Berdjajew, Ungrund
und Freiheit 3
IV.
Es
ist bezeichnend für Böhmes Weltanschauung, daß er die Idee der Prädestination
haßte. Hierin war er kein Mensch protestantischen Geistes (wie dies von Koyré
besonders betont wird). Er wollte die Güte Gottes und die Freiheit des Menschen
verteidigen, die beide in gleicher Weise von der Lehre der Prädestination
untergraben werden. Er war bereit, die Allmacht und Allwissenheit Gottes zu
opfern, und anzunehmen, daß Gott die Folgen der Freiheit nicht vorausgesehen
habe. Er sagt, Gott habe den Fall der Engel nicht vorausgesehen. Dieses Problem
quälte ihn sehr, und in dieser Qual lag die sittliche Bedeutung seines
schöpferischen Weges. Aber Böhme sagt hier nicht immer ein und dasselbe, seine
Gedanken sind antinomisch und sogar widerspruchsvoll. Ihm war ein antinomisches
Verhältnis zum Bösen eigentümlich. In dieser Hinsicht hat er Ähnlichkeit mit
Dostojewskij. Das Böse, das Böhme so sehr quälte, wird von ihm damit erklärt,
daß der Urgrund des Seins der Ungrund, die finstere, irrationale, meontische
Freiheit, eine durch nichts determinierte Potenz sei. Die finstere Freiheit sei
undurchdringlich für Gott, er sehe ihre Resultate nicht voraus und sei nicht
verantwortlich für das aus ihr geborene Böse, sie sei nicht von Gott
erschaffen. Die Lehre vom Ungrund enthebt Gott der Verantwortung für das Böse,
das durch die Allmacht und Allwissenheit Gottes hervorgerufen werde. Und
zugleich sieht Böhme den Ungrund in Gott selber, in Gott sei ein dunkles
Prinzip, sei Kampf des Lichtes mit der Finsternis. Man könnte sagen, daß das dunkle
Prinzip (dunkel bedeutet hier nicht böse) in der Gottheit, aber nicht in Gott
sei. Böhme stellt geradezu extrem [S. 332] das Antlitz des Sohnes, als das der
Liebe, dem Antlitz des Vaters, als dem des Zornes, gegenüber. Im Sohne sei
bereits keinerlei dunkles Prinzip, er sei ganz Licht, Liebe, Güte. Aber dann
verwandelt sich der Vater in eine Gottheit der apofatischen Theologie. Hier
machen sich gnostische Motive bemerkbar. Aber das Böse, das Böhme so quält, hat
für ihn auch eine positive Mission. Das göttliche Licht könne sich erst
offenbaren durch den Gegenwurf eines Anderen, eines Entgegengesetzten, der
Finsternis. Dies ist die Bedingung jeglicher Aktualisation, jeglicher Genese.
Das Böse sei nicht nur ein negatives, sondern auch ein positives Prinzip. Und
zugleich bleibe das Böse doch das Böse und müsse verbrennen, müsse überwunden
werden. Überall in der Natur sei nicht Ruhe, nicht ewige Ordnung, sondern Kampf
entgegengesetzter Prinzipien. Und diesem Kampf der entgegengesetzten Prinzipien
wohne auch eine positive Bedeutung inne. Durch sie erst offenbare sich das
höchste Licht, das Gute, die Liebe. Das Sein sei eine Vereinigung von
Gegensätzen, von Ja und Nein (dies legt Koyré in seinem Buch auf S. 395-6 sehr
gut dar). Das Ja sei unmöglich ohne das Nein. Und das ganze Sein und die
Gottheit selber bestehe in der feurigen Bewegung. Aber dies bedeute nicht, wie
die deutsche idealistische Metaphysik vom Anfang des 19. Jahrh. behauptet, daß
Gott nur ein Werdender, nur ein Ziel des Weltprozesses sei. Das Sein sei der
Sieg über das Nichtsein. Für Böhme gibt es eine Hölle, aber in seiner Hölle
wird, ebenso wie bei Swedenborg, nicht gelitten. Böhme hatte bereits jene neue
Seele, die nicht mehr wie Thomas Aquinas sagen konnte, daß der Gerechte im
Paradies sich durch Anschauen der Qualen des Sünders in der Hölle ergötze.
Böhmes Gedanken über Freiheit und Böses bleiben antinomisch. Aus der Intuition
des Ungrundes hervorgegangen, fehlte es ihnen an logischer Übereinstimmung und
Folgerichtigkeit. Als die deutsche idealistische Metyphysik den Versuch machte,
logische Übereinstimmung und Folgerichtigkeit in sie hineinzubringen, vermochte
sie die tragische Antinomie des Bösen und der Freiheit nicht im höchsten
Bewußtsein zu überwinden, sondern schaffte sie ab, stumpfte die ursprüngliche,
scharfe und brennende Empfindung des Bösen und der Freiheit im Monismus ab.
Böhmes Lehre vom Ungrund erklärt aus der Freiheit den Ursprung des Bösen, den
Fall Luzifers, der den Sündenfall aller Kreatur nach sich zog, und zugleich
wird der Ungrund in Gott selber hineingetragen und erklärt die Genese, den
dynamischen Prozeß im Göttlichen Leben. Hier wäre ein Abgleiten zum extremen
Monismus und zum extremen Dualismus möglich, was vom Standpunkt der
christlichen Offenbarung in gleicher Weise irrtümlich wäre. Böhmes Denken
bewegt sich ganz auf der Messerschneide und ist ständig Gefahren von konträren
Seiten ausgesetzt, aber seine grundlegende Intuition ist genial, organisch und
fruchtbar. [S. 333] Die Lehre von Ungrund und Freiheit steht im Gegensatz zum
griechischen Rationalismus, von dem die mittelalterliche Scholastik durchsetzt
war und von dem auch die Patristik nicht frei war. Böhme ist als Begründer der
Philosophie der Freiheit anzuerkennen, welche die wahre christliche Philosophie
ist. (11) Der untragische und rationalistische Optimismus des Thomas von Aquino
wird durch die tragische Philosophie der Freiheit abgelöst. Die Freiheit ist
die Quelle der Tragödie.
Hegel
versuchte dem Prinzip des Widerspruchs und des Kampfes der entgegengesetzten Prinzipien
einen optimistischen Charakter zu verleihen. Er leitete das Leben in einen
Begriff um und machte den Begriff selber zur Quelle von Dramatik und
Leidenschaften. Hegel war nach Thomas Aquinas das zweite geniale Aufflackern
des Rationalismus. Aber der Philosophie Hegels liegt ein irrationales Prinzip
zugrunde. Hegels Gottheit ist ursprünglich eine unbewußte Gottheit, sie gelangt
erst in der menschlichen Philosophie, in der Philosophie Hegels selber zu
Bewußtsein. Das Irrationale muß rationalisiert werden, in der Finsternis muß
das Licht erwachen. Die rationale Erkenntnis des Irrationalen, das dem Sein
zugrunde liegt, ist das grandiose Grundthema der deutschen Metaphysik. Die
deutsche Philosophie ist der metaphysische Norden. Die Welt ist nicht ursprünglich
und natürlich vom Sonnenlicht erleuchtet, sie ist in Finsternis versenkt, das
Licht wird erzeugt durch Versenkung in das Subjekt, aus der Tiefe des Geistes.
Dies ist der grundlegende Unterschied zwischen dem lateinischen und dem
germanischen Denken. Das germanische Denken faßt die Vernunft anders auf als
das lateinische. In der germanischen Auffassung sieht die Vernunft sich der
Finsternis des Irrationalen gegenüberstehen und muß Licht in sie hineintragen.
In der lateinischen Auffassung indes, der antiken Auffassung, erleuchtet die
Vernunft ursprünglich die Welt wie die Sonne, spiegelt die Vernunft im Menschen
die Vernunft in der Natur der Dinge wider. Und die germanische Idee geht aus
von Böhme, von der Lehre vom Ungrund, von der Freiheit, vom irrationalen
Prinzip, das dem Sein zugrunde liegt. Mit Böhme beginnt eine neue Ära in der
Geschichte des christlichen Denkens. Sein Einfluß ist ein ungeheurer, fällt
aber äußerlich nicht ins Auge, er wirkt wie ein Serum. Offenkundig ist dieser
Einfluß nur bei Fr. Baader und Schelling. Aber er macht sich unzweifelhaft auch
bei Fichte, Hegel und Schopenhauer geltend. (12) Sehr stark ist Böhmes Einfluß
auf die Romantik und auf die [S. 334] okkultistischen Strömungen. (13) Ohne die
genialen Intuitionen Böhmes hätte der Rationalismus der antiken und der
scholastischen Philosophie wie auch der Rationalismus der Philosophie der
Neuzeit, Descartes' und Spinozas, nicht überwunden werden können. Nur das
mythologische Bewußtsein sah das irrationale Prinzip im Sein, das philosophische
Bewußtsein hingegen sah stets nur das rationale Prinzip. Böhme führt die
Metaphysik zu den Quellen des mythologischen Bewußtseins der Menschheit zurück.
Aber das mythologische Bewußtsein selber wird bei ihm von den Quellen der
biblischen Offenbarung genährt. Von Böhme geht der Dynamismus der deutschen
Philosophie und, man kann sogar sagen, der Dynamismus des ganzen Denkens des
19. Jahrh. aus. Böhme faßte als erster das kosmische Leben als
leidenschaftlichen Kampf, als Bewegung, als Prozeß, als ewige Genese auf. Nur
bei einer solchen Intuition des kosmischen Lebens war das Erscheinen des
"Faust" möglich, waren Darwin, Marx, Nietzsche möglich, die bereits
von Böhmes religiösen Betrachtungen so sehr losgelöst waren. Böhmes Lehre von
Ungrund und Freiheit ermöglicht uns nicht nur den, wenn auch antinomischen,
Ursprung des Bösen zu erklären, sondern sie erklärt auch das Schöpfertum des
Neuen im kosmischen Leben, die schöpferische Dynamik. Das Schöpfertum ist
seiner Natur nach ein Schöpfertum aus meontischer Freiheit, aus dem Nichts, aus
dem Ungrund, es setzt diese bodenlose Quelle im Sein voraus, setzt die
Finsternis voraus, die zu erleuchten ist. Böhmes Abweichung bestand darin, daß
er den Ungrund, das dunkle Prinzip in Gott selber dachte, statt das Prinzip der
Freiheit im Nichts, im μη ον, außerhalb Gottes zu sehen. Man
müsse das Göttliche Nichts und das Nichtsein außerhalb Gottes unterscheiden.
Aber Böhmes Gedanke ist nicht grob aufzufassen. Böhme hätte sich nicht damit
einverstanden erklärt, daß die Quelle des Bösen in Gott liege. Gerade das
quälte ihn ja. Sein Denken bleibt antinomisch, es läßt sich nicht logisch
erläutern. Aber sein sittlicher Wille ist rein, er ist auch nicht einen
Augenblick durch inneres Böses vergiftet. Böhme ist ein frommer Christ, mit
heißem Glauben, mit reinem Herzen. Er vereinte in sich Schlangenweisheit mit
Herzenseinfalt [vgl. Mt 10,16], mit Glauben. Dessen muß man bei der Beurteilung
Böhmes stets eingedenk sein. Böhme war kein Pantheist und kein Monist, wie er
auch kein Manichäer war. M.Karriere sagt mit Recht, daß Böhme weder Pantheist,
noch Dualist gewesen sei.
Böhmes
Idee vom Ungrund wurde in der deutschen Identitätsphilosophie, die von den
Quellen der christlichen Offenbarung, vom christlichen Realismus abgerückt war,
nicht nur entwickelt, sondern auch entstellt. Darum neigte die [S. 335]
deutsche Metyphysik zum Impersonalismus, zum Monismus und lehrte von Gott als
einem Werdenden im kosmischen Prozeß. Aber Böhmes Voluntarismus war für die
Philosophie sehr befruchtend, ebenso wie die Lehre vom Kampf der
entgegengesetzten Prinzipien, des Lichtes und der Finsternis, und von der
Notwendigkeit des Gegenwurfes für die Offenbarung der positiven Prinzipien.
Böhmes Metaphysik ist eine musikalische christliche Metaphysik, und darin ist
sie für den deutschen Geist charakteristisch. Hierin besteht ihr Unterschied
von der architektonischen christlichen Metaphysik des Thomas von Aquino, die
für den lateinischen Geist charakteristisch ist. Die deutschen Metaphysiker des
19. Jahrh. machten den Versuch, ein musikalisches Thema durch ein System von
Begriffen auszudrücken. Darin liegt die Großartigkeit ihres Unterfangens, und
darin liegt auch der Grund des Zusammenbruches dieser Systeme. Gegenwärtig
liegt eine Böhme-Renaissance im Bereiche der Möglichkeit. Es werden über ihn
eine Reihe neuer Bücher geschrieben. Er könnte dazu beitragen, daß nicht nur
die Gepflogenheitn [sic] des griechischen Denkens und der mittelalterlichen
Scholastik, sondern auch jener deutsche Idealismus überwunden werden, auf den
er selber einen inneren Einfluß ausgeübt hat. Uns Russen müssen Böhme wie auch
Baader näher stehen als die anderen westlichen Denker. Unseren geistigen
Eigenschaften entsprechend sind wir berufen, eine Philosophie der Tragödie
aufzubauen, der optimistische Rationalismus des europäischen Denkens ist uns
fremd. Böhme liebte die Freiheit so sehr, daß er die wahre Kirche nur dort sah,
wo Freiheit ist. Böhme beeinflußte die russischen mystischen Strömungen am Ende
des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts, aber man machte ihn sich in naiver
Weise und ohne schöpferische Verarbeitung zu eigen. Er wurde ins Russische
übersetzt und drang sogar in die einfachen Volksschichten, in die
Volkstheosophie durch, wo man ihn fast als Kirchenvater verehrte. Es ist interessant,
daß Alexander Herzen in seinen "Briefen über das Studium der Natur"
mit Begeisterung von Böhme sprach. Später läßt sich Böhmes Einfluß bei Wl.
Solowjew feststellen, aber er ist bei ihm von rationalistischem Schematismus
verdeckt. Solowjews Philosophie kann nicht als eine Philosophie der Freiheit
und Philosophie der Tragödie anerkannt werden. Im russischen Denken des
Anfanges unseres Jahrhunderts indes steht Schreiber dieser Zeilen Böhme am
nächsten. Die Hüter der Orthodoxie, die an der Entlarvung von Ketzereien einen
besonderen Geschmack finden, fürchten den Einfluß Böhmes als eines
Nichtorthodoxen, als eines Protestanten, Gnostikers und Theosophen. Aber die
ganze westliche Welt ist ja nicht orthodox, das ganze Denken Westeuropas ist ja
kein orthodoxes Denken. Von diesem Gesichtspunkt aus war jegliche Berührung mit
dem westlichen Denken zu vermeiden und es als Versuchung und Übel zu bekämpfen.
Das war reinstes Obskurantentum und die [S. 336] Forderung, zu unserer alten
Denkarmut zurückzukehren. Zehrte doch die christliche Welt in ihrer
schöpferischsten Periode vom antiken heidnischen Denken. Böhme ist jedenfalls
mehr Christ gewesen als Plato, der bei uns nach patristischer Tradition sehr
geschätzt wird, mehr noch als Kant, den viele orthodoxe Theologen, wie z.B. der
Mitropolit Antonius, verehren. Böhme ist sehr schwer verständlich, und es
lassen sich aus ihm sehr mannigfaltige und entgegengesetzte Schlüsse ziehen.
Die Bedeutung Böhmes für die christliche Philosophie und christliche Theosophie
erblicke ich darin, daß er bemüht war, den machtvollen Einfluß, den das
griechische und lateinische Denken auf das christliche Bewußtsein ausübte,
durch sein schauendes Denken zu brechen, und daß er sich in das Urmysterium des
Lebens versenkte, das vom antiken Denken verdeckt wurde. Die christliche
Theologie, und zwar nicht nur die katholische, ist derart mit dem griechischen
Denken, mit dem Platonismus, dem Aristotelismus und Stoizismus verwachsen, daß
ein Attentat auf die Gepflogenheiten dieses Denkens als Attentat auf die
christliche Offenbarung erscheint. Waren doch auch die griechischen
Kirchenlehrer Schüler der griechischen Philosophie, sie waren Platoniker, und
ihr Denken hatte das Gepräge der Beschränktheit des griechischen Rationalismus.
Diesem Denken gelang es nicht, das Problem der Persönlichkeit, das Problem der
Freiheit, das Problem der schöpferischen Dynamik zu lösen. Böhme ist nicht nur
kein Aristoteliker, sondern auch kein Platoniker, und sein Einfluß liegt
außerhalb des Kampfes zwischen östlichem Platonismus und westlichem
Aristotelismus. Böhme steht nur Heraklit nahe. Ich bin der Ansicht, daß in der
christlichen Philosophie nicht nur der Aristotelismus, sondern auch der
Platonismus zu überwinden ist, als statische und die Welt zerspaltende
Philosophie, die unfähig ist, die Geheimnisse der Freiheit und des Schöpfertums
zu begreifen. Böhmes Lehre von der Sophia, der Göttlichen Weisheit, zu der ich
in einer anderen Studie übergehe, ist kein christlicher Platonismus, ihr Sinn
ist, wie die russische Sophiologie sich zu Bewußtsein zu bringen bemüht ist,
ein gänzlich anderer. Böhmes Lehre von Ungrund und Freiheit indes ist in
Richtung einer Unterscheidung zwischen göttlichem Abgrund und göttlicher
Freiheit einerseits und meontischem Abgrund und meontischer Freiheit
andrerseits auszubauen. (14) Im letzten unaussprechlichen Geheimnis wird auch
dieser Unterschied aufgehoben, aber an der Schwelle dieses Geheimnisses ist
diese Unterscheidung noch zu machen.
Anmerkungen
(*)
Blätter für Deutsche Philosophie 6 (1932/1933), 315-336 (Klepinina,
Bibliographie, Paris 1978, Nr. 349a).
Russisches Original: Из этюдов о Яковe Беме. Этюд I. Учение об Ungrund'е и свободе, Путь № 20, 1930, 47-79 (Klepinina, Bibliographie, Nr. 349).
Französische Übersetzung in: Jacob Boehme, Mysterium magnum, 2 Bde., Paris
1946, 5-28 (L'«Ungrund» et la liberté; Klepinina, Bibliographie, Nr. 47)
(1)
Ich halte es für unrichtig, die alten Gnostiker als christliche Ketzer zu
bezeichnen. Aus dem religiösen Synkretismus der hellenistischen Epoche
hervorgegangen, entstellten sie nicht so sehr das Christentum durch die
heidnische Weisheit des Orients und Griechenlands, als sie diese Weisheit durch
das Christentum bereicherten.
(2)
Der J.Böhme nahestehende deutsche christliche Theosoph des 18. Jahrhunderts
Oetinger sagte von J.Böhme, "Gott habe ihm durch Offenbarung gezeigt,
welche diejenige Grundweisheit sei, welche zur hl. Schrift gehört".
("Die Theosophie Fr. Chr. Oetingers", von Auberlen, S. 113.)
(3)
Hier und im folgenden zitiere ich nach J. Böhmes "Sämtlichen Werken",
herausgegeben von K.W.Schiebler, Leipzig 1831-1846.
(4)
Hierauf weist ganz richtig Bornkamm in seinem Buch "Luther und Böhme"
hin, obwohl er die Verwandtschaft Böhmes mit Luther übertreibt.
(5)
A.Koyré, La philosophie de Jacob Boehme, 1929, S. 25 u. 30.
(6)
Sehr gut ausgedrückt ist dies bei Valentin Weigel, vgl. "Deutsche
Frömmigkeit, Stimmen deutscher Gottesfreunde", S. 183.
(7)
Ein Anhänger Böhmes, der Engländer John Pordage, spricht vom "Auge des
Ungrundes aus der Ewigkeit". Vgl. seine "Theologia Mystica".
(8)
Das Nichts im Sinne eines μη ον, nicht eines ουκ ον.
(9)
Elemente des Voluntarismus, wenn auch ganz anderer Art als bei Böhme, finden
sich auch bei Duns Scotus.
(10)
In seiner letzten Periode, der Periode der "Philosophie der Mythologie und
Offenbarung", verdankt Schelling seine grundlegenden Ideen Böhme, aber er
war sehr ungerecht gegen ihn und fällte über ihn Urteile, zu denen er nicht
berechtigt war (vgl. Schellings "Sämtliche Werke", 1858, 2. Abt.,
III. Bd., "Philosophie der Offenbarung", Bd. I, S. 121, 124, 126).
Man könnte Schelling selber viel mehr als Böhme der Neigung zu Naturalismus und
Rationalismus bezichtigen. Schellings Intuitionen, die hauptsächlich
philosophischen Charakter trugen, waren weniger ursprünglich als die Intuitionen
Böhmes. Aber Schellings Bemerkung, daß der Theosophismus unhistorisch und für
das Geschichtsverständnis ungünstig sei, ist sehr treffend.
(11)
Vgl. Charles Secrétan, La philosophie de la liberté.
(12)
Kroner weist in seiner vortrefflichen Geschichte des deutschen Idealismus
"Von Kant bis Hegel" neben Eckehard und Luther auch auf Böhme als
Quelle der deutschen Philosophie hin.
(13)
Vgl. das kürzlich erschienene, in seinem Material sehr interessante zweibändige
Werk von Viatte, "Les sources occultes du Romantisme", worin überall
der ungeheure Einfluß Böhmes festgestellt wird.
(14)
Die moderne Psychologie und Psychopathologie decken wissenschaftlich den
Ungrund in der menschlichen Seele auf und nennen ihn das Unbewußte. Aber sie
machen keinen genügenden Unterschied zwischen dem Unterbewußten und dem
Überbewußten, zwischen dem unteren und dem oberen Abgrund. Vgl. die
Zusammenfassung in Dwelshauvers "L'Inconcient". Mit dem Ungrund hängt
auch der archaische Mensch zusammen. In dieser Hinsicht ist Bachofen besonders
wichtig.