik der geistigen Gemeinschaft umso bedauerlicher.

 

2.3. Das Problem des Bösen

 

Das Böse ist in der Sicht Berdjajews der schwächste Punkt in der Philosophie Franks, da Frank nach seinem Dafürhalten nicht zu einer echten Anerkennung dieses Problems gelangt, welcher Umstand von Berdjajew vom optimistischen Charakter der All-Einheitsphilosophie abgeleitet wird. Das von Berdjajew in den Mittelpunkt des kritischen Interesses gerückte Problem besteht in der Frage, wie das Böse innerhalb einer alles umfassenden All-Einheit entstehen können soll, wenn doch das Böse gerade einen Abfall vom Göttlichen bedeutet? Dementsprechend bleibt es nach Berdjajew rätselhaft, wie ein Abfall von etwas geschehen kann, wenn es doch nichts außerhalb dieses etwas (der All-Einheit) gibt: "The insurmountable difficulty is in this, that evil is a falling-away from the Divine All-Unity. But it is impossible to think a falling-away from All-Unity, in regard to the All-Unity it is impossible to think any sort of ‘outside of’, for it includes within itself everything, and this means also the evil." Es ist offensichtlich, dass der Sinn dieser Frage unmittelbar vom zugrundegelegten Vorverständnis des Bösen abhängt, wobei Berdjajew das Böse nur als Abfall von Gott versteht. Aus dieser Perspektive ist es natürlich nicht plausibel, wie es eine Philosophie der All-Einheit schaffen soll, eine adäquate Theorie des Bösen zu konstruieren, weil es innerhalb eines solchen Ansatzes a priori und durch Wesensnotwendigkeit keinen ontologischen Abfall geben kann. In der Philosophie Berdjajews hingegen zeichnet sich das Böse durch seine absolute Irrationalität und ontologische Nicht-Fundiertheit aus. Das Böse ist das reine Nichts und kann als solches nicht auf Gott und somit auf das Gute zurückgeführt werden. Dementsprechend würde jedwede Rationalisierung des Bösen seiner Verharmlosung und Rechtfertigung dienen, und Berdjajew wirft Frank vor, das Böse durch die Anerkennung seiner Existenz im Sinne einer ontologischen Fundiertheit in Gott in seiner negativen und eigenständigen Macht zu verkennen: "S.Frank makes the attempt to reduce evil, which nonetheless is a non-dismissible experience, to a consciousness by man of his own guiltiness. But for him as regards evil in the world, in the world-order there is nothing wrong, no injustice, no evil, which mustneeds be fought."

 

Hier handelt es sich bei den zitierten Ausführungen Berdjajews um eine simplifizierende Deutung des Bösen bei Frank, denn Frank ist sich sehr wohl der empirischen Realität des Bösen bewusst, hat er doch selber immer wieder im Laufe seines Lebens unter dem manifestierten Bösen leiden müssen. Auch bei ihm ist das Böse nicht logisch aus einem Gottesbegriff oder einem plumpen monistischen Prinzip zu deduzieren; vielmehr macht Frank deutlich, dass das Böse zwar das frei aus Gott herausgesetzte Nicht-Göttliche ist, zugleich jedoch aufgrund der Tatsache seiner apriorischen Teilhabe am Sein – es ist ja auch in irgendeiner Weise – vom Guten (von Gott) begrenzt ist und daher keine absolut eigenständige Realität besitzt. Interessant ist hier das Zusammentreffen der von Frank vertretenen plotinischen / augustinischen Position, welche das Böse als Mangel an Sein begreift (29), und der durch Böhme, Schelling und Berdjajew vertretenen Linie, die ein vollkommen irrationales Böses neben und gewissermaßen außerhalb Gottes – Gott als der Gute und der Schöpfer verstanden – annimmt und so zwar das Negative von Gott trennt, zugleich jedoch einen unbefriedigenden metaphysischen Dualismus in Kauf nehmen muss, durch welchen der universalen Seinsmacht (Allmacht) des Göttlichen als des Guten eine Depotenzierung widerfährt (30). Auf der anderen Seite impliziert die augustinische Position einen Abschied des Prädikats der Allgüte bezüglich Gottes, da das Böse als solches ja ein Modus und eine reale Möglichkeit des göttlichen Seins ist und somit Gott nicht mehr als der nur Gute bzw. Gütige gedacht werden kann.

 

Allerdings kommt es in der Rezension Berdjajews nicht zu einer rationalen Diskussion beider Traditionen des philosophischen Umgangs mit dem Bösen, sondern nur zu einer Negation der augustinischen Variante aufgrund deren Unverträglichkeit mit Berdjajews Begriff der Freiheit und des Bösen. Durch die Befangenheit in seinen eigenen Vorstellungen behauptet Berdjajew, Frank hätte das Böse nicht als weltmächtig und als nur subjektive Schuld verstanden, doch jedem aufmerksamen Leser von "Das Unergründliche" sollte aufgefallen sein, dass Frank sich explizit zur Relation von Welt und dem Bösen dahingehend äußert, dass das Schicksal der Welt in einer Teilhabe am Bösen besteht und alles in der Welt befindliche Seiende unter ihm leiden muss. Von einer Reduktion oder leichtfertigen Ignorierung des Bösen kann also keine Rede sein. Zur Problematik des Risses in der All-Einheit, den das Böse darstellt, ist zu bemerken, dass der von Berdjajew eingeklagte Abfall vom Göttlichen auch in der All-Einheit im Verständnis Franks existiert, nur mit dem Unterschied, dass der Abfall ein Abfall Gottes von sich selbst (im Akt der willentlichen Schöpfung) ist und daher das Böse als das sich isolierende "Nicht", als von Gott in seiner unergründlichen Freiheit selber gesetzt, niemals wirkliche, d.h. absolute Eigenmächtigkeit und somit Autonomie erringen kann (31). Dieser Umstand ändert nichts an der Tatsache und der Notwendigkeit der Überwindung des Bösen selbst, wohl jedoch an der Einstellung ihm gegenüber. Durch die Annahme einer wesensmäßigen Begrenztheit des Bösen ergibt sich für den gegen das Negative kämpfenden Menschen eine gewisse und ontologisch begründete Hoffnung eines Sieges des Guten über das Böse, da das Böse vom Guten abhängt und Gott nichts gegenübersteht wie z.B. ein irrationales und gleichmächtiges absolutes Nichts. Wenn Berdjajew also der frankschen Philosophie einen angesichts des Bösen ungerechtfertigten Optimismus unterstellt, dann muss man fairerweise dazu sagen, dass dieser Optimismus nicht aus der Reduktion des Bösen, sondern vielmehr aus dessen Einbettung in das Gesamt des Seins resultiert. Doch dieser Akt der Betrachtung des Bösen in Relation zur göttlichen All-Einheit darf nicht unmittelbar mit dessen Rechtfertigung gleichgesetzt werden, da auch Frank vor einer Rationalisierung des Bösen warnt. Das Schuldbewusstsein des Menschen ist nach Frank nicht der Ersatz für das weltliche Übel, wie Berdjajew ihm unterstellt, sondern eine Form des Kontakts des Menschen mit dem unergründlichen und nicht rationalisierbaren Ursprung des Bösen. Gerade die Zusprache von Sein und von Teilhabe an Gott könnte man als Ernstnehmen des Bösen deuten, während das Verweisen des Bösen in etwas Eigenmächtiges und Gott Gegenüberstehendes wie eine Verdrängung anmuten kann. Von Hegel kann man lernen, dass die Integration der Negation in den Begriff vom Absoluten notwendig ist, wenn man ein lebendiges und sich selbst bewegendes Absolutes gewinnen will (32). Dementsprechend und strukturanalog dazu kommt es in der Philosophie Franks zum dynamischen Schweben über den Gegensätzen innerhalb der antinomischen Beschaffenheit der Urrealität, da eine ewige und apriorische Spannungsrelation zwischen den zugleich behaupteten Gegensätzen besteht.

 

3. Zusammenfassung

 

Insgesamt hat sich bei einer kritischen Durchsicht der Rezension Berdjajews von "Das Unergründliche" ergeben, dass der russische Denker keinen adäquaten Zugang zu diesem Werk und zum frankschen Ansatz im ganzen besaß, welcher Umstand sich bereits in der Grundlagenkritik der All-Einheitsphilosophie manifestiert und dann auf die Besprechung der Detailprobleme der Freiheit, der Person und des Bösen ausstrahlt. Dabei ist unbestritten, dass es in der Tat einige unbefriedigende Punkte innerhalb des antinomischen Monodualismus gibt, die sich sachlich auch partiell mit den von Berdjajew genannten Aspekten decken. So weist er zu Recht auf mögliche Probleme der Wir-Priorität in Relation zur Freiheit der Person hin, auch wenn er sich nur ungenügend und unflexibel mit dieser Frage auseinandersetzt. Zu fragen wäre über Berdjajew hinaus, inwiefern die Selbstbegrenzung der transzendentalen Logik hinsichtlich der Erfassung des Absoluten nicht doch auf eine stärkere Position und Relevanz der logischen Analyse von kategorialen Präsuppositionen hinweist, als es bei Frank ausgearbeitet ist. Denn trotz der Betonung der Wichtigkeit dieses Denkens wird die Transzendentallogik letztlich doch der Intuition untergeordnet, was jedoch wiederum mittels des logischen Denkens geschieht – die Begrenztheit des begrifflichen Denkens ist bei Frank ja Resultat einer Selbstanalyse der Logik, – sodass nicht vollständig klar wird, warum das begriffliche Denken nicht doch eine wirklich umfassende Erkenntnis der strukturalen Grundbeschaffenheit des Absoluten gewährleisten können soll, da etwas, das sich nur selbst begrenzen kann, über die entscheidende Eigenschaft des Absoluten verfügt. So müsste man von diesen Überlegungen aus gegen Berdjajew sagen, dass Frank der Transzendentallogik nicht zuviel, sondern zuwenig zutraut. Der konstitutive Mangel der Rezension besteht im allgemeinen in dem Fehlen von streng sachimmanenter Kritik, die, von den frankschen Prämissen ausgehend, Widersprüche und Inkonsistenzen aufzeigt, welche sich aus dem Ansatz ohne Hinzunahme von fremden Prämissen ergebeN.Berdjajew dagegen versucht stets, aus seiner eigenen Philosophie heraus gewisse Probleme zu konstatieren, welche (wie gesagt) oft nicht als solche gegenstandslos sind, jedoch aufgrund ihres äußerlichen Charakters keine zwingende Überzeugungskraft besitzen.

 

Als nachteilig erweist sich in diesem Zusammenhang der Umstand, dass Berdjajew nach eigenen Aussagen kein ausgeprägtes Interesse an logischen Fragen besaß, da gerade die Frage nach der Relation von Logik und Mystik einen bedeutenden Aspekt von "Das Unergründliche" ausmacht. Dies mag auch ein Grund für das Vermeiden der Immanenzstrategie innerhalb seiner Kritik gewesen ein, da ein solches Vorgehen verstärkt auf logischen Fähigkeiten aufbaut. Ärgerlich ist dies nur insofern, als mit dem Missverständnis des antinomischen Prinzips das Nicht-Verstehen einer originellen Pointe der frankschen Philosophie einhergeht und Frank dementsprechend in einer ihm unangemessenen Ecke der philosophischen Tradition landet: "The limitations of thought of S.Frank are essentially the limitations of the Platonic, the limitations of monistic philosophy, and the limitations of his emotionality in point of the limitations of German Romanticism."

Ungeachtet all dieser dezidierten Kritik Berdjajews an Frank und der zahlreichen ihr zugrundeliegenden Missverständnisse soll jedoch zum Schluss auch wiederholt die explizite Wertschätzung der frankschen Philosophie Erwähnung finden, die sich in Berdjajews Rezension von "Das Unergründliche" finden lässt. Neben der religiösen Ernsthaftigkeit, bestimmten Resultaten der erkenntnistheoretischen Analysen im ersten Teil des Werkes und der Entwicklung der Idee des Gottmenschentums hält Berdjajew "Das Unergründliche" insgesamt für einen bedeutenden religionsphilosophischen Beitrag, sodass man in letzter Konsequenz den Gesamteindruck Berdjajews gelten lassen muss, um nicht ein verzerrtes Bild seiner Rezension zu zeichnen. Daher schließen wir diese kleine Untersuchung mit Berdjajews allgemeinem Urteil über Franks Werk: "(...) in summarising I would point out, that I am left with a very positive impression. The thought itself of S.Frank continues to develop the uniquely original Russian idea of God-manhood. God is the God-man even in the heavenly existence. The humanness within man is his God-manness. The book of S.Frank mustneeds be acknowlegded as one of the most interesting books on the metaphysics of religion."

 

Anmerkungen

 

(1) Vgl.: Put’, Mai/September 1939, Nr. 60, S. 65-67. Für die vorliegende Untersuchung wurde eine von Stephen Janos ins Internet gestellte englische Übersetzung der Rezension Berdjajews verwendet, sodass die angeführten Zitate nicht mit Stellenangaben versehen werden konnten.

(2) Berdjajew und Frank verband eine lebenslange Freundschaft; vgl. dazu: D.A.Lowrie – Rebellious Prophet – A life of Nicolai Berdyayev, London 1960, S. 209. Auch philosophisch betrachtet kann man trotz ebenfalls existierender Differenzen in vielen Fragen von einer generellen Übereinstimmung zwischen beiden russischen Denkern sprechen; vgl.: A.a.O., S. 236. Allerdings hat Frank keinen signifikanten philosophischen Einfluss auf Berdjajew ausgeübt; vgl.: A.a.O., S. 256. Man kann höchstens von einer spirituellen Inspiration sprechen, welche Berdjajew in den Jahren 1906/ 1907 durch Frank und Bulgakow vermittelt bekam; vgl.: A.a.O., S. 99.

(3) Rupert Gläser vertritt in seiner Untersuchung über den Gottesbegriff in der Philosophie Franks die These, dass Frank die Idee der All-Einheit nicht von Wladimir Solowjow, sondern vom Cusaner vermittelt bekam; vgl.: R. Gläser – Die Frage nach Gott in der Philosophie S.L.Franks, Würzburg 1975, S. 19.

(4) Man vergleiche zur Idee der All-Einheit bei Nikolaus von Kues insbesondere seine Ausführungen in seinem Hauptwerk "De docta ignorantia", z.B. die Beschreibungen der Struktur des Alls als des maximum contractum im zweiten Buch: "Alle seienden Dinge (...), die Teile des Alls sind und ohne die das All, da es eingeschränkt ist, kein Eines, Ganzes und Vollendetes sein könnte, traten mit dem All zugleich ins Sein, (...). [...]. Wie also das Abstrakte im Konkreten ist, so betrachten wir das absolut Größte vorgängig im eingeschränkt Größten, so daß es nachfolgenderweise in allen Einzeldingen ist, da es ja in absoluter Weise in dem ist, was in eingeschränkter Weise alles ist. Gott ist nämlich das absolute Wesen der Welt, d.h. des Alls. Das All aber ist ein eingeschränktes Wesen. Einschränkung aber bedeutet Einschränkung zu etwas, d.h. um das oder jenes zu sein. Gott also, der Einer ist, ist im einen All. Das All jedoch ist in allen Dingen in eingeschränkter Weise." Letztlich fasst der Cusaner das Gesagte nochmals pointiert zusammen: "So gelingt es, die Einsicht zu gewinnen, wie Gott, der einfachste Einheit ist, da er in dem einen All existiert, gewissermaßen infolgedessen durch Vermittlung des Alls in allen Dingen ist und die Vielheit der Dinge durch Vermittlung des einen Alls in Gott ist." S.: Nicolaus de Cusa – De docta ignorantia Buch II, 3. erw. A. Hamburg 1999, S. 35 f.

5) Vgl. zur Freiheit in der Philosophie Berdjajews: R.Rössler – Das Weltbild Nikolai Berdjajews (Existenz und Objektivation), Göttingen 1956, S. 94 ff. Allerdings ist die Freiheit für Berdjajew kein natürliches Attribut des Menschen, sondern bedarf einer spirituellen Transformation, einer geistigen Neugeburt: "Die Freiheit des Geistes ist nicht ein natürlicher Zustand des Menschen als eines natürlichen Wesens, ebenso wenig wie auch die Unsterblichkeit nicht sein natürlicher Zustand ist. Die Freiheit des Geistes ist eine neue geistige Geburt, ist Erschließung des geistigen Menschen. Erschlossen wird die Freiheit nur in der geistigen Erfahrung, im geistigen Leben. Der Quell der Freiheit ist nicht in der Seele, viel weniger noch im Körper des Menschen zu suchen, auch nicht im natürlichen Wesen des Menschen, das ja immer der natürlichen Gesetzmäßigkeit unterworfen und von allen Seiten durch von außen bedingende Kräfte begrenzt ist, sondern im Geiste, im Erwerben des Geisteslebens. Freiheit ist ein Eingehen in eine andere Seinsordnung, in die Ordnung eines geistigen, nicht natürlichen Seins." S.: N.Berdjajew – Philosophie des freien Geistes, Tübingen 1930, S. 145 f.

 

Schluss