Starez Cleopa (Ilie)
Constantin Ilie wurde geboren am 10. April 1912 in Sulita (Kreis Botoşani, nordöstlich von Suceava, Moldaugebiet, Rumänien). Sein Vater Alexander stammte aus einem Geschlecht von Schafhirten aus der Nähe von Hermannstadt. Er besaß fünfundsiebzig Hektar Land, auf denen er zwanzig Rinder und hundertundfünfzig Schafe hielt. Constantins Mutter Anna war aus einer bäuerlichen Familie. Als Kleinkind war Constantin kränklich. Er aß kaum und schrie viel. Anna brachte ihren Sohn zu Vater Conon (Gavrilescu) von der Skit Cozancea. Menschen in einer Skit versuchen, das monastische Leben der ägyptischen Sketis nachzuahmen. Vr. Conon riet ihr, das Kind der allheiligen Gottesgebärerin zu weihen. Danach wurde es gesund. Alexander hatte zehn Kinder, von denen das fünfte Constantin war. An jedem Sonn- und Festtag ging er mit seiner Familie in die Kirche. Anna war eine fromme Frau, die ihre Kinder sehr liebte. Sie verfügte über ein erstaunliches Gedächtnis. Diese Gabe erbte Starez Cleopa von seiner Mutter. Sie war sein herausragendes Kennzeichen als geistlicher Vater und Prediger. Die Tiefe von Annas Gemüt erwuchs aus dem vielen Leid, das sie in ihren Leben ertragen musste. Ihr größter Kummer war, dass fast alle ihrer Kinder jung starben. Constantin entwickelte eine große Liebe zur allheiligen Gottesgebärerin. Im Alter von elf Jahren konnte er den Hymnus Akathistos auswendig. Im Haus von Alexander und Anna war ein Zimmer gleich einer kleinen Kapelle mit vielen Ikonen angefüllt. Die Familie versammelte sich am Morgen, um gemeinsam zu beten. Die Kinder arbeiteten auf den Feldern und hüteten das Vieh. In einer einfachen Zelle in den nahegelegenen Wäldern lebte der Mönch Paisie (Olaru). Wann immer die Kinder Kummer hatten, baten sie ihn um Rat. Der Mönch riet ihnen zu schweigen, das Jesusgebet zu üben und nach dem täglichen Melken der Schafe am Abend den Psalter zu rezitieren und den Akathistos zu singen.
2. Novize
Kurz nach dem Fest des hl. Nikolaus, im Dezember des
Jahres 1929, fassten die Brüder Basileus und Constantin den Entschluss, das
Elternhaus zu verlassen und in einem monastischen Leben Christus zu dienen.
Nachdem sie den Segen des Dorfpfarrers
erhalten hatten, nahmen sie einen Rucksack mit sich, in dem einige Kleider, die
Bibel, die Lebensbeschreibungen der Heiligen und der Psalter sowie die Ikone
der allheiligen Gottesgebärerin und des hl. Georg waren. Sie lebten im Kloster
Sihăstria (südlich vom Kloster Neamţ, das durch den heiligen Paisij
Veličkovskij spirituell geprägt geworden war). Der Name dieses Klosters,
das 1655 gegründet worden war, kommt vom griechischen Wort Hesychia (Schweigen, Ruhe). Dort hüteten die Brüder die Schafe. Sie
suchten Gott in sich und erhoben ihr Herz durch das beständige Jesusgebet. Von
einem erfahrenen Mönch, kam der Rat: "Bete beständig, erfülle deinen
Gehorsamsdienst mit Liebe und sei demütig. Wenn du dies beachtest, wirst du
sicher gerettet werden." Es wurde entdeckt, dass Br. Constantin ein Talent
für das Ikonenmalen hatte. Für einige Zeit wurde er von seiner Arbeit auf der
Schafhürde freigestellt, um sich diesem Dienst zu widmen. Manchmal kam der
Hegumen an seiner Zelle vorbei und lobte seine Ikonen. Sein Bruder Basileus
erkrankte und starb 1931.
1935 wurde Br. Constantin in die Armee einberufen. Er
war sechs Jahre lang Novize im Kloster gewesen. Er verabschiedete sich von den
Mitbrüdern in der Schafshürde, legte beim Hegumen die Beichte ab, empfing die
Hl. Kommunion und sprach die Dankgebete, bevor er sich auf den Weg in sein Dorf
machte, in dem er sich melden musste. Er diente in der Stadt Botoşani. In
der Armee lebte er weiterhin als Mönch, betete und fastete. Der Wunsch, kein
Fleisch essen zu müssen, wurde ihm erfüllt. Am Ende seines Militärdienstes
wurde ihm vorgeschlagen, bei der Armee zu bleiben. Er könne es bis zum General
bringen, hieß es. Aber Constantin lehnte dies ab mit den Worten: "Ich bin
ein Soldat in der Armee Christi, des Königs der Könige."
3.
Archimandrit
Mit hoffnungsvollem Herzen kehrte Br. Constantin 1936
in sein Kloster zurück. Am 2.8.1937 wurde er zum Mönch geschoren (geweiht) und
erhielt den Namen Cleopa. Im Juni 1942 wurde er zum stellvertretenden Vorsteher
des Klosters gewählt. Am 27. Dezember 1944
wurde er zum Diakon und am 23. Januar 1945 zum Priestermönch geweiht.
Kurz darauf wurde er Hegumen der Skit Sihăstria. Zu Beginn gab es viele
Schwierigkeiten. Die Zellen waren niedergebrannt, die Glocken geschmolzen, das
Dach der großen Kirche war ebenfalls den Flammen zum Opfer gefallen. Im
Frühling 1946 wurden viele Gläubige aus Suceava nach Sihăstria evakuiert.
Aus Dankbarkeit für ihre Rettung bauten sie eine Winterkirche, die dem hl.
Joachim und der hl. Anna geweiht war. Viele Christen wurden zu dieser Zeit gefangengenommen.
Klöster wurden ihrer geistlichen Führer beraubt. Infolgedessen scharten sich
viele Menschen um Vr. Cleopa. Im Juni 1947 wurde die Skit Sihăstria in den
Rang eines Klosters erhoben. Am 19. September 1947 wurde Vr. Cleopa zum
Archimandriten erhoben.
Seine Mutter Anna wurde nach dem Tod ihres Mannes
Nonne. Am 21. September 1947 erhielt sie bei der monastischen Weihe den Namen
Agafia. Im Frühling 1948 brachte Vr. Cleopa sie in das Agapia Kloster. Während
der nächsten zwanzig Jahre lebte die fromme Klosterfrau Agafia mit drei
Schülerinnen zusammen, den Nonnen Michaela, Justina und Julia. Trotz ihres
hohen Alters schleppte sie jeden Tag Holz in die Küche. Sie war sehr barmherzig
zu den Armen.
Am 21. Mai 1948 hielt Fr. Cleopa die Liturgie zusammen
mit anderen Priestern. Er beendete seine Predigt mit den folgenden Worten:
"Möge uns Gott gewähren, dass wir Führer haben wie den heiligen Kaiser
Konstantin und die Kaiserin Helene, sodass die Kirche verherrlicht werde für
alle Zeit". Noch ehe er sein Priestergewand abgelegt hatte, wurde er vom
Geheimdienst festgenommen und zum Verhör gebracht. 5 Tage lang saß er in einem
Zementbunker und wurde pausenlos verhört, während ein grelles Licht in sein
Gesicht schien. Er bekam nichts zu essen und dufte nicht schlafen. Er sagte
später darüber: "Es war mir, als ob das Licht in mein Gehirn eindringen
würde und dieses austrocknen würde. Sie wollten, dass ich mein Gdächtnis
verliere und nicht mehr sprechen kann." Später berichtete er seinen
Schülern, wie er diese Tortur aushalten konnte. "Jeder, der dorthin
verschleppt wird, soll den Verstand verlieren. Ich konnte nicht mehr sehen und
die Hitze nicht mehr ertragen. Dann fing ich an, das Jesusgebet zu beten. Nach
einer Stunde holten sie mich aus dem Keller und waren ganz erstaunt, dass ich
noch sprechen konnte." Jemand riet Vr. Cleopa, in den Wald zu gehen und
sich zu verstecken. Nachdem er sich mit seinen Mitbrüdern besprochen hatte, tat
er dies und grub sich eine Hütte, die halb unter der Erde lag. Mönche brachten
ihm Nahrung. Allein übte er das Jesusgebet
und die Askese. Nach sechs Monaten in der Einsamkeit kehrte Vr. Cleopa
zur großen Freude der Mönche in das Kloster Sihăstria zurück.
4. Slatina
Im August 1949 wurde er auf Geheiß von Patriarch
Justinian mit 30 Mönchen in das Slatina-Kloster (südwestlich von Suceava)
geschickt, um es zu erneuern. Begleitet hat ihn auch Vr. Paise (Olaru). Zu
dieser Zeit bestand das Kloster, das 1554 durch Alexander Lapusneau gegründet
worden war, nur aus sieben älteren Mönche. Vr. Cleopa wurde im ganzen Kloster
herumgeführt und wählte eine Kammer, in der die Geräte aufbewahrt wurden, als
seine Zelle. Die alten Mönche waren überglücklich, dass Gott ihnen einen
Hegumen geschickt hatte. Nach 1950 kamen viele gelehrte Theologen und Asketen, die Hochachtung vor Vr. Cleopa
hatten, nach Slatina. Auf diese Weise entstand eine einzigartige geistliche
Kommunität; Studenten, Intellektuelle und Pilger wurden wie von einem Magneten
nach Slatina gezogen. Vr. Petroniu organisierte einen Chor von 30 jungen Mönchen, die den alten byzantinischen Gesang
aufführten in einer Weise, die die geistige Tiefe der monastischen Gemeinschaft
wiederspiegelte. Der Chor von Slatina war dafür bekannt, dass er bei den
Zuhörern Reue erweckte. Innerhalb von drei Jahren war das Kloster Slatina ein
blühender geistlicher Mittelpunkt Rumäniens. Am wichtigsten war Vr. Cleopa ein
Gehorsam in Liebe, die Übung des Jesusgebetes und die Teilnahme am täglichen
Gebetsablauf. Dazu kamen noch die jedem Mönch gegebenen täglichen Gebetsregeln
und die vom Beichtvater auferlegte Buße. In allen diesen Klöstern setzte er
monastische Akademien ein, um ein hohes Niveau von geistigem Leben zu erhalten.
1952 wurde er wieder vom Sicherheitsdienst vernommen.
Er floh ein zweites Mal in die Einsamkeit. 1954 kehrte er nach Slatina zurück.
1956 wurde er von der Leitung des
Klosters entbunden. Er besuchte viel Klöster und erwirkte ein Aufblühen des
geistlichen Lebens. Danach kehrte er nach Sihăstria zurück. Er riet allen,
die Stunde des Todes nicht zu vergessen, dem geistigen Vater in allen Dingen zu
gehorchen und den orthodoxen Glauben zu verteidigen.
1959 brach eine neue Welle der Verfolgung über die
Kirche herein. Sihăstria und Slatina wurden in Altersheime für Mönche
umgewandelt. Vr. Cleopa verlor die Mehrheit seiner geistlichen Kinder. Er floh
ein drittes Mal in die Einsamkeit. Er wanderte, bis er einen Gipfel des
Petru-Voda Berges (Gebiet Neamţ) erreicht hatte. Er baute eine kleine
Holzhütte. 1962 schloss sich ihm Varsanufie als Schüler an. Während dieser Zeit
der Einsamkeit in den Bergen widmete Vr. Cleopa jeden Tag zehn Stunden dem
Gebet. Er verfasste geistliche Schriften: Der Weg zur Auferstehung,
verschiedene Beichtspiegel, Bücher über Träume und Visionen sowie über die
Wunder Gottes in seiner Schöpfung.
5. Starez in
Sihăstria
Im August 1964 wurde eine Amnestie erlassen. Vr.
Cleopa konnte nach Sihăstria zurückkehren. Jeden Tag kamen Gläubige, um
ihre Sünden zu bekennen und im Kloster zu beten. Manchmal empfing er über
hundert Menschen an einem Tag in seiner Zelle. Sie hörten auf seine Ratschläge
und seine Worte der Ermutigung, sie stellten ihm geistliche Fragen. Einfache Menschen und
Intellektuelle hatten gleichermaßen Nutzen von diesen Gesprächen. Er wurde als
ein Segen des Himmels betrachtet. Beständiges Gebet, Fasten, Beheimatung in der
Kirche, Gehorsam, das Weinen über die Sünden, Gedenken des Todes, Geduld,
Schweigen, Demut, Barmherzigkeit und die Gabe der Unterscheidung sowie der
Herzensschau kennzeichneten seine Spiritualität. Er setzte seine Mission bis zu
seinem Tod am 2. Dezember 1998 fort.
Werke
o
Cuvânt de
lămurire în legătură cu rătăcirile stiliştilor,
in: Biserica Ortodoxă Română 73 (1955), Nr. 3f, 251-294.
o
Despre
credinţa ortodoxă, Bukarest 1981; 21985.
Călăuza in credinţa ortodoxă, Galaţi 1991.
o
Despre vise
şi vedenii, Bukarest 1993.
o
Glossolalia –
Zungenrede, in: Der schmale Pfad 16 (2006), Juni.
o
Predici la
Duminicile de peste an, Bukarest 1990.
o
Predici la
praznicele împărăteşti şi sfinti de peste an, Bukarest 1986.
Rezension v. Ş.Guşă, in: Biserica Ortodoxă Română 106
(1987), Nr. 1f, 146-148.
o
Urcuş spre
înviere. Predici duhovniceşti, Neamţ 1992.
o
Valoarea
sufletului, Galaţi 1991; Bacău 21994.
Weiterführende Literatur
o
Ioanichie
(Bălan), Patericul Românesc, Bukarest 42001, 740-763
(Arhimandritul Cleopa Ilie).
o
Ioanichie
(Bălan), Viata şi nevoinţele Arhimandritului Cleopa Ilie,
Iaşi 1999.
Shepherd of Souls. The Life of Elder Cleopa, master of inner prayer and
spiritual father of Romania (1912-1998), Platina 2000.
Le pêre Cléopas, Grands spirituels orthodoxes du XXe siècle,
Lausanne 2004.
Hirte der Seelen. Altvater Cleopa, der Neue Hesychast von Rumänien, in: Der
Schmale Weg 16 (2006), Juni.
o
Ioanichie
(Bălan), Vie de moines de Moldavie, Übers. v. N.Steinhardt, Chevetogne
1986.
o
Ioanichie
(Bălan) u. Eftimie, Bischof von Roman, Ne vorbeşte Părintele
Cleopa, 2 Bde., Bukarest 1995.
o
Müller, A.,
Geistliche Väter als Lebensbegleiter. Ein Beitrag zur Seelsorgspraxis in der
ostkirchlichen Orthodoxie, in: Internationale Kirchliche Zeitschrift 1999,
227-229.
o
Plamadeala, A.,
Monastische Spiritualität im heutigen Rumänien, in: Erbe und Auftrag 46 (1970),
478-487.
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Sauser, E.,
Cleopa Ilie, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 18 (2001), 268f.
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Serafim/Romul
(Joantă), Roumanie. Tradition et culture hésychastes, Vorwort v.
O.Clément, Spiritualité orientale 46, Abbaye de Bellefontaine 1987, 239f (père
Cléopas).
Hesychasmus. Rumänische Tradition und Kultur, Übers. v. H.Glaser, Würzburg
2003, 204f (Vater Cleopa).
o
Serafim (Joantă),
Un’esperienza di comunione nel deserto Romeno. Padre Cleopa di Sihăstria
(1912-1998), in: Comunione e solitudine, hg. v. S.Chialà, L.Cremaschi u.
A.Mainardi, Magnano 2011, 213-230.
Verweise
o
Cleopa
(Ilie): Photographien
o
E.Sauser, Cleopa Ilie
o
Cleopa (Ilie): Wikipedia
(rumänisch)